RPCX PUNCH-BD – Rob Papens neues Bassdrum-Kochstudio – Testbericht

Testbericht von Perry Staltic

Die Bassdrum oder auch Kick gehört in der kontemporären elektronischen Tanzmusik sicherlich zu den wichtigsten Rhytmusinstrumenten, stellt sie doch schließlich den taktgebenden Herzschlag eines Tracks dar.

Üblicherweise benutzt man als Quelle dafür entweder synthetische Klangerzeuger oder Samples oder auch beides kombiniert. Neben herkömmlichen realen oder virtuellen Drumboxes, die natürlich auch Bassdrums bereitstellen, gibt es auch reine Kickdrum-Synths, die ausschließlich der Erzeugung diversen basslastigen Klopfgutes dienen.
Auch im Software-Reich tauchen immer wieder mal spezialisierte Kickdrum-Plugins auf, und gerade in der jüngsten Vergangenheit scheint dies wieder zu einem regelrechten Trend geworden zu sein, denn in den letzten Wochen und Monaten sind mindestens ein halbes Dutzend dieser Gesellen veröffentlicht worden, die alle um die Gunst des geneigten Pluginisten buhlen.

Als ich dann von der Veröffentlichung eines ebensolchen Kickdrum-Plugins namens PUNCH-BD aus dem Hause Rob Papen/RPCX las, konnte ich mich nicht des des ersten Eindrucks erwehren, dass es sich hierbei lediglich um ein „Me-Too-Produkt“ handele, zumal es als Ableger des bereits bekannten virtuellen Drummers PUNCH deklariert wurde.

Nun denn, da ich das Teil aber mit dem letzten Update des EDM Bundle kostenlos gleich mit auf die Festplatte gekippt bekam, habe ich es mir auch einmal angesehen und -gehört und tue nun hier davon kund.

RPCX PUNCH-BD
RPCX PUNCH-BD

Formalitäten…

PUNCH-BD hebt sich von den meisten seiner Konkurrenten davon ab, dass er in mehreren aktuell relevanten Plugin-Formaten daherkommt, nämlich VST und AAX für Windows und AU, VST und AAX für den Mac, x86 wird ebenso bedient wie x64. Ich habe wieder mal die VST-Version zum Test gewählt. Obwohl Windows XP nicht in der Kompatibilitätsliste erwähnt wird, lief PUNCH-BD hier einwandfrei damit.

Zur Aktivierung dient ein Challenge-/Response-Code-Verfahren, dass über den notwendigen Online-Account bei Rop Papen erfolgt, die dabei einzugebenen Ziffernfolgen sind jedoch angenehm kurz, so dass das Copy & Paste hier sogar auch rein biologisch-dynamisch mit dem eigenen Kurzzeitgedächtnis erfolgen kann.
Neben einer Version mit Stereo-Ausgängen findet man im Plugin-Ordner auch noch eine Multi-Out-Version, womit auch einer gezielten Nachbearbeitung der sechs separaten Drumpads des PUNCH-BD innerhalb einer DAW nichts im Wege steht.

Das GUI weist eine vernünftige Größe auf und ähnelt frappierend dem der virtuellen Drum Machine PUNCH, was aber auch nicht weiter verwundert, handelt es sich bei PUNCH-BD doch um das ausgekoppelte und aufgebohrte Bassdrum-Modul des PUNCH.

Und wieder einmal: Mausradbedienung der Parameter funzt und somit auch diverse One-Knob-Controller.

Die CPU-Auslastung bereitete auch meinem alten Rechner keine Kopfschmerzen oder Fieberschübe, und so muss das auch sein! Es geht ja schließlich nur um Bassdrums…

Inspektion…

PUNCH-BD erzeugt nicht nur einfache Bassdrums, sondern gleich (bis zu) sechsfache. Dazu stehen sechs Pads zur Verfügung, die jeweils eine eigene Klangerzeugung besitzen. Verschiedene Abspielmodi erlauben sowohl alternierende Spielweisen als auch das beliebte Stacking, bei dem mehrere Bassdrums (oder auch andere passende Klänge…) übereinander geschichtet werden. So erzeugt dann etwa eine Bassdrum nur tieffrequente Klanganteile, während ein prägnanter Klick ohne viel Bass, der dafür aber auch auf mickrigen Handy-Lautsprechern gut hörbar ist, oben drauf liegt.

