Linksammlung Mikrotonale Musikproduktion

Jüngst kam die Version 2 des mikrotonalen FM-Synths Xen-FMTS heraus, was ich zum Anlass nahm in meine Linksammlung zu mikrotonaler und xenharmonischer Musikproduktion zu schauen und blieb da gleich wieder hängen, da mich das Thema schon lange fasziniert.

Einige der Seiten sind eher schwer zu finden, deshalb dachte ich, ein Überblick zu dieser seltsamen Welt der schrägen Klänge wäre nützlich. Wobei das mit dem schrägen Klang, wie so vieles in der Musik eben sehr relativ zu sehen ist.


Objektiv ist es eher so, dass wir in Europa und der westlichen Welt eine Hörtradition herausgebildet haben, die im Vergleich zu anderen Musikkulturen extrem eingeschränkt und einseitig ist. Das betrifft sowohl Stimmungen als auch in weit höherem Maße Skalen. Wie wir heute Musik erleben ist sehr wesentlich von der Entwicklung der Mehrstimmigkeit und der Tasteninstrumente bestimmt, die keinen praktikablen Weg zuließ, mit dem man verschiedene Stimmungen schnell umsetzen konnte.

Deshalb sind wir heute an eine gleichstufige Stimmung gewöhnt und empfinden schon eine vergleichsweise harmlose temperierte Stimmung, wie sie Bach noch verwendet hat als leicht dissonant. Es kommt zwar auch immer auf den musikalischen Zusammenhang an, bei einem ethnisch geprägten Volksmusikstück aus Bulgarien zum Beispiel erwarten wir nicht die gleiche Skala, wie bei westlicher Popmusik und sind toleranter, aber die gleiche Tonreihe auf gewohnte Melodien und Arrangements angewendet kommt dann schon ziemlich schräg.

Nun gibt es immer auch Musiker, die nicht nur am Gewohnten, sondern stark am Experimentellen interessiert sind und in der modernen Avantgarde und experimentellen Elektronik hat sich wiederum seit langen eine gegenläufige Praxis etabliert, in der sowohl ethnische als auch neue künstliche, mathematisch errechnete Skalen ausprobiert werden. In beiden Fällen geht es hier aber nicht nur um verschieden gestimmte Intervall-Abstände innerhalb einer auf Halbtönen aufgebauten Oktave, sondern um völlig andere Aufteilungen, man kann eine Oktave auch in 17, 19, 22 oder mehr Teiltöne aufteilen oder auch andere Wiederholungsmuster einer Tonreihe verwenden, die mehr als eine herkömmliche Oktave umfassen. Man kann sich jedenfalls mit etwas gutem Willen in fremdartige Tonsysteme auch „einhören“ und es erschließt sich damit ein weites Feld an musikalischen Erfahrungen und Experimenten.

Als Computermusiker steht man da aber gleich vor dem Problem, dass in die zur Verfügung stehenden Softwareinstrumente das Feature in verschiedenen Skalen spielen zu können, nicht immer eingebaut ist. Da hat sich die Situation zwar schon deutlich gebessert, aber die virtuellen Synthesizer, die das können, sind nach wie vor sehr in der Unterzahl. Hier ist auch das Engagement der Betreiber und Programmierer von Xen-Arts hervorzuheben, die in ihren zwei Synths und einem Soundfont-Player (leider nicht SFZ-Player) Mikrotonalität exemplarisch implementiert haben. Technisch hier mit dem MTS (MIDI Tuning Standard) verwirklicht, der dem sonst verwendeten Scala- und Tuning-Files theoretisch überlegen ist – ob das in der Praxis eine Rolle spielt ist eher ungewiss.

Links zu Seiten, die sich mit mikrotonaler Musikproduktion allgemein beschäftigen

Xenharmonic Wiki – aktuelle Wiki-Seite mit Artikeln, Links und Materialien zu Mikrotonalität, die Software-Auflistung ist kurz, gibt aber Informationen, wie das Feature implementiert ist.
https://xenharmonic.wikispaces.com/

Facebook-Diskussionsgruppe zu Mikrotonalen Themen und Skalen-Erstellung. Für Aussenstehende zunächst auf jeden Fall kryptisch, einige der geposteten Beispiele sind interessant. (ja, es gibt auch Metal-Rock in Xenharmonischen Stimmungen – fällt kaum auf.)
www.facebook.com/groups/xenharmonic2/

Microtonal Synthesis – ältere Seite, deren Link-Ziele teilweise schon wieder verschwunden sind.
www.microtonal-synthesis.com/index.html

Auf Xen-Arts findet man nicht nur die drei Instrumente, sondern auch diese hervorragenden Artikel zu Mikrotonaler Theorie und Skalenerstellung.

