Testbericht: Rob Papen EDM Bundle: BLADE Synthesizer-Plugin

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 16.04.201
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Beim EDM Bundle gesellt sich zum PREDATOR und zum PUNCH ebenfalls noch ein weiteres Plugin, in diesem Fall handelt es sich um den jüngsten Spross aus dem Hause Rob Papen, nämlich um den additiven Synthesizer BLADE.

Einmal mehr zeichnete Rob Papens Haus- und Hofprogrammierer Jon Ayres für die technische Realisation verantwortlich, während Mijnheer Papen, der ja selbst kein Softwareentwickler, sondern ein renommierter Sounddesigner ist, als Ideengeber und Presetlieferant fungierte.

Durch seine Form der Klangerzeugung hebt sich BLADE zunächst einmal von den anderen hier vorgestellten Rob Papen-Synthies ab, die ja auf virtuell-analoger, subtraktiver Synthese basieren, bei der aus einem mehr oder minder komplexen Obertonspektrum mittels Filter der Klang herausgeschnitzt wird, vergleichbar mit der Arbeitsweise eines Bildhauers.

Der BLADE hingegen geht den genau umgekehrten Weg, er bildet das Obertonspektrum aus der Summe zahlreicher einzelner Teiltöne, sogenannter „Partiale“ oder „Harmonische“. Der Klang besteht also ähnlich wie ein Gemälde aus vielen einzelnen Pinselstrichen (siehe auch: Additive_Synthese).

Rob Papen EDM Bundle
Rob Papen EDM Bundle Der BLADE

Gemeinhin gilt die additive Synthese ja nicht unbedingt als einsteigerfreundlich (wer etwa schon einmal versucht hat, an einem KAWAI K5 Klänge von Grund auf zu programmieren, der weiß, was ich meine…). Das mag unter anderem daran liegen, dass die meisten früheren Inkarnationen dieser Syntheseform in Musikinstrumenten dem musikalischen Benutzer aufnötigten, eine mehr oder minder gewaltige Flut an Parametern für die einzelnen Harmonischen zu bewältigen, im Grunde genommen eine doch eher wenig intuitive Programmierertätigkeit.

Wenn auch mit dem Aufkommen virtueller Instrumente die Bedienfreundlichkeit derartiger Synthesizer etwas gestiegen ist, so änderte dies nicht viel an der grundsätzlichen Notwendigkeit, die immense Anzahl an Teiltönen beherrschbar zu machen (der Verfasser dieser Zeilen hat es beispielsweise bisher immer vermieden, an seinem Image Line MORPHINE Klänge von Grund auf programmieren zu wollen…). Einige Entwickler haben in der jüngeren Vergangenheit diverse Versuche unternommen, die additive Synthese durch Makro-Funktionen oder durch eine quasi-subtraktive Bedienoberfläche zugänglicher zu machen.

Auch Rob Papen nötigt den Musiker mit dem BLADE keine langatmige Eingabe der Amplitudenverläufe hunderter Partiale ab und versucht, dem Musiker einen möglichst spielerischen Zugang zur additiven Synthese zu bieten.

Der Harmolator

Rob Papen EDM Bundle
Rob Papen EDM Bundle Blade – Harmolator

Nein, so lautet nicht etwa der Titel des aktuellen Arnie-Blockbusters oder die Bezeichnung einer neuen Kampfdrone, vielmehr verbirgt sich dahinter das Herz der Klangerzeugung des BLADE. Der Name ist einfach ein Kofferwort aus „Harmonic“ und „Oscillator“ (denke ich mir jetzt mal so…). Klar, über einen herkömmlichen Oszillator verfügt der BLADE nicht, das Ganze ist denn eher als Analogie zu verstehen. Der Harmolator kann insgesamt 96 Teiltöne generieren. Zwar gibt es auch einige additive Synthesizer auf dem Markt, die eine noch größere Anzahl an Partialen mitbringen, doch diese wollen dann ja auch erst einmal beherrscht werden.

