Gute Reise?! – Testbericht „Voyager Drum Library“ von BestService

Testbericht von Klaus Feurich

Drumlibraries kann man eigentlich nie genug haben“. Mit diesem Slogan schickt die deutsche Firma BestService ihre aktuellste Drumlibrary namens „Voyager Drums“ für den Preis von 99,- Euro auf die Reise. Wir haben ein Ticket gelöst und werden uns mal ausführlich umsehen.

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Die Library

Was bringt uns diese Library? Nun, die „Voyager Drums“ bestehen aus zwei verschiedenen Yamaha Drum Kits: Da wäre zum einen ein Yamaha Maple Custom Kit und zum Zweiten ein Yahama Recording Custom Kit. Ergänzt werden beide Kits mit Becken der Paiste Line Series.

Aufgenommen wurden die Samples in den Principal Studios in Münster unter Zuhilfenahme von Equipment von SPL, API und Apogee und Mikrofonen von Neumann, Sennheiser, AKG, Rhode und Shure. Beide Kits bringen jeweils drei Layer mit, die auch jeweils als eigene Presets zur Verfügung stehen. Und zwar gibt es hier jeweils: FULL Kit (= Direkt, Overhead und Raum Mikrofone), OVERHEAD (=Direkt und Overhead Mikrofone) und DIRECT (= nur Direkt Mikrofone).

Zusätzlich erhält man 360 live eingespielte MIDI Grooves, die bei jedem Preset zur Verfügung stehen.

Schauen wir also mal „kurz“, wie sich die Voyager Drums „schlagen“, schließlich gibt es im Bereich Schlagwerk in dieser Preisregion einige Konkurrenz, mit der man sich messen muss. Insbesondere „Addictive Drums“, „Studio Drummer“ von NI und „EZDrummer“ von Toontracks kosten gleich viel oder nur wenig mehr.

Die Installation

Nach Eingabe der Seriennummer innerhalb des eigenen BestService Account lassen sich dort Downloadlinks erzeugen, über die die Library mit insgesamt 3 RAR Archiven heruntergeladen werden kann. Diese können dann an beliebiger Stelle auf dem Studio PC entpackt werden. Vor der Nutzung der Library muss diese dann nur noch durch den mitinstallierten Keymanager von Magix autorisiert werden. Hierzu erzeugt man in seinem Account einen Aktivierungscode, der dann beim ersten Aufruf der Library einmal eingegeben werden muss.

Die Engine

Um die Library nutzen zu können, muss außerdem der BestService eigene Sampler „Engine 2“ installiert sein. Dieser ist kostenlos über die Webseite erhältlich. Im Grunde stellt „Engine 2“ eine Adaption des Samplers „Independence“ von Magix bzw. Yellow Tools dar. Deswegen läuft das Lizenzmanagement der Libraries auch über den E-License-Manager von Yellow Tools.

Wer jetzt hofft, die Library dann auch entsprechend mit „Independence“ nutzen zu können, den muss ich leider enttäuschen. Die Library ist zwar aufgebaut wie die „Independence“ eigenen Libraries und wird auch als Library erkannt, man erhält dann beim Laden aber eine Fehlermeldung („inkompatible Version“).

Das Maple Custom Kit im Arranger Fenster
Das Maple Custom Kit im Arranger Fenster

Ansonsten scheint Engine2 auf den ersten Blick alle auch aus „Independence (Free)“ bekannten Einstellungsmöglichkeiten zu besitzen, man kann also auch relativ weit in das Scripting der Library eingreifen.

In den meisten Fällen wird man hier sicher im „Quick Edit“ genannten Mainscsreen bleiben, für weitere Eingriffe gibt es jedoch auch die Möglichkeit, in „Pro Edit“ jeden einzelnen Parameter der Instrumente und Layer zu verändern.

