Song of the Sirens – Testbericht „Vocalise“ von Heavyocity für NI Kontakt

Nun, zugegebener Maßen, der Titel irritiert ein wenig. Zummindest, wenn man sich mit der griechischen Mythologie nicht auskennt. Aber als Aufmacher aber sicher passend, haben wir es doch mit einer Vocallibray zu tun.  Mag zwar den ein oder anderen beim Namen Heavyocity im ersten Moment ein wenig verwundern, passt aber. Und zwar richtig gut sogar.

Heavyocity Vocalise

 

Nun kennen wir zwar Heavyocity sicherlich als Hersteller von ganz außergewöhnlichen Percussion- und Rhythmicsuites, wie von z.B. „Damage“ oder „Evolve Mutations“, aber auch dort gab es schon schöne Pads und Transitions. Und gerade zuletzt mit „Gravity“ haben die Jungs von Heavyocity gezeigt, dass sie nicht zu Unrecht einer „der“ Hersteller der Toplieferanten für Libraries im Soundtrack und Gamebereich sind. „Gravity“ werde ich euch evtl. demnächst noch in einem gesonderten Test ausführlich vorstellen.

Nun habe ich also „Vocalise“ hier vor mir. Also dem Namen nach eine „Vocal“-library. Gibt es ja schon einige. Gerade zuletzt hatte ich ja „Realitone- The Ladies“ (Testbericht hier) für euch getestet.

Jetzt dann also „Vocalise“. Aber, um es direkt vorweg zu sagen. „Vocalise“ ist etwas anderes. Ganz anderes! Heavyocity halt. Klar, natürlich „Vocal“, wie der Name sagt. Aber eben „anders“. Lasst euch überraschen.

 

Nackte Tatsachen

Schauen wir uns also erstmal an, was wir da bekommen haben. Die nackten Zahlen eben.

Vorweg zwei wichtige Fakten:

  1. „Vocalise“ ist eine NI lizensierte Library und läuft auch im Kontakt Player.
  2. Obwohl „Vocalise“ ein Erweiterungspack von „Gravity“ ist, wird „Gravity“ NICHT benötigt!

Ansonsten bringt uns „Vocalise“ folgendes: installiert fast 2,9 GB an Samples und Instrumenten (nki),  das sind unkomprimiert fast 4 GB an Vocalsamples. Grundlage sind 750 Soundquellen mit mehreren Vocalartists. Verpackt ist das alles in 172 Instrumente (nki) mit jeweils mehreren Snapshots und über 300 Motionpresets. Was Motionpresets und Snapshots sind, erkläre ich euch später noch, wer „Gravity“ schon kennt, der kann damit sicher schon was anfangen.

Die Instrumente setzen sich aus 20 komplexen Pads, 120 einfachen Pads, 16 Vocalpads und 16 sogenannten Performance Paletten zusammen. Das ist schon einiges. Insbesondere, da gerade die Paletten und die Phrases auch noch einmal etliche eigene Linien und Möglichkeiten mitbringen.

 

Die Installation

Auch Heavyocity verwendet bei „Vocalise“ den Continuta Installer. Also einfach den Installer starten, den Download mittels per Seriennummer aktivieren und dann startet bereits der Download mit anschließendem Entpacken der Installationsarchive. Jetzt einfach noch die Library in das gewünschte Arbeitsverzeichnis schieben, in Kontakt als Library hinzufügen, im NI Service Center aktivieren und die Library steht zur Verfügung.

 

Was genau haben wir denn da jetzt?

Um „Vocalise“ zu erklären, muss ich kurz einen ganz kleinen Bogen machen und erst ganz kurz was zu “Gravity“ sagen. „Gravity“ ist nicht nur eine Soundbibliothek, sondern in erster Linie ein Sounddesignwerkzeug. D.h. hinter „Gravity“ steckt eine sehr ausgefeilte Scriptengine, mit deren Hilfe aus statischen Klängen ausgefallene rhythmische , ah ja – Heavyocity, und lebendige Klangskulpturen erschaffen werden können. Wie gesagt, eventuell kann ich euch „Gravity“ in einem weiteren Test demnächst noch ein wenig genauer vorstellen.

Heißt also im Schluss, wir haben hier die Samples von „Vocalise“ kombiniert mit der Scriptengine von „Gravity“. So weit so gut.