PUNCH-BD: Abpielmodi
PUNCH-BD: Abpielmodi

Beim PUNCH-BD kann man dieses Stacking geradezu exzessiv betreiben, wenn man es denn möchte. Wer sich also eine Bassdrum basteln möchte, die aus sechs (oder sogar zwölf, siehe unten) Schichten besteht, der kann sich hier stundenlang austoben.

Durch Anwahl eines der sechs Pads ruft man auch dessen zugehörige Parameterseiten auf. PUNCH-BD kann seine Klänge sowohl auf virtuell-analoge Weise als auch mit Samples erzeugen. Welchen dieser beiden Modi aktiv ist, lässt sich mittels des kleinen Auswahlmenüs unterhalb des Pads bestimmen.

PUNCH-BD: Synthese-Modul
PUNCH-BD: Synthese-Modul

Im Falle der synthetischen Klangerzeugung wird die Auswahl der zur Verfügung stehenden Parameter und deren Anordnung durch das jeweils gewählte Synthese-Modell festgelegt. Dies fand ich anfänglich bei der Bedienung bisweilen etwas optisch verwirrend, nach einer gewissen Einarbeitungszeit gewöhnt man sich aber an diese dynamische Bedienoberfläche, die ja durchaus logisch aufgebaut ist.

PUNCH-BD: Models und EQ
PUNCH-BD: Models und EQ

Auch der untere Bereich des GUI bietet verschiedene Ansichten. Jedem Pad ist beispielsweise ein eigener parametrischer Dreiband-Equalizer zugeordnet. Insbesondere beim Stacking von Drumsounds wird so eine schnelle Anpassung der einzelnen Schichten aneinander auch ohne den Umweg über die DAW-EQs, bzw. über externe Plugins möglich. Zwar gibt es für den EQ auch dezidierte Drehregler, man kann sich die Kurven jedoch auch einfach direkt mit dem Mauszeiger im Grafik-Display zurecht ziehen.
Neben der synthetischen Klangerzeugung mit ihren verschiedenen Modellen beherbergt PUNCH-BD alternativ für jedes Pad auch einen integrierten Sample-Player, der neben diversen Abspielparametern und Modulatoren wie Multimode-Filter und Hüllkurven auch ein festes Auswahlfenster zum Laden der Samples besitzt.

PUNCH-BD: Sample-Player
PUNCH-BD: Sample-Player

Der Sample-Player ist sogar gleich doppelt vorhanden, denn neben dem Sample A lässt sich auch ein Sample B laden und bearbeiten (beide teilen sich den Bildschirmplatz mittels umschaltbarer Ansicht). Damit erhält man unter anderem auch die oben erwähnte Möglichkeit des zwölffachen Stackings, vorausgesetzt, man wählt für jedes der sechs Pads den Sample-Mode aus und lädt anschließend zwei Samples in den jeweiligen Player.

Im MIXER, der wie die anderen Tabs auch über einen gleichermaßen beschrifteten Schalter aufgerufen wird, lassen sich die sechs Pads in ihrer Lautstärke und Panoramaverteilung aneinander anpassen, was insbesondere dann sinnvoll ist, wenn man das Stereo-Plugin ohne Einzelausgänge benutzt und somit auch nicht den DAW-Mixer dazu verwenden kann. Mal abgesehen davon möchte man ja auch gerne eine passende Einstellung gleich mit dem Preset speichern können, egal, ob man nun Einzelausgänge verwendet oder nicht.

PUNCH-BD: Mixer
PUNCH-BD: Mixer

Darüber hinaus kann man im MIXER auch gleich die vier integrierten Effekteinheiten des PUNCH-BD zumischen und ebenfalls im Panorama regeln.
Die eigentlichen Effekte selbst erreicht man über den Tab MOD/FX, welcher außerdem auch noch zwei Hüllkurven, zwei Niederfrequenzoszillatoren sowie eine einfache Modulationsmatrix mit acht Slots bereitstellt.

