Obscurium Synthesizer und Step Sequencer

Sugar Bytes veröffentlichte Obscurium, einen Synthesizer und Step Sequencer, bei dem die Sequencer-Funktion eindeutig im Vordergrund steht. Beim Betrachten des Overview-Videos schnappte ich dann öfters mal nach Luft, denn hier wird das altbekannte Prinzip des Step Sequencers auf ein neues, irgendwie poppiges Niveau gehoben.

So poppig, wie die bunte, futuristische Oberfläche daherkommt, so obskur, also fragwürdig, seltsam und undurchsichtig kann diese Vielzahl von aneinandergereihten farbigen Punkten, die die Zustände der Steps repräsentieren zunächst schon wirken. Aber wie von Sugar Bytes gewohnt verbirgt sich dahinter ein sehr intuitives System, wenn man das Prinzip erst mal erfasst hat.

In der senkrechten Leiste rechts befinden sich die Parameter des Synths, auf die man über die Steps Zugriff hat. Komfortabel lassen sich in der großen Fläche des Motion Sequencers mit verschiedenen Werkzeugen Punkte/Steps einzeichnen und manipulieren. Grob lassen sich die Parameter in solche, die Noten, Pitch, Arpeggio, Chords betreffen und solche, die die internen Parameter des Synths, wie Oszillatoren und Filter ansprechen unterteilen.

Je nachdem, wie man die einzelnen Steps der verschiedenen Parameter einstellt ergibt sich ein Gesamtmuster aus verschiedenfarbigen Punkten, das einen groben Eindruck vermittelt, was für einen Charakter die Schrittweise Soundentwicklung hat, ob sie eher geordnet oder chaotisch ist. In dem Video sieht man schon an den sehr unterschiedlichen Mustern einiger Presets und den einfach und schnell zu bedienenden Werkzeugen, dass man mit Obscurium im Handumdrehen komplexe, glitchige Patterens erzeugt, für die man sich auf herkömmlichem Weg über Automation in der DAW den Wolf automatisieren würde.

Jedes Preset kennt zwei Zustände zwischen denen mit einem Morph-Slider überblendet werden kann. Dieser kann auf verschiedene Weise auch mit einem LFO, einer Hüllkurve oder einem Mini-Step-Sequencer mit acht Schritten automatisiert werden. Diese Automatisierung lässt sich auch auf einen weiteren Slider anwenden, der sich auf der rechten Seite der Parameter-Liste befindet und die Werte und Sequencer-Lanes von einem Parameter zum nächsten darüber verschiebt. Je weiter man den Slider nach oben schiebt, je weiter werden die Parameter die Liste hinauf verschoben und zirkulieren praktisch in einer Schleife in der Liste. So etwas ist mir noch nicht begegnet, es ändert so halb-zufällig und animierbar alle Werte, ohne etwas dauerhaft zu zerstören und treibt den Sound-Morphing-Wahnwitz vollends in äusserst obskure Gefilde. Dabei gibt es noch den Superobscure-Modus, der einen differenziert dosierbaren Zufallsgenerator darstellt und alle Punkte im Motion Sequencer mehr oder weniger stark durcheinanderwirbelt.

Der einzige kritische Punkt, den ich den Videos entnehmen konnte war, dass es ausser dem für das Morphing zuständigen LFO/Hüllkurve nur einen gleichartigen globalen LFO/Hüllkurvengenerator gibt, der aber auf alle Parameter in der Liste gleichermaßen wirkt und nur individuell abgeschwächt werden kann – aber es gibt nur einen und das erscheint mir in Anbetracht des ansonsten so flexiblen Gesamtkonzepts eine überflüssige Einschränkung zu sein.

Mit der Obscure Clock, der Timing-Abteilung können die Steps entweder global mit Swing versehen oder zufällig die Richtung wechseln oder mit einen achtschrittigen Sequenzer individuell in Dauer und Abspielrichtung verändert werden. Es gibt sogar einen Keyboard-Modus, bei dem Notenwerte von einem externen Keyboard die einzelnen Steps triggern können.

Sugar Bytes Obscurium
Main Screen von Obscurium

Der Obscurium zugrunde liegende Synthesizer ist zwar eher einfach gestrickt. Ein analoger Oszillator oder eine simple FM-Konfiguration, dazwischen kann aber per Mix-Sequencer-Lane hin- und hergesprungen werden und für jeweils drei Parameter für den analogen oder FM-Teil gibt es eigene Sequencer und damit ist es doch möglich, dem Synth eine weite Palette möglicher Klangfarben zu entlocken.

Das alles wäre ja schon ein bestechendes Instrument für extrem abwechslungsreiche, komplex sequenzierte Synth-Sounds, das dem ebenfalls recht innovativen Synth „Rounds“ von Native Instruments allemal das Wasser reichen kann, aber Sugar Bytes setzt noch den Plugin-Mode oben drauf. Hier arbeitet Obscurium als ein VSTi Mini-Host und kann all die Automationsdaten aus den Sequencern an ein eingebundenes externes Instrument weiter leiten. Wobei die Noten/Pitch/Arpeggio -Daten direkt wirken, alle anderen Parameter, die ansonsten die internen Bauteile des Synths ansprechen mit einer Art MIDI-Learn Funktion sehr einfach den Knöpfen und Slidern des eingebundenen Synthesizers oder sonstigen Instruments zugewiesen werden können.

Obscurium ist nicht nur wegen seiner Modulationsmöglichkeiten ein Synthesizer auf Speed, sondern der abgefahrendste Step-Sequencer, der mir je begegnet ist! Es ist etwas schade, dass er wohl seine Werte nicht per MIDI nach aussen gibt, wie sein entfernter Verwandter Thesys aus dem gleichen Haus und ja, es gibt auch andere mächtige Step-Sequencer, aber so spielerisch, intuitiv und schnell bekommt man wohl nirgends sonst so lebendig verquirlte Tonfolgen hin.

Produkt-Seite von Obscurium bei Sugar Bytes: http://www.sugar-bytes.de/content/products/Obscurium/index.php?lang=de

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