Schauen wir mal, was uns das dann jetzt bringt. Nein, besser. Hören wir mal. Mal ein klitzekleines Hörbeispiel. Fangen wir mit einem komplexen Pad an, adden ein wenig Sustained Vowels, ein klein bisschen Motion a la „Art of Noise“ dazu und dann noch ein paar Phrasen.

 

 

Ja, da sind alles Sounds von „Vocalise“. Angefangen von dem sphärischen Pad, über die rhythmischen Elemente bis hin zu den klaren Vocalpads und den Melodielinen. Und natürlich der Effekte. Interessant?! Ja, völlig! Auch wenn das hier nur kurz eben zusammen „geschustert“ wurde, um einen ersten Höreindruck zu geben.

Wie sich das in einem richtig durcharrangierten Track dann anhört, könnt ihr weiter unten bei den Klangbespielen erleben. Da hab ich dann wieder einige der originalen Demotracks von Heavyocity direkt verlinkt.

 

Ok, dröseln wir das Ganze mal auf:

Instrumente, Pads , Phrases und all das

Die 170 zur Verfügung stehenden Instrumente (nki) teilen sich erst mal in vier Hauptkategorien auf. Die Pads, die Performance Paletten, also gewissermaßen der „Klangmalkasten“, die Phrasen und die „gehaltenen Vokale“ („Sustained Vowels“).

Dabei gibt es gewissermaßen noch die weitere Unterteilung in „Menus“, bei denen auf jeder Taste ein anderer Sound liegt, und den Paletten, bei denen im unteren Bereich Pads liegen und im oberen Bereich der Tastatur auf jeder Taste wiederum einzelne Phrasen. Und auch die Pads sind noch weiter unterteilt in die komplexen Pads und drei verschiedene Elements Kategorien, die jeweils die einzelnen Bestandteile der komplexen Pads zur Verfügung stellen.

Ich werde alle Kategorien gleich noch einzeln und mehr oder weniger ausführlich vorstellen, auch weil sie sich z.T. in der GUI doch erheblich unterscheiden.

Allen Instrumenten ist gemein, dass sie bereits auf dem Mainscreen über direkten Zugriff auf Hüllkurve und MainFX mit Reverb, Delay, Distortion und Chorus bieten. Darüber hinaus verfügen alle über diverse Keyswitches über die sich u.a. die SpecialFX triggern lassen. Außerdem besitzen alle Instrumente abgesehen von dem  Mainscreen noch drei weitere Screens für EQ, Special FX und den Motion genannten Stepsequenzer. Auch das werde ich euch gleich noch im Einzelnen vorstellen. Wer Gravity schon kennt, dem ist das natürlich alles wahrscheinlich schon bekannt, handelt es sich doch um die gleiche GUI.

Gut, aber alles nur graue Theorie, solange ihr nicht sehen könnt, was ich eigentlich meine. Also sollte ich euch mal ein paar erklärende Bilder zeigen.

 

Fangen wir also mal mit dem meiner Meinung nach Außergewöhnlichsten der ganzen Library an:

Die komplexen Pads

Die komplexen Pads setzen sich jeweils aus drei einzelnen Elements zusammen und können frei gemischt werden. Hier handelt es sich, wie der Name schon sagt, um Padsounds, bei denen zum Teil nur noch bedingt zu hören ist, dass das Ausgangsmaterial Samples der menschlichen Stimme sind. Insgesamt 20 der komplexen Pads stehen hier zur Verfügung. Die Pads sind z.T. mit Motionsequenzen versehen, durch die sich der Klang mittels Stepsequenzer im Verlauf der Zeit ändert. Sei es von rhythmischen Sequenzen bis zu Verläufen in der Tonhöhe oder dem Panorama.

Machen wir dabei gerade einmal einen ersten Abstecher zu GUI:

Bei dem Aufruf eines Instruments aus der Komplex Pad Liste öffnet sich die GUI in der Mix Ansicht. Das sieht dann so aus:

 

Heavyocity Vocalise Komplex Pads Mixer
Heavyocity Vocalise Komplex Pads Mixer

Mixer Sektion

Ich denke, jetzt wird schon einiges aus dem vorhergehenden Absatz klarer.
Ergänzen wir das mal gerade um ein kurzes Klangbeispiel. Und zwar um das angezeigte Instrument „Alone in the dark“. Die gleiche Linie dann nochmal mit „Moment of Zen“ und „Seventh Gate“.