Beim BLADE ist es nicht nötig, den Verlauf jedes einzelnen Partials wie eine Schichttorte zu programmieren, stattdessen biegt man sich das Klangspektrum einfach mittels einer überschaubaren Anzahl an Drehreglern zurecht.

Ohne jetzt auf alle der vorhandenen Regler im Einzelnen eingehen zu wollen, denn dies vermag das recht ausführliche PDF-Manual sicherlich weitaus besser, so lässt sich feststellen, dass man hier trotz einer überschaubaren Anzahl an einstellbaren Parametern enorme Möglichkeiten zur Formung und Verbiegung der harmonischen Struktur des Klanges erhält, ohne sich dabei – wie einst – um die einzelnen Teiltöne kümmern zu müssen.

Auch wenn einige der Reglerbezeichnungen dem Gewohnheitssubtraktiven etwas exotisch anmuten dürften, so empfiehlt sich neben dem Studium des Manuals vor allem ein beherztes „Zugreifen“ und spielerisches Ausprobieren! Unter den Parametern des Harmolators befindet sich übrigens auch ein Suboszillator. Naja, natürlich ist auch das kein „richtiger“ Oszillator, wir synthetisieren hier ja additiv, aber er erfüllt zumindest die gleiche Funktion…

Nachbrenner

Rob Papen EDM Bundle
Rob Papen EDM Bundle Blade Distortion

Dem Harmolator folgt eine Verzerrereinheit, die gleich 20 verschiedene Distortion-Typen zur Auswahl bietet. Damit lässt sich der gemeinhin etwas kühle und klinische Grundsound der additiven Synthese (im Vergleich zu analogen Synthesizern) mit einer rechten Portion Edeldreck würzen.

Des Weiteren finden wir direkt nebenan auch noch ein resonanzfähiges Multi-Mode-Filter mit 14 Typen, darunter auch ein Vox-Filter zur Erzeugung vokalartiger Klänge. Moment mal, ein (subtraktives) Filter in einem additiven Synthesizer…? Was auf den ersten Blick wie eine Abkehr von der reinen Lehre klingt, erweist sich in der Praxis als überaus nützliches Feature, um dem Klang schnell noch den letzten Schliff zu verpassen. Dennoch wird daraus aus dem BLADE kein virtuell-analoger Synthie, denn seine digitale Natur kann er auch dadurch nicht verleugnen, und das muss er ja eigentlich auch gar nicht!

Selbstverständlich bringt der BLADE auch eine angemessene Ausstattung an Modulationswerkzeugen mit, als da wären diverse Hüllkurven, LFO oder eine differenzierte Anschlagsstärkeregelung, was man halt so braucht. Übrigens kann der BLADE bis zu 16 Stimmen erzeugen.

On screen, Mr. Data!

Das interessanteste Merkmal des BLADE habe ich bisher noch unterschlagen, nämlich das große XY-PAD, das eine zentrale Position in der Bedienoberfläche einnimmt. Dabei handelt es sich um ein Vektorfeld mit einem blauen Bällchen, welches sich via Maus, Touchscreen oder MIDI-Controller bewegen lässt. Das Ganze mutet recht „spacig an.

Rob Papen EDM Bundle
Rob Papen EDM Bundle Blade X/Y Pad

Umrahmt wird das XY-PAD von einer ganzen Reihe Drehregler, deren Bezeichnungen wir bereits vom Harmolator und vom Filter kennen. Mit diesen Reglern kann man einstellen, wie stark der jeweilige Parameter über das XY-PAD beeinflusst werden soll.

Auf den ersten, oberflächlichen Blick erinnert dies an den Eisenberg EINKLANG (der BLADE ist allerdings schon länger auf dem Markt…) oder an die diversen alten Vector-Synthies, allerdings dien das XY-PAD des BLADE nicht dem einfachen Überblenden oder Morphen zwischen Klängen, sondern zur Echtzeitbeeinflussung der Synthese-Parameter.

Als besonderer Clou lässt sich das blaue Bällchen aber nicht nur statisch positionieren, die Bewegungen lassen sich zudem auch noch aufzeichnen und auf Tastenanschlag wieder abrufen.