Die Bearbeitungsmöglichkeiten

Bei beiden Kits lassen sich die vier Instrumentengruppen Bassdrum, Snare, TOMs und Becken einzeln bearbeiten. Je nach Kit stehen dabei nicht alle Mikrofonlayer zur Verfügung (s.o.). Die Bearbeitung beschränkt sich ansonsten jedoch auf Attack und Decay pro Mikrofon, zusätzlich Delay bei den Raummikrofonen, einen Lowcutfilter mit Resonanz und natürlich einen Pitchregler. Bei den Becken lässt sich außerdem der Lautstärkemix der Becken anpassen, bei den Drums lässt sich hier ein Anschlaggeräusch zufügen.

Die Einstellmöglichkeiten bei den Becken
Die Einstellmöglichkeiten bei den Becken

An Effekten gibt es jedoch nur etwas für die Stereosumme des gesamten Kits. Diese beschränken sich auf einen minimalen Kompressor, einen EQ mit vier nicht variablen Bändern und eine Distortion Sektion. Weitere Effekte sucht man hier leider vergeblich.

Die Einstellmöglichkeiten bei der Bassdrum (Snare und Toms ähnlich)
Die Einstellmöglichkeiten bei der Bassdrum (Snare und Toms ähnlich)

Und somit stoßen wir hier bereits auf das größte Handicap dieser Library: Es gibt keine „echte“ Mixersektion innerhalb der Library.

Möchte man tiefer in den Mix der einzelnen Instrumente eingreifen, weitere Effekte hinzufügen oder Einzelausgänge in die DAW routen, ist man auf den Mixer von „Engine2“ angewiesen. Dafür muss jedoch das Preset selbst bearbeitet werden. Hierfür muss man in die „Pro Edit“ Sektion von „Engine2“ wechseln. Hier muss man dann für jede „Sektion“ des Drumkits (Presets) entsprechend Ausgänge anlegen und routen. Diese Kanäle lassen sich dann im Mixer von „Engine2“ oder der DAW weiter bearbeiten und z.B. mit den typischen Effekten für Drums versehen.Das ist ein wenig schade, dass man hierfür so tief in das Scripting des jeweiligen Presets eintauchen muss. Insbesondere, da ein vollwertiger Mixer bei der Konkurrenz meist gang und gäbe ist.

Der Klang

Klanglich kann die Library jedoch voll punkten. Sämtliche Samples wurden in 96khz aufgezeichnet. Dabei stehen pro Instrument 12 Velocitystärken mit jeweils 5 Samples per RoundRobin zur Verfügung. Und das natürlich pro Mikrofon! Durch die Mischung des Direkt, Overhead und Raumanteils klingt das Ganze sehr gut und lässt sich vielfältig abmischen und anpassen. Auch die Bearbeitungsmöglichkeit mit Attack und Decay tut hier ihr Übriges dazu.

Die beiden Kits zeigen klar die speziellen Soundeigenschaften dieser beiden bekannten Drumkits. Die Samples sind nicht geloopt, sondern klingen lang aus. So muss das sein bei einer Drumlibrary.

Und auch die Paiste Becken klingen nicht blechern, sondern fein und crisp. So sollten Becken klingen. Sehr gut!

Aussagekräftige Soundbeispiele hierzu finden sich auf der Produktseite.

Die Groovelibrary

Die 360 mitgelieferten Midigrooves stehen jeweils für alle Presets zur Verfügung. Es handelt sich jedoch nicht um bekannte „Brot und Butter“ Grooves, sondern eher um etwas ungewöhnlichere zum Teil sogar eher „experimentielle“ Rhythmen. Außerdem sind 12 sehr schon shufflende Triplet Grooves und 12 Fills/Breaks/Endings zu finden.

Das Yamaha Recording Custom Kit
Das Yamaha Recording Custom Kit

Unterteilt sind die Grooves in die Tempi 80, 90, 100 und 120bpm. Allerdings passt sich das Timing in einer DAW natürlich an das vom Host vorgegebene Tempo an.