 

 

Ich denke der Großteil der GUI dürfte selbsterklärend sein. Vorzustellen sind aber unbedingt die Untersektionen EQ, TFX und Motion. Und natürlich das zentrale Steuerelement, das ist nämlich nicht nur der Mixer. Machen wir also damit weiter.

 

Heavyocity Vocalise Komplex Pads Pitch
Vocalise Pitch Sektion

 

Pitch Sektion

Zentrales Element bei den Pads ist der besagt Mixer in der Mitte. Außerdem aufrufbar ein ähnlich aufgebautes „Pitch“ Element. Hier lässt sich Grundtonhöhe und das Verhalten des Pitchbends für jedes der drei Elemente einzeln einstellen. Und zwar auch für beide Richtungen des Pitchbendreglers getrennt. Und auch invertiert. Da ergibt sich schon einiges an Möglichkeiten der Klangformung bei gezieltem Einsatz des Benders.

 

 

Die ebenfalls vorhandenen Sektionen „Punish“ und „Twist“ werde ich im Zusammenhang mit den „Phrases“ vorstellen. Machen wir hier also mit den Untersektionen EQ, TFX und Motion weiter.

 

TFX Sektion

Nehmen wir uns als nächstes den Bereich TFX vor, dieser ist als einziger bei allen Instrumenten der Library gleich, egal ob Pads, Elements, Phrases oder Vowels.

 

Vocalse TFX Sektion
Vocalise TFX Sektion

Zur Verfügung stehen hier fünf permanent oder per Keyswitch temporär zu aktivierende Effekte. Alle sind nur rudimentär zu konfigurieren, besitzen aber jeder einen eigenen separat zu aktivierenden Stepsequenzer mit je einer eigenen Spur für jeden der beiden Parameter.

Auch hier wieder einen kurzen Höreindruck unter Verwendung der obigen Sequenz, jetzt jedoch mit den fünf TFX der Reihe nach einzeln durchgeschaltet.

 

 

EQ/Filter und Motionsektion

Die EQ/Filter Sektion und die Motionsektion unterscheiden sich wieder je nach Instrument. Bei den Pads, den Paletten und den sustained Vowels sind diese aufgrund der verwendeten drei  Layer anders, als bei den anderen Instrumenten. So steht in der EQ/Filter Sektion der Pads für jedes der drei Kanäle, wie die Layer hier genannt werden, ein eigener EQ und Filter zur Verfügung.

Der EQ ist als klassischer parametrischer EQ ausgeführt mit Gain als Schieberegler und Frequenz sowie Filtergüte Q als Drehregler. Auch der Filter ist klassisch aufgebaut, bietet mehrere Modulationsquellen, einen eigenen LFO mit mehreren Wellenformen und eine eigene Hüllkurve zur Klangformung. Als Filtertypen stehen Low-, High- und Bandpass zur Verfügung. Und darüber hinaus noch Vowel- und Formantfilter. Filter und EQ können für jeden Kanal getrennt aktiviert werden. Außerdem können die Einstellungen zwischen den Kanälen kopiert oder gekoppelt werden.

 

Heavyocity Vocalise EQ Sektion
Heavyocity Vocalise EQ Sektion

 

Bei den anderen Instrumenten findet sich ebenfalls EQ und Filter, jedoch steht hier noch ein zusätzlicher Master EQ zur Verfügung und Filter und EQ sind gleichzeitig zu sehen.

 

In der Motionsektion finden wir den Gravity eigenen Stepsequenzer. Auch hier gibt es wieder einen Unterschied zu den anderen Instrumenten, da auch hier, wie beim EQ/Filter, wieder alle drei Kanäle separat verwaltet werden.

Der Motionsequenzer kann entweder für ein Instrument grundsätzlich aktiviert werden, oder per Keyswitch temporär an- oder abgeschaltet werden.