PUNCH-BD: Modulatoren und Effekte
PUNCH-BD: Modulatoren und Effekte

Die angebotenen Algorithmen sind mannigfaltig, und entsprechen dem, was man auch von anderen RPCX-Plugin her kennt, will sagen, die Quantität verhält sich auch hier nicht antiproportional zur Qualität, womit die integrierten Effekte voll in Ordnung sind. Man fragt sich bisweilen nur, ob das Ganze für Bassdrums, um die es hier ja eigentlich geht, manchmal nicht doch ein wenig zu viel des Guten ist… 😉 Aber der experimentierwütige Kick-Designer kann sich dafür leidlich austoben, ohne auf externe Plugins zurückgreifen zu müssen.

Auch der (Preset-)MANAGER mit seinen umfassenden Verwaltungsfunktionen dürfte den Rob Papen-Affilen unter den Lesern sicherlich bekannt vorkommen.

PUNCH-BD: Preset-Manager
PUNCH-BD: Preset-Manager

Dieser ist in zwei Sektionen aufgeteilt, bei der die Größere auf der linken Seite für einzelne Presets zuständig ist, während die Kleinere auf der rechten Seite der Verwaltung kompletter Soundbänke dient.

Ein weiteres Merkmal vieler RPCX-Plugins stellt die sogenannte EASY-Page dar, auf der die jeweils wichtigsten Parameter zum bequemen Direktzugriff zusammengefasst werden. Auch PUNCH-BD macht hier keine Ausnahme. Neben Tonhöhen- und Decayregler sowohl für die Synth- als auch für die Sample-Sektionen, findet man ebenfalls Regler für Filter-Cutoff und -Resonanz sowie für einige der Modulatoren. Auch die vier Effekteinheiten lassen sich hier einmal mehr in ihrer Intensität regeln.

PUNCH-BD: EASY-Page
PUNCH-BD: EASY-Page

Wie man sieht, sind die Eingriffsmöglichkeiten in das Klanggeschehen insgesamt beim PUNCH-BD enorm, insbesondere was den anvisierten Einsatzzweck betrifft. Auf Anhieb fällt mir jetzt kein anderer, spezialisierter Bassdrumgenerator ein, der ähnlich umfangreich ausgestattet ist (allgemeine Drumsynths und -Sampler, die also nicht nur speziell für Kicks zuständig sind, lasse ich an dieser Stelle einmal bewusst außen vor).

Bumm, Bumm. Bumm, Bumm…

Okay, ordentliche Bassdrums soll er machen, und ganau das macht er auch! Ähnlich wie schon beim PUNCH geht es auch beim Ableger PUNCH-BD recht pfundig zur Sache, was einen amtlichen Kicksound angeht. An Fülle, Druck und Durchsetzungskraft mangelt es also keineswegs, ebenso wenig an Variationsreichtum. Wer es denn möchte, der kann mit PUNCH-BD endlich mal wieder den Staub aus seinen Tieftönern klopfen oder die Beziehungen zu Mitmenschen in seinem näheren Wohnumfeld nachhaltig belasten… 😉

Bei den mitgelieferten Presets dürften Computermusikanten jeglicher Stilrichtungen fündig werden, neben allerlei Techno-, Trance-, HipHop- oder sonstigen Standards findet sich auch eher ungewöhnliches, artfremdes Klangmaterial im Repertoir.

Beim Klangbeispiel habe ich es mir zugegebenermaßen diesmal sehr einfach gemacht. Ihr hört nur einen einfachen Four-On-The-Flore-Beat mit 120 BPM, und alle vier Takte wechselt das Preset. Die teilweise auftretenden rhytmischen Variationen dabei entstehen einzig aus den Klangformungsmöglichkeiten des PUNCH-BD, ansonsten ist es aber tatsächlich immer nur der gleiche Beat.