Über die farblich gekennzeichneten Keyswitches lassen sich die Grooves passend umschalten. Allerdings wird sofort umgeschaltet und nicht erst zum nächsten Takt.

Leider zeigt sich jedoch auch hier eine, wenn auch nur kleine Schwäche. So schön es ist, mal nicht „normale“ Grooves zu haben, so wenig sind diese z.T. verwendbar. Sie sind einfach zu speziell. Dies gilt ebenso für die Fills. Diese sind zwar exzellent, aber eher als Endings oder Specials zu verwenden. Mal eben kurz ein Fill oder Break in einen der Grooves einzustreuen, dafür taugen sie leider nicht wirklich. Und zwar sowohl von der Art her als auch vom Style.

Ein weiteres Manko der Midifiles: Sie lassen sich nicht per Drag’n’Drop in die DAW übertragen. Stattdessen muss man die Midifiles, so man sie denn nachbearbeiten möchte, per Import über das Dateiverzeichnis in die DAW übernehmen. Das macht nicht wirklich so viel Spaß, insbesondere, da die Grooves selbst leider völlig nichtssagend bezeichnet sind. Außerdem müssen sie, zumindest in meiner Test DAW, um 2 Oktaven nach oben transponiert werden. (Das wird allerdings gerade überarbeitet, so dass nach einem kommenden Patch nichts mehr transportiert werden muss.)

Auch das können leider (fast) alle Konkurrenzprodukte besser.

Fazit

Also, wohin führt uns also unsere Reise?!

Nun, wir haben es hier mit einer klangtechnisch sehr soliden um nicht zu sagen exzellenten Library zu tun. Das sind wir ja auch so von Best Service gewohnt. Der Grundsound der beiden Kits ist erstklassig und bringt den speziellen Klang der verwendeten Yamaha Kits klar zu Gehör. Es sind alle wichtigen Artikulationen und Einzelinstrumente vorhanden. Und das in ausreichender Anzahl an Velocitystärken gepaart mit genügend RoundRobin Samples, um realistisch zu klingen. Sehr gut!

Vielseitigkeit ist allerdings nicht die Stärke dieser Library, das ist aber auch nicht ihr Anliegen. Wer also eine möglichst vielseitige Drumlibrary sucht, ist bei der Konkurrenz wie „Studio Drummer“, „Addictive Drummer“ oder „EZDrummer“ definitiv besser aufgehoben. Dieser Library hier geht es um den Klang der Yamaha Kits! Und das kann sie richtig gut!

Ein wenig schwächelt die Library allerdings bei Anwendung innerhalb einer professionellen Arbeitsumgebung. So ist das notwendige Routing mittels Einzelausgängen zwar möglich, erfordert allerdings ein wenig Aufwand. Das geht bei der Konkurrenz ein wenig einfacher. Das liegt aber nicht an der Library selber, sondern an der verwendeten „Engine2“.

Diese Library für „Kontakt 5“ statt „Engine 2“ hätte mir persönlich besser gefallen, da „Kontakt 5“ hier die wesentlich besseren Möglichkeiten als Sampler bietet und außerdem ein weniger CPU und Festplatten belastendes Fileformat verwendet.

Plus

+ sehr gute Audioqualität der Samples

+ einfache Bedienung grundlegender Parameter

Minus

– keine vollwertige Mixersektion innerhalb der Library vorhanden
(nur über „Engine2“ realisierbar / Einzelausgänge für DAW nur über „Pro Edit“ möglich)

– hohe CPU/HDD Last von Engine2 bei den „Full Kits“

Bezugsquellen

„Voyager Drums“ ist über die Webseite von BestService als DVD oder Download erhältlich.

UVP des Herstellers: 99,- Euro (beide Varianten)

Link zur Herstellerseite: www.bestservice.de/voyager_drums.html

 

Klaus Feurich Über Klaus:
Musiker und Techniker: Keyboards, Gitarre, Sounddesign, Ton- und Studiotechnik, Computertechnik

Website: http://lunymarmusic.com

 

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