Testbericht: ARTURIA MicroBrute SE – Angriff der Klonkrieger!

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Testbericht von Perry Staltic

Ich hatte hier vor kurzem bei BuenasIdeas.de ja bereits verschiedentlich angedeutet, dass ARTURIA aus Frankreich ein Testexemplar des MicroBrute SE in mein heimisches Klanglabor entsandt hat. Damit begutachte ich nun schon das zweite Stück Hardware dieses Herstellers mit Firmensitz am Fuße der französischen Alpen, der ursprünglich ja nur durch seine klingenden Softwareprodukte bekannt geworden war.

Nun denn, dieses Mal entstammt der Klang allerdings nicht diversen Bits und Bytes, sondern wird mit Hilfe realer, spannungsgesteuerter Schaltkreise und Bauteile erzeugt, womit wir mit dem MicroBrute einen echten (monophonen) Analogsynthesizer vor uns haben.

ARTURIA MicroBrute SE: blaue Version
ARTURIA MicroBrute SE: blaue Version

Okay, das ist jetzt wohl keine ganz so riesige Überraschung mehr, immerhin hat ARTURIA diese vor ein paar Jahren ja längst schon mit dem MiniBrute (den hatten wir seinerzeit auch mal zum Test eingeladen, aber irgendwie hat es damals wegen anfänglicher Lieferschwierigkeiten dann doch nicht hingehauen…) vorweg genommen, der sozusagen der große Bruder des darauf folgenden MicroBrute darstellt. Letzterer hingegen hat nun auch noch eine leicht genmanipulierte Geschwisterschaft in Form des MicroBrute SE erhalten, eben den derzeit auf meinem Seziertisch befindlichen Testprobanden.

ARTURIA MicroBrute SE: orange Version
ARTURIA MicroBrute SE: orange Version

Der nachfolgende Testbericht deckt im Prinzip auch den „normalen“ MicroBrute gleich mit ab, denn die SE-Version unterscheidet sich von Ersterem tatsächlich nur durch eine andere Farbgebung sowie einem deutlich aufgestockten Zubehörpaket. Klanglich gibt es jedoch keinerlei Unterschiede, wenn man die nochmals erweiteren Möglichkeiten durch die neuen Patchkabel (dazu später) einmal außer Acht lässt.

ARTURIA MicroBrute SE: weiße Version
ARTURIA MicroBrute SE: weiße Version

Da die sich kreierende Stammbelegschaft bei ARTURIA vermutlich in erster Linie aus der programmierenden Zunft zusammensetzen dürfte, hat man sich für die Entwicklung der Innereien der Brute-Serie die Mithilfe des davor wohl eher in entsprechenden Insiderkreisen bekannten Gerhirnbenutzers Yves Usson in Anspruch genommen. Und zum Glück hat man das, möchte ich hier direkt einmal anmerken!

Für die äußere Gestaltung hingegen zeichnete einmal mehr der bekannte Designer Axel Hartmann verantwortlich, der beispielsweise auch schon das Antlitz des WALDORF ROCKET prägte, den ich im vorletzten Jahr getestet habe.

Auch sonst gibt es übrigens – oberflächlich betrachtet – einige Ähnlichkeiten zwischen diesen beiden Synthesizern, meiner Ansicht nach allerdings auch recht deutliche Unterschiede, und ich persönlich habe auch meinen Favoriten schon gefunden.

Wenn das Synthmännchen kommt…

Eines frühen Abends kurz vor Weihnachten also überreichte mir ein freundlicher Nikolaus, äääh…, Paketbote ein kleines Pappköfferchen, das neben dem Testkandidaten selbst auch noch allerlei nützliches Zubehör enthielt, als da wären das Netzteil, eine Bedienungsanleitung, zwei sogenannte stackable Patch Chords (dazu später mehr), einen ganzen Satz an Overlays zum manuellen Preset-Management und nicht zuletzt auch noch ein schickes, gepolstertes Gig Bag samt Trageriemen, dessen Aufdruck auch gleich den Inhalt verrät.

MicroBrute SE: Lieferumfang
MicroBrute SE: Lieferumfang

In der Tasche hat dann gegebenfalls aber auch noch diverses Zubehör Platz, und wenn man den MicroBrute SE auch im Studio mal nicht gebrauchen sollte, dann ist er darin auch gut vor Staub und UV-Licht geschützt.

Im Gegensatz zum dunkelgrauen MicroBrute (also dem ohne dem SE…), kommt der Klon (also der mit dem SE…) in gleich drei freundlichen Farbvarianten daher, nämlich orange, blau und weiß – der SH-101 lässt schön grüßen! Mein Testgerät entpuppte sich übrigens als ein cooler Weißer, sehr augenfreundlich auch bei eher schumrigen Lichtverhältnissen, aber gut, dass ich als Nichtraucher keine gelben Nikotinfinger habe…

ARTURIA MicroBrute Standardversion
ARTURIA MicroBrute Standardversion

Nachdem ich den MicroBrute SE selbst aus der Verpackung genommen hatte, bemerkte ich an seiner überaus kalten Bodenplatte aus Stahlblech, dass das Paket offenbar den ganzen Tag im ungeheizten Lieferwagen verbracht hatte. Daher ließ ich den Synthie auch erst einmal für ein paar Stunden in Ruhe, damit er sich im warmen Studio akklimatisieren konnte.

Danach aber, schon spät am Abend, konnte ich mir es doch nicht mehr verkneifen, das Teil endlich anzustöpseln und einzuschalten, und auch, wenn ich damit ein wenig das Pferd von hinten aufzäume, will ich euch nicht vorenthalten, dass ich mich nur mit Mühe wieder von dem kleinen Gesellen loszureißen vermochte, um mich ins Bett zu begeben.