Damit mutiert das XY-PAD zur intuitiven Modulations-Spielwiese. Damit sind Klangbewegungen möglich, die mittels gewöhnlicher Hüllkurve oder LFO überhaupt nicht realisierbar wären, zumindest nicht ohne zeitraubendes Gefummel. Nebenbei sieht das Ganze auch noch cool aus, wenngleich dies ein vernachlässigbarer Faktor ist.

Das XP-PAD stellt somit also ein echtes Highlight dar. Beide Daumen nach oben!

Bäumchen wechsle dich!

Ansonsten bringt BLADE noch eine Reihe von weiteren netten Beigaben mit. Damit die GUI nicht zu überladen wirkt, lassen sich einige der Funktionen im Bereich unterhalb des XY-PAD nur alternativ aufrufen.

Den Anfang macht der Arpeggiator / Step-Sequencer mit bis zu 16 Schritten und allerlei ausgefuchsten Funktionen inklusive Chord-Modus, eine immer gern gesehene Mitgift, mit welcher sich komplexe Riffs erstellen lassen.

Rob Papen EDM Bundle
Rob Papen EDM Bundle Blade – Arppegiator

Hinter PITCH verbergen sich ein zusätzlicher LFO und eine weitere Hüllkurve, die beide ausschließlich der Tonhöhen-Verbiegung dienen. Übrigens bieten nicht nur die LFOs des BLADE auf Wunsch eine Host-Synchronisation, sondern die Hüllkurven ebenfalls, womit man präzise auf die Musik abgestimmte Phasen realisieren kann.

Rob Papen EDM Bundle
Rob Papen EDM Bundle Blade – Pitch

MOD wiederum dient der einfachen Zuordnung von Modulationsquellen und Spielhilfen zu diversen Modulationszielen und gibt eigentlich keine Rätsel auf.

Rob Papen EDM Bundle
Rob Papen EDM Bundle Blade – Modulation

Unter ADV(anced) lässt sich noch ein wenig Fine-Tuning etwa an der globalen Stimmung, am Key-Tracking oder am Hüllkurvenverhalten. Der Regler WARMTH soll übrigens das irreguläre Verhalten elektronischer Schaltkreise nachahmen und dem BLADE damit bei Bedarf zu etwas mehr Vintage – Charakter verhelfen. Je weiter man diesen Regler aufdreht, umso mehr wird der Klang mit typischen Artefakten angereichert.

Rob Papen EDM Bundle Blade
Rob Papen EDM Bundle Blade ADV(anced)

FX bringt das Bedienfeld für die beiden integrierten Effekt-Einheiten des BLADE zum Vorschein. Diese sind, wie von Rob Papen gewohnt, mit zahlreichen und gut klingenden FX- Algorithmen ausgestattet, die den Klang noch einmal ordentlich aufzubrezeln vermögen. Wer die bereits separat erhältlichen Effekt-Plugins von Rob Papen kennt, der kann sich vorstellen, dass die Effekte des BLADE hochwertig sind und beileibe nicht nur eine Beigabe darstellen, um einen eventuell mageren Grundklang zu kaschieren, wie es leider so häufig der Fall ist.

Rob Papen EDM Bundle Blade
Rob Papen EDM Bundle Blade – Effektsektion (FX)

Zu guter Letzt bringt BLADE auch noch eine visuelle Darstellung des aktuellen Klangs mit (entweder als harmonisches Spektrum oder aber als altbewährte Wellenformansicht), die mit SPEC aufgerufen wird und beim Sound-Design mitunter eine hilfreiche Unterstützung darstellt.

Rob Papen EDM Bundle Blade
Rob Papen EDM Bundle Blade – Visualisierung

The Big Easy!

