Abgecheckt: TubeOhm SUPER BRUNO-III – Evolution statt Revolution

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Testbericht von Perry Staltic

TubeOhm, die kleine Softwareschmiede, die dort annsässig ist, wo auch einst Leonardo DiCaprios Oma sowie der blinde Musiker Louis Thomas Hardin alias Moondog weilten, nämlich im beschaulichen Oer-Erkenschwick (mehr Trivia fällt mir zu diesem Örtchen nicht ein…), hat sich schon seit längerem vor allem darauf spezialisiert, eigene Varianten klassischer Hardware-Synthesizer & Co im Plugin-Format zu programmieren.

Dabei kommen aber regelmäßig keine exakten Kopien oder puristischen Emulationen heraus, sondern stets sehr eigenständige und gut tönende Klangerzeuger, die auf mich irgendwie immer so wirken, als versuche man bei TubeOhm, den Geist der 1980er mit viel Herzblut ins 21. Jahrhundert hinüber zu retten und dabei gleich noch ein paar zusätzliche Features einzubauen, die man sicherlich beim Original ebenfalls sehr begrüßt hätte, wenn es sie denn damals schon gegeben hätte.

Aktuell präsentiert TubeOhm ein weiteres Upgrade zu dem bereits seit einigen Jahren erhältlichen Tube Ohm Bruno. die Reinkarnation eines der bekanntesten Synthesizers, Bruno? Juno? , dessen Name dem Eingeweihten verrät, dass es sich dabei um eine Nachahmung des beliebten ROLAND JUNO-106 handelt. Später folgte das Upgrade namens BRUNO-RP, und die inzwischen dritte Version wurde nochmals derart aufgebohrt, dass man zur besseren Kenntlichmachung auch gleich den Namen mit upgegradet hat, nämlich auf SUPER BRUNO-III.

TubeOhm SUPER BRUNO-III
TubeOhm SUPER BRUNO-III

Die offensichlichsten Neuerungen betreffen sicherlich das GUI, das im Vergleich zur etwas überdimensionierten Bedienoberfläche der Ursprungsversion inzwischen deutlich kompakter, aber immer noch groß genug präsentiert, ähnlich dem des BRUNO-RP. Und wenn die Optik auch etwas antiquiert erscheinen mag, so ist diese doch sehr gut an den Charakter des Instruments angepasst, man merkt hier, dass André Laska, der Kopf hinter TubeOhm, noch mit „echten“ Synthesizern aufgewachsen ist.

Während die (auch vorher schon recht gute) virtuell-analoge Klangerzeugung grundsätzlich nur etwas Finetuning erfahren hat (hinzugekommen sind beispielsweise noch eine eigene Hüllkurve für das Filter und ein zweiter LFO sowie allerlei kleine Verbesserungen bei einzelnen Baugruppen, es lassen sich etwa alle 16 Stimmen einzeln microtunen), so steht dieser nun auch noch eine digitale Klangquelle in Form eines integrierten Sample-Players zur Seite. Zusätzlich zu den von TubeOhm mitgelieferten 128 Samples lässt sich auch eigenes Klangmaterial einladen, sofern es vorher unter dem korrekten Pfad abgelegt wurde. Neben einigen Sample-bezogenen Abspielparametern existiert auch die Möglichkeit, diesen Teil der Klangerzeugung ebenfalls durch die Filtersektion zu leiten.

Insgesamt scheint mir dieser neue Sample-Player weniger dazu gedacht, um den bestehenden Vollblut-Samplern à la KONTAKT, HALION oder auch ZAMPLER RX ernsthaft Konkurrenz zu machen, sondern vielmehr, um das Klangspektrum nun bei Bedarf auch noch in Richtung ROLAND D-50 und ähnlichen Hybriden erweitern zu lönnen. Unter den Presets fand ich dann auch zahlreiche Klänge, die so durchaus auch meinem damaligen JD-800 hätten entstammen können. Den typischen JUNO-Klang und andere analoge Standards bekommt man mit dem SUPER BRUNO-III natürlich immer noch schnell und gut hin, im Vergleich zu meinem früheren JUNO-106 kann der dabei übrigens deutlich frecher klingen, wenn es denn gewünscht ist. Nicht unterschlagen sei noch der RANDOM-Schalter, der auf einen virtuellen Knopdruck hin automatisch ein neues, zufallsbedingtes Preset ausspuckt.

TubeOhm hat ja schon in der Vergangenheit potente Step-Sequencer und Arpeggiatoren programmiert, und so verwundert es auch nicht, dass der SUPER BRUNO-III ebenfalls eine entsprechende Sektion integriert hat, die wenig Wünsche offen lässt und zudem Dank des eingebauten MIDI-Ausgangs auch in der Lage ist, über die DAW anderes Equipment anzusteuern. Diese ganze Abteilung lässt sich per Schalter dann anstelle des virtuellen Keyboards einblenden, um so wertwollen Bildschirmplatz zu sparen. Die gewählte Ansicht kann übrigens auch zusammen mit einem Preset abgespeichert werden.