Maschinendeck…

Äußerlich nimmt der MicroBrute SE, wie bereits erwähnt, nicht sonderlich viel Platz ein, seine Grundmaße entsprechen etwa denen eines kleinen 12″-Laptops, seine Breite stimmt vermutlich nicht zufällig mit denen des ARTURIA BeatStep (siehe hier: https://www.buenasideas.de/test/musikproduktion/hardware/test-arturia-beatstep-der-frische-franzose/)überein), doch dazu kommen wir gleich erst.

Bei diesem handlichen Formfaktor ist natürlich auch keine normal große Klaviatur drin, sondern „nur“ ein Keyboard mit Minitasten. Vielleicht nicht unbedingt das Richtige für Tastenvirtuosen oder für Bühnen-Poser, aber für ein einfaches Spielen des MicroBrute SE reicht das allemal und bei Bedarf auch als simples MIDI-Keyboard für die DAW, sofern der MicroBrute SE via USB-Buchse mit selbiger verbunden ist.

Übrigens ist das Keyboard selbst dann sogar anschlagsdynamisch, allerdings ist die Tonerzeugung des MicroBrute SE dies nicht, so dass die Anschlagsdynmik auch nur zur Steuerung externer MIDI-Gerätschaften oder Plugins verwendet werden kann.

Da wir gerade schon kurz bei der (rückwärtigen) Bestückung angelangt waren, hier eben auch noch schnell der Rest: Neben der bereits erwähnten USB-MIDI-Buchse finden wir hier auch einen normalen 5-poligen MIDI-Eingang (jedoch keinen entsprechenden Ausgang) sowie den Anschluss für das externe 12V-Netzteil mit daneben befindlichen Ein-/Ausschalter. Dieses Netzteil trenne ich bei Nichtgebrauch übrigens noch mal seperat von der Stromversorgung, der Schalter ist ja nur für den MicroBrute selbst zuständig…

ARTURIA MicroBrute SE: Rückansicht
ARTURIA MicroBrute SE: Rückansicht

Erfreulicherweise können auch externe Audio-Signale durch den MicroBrute gejagt werden, dazu steht eine 6,3 mm-Mono-Klinkenbuchse zur Verfügung. Ebenso erfreulich ist es, dass dieses externe Signal sogar mittels eigenem Drehregler in der Lautstärke angepasst werden kann. Das Poti ist übrigens via Federmechanismus versenkbar, so dass man es nicht ungewollt verstellen kann, und wohl auch, damit es nicht so leicht abbrechen kann

Der Fine-Tune-Regler zur manuellen Stimmung der Tonerzeugung ist identisch ausgeführt.

Neben den drei 3,5 mm-Klinkenbuchsen der CV/Gate-Anschlüsse zur Verbindung mit anderem spannungsgesteuertem Equipment ist selbstredend auch ein Audio-Ausgang mit an Bord. Dieser steht sowohl als 6,3 mm-Mono-Klinkenbuchse als auch als Kopfhörerausgang im 3,5 mm-Klinkenformat zur Verfügung. Beide werden über ein gemeinsames Lautstärke-Poti auf der Oberseite geregelt, also nicht unabhängig voneinander.

Bleiben nur noch die typischen Kensingten-Lock–Öffnungen übrig, durch die man bei Bedarf ein diebstahlhemmendes Drahtseil mit Schloss fädeln kann. Einen eingebauten, automatischen Tazer als Diebstahlssicherung fänd ich noch wirkungsvoller… 😉

Auf der Oberseite präsentiert sich der MicroBrute als recht aufgeräumt, durchdacht und mit fast waagerechter Lernkurve – wer jemals einen subtraktiven Synthesizer bedient hat, und sei es auch nur als App auf dem Handy, der sollte eigentlich auf Anhieb mit dem MicroBrute klar kommen.

Die Bedienelemente des MicroBrute, neben Pitchbender und Modulationrad sind dies vorrangig Potis, Schieberegler sowie metallene Kippschalter (Letztere ähneln denen des ROCKET oder auch umgekehrt…), wirken allesamt recht robust, vor allem die Potis sitzen angenehm stramm auf ihren Achsen und wackeln nicht die Bohne. Auch der Abstand der Regler untereinander wurde löblicherweise so gross gewählt, dass man den MicroBrute nicht nur mit spitzen Fingern bedienen kann. Jeder Parameter besitzt auch seinen eigenen Regler oder Schalter, die einzige (völlig unkritische) Doppelbelegung besteht im TAP/REST-Taster.

Auch das Gehäuse selbst, das neben der erwähnten Stahlblech-Bodenplatte ansonsten aus einem stabilen Kunststoff besteht, macht einen wertigen Eindruck und wirkt keinesfalls playmobilartig oder gar so, als würde es bereits durch scharfes Anschauen auseinanderfallen. Der MicroBrute bringt denn auch fast zwei Kilo Gewicht auf die Waage, das klingt zwar nicht sonderlich viel für einen Analogsynthie, aber auf den Fuß würde ich mir das Teil auch nicht unbedingt fallen lassen.

Die zahlreichen Preset-Overlays, die zum MicroBrute SE mitgeliefert werden, sind bei einem Synthesizer ohne eigene Klangspeicherplätzen natürlich extrem nützlich, um einmal gefundene Einstellung festzuhalten und halbwegs zu reproduzierbar zu machen. Übrigens, wer zur Markierung verschiedenfarbige Stifte verwendet, der kann auf einem einzigen Overlay gleich mehrere Presets „abspeichern“… Neben einem Satz an Blanko-Overlays wird auch noch ein weiterer, orangefarbener Satz mitgeliefert, dessen Overlays bereits Markierungen sowie Presetnamen aufweisen – sozusagen ARTURIAS Werkslibrary zum MicroBrute SE!

