Eine Übersicht des analogen Synths Arturia MicroBrute

Im Netz gibt es seit der Veröffentlichung des neuen analogen Mono-Hardware-Synthesitzers MicroBrute von Arturia eine Menge Aufmerksamkeit und schon etliche Video-Demos, die einen ersten Eindruck erlauben. Es handelt sich einerseits um eine abgespeckte Ausgabe des großen Bruders MiniBrute, andererseits wurde er mit einigen interessanten Features erweitert. So dass es sich hier keineswegs um ein Spielzeug handelt, sondern um ein ernstzunehmendes Gerät, dass sich sinnvoll in Produktionen einsetzen lässt, wenn auch nicht so umfassend und flexibel, wie die knapp doppelt so teuere nächste Preisklasse um die 600,- Euro.

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Klaviatur und Anschlüsse

Der MicroBrute ist deutlich kleiner als der MiniBrute und mit einer sehr kompakten Zwei-Oktaven Miniklaviatur versehen, die aber wohl ordentlich spielbar ist, nach aussen hin zwar Velocity ausgibt, aber intern kommt das nicht zum Tragen. Zwei kleine Pitch- und Modulationsräder links über der Tastatur komplettieren das Ensemble.

MicroBrute_Back

Auf der Rückseite finden sich ein USB-Anschluss für MIDI-Befehle vom Rechner, die Stromversorgung geschieht aber über ein Netzteil, ein klassischer MIDI-In, ein Gate In und Out und CV Out für Pitch und Bend. Ausserdem eine Miniklinke für Audio-Out und einen Kopfhöreranschluss. Ein im Gain regelbarer Audio-Eingang macht den Microbrute zu einem Effektgerät für externe Sounds. Kein Pedal-In, was aber auch beim MiniBrute fehlt.

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Oszillator

Vom Aufbau her ist der MicroBrute zunächst sehr einfach gestaltet, ein Oszillator, der Rechteck- (mit variabler Pulsweite zwischen 50% und 90%) Sägezahn- (mit Ultra-Saw) und Dreieck-Wellenformen beherrscht. Kein Oszillator-Sync, dafür ein Metallizer-Poti ganz rechts, der die Dreieck-Wellenform etwas Obertonreicher und agressiver macht. Die Wellenformen können kontinuierlich in ihrem Anteil eingestellt werden, was das Klangspektrum deutlich erweitert. Das in meinen Augen größte Manko hier ist das Fehlen eines Rauschgenerators, was wiederum etliche Klangfarben ausschließt. Ein Sub-Oszillator (mit Rechteck-Wellenform), der zwar nicht so weit heruntergestimmt werden kann, wie beim großen Bruder, dafür aber kontinuierlich und modulierbar bis zu einer Quinte über den Haupt-Oszillator, was schon einmal eine interessante Klangveränderung bringen kann.

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Filter und Verstärker

Bei dem Filter handelt es sich nicht um eines der üblichen Ladder-Filter, sondern um ein Steiner-Parker-Multimode-Filter, das zwischen Highpass, Bandpass und Lowpass umgeschaltet werden kann, alle Typen sind zur Selbstoszillation fähig. Gegenüber dem MiniBrute fehlt hier ein Notch-Filter. Keyboard-Tracking kann eingeregelt werden, die Auswirkung der Envelope auf den Filter und dann ist da noch der Brute-Poti, wie beim großen Bruder, der eine Feedbackschleife vom Verstärker zurück in den Filter regelt, was von einem Sättigungseffekt bis zu brutaler Verzerrung reichen kann. Unter der Filtersektion liegt die ADSR-Hüllkurve, es ist die einzige und damit eine weitere Sparmaßnahme gegenüber dem MiniBrute, sie wirkt auf den Filter und nicht weiter regelbar auf den Verstärker, sondern kann nur in einen Gate-Modus umgeschaltet werden, dann ist der Verstärker durchgehend 100% offen, was aber wohl (wen wundert’s) auch Klicks verursachen kann.
Die Signalwege sind durchgehend analog, was auch auf einen anderen Umstand hindeutet: voll analog bedeutet hier, dass es für die Patches dieses Synthesizers keine digitalen Speicher gibt, es muss nach alter Väter Sitte jeder Poti und Schalter von Hand eingestellt werden, um einmal gefundene Einstellungskombinationen, die zu einem überzeugenden Sound geführt haben wieder herzustellen bleibt nichts übrig, als ein Schema zu zeichnen und die Werte einzutragen….