 

Heavyocity Vocalise Motion Sektion
Heavyocity Vocalise Motion Sektion

 

Es stehen pro Kanal, wie zu sehen, jeweils Volume, Pitch und Pan zur Verfügung. Für alle Kurven können einfache Presetformen verwendet werden, wie Ramp up oder down, es können jedoch auch komplette komplexe Sequenzen gespeichert und geladen werden. Hierfür ist sogar ein eigener Browser in die GUI integriert worden.

Es können bis zu acht Pattern mit bis zu 32 Steps als Chain kombiniert werden. Außerdem können bis zu acht unterschiedliche Pattern  erzeugt werden. Damit lässt sich schon einiges an Motion erzeugen.

Und auch hier noch einmal die gleiche Sequenz wie vorher. Nur jetzt mit aktiviertem Stepsequenzer.
(Dabei handelt es sich in Durchgang eins und drei um die in der Grafik abgebildete Motionsequenz. Durchgang zwei bedient sich einer einfachen Trigger Linie.)

 

 

Gut, soweit ein erster Ausflug in die GUI und einige Details der Gravityengine. Kommen wir zurück zu den Instrumenten der Library.

 

Die Element Pads

Die anderen Instrumente innerhalb der Pad Sektion der Library sind die Elements. Und damit genau die Elemente, aus denen die komplexen Pads zusammengebaut sind. Ausnahme sind die Element Menus, wo auf jeder Taste ein anderer Sound liegt. Die Elements sind natürlich weit weniger komplex und verfügen auch über die etwas vereinfachtere GUI wie die anderen „Phrases“. Die Unterschiede in der GUI werde ich später bei den Phrasen noch zeigen.

 

Die Performance Paletten

Die Performance Paletten  verfügen über die gleiche GUI wie die komplexen Pads. Der Begriff Palette bezieht sich hier übrigens auf dem vom Maler bekannten Farbmischer. Deswegen das Wortspiel mit dem „Klangmalkasten“.

Die Performance Paletten beinhalten nach Sängern und Tonarten getrennt sortierte stimmliche Sounds, die so angelegt sind, dass man damit den komplett gesungen Phrasen ähnliche nachbauen kann. Aber eben auch schöne sphärische Vocalpads erzeugen kann. Dazu kommen passend zur Tonart gesungene Arpeggien im oberen Bereich der Tastatur. Womit sich eben auch die Aufteilung nach Tonarten erklärt. Die Arpeggien nutzen jeweils den dritten der drei Kanälen, so dass sich diese klanglich unabhängig von den gehaltenen Vocals regeln lassen.

Hiermit lässt sich schon einiges an stimmlichen Klängen „malen“.

 

 

 

Die Vocalphrases

Bei den Vocalphrases handelt es sich um komplett eingesungene Phrasen. Hier stehen für fünf verschiedene Tonarten jeweils unterschiedliche Phrasen zur Verfügung. Dabei sind jeweils Phrasen der verschiedenen an den Aufnahmen beteiligten Vocalisten.

Bei allen fünf Instrumenten findet sich auf jeder Taste eine eigene Phrase. Diese ist in gewissem Rahmen in der Tonhöhe veränderbar, aber nicht in der Geschwindigkeit. Wie jetzt?! Keine Anpassung des Tempos?! Richtig gehört! Das Tempo der Phrasen ist nicht veränderbar. Und somit auch nicht mit der DAW synchronisierbar. Und wisst ihr was?! Das hat Heavyocity sogar mit Absicht so gemacht. Um den klanglichen Eindruck der Phrasen nicht zu zerstören. Diese klingen nämlich wirklich nur in ihrem eigentlichen Tempo, mit dem sie eingesungen wurden, so genial, wie sie es tun. Von daher finde ich das durchaus in Ordnung so. Allerdings wäre es schön gewesen, wenn man wenigstens eine bpm Angabe bekommen hätte.

Hier mal einige Phrasen zum Hören. Ich habe dabei mal versucht, auch verschiedene Vocalisten zu nehmen. Hier wird sicher auch klar, warum man die Phrasen nicht wirklich vom Tempo her anpassen könnte, ohne den Charakter zu zerstören. Wie bei allen Klangbeispielen habe ich auch hier keine weiteren Effekte verwendet, die Aufnahme wurde lediglich normalisiert.

 

 

Die Vocalphrases haben dann, wie auch die Elements der Pads, eine eigene, etwas reduziertere GUI. Wie auch die Elements sind diese ja nur einkanalig, benötigen also keinen Mixer.