ARTURIA MicroBrute SE: Testgerät
ARTURIA MicroBrute SE: Testgerät

Vibrator…

Schauen und hören wir uns nun endlich auch mal die Tonerzeugung an. Der MicroBrute verfügt über lediglich einen einzigen Oszillator, dieser wurde jedoch derart aufgebohrt, dass es ihm in der Praxis häufig gelingt, seine Einsamkeit ganz gut zu kaschieren.

Dies wird einmal dadurch erreicht, dass dieser (übrigens tatsächlich analoge) Oszillator gleichzeitig die drei Wellenformen Sägezahn, Rechteck und Dreieck erzeugen kann. Diese können dabei auch stufenlos miteinander gemischt werden.

Zudem besitzt jede der drei Wellenformen auch jeweils noch ihren eigenen zusätzlichen Parameter. Während dies beim Sägezahn ein Regler namens ULTRASAW ist, steht dem Rechteck der Parameter PULSE WIDTH zur Verfügung, und beim Dreieck ist dies ein METALIZER genanntes Poti.

ULTRASAW mischt dem Sägezahn zwei phasenverschobene Kopien seiner selbst hinzu. Für meine Ohren klingt dies zum Glück allerdings nicht nach den typischen Supersaw-Proletentechno-Hupen, sondern geht je nach Einstellung eher ein wenig in Richtung Phaser, Chorus oder dergleichen. Wenn man diesen Parameter moduliert (siehe unten), dann kann man trotz des nur einen vorhandenen VCO gewisse Schwebungseffekte erzielen.

PULSE WIDTH ist natürlich weniger exotisch, bietet nämlich eine simple Einstellung der Pulsweite des Rechtecks zwischen 50% und 90%. Auch dieser Parameter kann moduliert werden.

METALIZER wiederum ist kein Standardparameter typischer Analogsynthies. Dadurch wird die Dreieckswelle ordentlich zusammengefaltet und das klangliche Resultat mit seinem „metallischen“ Obertonspektrum erinnert bisweilen eher an gemeine Aggrosounds alter FM-Synthies, hier nur eben mit einem „analogen“ Touch. Gefällt mir sehr gut, zumal der METALIZER ebenfalls modulierbar ist.

Erwähnt habe ich bisher noch nicht den mit Overtone betitelten Regler. Dieser entspricht einem Suboszillator mit Rechteckwelle, der stufenlos dazu gemischt werden kann. Der darüber befindliche Parameter SUB>FIFTH ermöglicht es, die Tonhöhe entweder eine Oktave unterhalb der Oszillator-Tonhöhe oder aber eine Quinte darüber zu blenden. Ja, auch dieser Parameter ist modulierbar. Der Suboszillator trägt maßgeblich dazu bei, dem Sound bei Bedarf dicke Klöten zu verpassen!

Der Grundton des MicroBrute kann übrigens mittels zweier Taster über einen Bereich von zwei Oktaven nach oben oder unten verschoben werden, die gewählte Tonlage wird dabei via LED signalisiert.

Insgesamt ist es ARTURIA sehr gelungen, dem an sich ja begrenzten Single-VCO-Konzept dennoch eine überraschend variable Klangvielfalt zu entlocken, und dies bereits ohne Einsatz des Filters. Nachfolgend die Audioaufnahme einer Sequenz, bei dem das Filter komplett aufgedreht war. Ihr hört zunächst die drei Wellenformen und ihre Zusatzparameter einzeln nacheinander, danach den Subsszillator und abschließend noch einmal einen Mix aus allen Wellenformen:

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Hier findet sich auch einer der Unterschiede zum ROCKET: Während dieser zwar noch ein paar Möglichkeiten wie beispielsweise den Unisono-Modus aufweist (der MicroBrute klingt allerdings auch ohne einen solchen druckvoll genug…), ist hier häufig aufgrund des mehrfach belegten Drehreglers (bei dem ich mich im Gegensatz zum MicroBrute mit seinem deutlich bedienfreundlicheren Ein-Knopf-pro-Parameter-Design dann auch häufiger verdreht habe…) nur ein „entweder/oder“ möglich, während beim MicroBrute durch die Möglichkeit des Wellenformmischens auch eine große Bandbreite an Klangeinstellungen dazwischen möglich ist.

Rein persönlich hätte ich mir ja gerne auch noch einen eingebauten Rauschgenerator gewünscht, um das Klangspektrum noch in Richtung Drumsounds, Noiseshots oder diverser Effekte zu erweitern. Aber ARTURIA musste ja schließlich irgendwo den Rotstift ansetzen, um den angestrebten Verkaufspreis erreichen zu können, und wahrscheinlich auch, um das Interesse am hauseigenen MiniBrute (der besitzt nämlich einen Rauschgenerator) wach zu halten.

ARTURIA MicroBrute SE: UKW-Radio als Rauschgenerator
ARTURIA MicroBrute SE: UKW-Radio als Rauschgenerator

Nun weist der MicroBrute aber einen Audioeingang auf, und dort hinein kann man natürlich auch Rauschquellen aller Art einspeisen, sei es von einem anderen Synthesizer, von einem Testsignal oder auch als entsprechendes Sample. Für einen Test habe ich mich übrigens der am einfachsten verfügbaren Rauschquelle bedient: einem kleinen UKW-Radio mit Audioausgang, bei dem ich einfach einen ungenutzten Frequenzbereich eingestellt habe, fertig war der Rauschgenerator… 😉

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Übrigens benötigt der VCO ob seiner Natur nach dem Einschalten des MicroBrute eine gewisse Aufwärmzeit, bis er seine Stimmung stabil wird (und auch bleibt!). Das Handbuch erwähnt hier einige Minuten, die notwendig seien, bei meinem Exemplar war dies jedoch einzig beim allerersten Start der Fall (nachdem das Gerät einige Stunden zuvor ja noch in der Kälte verbracht hatte…), später aber reichte die Zeit, die Rechner und DAW zum Start benötigten, locker aus. Unerwünschtes VCO-Geeiere bleibt einem also beim MicroBrute erpart.