Fazit:

Also, ein simples „Me-Too-Produkt“, wie eingangs vermutet, ist PUNCH-BD sicherlich nicht geworden, dazu sind seine Möglichkeiten viel zu komplex und gehen über das Gebotene seiner meisten Konkurrenten weit hinaus. PUNCH-BD stellt ein regelrechtes Kickdrum-Labor dar, und die Optionen, um eigene Bassdrums, aber auch völlig anderes perkussives Material zu erstellen, sind immens und lassen ein stundenlanges Versinken im Sounddesign zu.

Darin liegt aber auch gleichzeitig die Kehrseite der Medaille verborgen: Eine derart komplexe Klangerzeugung bietet zwar unzählige Möglichkeiten, will auf der anderen Seite aber auch erst einmal erforscht und bewältigt werden. Nicht alle Elektromusikanten sind jedoch willens, sich ihre Kicks aufwendig selbst zusammen zu schnitzen, und auch im hektischen Produktionsalltag der Profis mag man dazu nur begrenzt Zeit verwenden (wenngleich der Zeitaufwand für eine Suche nach dem richtigen Preset oder Sample auch nicht unbedingt zu vernachlässigen ist!).

Wie immer liefert Rob Papen aber auch mit PUNCH-BD eine volle Tüte an amtlichen Presets zum sofortigen Einsatz mit. Allerdings, so groß diese Auswahl auch ist, ich hatte beim Durchhören immer wieder mal den Eindruck, auf Klangkreationen zu treffen, die auf mit ihrem übermäßigen Effekteinsatz wohl eher die komplexen Klangmöglichkeiten vorführen sollen, als denn tatsächlich einem Track von unten her die nötigen Eier zu verpassen… 😉 Das soeben Geschriebene steht natürlich in Relation zur Gesamtzahl der mitgelieferten Presets, und da es davon eben eben so viele gibt, wird man auf jeden Fall mehr als genügend amtliche Bassdrums verschiedenster Couleur antreffen (wie viele unterschiedliche Kicks braucht man eigentlich tatsächlich…?).

PUNCH-BD kostet im Einzelverkauf 49,- Euro, wer allerdings bereits eines der Bundles EDM, URBAN, oder eXplorer III sein eigen nennt, der erhält PUNCH-BD für sogar Nüsse, denn er ist in den aktuellen Updates dieser drei Bundles schon enthalten. Ob sich der Einzelkauf lohnt, muss bei einem spezialisierten Produkt wie diesem jeder für sich selbst entscheiden, nicht zuletzt ist dies ja auch von der persönlichen Arbeitsweise abhängig (Möchte ich in meinen Produktionen auch meine „eigenen“ Bassdrums erstellen oder nicht…?).

Wer jedoch sowieso gerne mit spezialisierten Kicksynths arbeitet, für den könnte PUNCH-BD das ultimative Kickdrum-Labor darstellen. Man findet zwar auch einige brauchbare bis gute Vertreter aus der Freeware-Fraktion, die aber allesamt längst nicht so luxuriös ausgestattet sind wie PUNCH-BD. Vor allem handelt es sich dabei vorwiegend um VST-Plugins, die mit Synthmaker oder mit SynthEdit erstellt wurden, und damit auch nur als 32-Bit-Versionen für Windows existieren. Wer jedoch mit Betriebssystemen und Formaten jenseits dieser Vorgaben arbeiten möchte, der sollte sich PUNCH-BD auf jeden Fall einmal näher ansehen (aber nicht nur dann!).

Was mir besonders gut gefiel:

+ durchsetzungsfähiger Klang
+ komplexe Klangerzeugung
+ integrierter Equalizer pro Pad
+ viele amtliche Presets
+ vernünftiger CPU-Bedarf
+ viele Pluginformate
+ Reglerbedienung via Mausrad möglich
+ lauft auch noch mit Windows XP (nicht offiziell)

Was mir weniger gut gefiel:

nicht immer intuitive Bedienung

Presets teilweise mit Effekten überladen.
Produktseite: www.robpapen.com/Punch-BD.html

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*