Wen die durchaus aufgeräumte und recht schnell erlernbare Standard-Bedienoberfläche immer noch überfordert, für den hält der BLADE auch noch eine sogenannte EASY PAGE bereit. Hier lässt sich der Harmolator mittels weniger Makro-Regler steuern, ebenso wie das XY-PAD hier global auf die Parameter des Harmolators des Filters einwirkt. Auch die beiden Effekt-Einheiten hat man auf der EASE-PAGE in vereinfachter Form stets verfügbar. Damit ist die EASY-PAGE natürlich auch prädestiniert für den Live-Einsatz.

Rob Papen EDM Bundle Blade
Rob Papen EDM Bundle Blade – Easypage

Ohrenfutter

Der Grundklang des BLADE ist für mein Empfinden zunächst einmal eher kühl und digital, also im Prinzip genau so, wie ich es von einem additiven Synthesizer erwartet hatte. Und wieder einmal mehr meine ich dies keineswegs im negativen Sinne! Wenn ich warmen, analogen Sound wünsche, dann suche ich danach woanders. Aber wenn es darum geht, zu eben einem solchen Analogsound klangliche Kontraste zu schaffen, die sich durchzusetzen vermögen, dann spielt der BLADE sicherlich ganz vorne mit. Gut, das können auch eine Reihe anderer Synthies.
Was den BLADE aber von den meisten seiner Mitbewerber abhebt, ist der relativ einfache und intuitive Zugang bei geringer Lernkurve. Hier macht es tatsächlich Spaß, am Klang zu schrauben, und das XY-PAD fordert geradezu zum Experimentieren auf. Letzteres ist darüber hinaus mit seinen Möglichkeiten auch ein Garant für „lebendige“ und bewegte Klänge abseits des Üblichen.

Rob Papen EDM Bundle Blade
Rob Papen EDM Bundle Blade – Presetverwaltung

Wer sich trotzdem eher zu den Schraubfaulen zählt, der sollte beim BLADE dennoch befriedigt werden, denn wie eingangs erwähnt, ist Rob Papen ein begnadeter Sounddesigner. Somit darf man sich auf ein massives Angebot an mitgelieferten, professionellen Presets freuen. Die Klangpalette reicht von knarzigen Wobble-Bässen und technoiden Sounds über gläserne Flächen und bewegte Athmos bis hin zu merkwürdigen (im positiven Sinne!) Effekt-Sounds.

Der Blade von Rob Papen kostet aktuell 119,- Euro, momentan läuft eine Sonderaktion in der zwei Bundles für jeweils 199,- Euro erhältlich sind, beide Bundles enthalten den PREDATOR und den PUNCH. Das EDM Bundle enthält zusätzlich den BLADE, das URBAN Bundle ist zusätzlich mit den SUB BOOM BASS ausgestattet. Die Aktion endet vorraussichtlich zum Ende dieses Monats (April 2013), weitere Infos dazu gibt es hier: Rob Papen zwei sehr interessante Bundles zum Sonderpreis

FAZIT:

Auch wenn der BLADE die additive Synthese nicht neu erfunden hat, so hebt er sie zumindest endlich auf eine für Musiker bedienfreundliche Ebene. Besonders das XY-PAD weiß mir zu gefallen. Dafür aber nicht unbedingt die fehlende Mausradkontrolle bei den Drehreglern.

Der Klang überzeugt, wenn man nicht gerade auf der Suche nach typischem Analogsound ist, zu jenem bietet sich der BLADE aber mit seinem eher kühlen Grundklang hervorragend als Ergänzung an. Dass der BLADE im EDM-Bundle vertreten ist, bedeutet nicht etwa, dass er nur für elektronische Tanzmusik geeignet ist.

Er lässt sich für nahezu alle Musikrichtungen verwenden, vielleicht mal abgesehen von Death Metal, bayrischer Bierzelt-Blasmucke oder tuwinischem Obertongesang… 😉

Bewertung nach Schulnoten:

  • Klang: Gut (2)
  • Bedienung Gut (1,7)
  • Preis / Leistung im EDM Bundle: Sehr gut (1)

Gesamtnote: Gut + (1,56)

Testbericht von Perry Staltic

Hier ist ein Video Tutorial von Rob Papen zum BLADE:

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