Filtrat…

Rechts neben der VCO-Sektion befindet sich das Multimode-Filter des MicroBrute. Es handelt sich hierbei mal nicht um den Nachbau eines geläufigen Filters à la Moog-Kaskade, MS20- oder TB-303-Schaltung, sondern um eine als Steiner-Parker-Filter bezeichnete Kreation, offenbar ein eher unbekannteres Filterkonzept aus den 70ern, dass durch Monsieur Usson noch diverse Modifikationen erfahren hat.

Per Kippchalter sind Tiefpass, Bandpass und Hochpass verfügbar, die Flankensteilheit beträgt dabei in allen Modi jeweils 12 dB.

Klanglich gibt es an diesem Filter nichts zu bemäkeln, speziell das Bandpassfilter gefällt mir sehr gut. Die Resonanz reicht ordentlich bis in die Selbstoszialltion hinein, womit das filter auch selbst als Klangquelle dienen kann. Beim Tiefpassfillter findet erfreulicherweise keine Reduktion des Bassbereichs statt, wie bei so manch anderen Filterschaltungen, wenn man die Resonanz erhöht, teilweise erschien mir der Bassbereich bei bestimmten Einstellungen sogar noch etwas verstärkt.

Neben den üblichen Reglern für Cutoff-Frequenz, Resonanz, Keyboard-Tracking und (sowohl positiver als auch negativer) Hüllkurven-Intensität, findet sich auch noch ein ominöser Regler namens BRUTE FACTOR.

Dahinter verbirgt sich eine interne Rückkopplungsmöglichkeit, die laut ARTURIA dem klanglichen Ergebnis entspricht, dass man erzielt, wenn man das Signal des Audioausgangs wieder direkt in den Audioeingang zurückführt. Hier geht das Ganze nur bequemer vonstatten, und der Audioeingang bleibt zur weiteren Benutzung frei!

Dieser Regler bringt dann auch noch mal ordentlich Leben ins Klanggeschehen. Bei Einstellungen bis etwa 75% des Maximums wird der Grundklang zunächst wohlig angezerrt und das Resonanzverhalten verstärkt, darüber hinaus beginnt der Sound dann irgendwann in weniger kontrollierbare Gefilde „zu kippen“.

Wer will, kann also auch lärmiges und Geräuschhaftes mit dem MicroBrute erzeugen, dazu gibt neben dem BRUTE FAKTOR aber noch weitere Möglichkeiten. Ich persönlich habe diesen Parameter bevorzugt in moderaten Dosierungen eingesetzt, um so den Klang lecker anzufetten.

Hier könnt Ihr einmal die verschiedenen Filtermodi samt Resonanz und Brute Factor hören:

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Natürlich wäre ich auch einer zusätzlichen Umschaltmöglichkeit auf 24 dB nicht abgeneigt, damit es bei Bedarf noch etwas mehr schmatzt, etwa bei Zapp-Sounds nach Kraftwerk-Manier, aber auch so agiert das Filter schon sehr überzeugend und macht seine Sache ausgesprochen gut. Vor allem aber klingt es sehr eigenständig!

Manipulationen…

Die untere Hälfte des Bedienpanels ist den verschiedenen Modulationsquellen vorbehalten. CONTROLS beherbergt neben einem GLIDE-Regler für Portmento-Effekte noch einen Kippschalter, mit dem festgelegt wird, ob das Modulationrad den LFO-Hub oder aber die Filtergrenzfrequenz (cooles Wort…) regeln soll. Letztere wird so dann auch einfach via MIDI steuerbar.

Der einzige LFO (beim MiniBrute gibt es gleich zwei verschiedene), beherrscht die Wellenformen Dreieck, Rampe (abfallender Sägezahn) und Rechteck und wirkt standardmäßig auf die Tonhöhe ein. Dies lässt sich jedoch ändern (kommt gleich dran…). Neben der Modulationstiefe lässt sich auch die Geschwindigkeit einstellen. Diese reicht bis zu 200 Hz hinauf, was bedeutet, dass dann Modulationen im schon hörbaren Frequenzbereich erfolgen, was eine weitere Möglichkeit darstellen kann, schön fiese Sounds zu erzeugen.

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Für meinen subjektiven Geschmack hätte der Regelbereich der LFO-Geschwindigkeit aber gerne noch um einige hundert oder gar tausend Hertz weiter hinauf gehen können, allerdings ist der LFO des MicroBrute immer noch vier mal so schnell wie der des ROCKET und erzeugt bei Bedarf dadurch auch deutlich mehr Edeldreck…

Alternativ zum frei einstellbaren Tempo lässt sich der LFO via Kippschalter auch zum eingebauten Step-Sequencer des MicroBrute synchronisieren, dabei dient der RATE-Regler dann zum Einstellen eines passenden Teilers/Multiplikators in Relation zum Sequencer-Tempo.

Des Weiteren steht eine einzige, dafür jedoch vollständige ADSR-Hüllkurve bereit (auch hier kann der MiniBrute einmal mehr mit doppelter Ausstattung glänzen), der VCA kann wiederum durch einen Kippschalter auch auf GATE (= Orgelhüllkurve, nur an und aus…) umgestellt werden.

Man könnte nun herumnörgeln, dass nur eine Hüllkurve etwas mager sei, ich persönlich habe damit jedoch keine Probleme, zumal es sich hierbei nicht schon wieder um eine verkrüppelte Hüllkurve mit nur zwei oder drei Parametern handelt, wie bei diversen Mitbewerbern. Beim Juno-106, beim MC-202 und beim MS-404 musste ich damals auch mit einer einzigen Hüllkurve auskommen, und das bin ich dann auch, ebenso wie jetzt beim MicroBrute.