Kleiner Unterschied zu den Elements: die Elements besitzen noch einen Glideregler. Der fehlt bei den Phrasen und Vowels logischerweise.

 

Heavyocity Vocalise Punish Regler
Heavyocity Vocalise Punish Regler

 

Auffälligstes Element ist hierbei sicher der zentrale „Punish“ Regler. Dieser Regler verändert, wenn aktiviert, den Klang durch eine Mischung aus Sättigung und Kompression. Allerdings ohne Lautstärkekompensation. D.h. im ersten Moment hat mein einfach nur den Eindruck, dass der Klang lauter wird, ohne sich zu verändern. In höheren Regionen wird dann der Effekt jedoch durchaus deutlicher, allerdings muss man dann manuell das Volume schon wieder runterregeln, sonst wird’s vergleichsweise zu laut.

 

Heavyocity Vocalise Twist Regler
Heavyocity Vocalise Twist Regler

 

Ebenso angeordnet ist der „Twist“ Regler.

„Twist“ erzeugt einen wesentlich deutlicher hörbaren Effekt, der einen in Intensität und Geschwindigkeit regelbaren Phaserähnlichen Effekt erzeugt. Eben „drehend“.

 

 

 

 

Fehlt eigentlich nur noch der Punkt „Sample“ der GUI, der anders ist als bei den anderen Instrumenten mit Mixersektion.

 

Heavyocity Vocalise Sample Sektion
Heavyocity Vocalise Sample Sektion

 

Und, man ahnt es kaum, hier lässt sich dann einiges am verwendeten Sample drehen.

Schön dabei, dass man nicht nur den Start und das Panning ändern kann. Gerade den Samplestart per regelbarem Random einzustellen führt doch auch immer wieder zu interessanten Ergebnissen.

Vorsicht aber mit dem Tuneregler. Dieser regelt innerhalb eines Bereiches, in dem aus einer erkennbaren Stimme ganz schnell synthetisch anmutende Klänge werden. Insbesondere ist es kaum möglich, die Tonhöhe in nutzbarem Rahmen zu verändern. Also eine Phrase gerade mal um einen Halbton zu verschieben gelingt meist nicht. Und klingt auch eigentlich nicht.

Motion- und EQ/Filtersektion sind einfach nur jeweils um zwei Kanäle reduziert, dadurch wird das Ganze ein wenig übersichtlicher und außerdem hat die EQ Sektion noch einen Master EQ. Das spar ich mir aber, das im Bild darzustellen. Die Funktionalität ist wie bei den anderen Instrumenten auch.

 

Sustained Vowels

In dieser Sektion finden sich dann bis zu 9 stimmig gestackte Vokale. Angefangen von den einfachen gehaltenen Einzelvokalen mit je 3 Stimmen über bewegte, sich ändernde Vokale mit bis zu 6 Stimmen bis hin zu 9-fach gestackten Ensembles.

Also das Material, was man eigentlich bei jeder „normalen“ Vocallibrary auch erwartet. Aber hier eben mit den erweiterten Möglichkeiten der Gravityengine.

Die Sustained Vowels warten auch wieder mit der ausführlicheren GUI mit den drei unabhängigen Kanälen und dem Mixer auf, so dass sich die Anteile der Stimmen in einem gewissen Rahmen einzeln regeln lassen.

Im Klangbeispiel hab ich die gleiche Sequenz wie auch bei den komlexen Pads verwendet. Jeder der drei Durchgänge repräsentiert dabei eins der drei Hauptmerkmale der Instrumente dieser Kategorie. So erklingt als Erstes ein einfaches, dreistimmiges „Basic Ahh“, dann folgen sechstimmige „Moving Vowels“ und als letztes dann noch die „Stacked Ahh, Ohh, Ooo“ des gesamten Ensembles.

 

 

Handhabung und Praxis

Da geht schon was. Ist man im ersten Moment doch ein wenig erschlagen von den vielfältigen Möglichkeiten der Library, so erschließt sich einem nach kurzer Eingewöhnung erst das komplexe Potential von „Vocalise“.

