Kaleidoscope von 2CAudio angekündigt

Bisher war 2CAudio für seine sehr hochwertigen Algorithmus-basierten Hallprozessoren Aether und B2 bekannt. Nun präsentieren sie mit Kaleidoscope ein Effekt- und Synthese-Plugin, das es in sich hat. Kaleidoscope verwendet Bilder zur Steuerung von Sound-Effekten und zur additiven Erzeugung von Klängen. Das erscheint erst mal nicht ganz neu, gab es doch schon seit längerem immer wieder Versuche, die überlegene Informationsdichte eines Sonogramms auch zur Sounderzeugung zu benutzen.
Atmogen war eines der ersten ernsthaften Programme, das schon lange nicht mehr weiter entwickelt wird, hier konnte man mit spezialisierten Pinselwerkzeugen Sounds in eine Bildfläche malen. Photosounder wird dagegen noch weiterentwickelt, wenn auch langsam, dieses Programm bietet Ebenen und die Möglichkeit Sounds in Bilder umzuwandeln, diese in Photosounder oder in einer externen Bildbearbeitung zu bearbeiten und wieder abzuspielen. Dieser Prozess ist vor allem in den tiefen Frequenzen stark Verlustbehaftet. Photosounder kann aber auch Sounds ohne sie zu resynthetisieren quasi einer Filterung durch ein Bild unterziehen.

Das ist ein Verfahren, das auch IRIS von Izotope anwendet. Hier kann man in bis zu vier Sounds gleichzeitig in den jeweiligen Spektrogrammen mit einem Auswahlpinsel herummalen und damit Teile der Frequenzen, die in dem Spektrogramm repräsentiert sind wegfiltern. Der Grundklang wird dabei allerdings resynthetisiert, so dass man ihn per MIDI-Keyboard tonal spielen kann. Die in der Version 2 nun weiter ausgebauten Modulationsmöglichkeiten und Effekte hängen an dieses exzessive „Filter“ die normalen Verstärker- und Effektstufen eines konventionellen Synthesizers an. Auf dem Mac gibt es noch den legendären MetaSynth, der wohl von den vielfältigen Bearbeitungsmöglichkeiten her am ehesten an Kaleidoscope heran kommt, damit konnte ich aber mangels Mac noch nicht arbeiten und nichts weiter dazu sagen.

Kaleidoscope_Main
Ich musste schon das Handbuch intensiver überfliegen um zu begreifen, was jetzt hier bei Kaleidoscope anders ist. Es gibt zwei große Unterschiede zu anderen Programmen dieser Art. Wahrend die bisherigen Programme strikt Pixel für Pixel des zugrunde liegenden Bildes mit additiver Synthese abarbeiten, wobei jede horizontale Bildzeile ein Partial repräsentiert, also eine Sinusschwingung in einer bestimmten Frequenz, die im Zeitverlauf lauter oder leiser wird.

Bei Kaleidoscope ist das auch so, aber indirekt, denn die bis zu 512 Klangerzeuger sind nicht einfache Sinus-Oszillatoren sondern Resonatoren, die z. B. als physikalisch modellierte String-Emulationen eingestellt werden können, also wie angeschlagene und ausklingende Saiten funktionieren. Und hier kommt die zweite Besonderheit ins Spiel: nicht eines, sondern zwei Bilder bestimmen wie der Sound erzeugt wird und sich verhält, eines das auf der Input-Seite der Resonatoren als Exiter agiert, also im übertragenen Sinn so, als hätte man auf bis zu 512 Saiten Hämmerchen oder Bögen, die beständig stärker oder schwächer anschlagen oder streichen und auf der Output-Seite der Resonatoren ein Bild, das wie ein Dämpfer oder Gate funktioniert und für jedes Frequenzband das Volumen reguliert. Im Zusammenwirken mit den anderen Parametern, die auf die Bilder oder auf das Feedback, das in die Resonatoren zurück geht einwirken ergibt das eine äusserst komplexes Gesamtgeschehen, das in der Flexibilität und den Beeinflussungsmöglichkeiten weit über die anderen Programme hinaus geht.

Hinzu kommt, dass auch von aussen Klänge in Kaleidoscope gefüttert werden können und dieses System dann wie eine völlig abgefahrene resonante Filterbank wirkt, externe und interne Klangerzeugung kann dabei gemischt werden. Zusätzlich lässt sich jeder Resonator separat stimmen, auf Skalen, Tonleitern, Akkorde – was man im Projektzusammenhang gerade braucht. Sogar One-Cycle-Wellenformen lassen sich als Effekt-Tuning benutzen.
Ähnlich wie in MetaSynth oder dem freien Progrämmchen Coagula bestimmt bei den Bildern die Helligkeit eines Pixels über das Volumen des Partials zu diesem Zeitpunkt, die Farbe aber über die Position im Stereo-Panning. Mit den Bildern in Input und Output lässt sich also auch die Bewegung der Klänge im Raum steuern und das für jedes Frequenzband separat.

Insgesamt erscheint mir mit all diesen Features Kaleidoscope ein großer Fortschritt in der Evolution Bildgesteuerter Syntheseverfahren zu sein. Die Klangbeispiele auf der Produkt-Website sind sehr beeindruckend, Für Filmmusik, Ambient-Flächenklänge und Sound-Design-Effektklänge eröffnet Kaleidoscope eine weite Spielwiese neuer kreativer Möglichkeiten. Bisher gibt es nur Screenshots aus dem Handbuch, aber eine Reihe von Preset-Design-Videos von Simon Stockhausen, der wohl Betatester war.

Produkt-Website von Kaleidoscope: http://www.2caudio.com/products/kaleidoscope#_overview

Kaleidoscope-Videos von Simon Stockhausen:

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