Es gibt auch noch einen Drehregler zur Einstellung der Hüllkurven-Intensität (das Filter besitzt ja einen eigenen, davon unabhängigen Regler). Auf den VCA wirkt dieser natürlich nur, wenn er nicht auf GATE geschaltet ist.

Hier ein paar Spielereien mit der Hüllkurve, als Klangquelle diente dabei einzig das Filter mit Resonanzeinstellung bis zur Selbstoszillation:

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Steckfeld…

Die Hüllkurve kann aber nicht nur den VCA steuern, ebenso wie der LFO nicht nur die Oszillator-Tonhöhe zu modulieren vermag, den um diese Festverdrahtung zu umgehen, hat ARTURIA dem MicroBrute (und hier ist der Kleine dem MiniBrute endlich einmal voraus!) noch eine nette Kleinigkeit spendiert, nämlich eine rudimentäre Modulationsmatrix in Form einer winzigen Patchbay im 3,5 mm Klinkenformat auf der Oberseite des Gerätes, zusätzlich zu den CV/GATE-Anschlüssen auf der Rückseite.

An Modulationsquellen (CV-Out) steht je eine Buchse für die Hüllkurve und für den LFO bereit, an Modulationszielen (CV-In) sind neben der Tonhöhe, der Filterfrequenz und der Pulsweite des Rechtecks auch der Suboszillator sowie ULTRASAW und der METALIZER verfügbar.

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Dies erlaubt allerlei interessante Spielereien mit dem Klang, die nur mit der Festverdrahtung des MicroBrute allein gar nicht erst denkbar wären. Mal abgesehen davon, öffnet dieses Steckfeld dem MicroBrute auch das Tor zur Außenwelt, wo er dann wilde Parties mit anderen zugänglichen Analogen feiern kann. Super!

Natürlich würde ich nicht schimpfen, wenn der MicroBrute auch noch weitere Modulationziele (beispielsweise sehr gerne Filterresonanz und BRUTE-FACTOR..) anböte, jedoch tendiert man als Tester eigentlich immer dazu, gleich den ganzen Arm zu wollen, wenn man einen Finger gereicht bekommt, und da das Vorhandensein eines auch solch kleinen Steckfeldes überhaupt eine große Bereicherung darstellt, mag ich auch gar nicht daran herumnörgeln.

Während beim normalen MicroBrute nur zwei herkömmliche Miniklinkenkabel beiligen, und somit auch nur zwei Verbindungen gleichzeitig möglich sind, bringt der MicroBrute SE ein Bonbon in Gestalt zweier sogenannter „stackabel patch cabels“, was frei übersetzt soviel wie stapelbare Verbindungskabel bedeutet. Diese Kabel der SE-Version besitzen zusätzlich zu den Steckern an jedem Ende auch noch jeweils Durchschleif-Buchsen, ähnlich wie die altbekannten „Bananenstecker“, nur eben im Miniklinkeformat.

Der Vorteil dieser speziellen Kabel ist enorm: Hüllkurve und LFO können damit auch mehrere Ziele gleichzeitig ansteuern, ebenso wie die Modulationsziele von gleich mehreren Quellen (dies könnten natürlich auch Steuerspannungen von externem Equipment sein!) erreicht werden können.

Diese „stabelbaren Kabel“ des MicroBrute SE, so profan sie auch sein mögen, bekommt man übrigens nicht mal eben beim üblichen Elektronikversand seines Vertrauens, ich habe sie im Internet beispielsweise bei einem bekannten Berliner Synthesizerladen unter dem Namen „STACKCABLE“ für happige 8,- Euronen (ohne Versandkosten…) gefunden. Insofern also eine gern angenommene Beigabe von ARTURIA, denn mit dem Selberlöten hab ich’s ja auch nicht unbedingt… 😉

MicroBrute und BeatStep

Ich hatte ja weiter oben schon mal kurz den den BeatStep aus gleichem Hause ins Spiel gebracht. Die Beiden kommen nämlich ganz gut miteinander aus – wen verwundert’s…?

Ich habe diese Zwei auch einmal mal miteinander verkoppelt, wobei mich persönlich jetzt weniger die Ansteuerung über MIDI interessierte, ebenso wenig wie die Verwendung des BeatStep als Notengeber für den MicroBrute, denn letzterer bringt ja schon seinen eigenen, wenn auch anders konzipierten Step-Sequencer mit.

ARTURIA MicroBrute SE im Verbund mit Beatstep
ARTURIA MicroBrute SE im Verbund mit Beatstep

Vielmehr interessierte die Ansteuerung über CV/GATE (was ich ja seinerzeit beim BeatStep-Test leider mangels adäquatem Equipments unterschlagen musste…). Dabei habe ich dann diverse Parameter des MicroBrute, wie etwa den METALIZER oder das Filter, schrittweise mit den 16 Encodern des BeatStep im Sequencer-Modus gesteuert, was wiederum zu rhythmischen Modulationen führte, die ich anders nicht hätte erzeugen können.

Die Encoder des BeatStep können in dessen Controller-Modus ebenfalls eine nützliche Aufgabe erfüllen, diesmal dann allerdings über MIDI: Der MicroBrute besitzt nämlich noch einige, unter der Haube versteckte Parameter, die zum einen über einen Software-Editor (siehe unten…), zum anderen aber eben auch über herkömmliche MIDI-CC-Befehle (diese sind fest vorgegeben und werden im Manual aufgelistet). Die Anzahl dieser 2geheimen“ Parameter ist überschaulich, und die 16 Endoder des BeatStep reichen dafür mehr als aus. Selbstverständlich kann man dazu aber auch jeden anderen MIDI-Controller seiner Wahl abrichten.