Die Vocalphrases und komplexe Pads gefallen als „Presets“ zwar relativ schnell, was aber alles mit der dahinterstehenden Gravityengine machen lässt, begreift man erst mit der Zeit. So findet man auf den ersten Blick schöne Vokallinien und sehr gefällige sphärische Vocalpads. Dazu die komplexen Pads, die z.T. nur noch erahnen lassen, dass es sich um „Stimme“ als Ausgansmaterial handelt.

Taucht man dann etwas tiefer ab, merkt man, wie sich mit der Gravitgyengine aus Pads und Vowels bewegte rhythmische Elemente erzeugen lassen. Wobei man das sicherlich aufgrund des klanglichen Ausgansmaterials jedoch z.T.  nur in homöopathischen Dosen verwenden sollte, will man den eigentlichen, fast immer zu erahnenden „stimmlichen“ Charakter, der einzelnen Instrumente nicht völlig „zerstören“.

Das einzige, was mir selbst während des Testens der Library negativ aufgefallen ist, dass ist die etwas gewöhnungsbedürftige Velocitykurve. So habe ich des Öfteren für den sinnvollen Einsatz die Velocityempfindlichkeit, mit dem glücklicherweise vorhandenen Regler, erhöhen müssen. Sonst sind die Lautstärkesprünge zwischen den einzelnen Instrumenten doch recht deutlich. Und lassen sich z.T. auch nicht wirklich sinnvoll mittels Velocity einsetzen. Aber wie gesagt, dass lässt sich mittels Velocityreglers anpassen.

Was sicherlich auch noch ganz schick gewesen wäre: ich hätte es begrüßt, wenn zumindest bei den Vocalphrases die einzelnen Stimmen bzw. Sänger durch das Einfärben der Keys zu unterscheiden gewesen wären. Gerade im Hinblick auf die Möglichkeiten, die einem die NI Control Keyboards bieten. So hat man leider keinen Überblick darüber, welcher Sänger in welchem Bereich liegt und beim „gerade mal spontan eine Phrase“ auswählen, hat man schnell eine andere Stimme erwischt. Da wäre eine visuelle Hilfe sicherlich willkommen. Aber das kennt ihr schon, das ist das Meckern auf hohem Niveau, ohne das ich nicht kann. Wäre ja noch schöner, wenn ich mal nichts auszusetzen hätte 😉

 


 

*Erläuterung: Snapshots und Motionpresets

Ich möchte noch kurz auf zwei Besonderheiten der Library eingehen. Und zwar werden die einzelnen Instrumente durch Snapshots und Motionspresets ergänzt. Das möchte ich kurz erklären.

Bei den Snapshots handelt es sich um eine Funktion des Kontakt 5 Samplers, mit der sich innerhalb eines Kontaktinstruments (nki) mehrere unterschiedliche Settings des nki innerhalb dessen zu speichern und abrufbar zu machen. Hier werden bei „Vocalise“ insbesondere verschiedene Hüllkurven und Ambience- bzw. Effektsettings abgelegt. Das habe ich in dieser Ausführlichkeit bisher bei keiner anderen Library kennenlernen dürfen. Selbstredend ist natürlich die Möglichkeit, auch eigene Snapshots anzulegen und mit dem nki abzuspeichern.Alle nki von „Vocalise“ öffnen sich im Snapshotmodus, was im ersten Moment erst einmal ein wenig gewöhnungsbedürftig ist, da  hier die gewohnten Bedienelemente wie Kanal- und Outputauswahl nicht sichtbar sind.

Bei den Motionpresets handelt es sich um eine Sammlung von vorgefertigten Sequenzerlinien für die Gravityengine, mit der sich, der Name sagt es schon, Bewegung in den Klang bringen lässt. Hierzu steht in der GUI sogar ein eigener Browser zur Verfügung.  In wie weit das bei „Vocalise“ brauchbar ist, darüber kann man geteilter Meinung sein, zu exzessives Nutzen, gerade beim  Pitch, mag da schon sehr seltsam klingen und ist eher nicht so geeignet. Aber das ist halt ein Teil der Engine von Gravity, die hier genutzt wird und nicht explizit auf „Vocalise“ angepasst wurde. Deswegen ist das sicherlich kein Manko.

 


 

 

Der Gesang der Sirenen – der Klang

Sind wir ehrlich: Im Gegensatz zu dem, was man vielleicht spontan mit „Sirene“ assoziiert, ist es doch eher so, dass in der griechischen Mythologie die Sirenen einen wunderbaren, hypnotischen Gesang gehabt haben sollen, der so faszinierend war, dass man sich ihm nicht entziehen konnte.