Programme zur Erstellung von Skalen

Scala – wie der Name schon sagt. DAS Programm zur Skalen-Erstellung, es hat aber auch noch eine Menge andere Fähigkeiten und ist nicht gerade einfach zu bedienen. Auch hier findet sich eine Auflistung von virtuellen Instrumenten, die Microtuning können, allerdings etwas chaotisch und ohne nähere Angaben, wie das bewerkstelligt wird. (bei den meisten wohl mit .tun-Files oder MIDI-dump). Ansonsten finden sich noch einige Links zum scala-Format im Web.
www.huygens-fokker.org/scala/

Scala Creator VSTi – ein VST-Plug-in, das zwar keine Freeware ist, wie Scala, aber den Prozess der Skalen-Erstellung stark vereinfacht.
http://hgsounds.com/product/scala-creator-vsti/

Microtonal Software – stellt Online-Generatoren zur Verfügung, mit denen man Scala-Files .scl in Tuning-Files .tun übersetzen lassen kann oder Scala zu MTS (MIDI Tuning Standard) für manche Hardware (und Software, z. B. die Xen-Art Synths). Außerdem stellt es einen Scale Tree dar, der anhand von Wiederholungsverhältnis, Intervall und Teiler ein Baumdiagramm der resultierenden Noten darstellt.
www.microtonalsoftware.com/

Scala 2 Kontakt Microtuner – generiert aus Scala-Files ein Script für Native Instruments Kontakt, dass es ermöglicht komfortabel zwischen bis zu zehn Stimmungen umzuschalten. Eine fortgeschrittenere Lösung, als das Factory-Script, das mit Kontakt mitgeliefert wird.
www.12equalboresme.com/Scala2Kontakt/index.html

Mikrotonale virtuelle Instrumente

Auf den Seiten Xenharmonic Wiki und der Homepage zu Scala finden sich ja schon die Hinweise, dass auch einige wichtige kommerzielle Synths mikrotonale Skalen laden können. Freeware-Instrumente sind leider bisher bis auf wenige Ausnahmefälle dazu nicht in der Lage. Ergänzend dazu: nicht nur U-HE ACE, sondern auch Zebra und Diva.
Synthmaster
DUNE
Ob der auf DUNE beruhende SFZ-Player Beat Zampler ebenfalls Scala-Files laden kann, konnte ich bisher nicht herausfinden, ebenso bei dem Gegenstück https://www.plogue.com/.
Homegrown Sounds Astralis Synth-Collection und Homegrown Piano
Die Pianos von Synthogy können per MTS Skalen laden.
Ein sehr exotisches Programm ist Tune Smithy, es erstellt mehrstimmige Melodien automatisch nach den Prinzipien fraktaler Mathematik, man kann das anhand einiger Parameter etwas beeinflussen, was nichts grundsätzlich daran ändert, dass es eben algorithmisch erstellt klingt. Der Witz ist, dass man Skalen laden kann und sich das Ganze dieser neuen Skala anpasst. Direkt spielt es die auf dem Rechner vorhandenen Standard GM Midisounds ab, man kann aber in der kommerziellen Vollversion auch die „Komposition“ als Midi-Files abspeichern und in einer DAW weiter verwursten.

Mikrotonale Keyboards

Jenseits der zwölf Halbtöne pro Oktave hat man auf einem normalen Keyboard ein Problem, es wird klarerweise kaum spielbar. Dafür gibt es einige wenige recht exotische und teure Lösungen, nur um es erwähnt zu haben und weil sie schwer zu finden sind.

Die Fokker-Orgel wäre als Erstes zu nennen – nur dass man sie weder kaufen noch irgendwo hintransportieren kann, aber sie stellt ein herausragendes Beispiel dar, mit welchen Systemen man verschiedene Skalen in den Griff bekommt.

Das Terpstra Keyboard, für das gerade das Crowdfunding abgeschlossen ist, man wird es also tatsächlich kaufen können.
www.indiegogo.com/projects/terpstra-keyboard-280-color-changing-continuous-controllers

Der AXiS-64 pro MIDI Controller ist ähnlich und ziemlich teuer.
http://www.c-thru-music.com/cgi/?page=prod_axis-64

Einfach nur hübsch ist ein rein akustischer Flügel, den man fast beliebig mit ein paar Handgriffen stimmen kann:

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