Schrittmacher…

Unten links auf dem Panel finden sich die Bedienelemente des Step-Sequencers, die im Vergleich zum BeatStep zunächst recht wenig erscheinen, sich aber dennoch als völlig ausreichend entpuppen. Dies liegt daran, dass der Step-Sequencer des MicroBrute ein ganz anderes Konzept verfolgt, als der des BeatStep.

Die Noteneingabe erfolgt nicht durch Lauflicht-Programmierung und mittels Drehregler, sondern durch direktes Eintippen über die Klaviatur. Die nacheinander angespielten Noten werden dann in exakt der gleichen Reihenfolge wieder ausgegeben.

Für rhytmisch komplexere Sequenzen lassen sich anstelle von Noten auch Pausen über den TAP/REST-Taster einfügen (der im Wiedergabemodus auch noch zum direkten Einklopfen des Tempos dient…). Allerdings sollte man, sofern man nicht gerade mit Absicht den Kollegen Zufall bemühen will, sich schon vorstellen können, was man in welcher Reihenfolge eintippt, BeatStep, Zaquencer und Konsorten sind hier deutlich intuitiver bedienbar und ermöglichen auch nachträgliches bzw. fortlaufendes Editieren der Sequenz.

Aber für sich allein gesehen macht der der Step-Sequencer sehr viel Spaß und ist eine weitere willkommende Bereicherung des MicroBrute (der MiniBrute besitzt statt dessen einen Arpeggiator, einen ähnlichen Step-Sequencer findet man im MiniBrute SE), zumal ich sowas schon von früher kenne (etwa vom auch sonst nicht völlig unähnlichen SH-101 und dessen Software-Emulation TAL-Bassline-101).

Ein Kippschalter, der in Mittelstellung den Sequencer deaktiviert, ermöglicht die Wahl zwischen PLAY- und REC-Modus. In der REC-Stellung werden die nun gespielten Noten und gesetzten Pausen aufgenommen, dabei sind bis zu 64 Steps möglich (vier mal soviel wie beim BeatStep).

In der PLAY-Stellung wird die soeben aufgenommene Sequenz dann bei Tastenanschlag sofort in der gewählten Tonlage wiedergegeben wiedergegeben. Ein eigener Drehregler oder auch der TAP-Taster bestimmen dabei die Wiedergabegeschwindigkeit (nach der sich ja auch der LFO zu richten vermag).

Ein weiterer Drehregler mit acht Stufen ermöglicht den Zugriff auf ebenso viele Speicherplätze für Sequencen. Diese sind ab Werk bereits mit Presets belegt, können aber jederzeit überschrieben werden (was auch sofort geschieht, wenn man im REC-Modus unbedacht auf dem Keyboard herumspielt…).

Weichware…

Weiter oben hatte ich ja schon diverse versteckte Zusatz-Parameter des MicroBrute erwähnt, welche sich auch über MIDI-CC steuern lassen. Es geht aber auch ohne Controller, nämlich bei Anschluss via USB-Kabel an einen Rechner, auf dem ARTURIAs Software „MicroBrute Connection“ läuft. diese benötigt übrigens keine installation, sondern ist portabel, läuft also auch von einem USB-Stick. Obwohl ARTURIA als Mindesvoraussetzung für PCs Windows 7 nennt, lief diese Software bei mir auch unter XP.

Die Software sucht beim Start automatisch nach einem angeschlossenen MicroBrute und vermeldet, wenn sie keinen finden sollte. Bei mir erkannte die Software beim ersten Start sogar, dass die Firmware meines Exemplars veraltet war und bot mir an, ein Update durchzuführen (dieses hatte ich bereits vorher herunter geladen), was auch klaglos funktionierte. Man kann ein solches Firmware-Update aber auch über ein separates Menü der Software durchführen.

MicroBrute Connection: Firmware-Menü
MicroBrute Connection: Firmware-Menü

Auch auf die Step-Sequencen des MicroBrute erhält man Zugriff in einem eigenen Menü. Sie lassen sich im Achterpack vom Gerät laden und auf dem Rechner speichern sowie umgekehrt auch wieder zurück in den Synthesizer laden. Wer möchte, der kann hier auch die Werkspresets wiederherstellen.

MicroBrute Connection: Sequenz-Menü
MicroBrute Connection: Sequenz-Menü

Die versteckten Einstellungen des MicroBrute finden sich ebenfalls auf einer separaten Bildschimseite. Man kann hier die ein- und ausgangsseitigen MIDI-Kanäle einstellen, die Noten-Priorität beim Spielen festlegen und eine von drei Kurven für die Anschlagsdynamik des Keyboards wählen (wirkt ja nur über USB-MIDI zum Rechner…).

MicroBrute Connection: versteckte Parameter
MicroBrute Connection: versteckte Parameter

Auch LFO und Hüllkurve erhalten hier noch diverse Einstellmöglichkeiten, die sich auf ihr Abspielverhalten auswirken. Für den Step-Sequencer existiert eine ganze Reihe an zusätzlichen Abspiel-Optionen, zudem kann er hier auch zu eingehenden MIDI-Clock-Signalen mit einstellbarem Teiler synchronisiert werden, sofern diese über die MIDI- oder die USB-Buchse in den MicroBrute gelangen.

Während bei Einstellung dieser Parameter über MIDI-CCs die vorgenommenen Veränderungen nach dem Ausschalten des MicroBrute nicht erhalten bleiben, werden sie bei Verwendung der Software dauerhaft im MicroBrute eingestellt (natürlich nur bis zum nächsten Überschreiben…). Wer sich also nach Verwendung dieser Software oder nach einem Firmware-Update zufällig mal über einen plötzlich funktionsllosen Sequencer wundern sollte, der möge einmal die Sync-Einstellungen in der Software kontrollieren und gegebenenfalls dort korrigieren… 😉

Ohrenbär…

An mehreren Stellen habe ich hier nun schon etwas zum Klang des MicroBrute verkündet und bei der Besprechung seiner einzelnen Baugruppen ja auch schon durch einige Klangbeispiele ergänzt. Nachfolgend noch ein paar zusätzliche Aufnahmen des MicroBrute, die beim Herumspielen mit ihm während des Tests entstanden und die ihn etwas mehr im Gesamtbild zeigen.