Und so sieht das auch hier aus. Kann man bei den komplexen Pads und Effectsounds z.T. nur noch bedingt erkennen, dass es sich um Vocals handelt, so ist es doch bei den tatsächlichen tonalen Linien und Vowels ganz klar, dass es sich um ganz außergewöhnliche Stimmen handelt. Gerade die Phrasen sind klanglich qualitativ und auch stimmlich ausgezeichnet, sehr gut einsetzbar und gefallen mir ausgesprochen gut.

Trotzdem sind natürlich auch die Pads außergewöhnlich, da sie die menschliche Stimme immer als präsent erahnen lassen und gerade dadurch zum Teil sehr interessant bis mythisch zu klingen vermögen.

Einige Klangbeispiele habe ich euch ja bereits im Rahmen der Vorstellung der verschiedenen Instrumente vorgeführt. Jetzt zum Ende möchte ich euch aber einmal noch einige Beispiele von Heavyocity direkt zu Gehör bringen, da hier besonders gut deutlich wird, wie sich die Library gerade im Gesamtzusammenhang verwenden lässt. Die meisten der Beispiele hier sind ausschließlich(!) mit „Vocalise“ erzeugt worden!

 

 

 

Fazit

„Faszinierend“, würde ein gewisser Herr mit spitzen Ohren jetzt sagen. Aber es stimmt. Ich bin fasziniert. Nicht nur aufgrund der wirklich klanglich und melodisch sehr gelungen Vocalphrases, Vowels und gestackten Vocals, sondern gerade auch  von den komplexen Pads und Klängen, die man hier aus der menschlichen Stimme erzeugt hat. Somit ist „Vocalise“ definitiv keine Vocallibrary im allgemeinen Sinne, sondern eher ein Klangbaukasten auf Basis der Stimme. Faszinierend!

Wer hingegen eine „echte“ Vocallibrary, insbesondere mit Phrasebuilder, sucht, der ist hier nicht unbedingt ganz richtig aufgehoben. Die typischen „Ah“ und „Oh“ Vowels gibt es sicherlich, dazu jede Menge schöne sphärische Vocalpads, aber die Phrases sind z.T. schon sehr speziell. Und ein „echter“ Phrasebuilder fehlt halt gänzlich.

Der Einsatzbereich von „Vocalise“ ist dementsprechend auch sicherlich nicht im Rock/Pop Bereich, sondern wohl viel eher im Soundtrack, Moviescore, Ambient, Game oder Drone Bereich, um nur einige Beispiele zu nennen. Heavyocity eben. Womit sich der Bogen zur Einleitung schließt.

Für mich ist „Vocalise“ als zweite Erweiterungslibrary mit der Gravityengine eine wahre Fundgrube an Sounds, sehr genial zu verwenden und definitv ihren Preis wert. Und erhält deswegen von mir eine ganz klare Kaufempfehlung.

 

Plus

+ Verwendung der „Gravity“ Scriptengine

+ hervorragende vocalähnliche Pads

+ sehr gelungene tonale Phrasen

+ Preis-/Leistungsverhältnis

 

Minus

– z.T. gewöhnungsbedürftige Velocitykennlinie

 

Bezugsquellen

Heavyocity Vocalise

 

„Vocalise von Heavyocity ist ausschließlich als Download erhältlich. Und zwar entweder direkt über die Webseite von Heavyocity (http://www.heavyocity.com/product/vocalise/)

oder z.B. über Best Service (http://www.bestservice.de/vocalise_gravity_pack_02.html ).

Der Preis liegt bei $ 99,- bzw. € 99,-

(Achtung! Derzeit ist “Vocalise” im Rahmen des Thanksgiving Sales von Heavyocity für  nur 79,- $ erhältlich! Das Angebot gilt noch bis zum 6.12.2015.)

Link zur Herstellerseite: http://www.heavyocity.com

 

 

 

Klaus Feurich
Über Klaus:
Musiker und Techniker: Keyboards, Gitarre, Sounddesign, Ton- und Studiotechnik, Computertechnik
http://lunymarmusic.com

 

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