LFO und Sequencer

Zu weiteren Modulationzwecken gibt es natürlich ein LFO, das ebenfalls Rechteck- Sägezahn- und Dreieck-Wellenformen beherrscht und mit bis zu 200 Hz in den hörbaren Bereich reicht. Er kann zum Sequenzer synchronisiert werden oder frei laufen.
Womit wir bei dem ersten netten Zusatz-Feature, dem Sequenzer wären, der MiniBrute verfügt im Vergleich nur über einen Arpeggiator und dieser Sequenzer kann bis zu 64 Schritte aufzeichnen und bietet acht Speicherplätze. Damit ist er das einzige digitale Kontroll-Element in dem ansonsten voll analogen Synth und kann sogar über eine Software am Computer bedient und Sequenzen archiviert oder geladen werden (was noch nicht implementiert, aber vorgesehen ist).

MicroBrute_ModMatrix Modulations-Matrix

Das absolute Schmankerl dieses Geräts ist aber die kleine Modulations-Matrix ganz oben rechts. Sie besteht aus zwei CV-Outputs, dem LFO und der Hüllkurve und genau betrachtet noch aus einer dritten, den vom Keyboard auf der Geräterückseite ausgegebenen Werten mit 1V/Oktave und den sechs Modulationszielen Metalizer, Ultrasaw, Sub, PWM, Pitch und Filter. Der Verstärker wird leider nicht als Modulationsziel angeboten.
Im Jungfräulichen Zustand ist der LFO dem Pitch fest zugewiesen und die Hüllkurve dem  Metalizer. Sobald man aber eines der zwei mitgelieferten kleinen Patchkabel steckt wird diese Verbindung aufgehoben und die Modulationsmöglichkeiten deutlich erweitert.
Noch viel weiter kann das mit dem Anschluss externer Hardware an diese CV-Eingänge getrieben werden und damit z. B. von einem Modularsynth aus mit noch weiteren LFOs oder Hüllkurven die zur Verfügung stehenden Ziele in Bewegung versetzen. Wenn man keinen Modularen Synthesizer sein Eigen nennt und auch ansonsten rein Computergestützt arbeitet, gäbe es theoretisch noch die Möglichkeit mit dem Steuerprogramm für Modularsyths „Silent Way“ von Expert Sleepers und einem passenden Audiointerface, das in der Lage ist, Gleichspannung durch seine Outputs weiterzugeben zu arbeiten. Was den Charme hat, dass so glatte, analoge Steuersignalverläufe möglich sind, zum Beispiel für den Filter und die dagegen verhältnismäßig grobe Rasterung des MIDI-Standards vermieden wird. Oder man kann natürlich auch ein herkömmliches MIDI/CV Interface verwenden, das MIDI-Signale aus der DAW in CV für die Mod-Matrix des MicroBrute umsetzt.

Fazit

Der Arturia MicroBrute ist vor allem deshalb aus meiner Sicht bemerkenswert, weil er zwar nicht wirklich eine neue Geräteklasse etabliert, aber ein ausserordentlich gutes Preis/Leistungsverhältnis bietet. Er liegt zwischen den Batteriebetriebenen Korg Volcas und dem MiniBrute oder vergleichbaren aktuellen Geräten dessen Klasse, wie der Novation Bass Station 2 oder dem Korg MS20 mini. Dabei brauchte er sich vom Grundsound her nicht zu verstecken, sondern befindet sich auf Augenhöhe mit diesen Synthesizern, nur das reduzierte Feature-Set lässt keine so breite Klangpalette zu. Und selbst das kann teilweise durch externe Modulationsquellen ausgeglichen werden.

Gerade für bisher Rechnergestützte Computermusiker stellt der MicroBrute einen möglichen Einstieg in haptisch und spielerisch erfahrbare analoge Klangsynthese zum Preis eines größeren Programms dar.

Link zur Produktseite des MicroBrute bei Arturia

Links zu Demo-Videos über den MicroBrute:

Ein Video-Review von Sonicstate bei dem auch die externe Modulation über einen Modularsynthesizer gezeigt wird.

Ein Video-Review des Sweetwater Musikshops, worin der MicroBrute mit analogen Effektgeräten kombiniert wird.

Noch eine schöne Demonstration mit vielen Klangbeispielen auf Synthopia .

Und zum Schluss einige interessante Audiobeispiele

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