Zunächst ein etwas längerer, modulierter Drone-Sound. Für einen Single-VCO-Synth finde ich die Klangfülle durchaus bemerkenswert.

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Des Weiteren habe ich hier auch noch einmal ein Klangbeispiel, das sich aus vier Spuren mit dem MicroBrute sowie einem Einfachstrhythmus, bestehend aus Kick, Snare und Hihat (die stammen aus dem GURU) zusammensetzt. Während des Mixdowns habe ich dabei an ein paar Reglern herumgespielt (Filter ENV Amt, Sustain, Brute Factor, Dreieckswelle sowie Metalizer). Das musikalische Enderrgebnis ist dabei nicht unbedingt der Hit geworden, aber darum geht es hier ja auch gar nicht, sondern vielmehr darum, den gruindsätzlichen Klangcharakter des MicroBrute, insbesondere auch seine rauhere Seite, hervorzuheben.

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Der Kleine ist klanglich ausgesprochen variabel. Neben diversen analogen Klischees (die mit Rauschen dabei natürlich nur bei entsprechendem Futter für den Audioeingang… ), die er mit Links abdeckt, produziert er auch den häufig gewünschten Edeldreck.

Der alte JUNO-106, von dem ich damals ein Exemplar für ein gutes Jahrzehnt mein eigen nannte, und den ich ob seines Klanges auch sehr schätzte, hört sich im Vergleich zum MicroBrute schon eher wie ein braves Weichei an.

Ich will damit nicht sagen, dass man ihm nicht ebenfalls sanfte oder auch schlichtweg „normale“ Töne zu entlocken vermag, das ist gar kein Problem! Aber wenn’s denn sein muss, kann der MicroBrute eben auch richtig böse klingen!

Fazit:

Beileibe nicht der erste Analog-Synthesizer, den ich in den vergangen drei Jahrzehnten unter meinen Händen hatte, aber definitiv einer der Besseren! Kein überteuertes Pseudo-Vintage-Gerät (die echten Vintage-Geräte sind ja sowieso überteuert…), und kein billiges Semi-Spielzeug, dafür aber ein modernes, potentes und dennoch preiswertes Instrument mit einem eigenem Klangcharakter, das sich zudem auch noch gut mit bereits vorhandenem oder später erst dazu kommendem Equipment ergänzen lässt, sei es ein Modulsystem oder auch nur Teile davon, seien es andere Synthesizer mit entsprechenden Anschlussmöglichkeiten oder sei es eine passende Software auf einem Rechner (zum Beispiel SILENT WAY von EXPERT SLEEPERS oder VOLTA von MOTU).

Aber auch als einziges Analoggerät in einer ansonsten von Software-Plugins domierten DAW-Umgebung macht der MicroBrute eine gute Figur (auch als externer Effekt, dank Audioeingang).

Klanglich kann der MicroBrute auch mit wesentlich teureren Boliden mithalten, und auch wenn diese teilweise mehr Oszillatoren bieten sollten, wem der Single-VCO des MicroBrute nicht ausreichen sollte, der kauft sich halt gleich zwei davon und kommt damit in der Regel immer noch billiger davon, als bei der Konkurrenz. Im Recording-Studio hingegen sollte ausreichen, wenn man einzelne Spuren mit dem MicroBrute einfach mehrfach aufnimmt und dabei jeweils die Feinstimmung (und gegebenfalls auch noch diverse andere Parameter…) leicht variiert. Die anschließend übereinander geschichteten Spuren reichen dann spielend bis in die Vollfettstufe! Auf die gleiche Weise kann man übrigens auch eine Polyphonie simulieren, etwa für Akkorde.

Im unmittelbaren Preissegment des MicroBrute, sagen wir mal so zwischen 200,- und 350,- Euro ist die direkte Konkurrenz eher übersichtlich. Die unschlagbar günstige VOLCA-Serie von KORG lassen wir hier mal aussen vor, das wäre nämlich ein gleichermaßen unfairer wie unausgewogener Vergleich. Der nun schon mehrfach erwähnte WALDORF ROCKET ist etwas günstiger als der MicroBrute, dafür ist er aber deutlich unflexibler und erscheint mir im klanglichen Direktvergleich auch deutlich zahmer. Der ARTURIA MicroBrute wäre jedenfalls mein eindeutiger Favorit, wenn ich vor der Wahl stünde.

Was nun noch weitere Konkurrenten in dem oben genannten Preissegment angeht, so kenne ich keinen davon aus persönlicher Erfahrung, lediglich von den veröffentlichten Daten und von einigen Klangbeispielen aus dem Internet her. Auf Anhieb fallen mir da der NANOZWERG von MFB, der DOMINO von EOWAVE, der MOPHO von MSI sowie die neue WERKSTATT-01 von MOOG ein, möglicherweise auch noch der schon etwas teurere DARK WAVE II von DOEPFER. Alle scheinen ihre Stärken und Schwächen aufzuweisen, genau wie der MicroBrute natürlich auch…), aber der MicroBrute scheint mir von seinem Gesamtkonzept her am schlüssigsten dem zu entsprechen, was ich persönlich mir unter einem Desktop-Synth vorstelle. Die anderen Synthies mag man mir aber durchaus gerne noch dazustellen… 😉

Er stellt sich natürlich – auch schon aus Preisgründen – aufs Wesentlichste reduziert, aber eben nicht unnötig kastriert dar, ist kein simples Me-too-Produkt und so konzipiert, dass man mit ihm sicherlich länger seine Freude haben wird, und ihn so bald nicht wieder wegpacken möchte.