TubeOhm SUPER BRUNO-III: Step-Sequencer/Arpeggiator
TubeOhm SUPER BRUNO-III: Step-Sequencer/Arpeggiator

Auf die gleiche Weise errreicht man auch die mittlerweile gehörig aufgebohrte interne Effekt-Sektion, bestehend aus Delay, Room, Comb Filter sowie Chorus. Diese bietet gewohnte Hausmannskost und geht an sich auch in Ordnung, wenngleich ich persönlich externe Effekte bevorzuge. Für meinen Geschmack könnten auch die mitgelieferten Presets etwas weniger Gebrauch von den Effekten machen, manche davon gefallen mir nicht ganz so „feucht“ doch etwas besser.

TubeOhm SUPER BRUNO-III: interne Effekte
TubeOhm SUPER BRUNO-III: interne Effekte

Ansonsten gefallen mir die Presets (wie so oft bei Tube Ohm) teilweise ziemlich gut, man findet immer wieder nette Earcatchers darunter. Und auch wenn viel modernes Klanggut mit an Bord ist, so überwiegt in meinen Ohren doch mal wieder eher der typische Synthsound der späten 80er, was ich hier aber durchaus positiv meine.

Klanglich gibt es am SUPER BRUNO-III also nichts zu bemäkeln, aber das bin ich von TubeOhm eigentlich auch nicht anders gewohnt. Diese kleine Firma verfügt vermutlich einfach nicht über die finanziellen Ressourcen, um teure Werbeanzeigen in einschlägigen Zeitschriften und auf kommerziellen Online-Portalen zu schalten, sonst wären ihre Plugins auch bekannter, denn der Klang braucht sich, wie bereits gesagt, nicht hinter dem der Konkurrenz zu verstecken und toppt teilweise auch deutlich teurere Mitbewerber (wenn ich beispielsweise an diese „Me-Too-Synthies“ von WAVES denke…).

Das Manual erklärt sprachlich zwar manchmal etwas holprig, aber durchaus kompetent jede Funktion des SUPER-BRUNO-II und gibt auch diverse Tipps zum Sounddesign damit. Man möge sich beim Lesen nicht unbedingt von dem etwas ruppigen Tonfall der Einleitung abschrecken lassen, in der André Laska scheinbar etwas Dampf ablassen musste, ob seiner Frustration bezüglich irgendwelcher Pappnasen, die illegale Kopien seiner Produkte in diversen Saugbörsen oder über (a)soziale Netzwerke verstreuen. Hast ja Recht, André, aber nicht jede gezogene Raubkopie bedeutet automatisch auch gleich einen entgangenen Umsatz für Dich! Diese Leute ziehen sich einfach die Platten voll mit dem, was sie für Nüsse kriegen können, benutzen das Meiste davon aber dann doch nie und würden im Übrigen sowieso kein Geld dafür ausgeben wollen, entspann Dich… 😉

Natürlich gibt es auch ein paar Schattenseiten am SUPER BRUNO-III, die ich hier nicht unter den Teppich kehren mag. Diese sind hauptsächlich durch die Verwendung von SynthEdit als Entwicklungsplattform bedingt, also eigentlich nicht TubeOhm selbst anzulasten. So ist der SUPER BRUNO-III wieder einmal nur als 32-Bit-Plugin verfügbar (wen’s stört…), TubeOhm empfiehlt daher für 64-Bit-Hosts die Benutzung von jBridge. Und wer, wie beispielsweise ich, die Steuerung diverser Regler gerne mit dem Mausrad erledigt (besser gesagt mit einem handlichen One-Knob-Controller, der ein solches emuliert), anstatt erst Dutzende von Zuordnungen zu einem meiner MIDI-Controller zurecht zu fummeln, der ist hier seit jeher sowieso falsch (dafür nutze ich dann doch eher meine Geräte mit Novations Automap), ebenso wie die Apfelmusikanten.

Alles in Allem präsentiert sich der SUPER BRUNO-III als ein solides, gut klingendes virtuelles Instrument mit einfacher Bedienung, das insbesondere denjenigen zusagen dürfte, die vom Klangbild der 1980er Jahre geprägt wurden, aber nicht unbedingt nur denen. Einen Preis für Innovation wird er dabei sicherlich nicht gewinnen, aber dieser Gedanke stand wohl auch kaum bei seiner Entwicklung im Vordergrund, es handelt sich hierbei eher um die Evolution eines vertrauten Klassikers auf eine neue Stufe.

SUPER BRUNO-III kostet moderate 49,- Euro, Käufer der Vorgängerversion BRUNO-RP erhalten ihn für nur 29,- Euronen. Wer das Teil vor dem Kauf gerne testen möchte, für den hält TubeOhm auch eine Demoversion bereit.

Produktseite: www.tubeohm.com/TubeOhm/Bruno.html

Übrigens, wen es interessiert, TubeOhm vertreibt inzwischen auch exotische Hardware-Synths, einfach mal auf der Webseite stöbern!

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