Wer gerne die farblich und vom Zubehör her attraktiv aufgepimpte SE-Version sein Eigen nennen möchte, der sollte nicht all zu lange warten, denn diese Sonderedition ist nur auf jeweils 1500 Stück pro Farbe limitiert! ARTURIAs UVP beträgt inzwischen nur noch 329,- Euro, was auch dem durchschnittlichen Straßenpreis entspricht (die UVP scheint anfänglich einmal höher gewesen zu sein, denn ein Onlinehändler verlangte bei meiner Recherche noch rund 350,- Euro). Der Aufpreis zur Standardversion (wenn man dabei die Straßenpreise zugrunde legt…) wird dabei durch das mitgelieferte Zubehör ja wieder deutlich relativiert. Wem die graue Version (UVP ebenfalls 329,- Euro, Straßenpreis jedoch etwa 299,- Euro) ausreicht, der sollte allerdings unbedingt noch die Extra-Euronen für ein paar Stackcabels investieren!

buenasideas-TippIch kann mir auch ohne viel Phantasie recht gut vorstellen, dass der MicroBrute in einigen Jahren vielleicht selbst einmal zu einem gesuchten Klassiker wird, wenn die gealterten Bauteile in den überteuerten Synthesauriern von Vorgestern längst das Zeitliche gesegnet haben… 😉

Das ein solcher Synthesizer ausgerechnet aus Frankreich stammt und eben nicht aus den USA, aus Japan oder auch aus Deutschland, mag vielleicht so Manchen verwundern, mich selbst allerdings nicht unbedingt, hat dieses Land doch schon lange seine eigene elektronische Musiktradition entwickelt.

Und wieder einmal komme ich nicht umhin, einem guten Produkt unseren buenasIdeas.de-Tipp! zu verleihen, denn der MicroBrute SE hat sich ihn toller und preiswerter Analog-Synthesizer meiner Meinung nach redlich erworben.

Was mir besonders gut gefiel:
+ sehr guter, eigenständiger Grundklang
+ sehr variables Klangspektrum trotz Single-VCO
+ intuitive Bedienung
+ Filter (inklusive Brute Factor)
+ Mod-Matrix mit Patchpunkten
+ externer Audioeingang
+ integrierter Step-Sequencer
+ stapelbare Patch-Kabel
+ CV/Gate-Interface
+ handlicher Formfaktor
+ hoher Spaßfaktor
+ mitgelieferte Preset-Overlays

Was mir weniger gut gefiel:
– kein eingebauter Rauschgenerator (wird aber durch den Audioeingang kompensiert)

Produktseite: www.arturia.com/microbrute-se/overview

Und nun noch etwas in eigener Sache:

Wer eventuell der Ansicht sein sollte, dass wir hier auffallend häufig recht gute Testbewertungen vergeben, dem sei gesagt, dass wir dies gewiss nicht aus Opportunismus zu den Herstellern machen. Diese zahlen uns nämlich nix dafür, und für uns fällt allenfalls einmal eine NFR-Version ab, was im Falle eines schlechten Produktes aber auch keinen wirklichen Gewinn darstellt.

Der Grund für überwiegend wohlmeinende Bewertungen ist in Wirklichkeit viel einfacherer Natur: BuenasIdeas.de stellt nach wie vor ein nicht-kommerzielles Projekt dar, das ausschließlich von ehrenamtlich tätigen Autoren betrieben wird.

Wir alle machen dies also nur in unserer freien Zeit, gehen aber ansonsten noch einem davon unabhängigen Broterwerb zur Sicherung unseres Lebensunterhalts nach, was üblicherweise den Großteil unserer Tageszeit in Anspruch nimmt.

Daher überlegen wir uns hier natürlich mittlerweile auch schon sehr genau, welche Testkandidaten wir denn in unserer knappen Freizeit inspizieren wollen (wir bekommen hier weitaus mehr Testangebote von den Herstellern, als wir mit unseren paar Leutchen annähernd bewältigen könnten!) und picken uns daher bevorzugt nur noch die Rosinen aus den Kuchen, oder zumindest einige davon, denn es gibt einfach so viele davon…

Selbstverständlich greifen wir dabei auch mal in Klo, allerdings verkünden wir dies hier dann auch ohne falsche Scheu! Ehrlich gesagt, sind wir aber tatsächlich eher bemüht, Sachen in unsere heimischen Testlabore zu bestellen, die uns und hoffentlich auch Euch gefallen könnten, als denn Dinge, die am Ende doch niemand braucht… 😉

Anmerkung Andreas: Danke Perry, das kann gar nicht oft genug gesagt werden, und mal so ganz nebenher, ist es dem Einen oder Anderen schon einmal aufgefallen, dass in vielen Musiker-Zeitschriften passend zum getesteten Produkt ein paar Seiten vorher oder nachher oder direkt daneben (dreister geht es nicht mehr) eine Werbeanzeige des gerade dort getesteten Produktes prangt? Ja Freunde, und da geht es tatsächlich um Kohle, denn die Magazine lassen sich die Werbung sehr gut bezahlen, ich habe auch schon von „Spezial-Angeboten“ sehr beliebter Online-Magazine, die sich wie wir mit dem Thema Musikproduktion beschäftigen, gehört, da gibt es für ca. 2.000,- bis 3.000,- Euro ein feines Paket zusammengestellt aus Newsbeitrag, Testbericht und Werbung, cool nicht???? Achtet mal drauf 🙂

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2 Gedanken zu “Testbericht: ARTURIA MicroBrute SE – Angriff der Klonkrieger!”