Rezension: Jean Michel Jarre – Electronica 2 – The Heart of Noise

Jean Michel Jarre, ein Urgestein der elektronischen Musik, einer der seinen eigenen Weg gegangen ist und nicht nur mit Oxygene und Equinox Meilensteine der Musikgeschichte produziert hat, ein Musiker, der schon zu Lebzeiten zur Legende geworden ist, ein ganz großer halt. Man könnte vermuten das sich ein so erfolgreicher Künstler irgendwann mal auf seinen Lorbeeren ausruhen würde, nicht aber Monsieur Jarre, das neue Album Electronica 2 mit dem Untertitel „The Heart of Noise“ ist ein Werk, dass ich, wenn ich es nicht genau wüsste, niemals als Jarre Produktion erkennen würde.

Wenn man jedoch genau hinhört, ist der Meister dann doch in den meisten Tracks ganz klar zu erkennen, auch wenn er sich mit dem neuen Album auf dem Pfad der heute aktuellen Musik befindet. Ich habe mir das Album Electronica 2 The Heart auf Noise angehört und war baff erstaunt.

Jean Michel Jarre ist nicht der Erste der Musiker der unterschiedlichsten Stilrichtungen in eine Produktion mit einbaut, Santana hat das schon vor Jahren mit dem Album Supernatural durchgezogen und das letzte Album von Jean Michel Jarre war auch so eine „Gastmusiker Welcome“ Produktion, Electronica 1 mit dem Zusatztitel „The Timemachine“ konnte unter anderem mit so bekannten Größen wie Moby oder Vince Clark aufwarten.

Natürlich ist das für einen Musiker der eigentlich seine Alben immer im Alleingang erstellt hat ein wenig sonderbar aber es ist durchaus erfrischend und ja es macht Spaß einem Jean Michel Jarre zuzuhören, der sich ganz gehörig weiterentwickelt hat.

Jean-Michel-Jarre-electronica-2
Jean-Michel-Jarre-electronica-2

Das Album Electronica 2 ist sehr modern geraten aber machen wir das mal alles schön der Reihe nach, die insgesamt 18 Titel auf der CD bergen so einige musikalische Überraschungen.

Abhöre

Wen es interessiert ich habe sowohl mit einem KOMPLETE AUDIO 6 Audiointerface von Native Instruments und PRODIPE TDC8 Koaxial aktiven Monitor Lautsprechern abgehört, wie auch mit einem Technics SA-EX300 Amp und Tonsil Subwoofer samt Teufel Omniton202 Monitoren. Zusätzlich habe ich noch einen Kopfhörer Check gemacht mit dem AKG Perception K99, dem TEUFEL AUREOL sowie weitaus preiswerteren Headphones von Vivanco auch die ESI UNIK plus 5 mit ihren elektrostatischen Hochtönern kamen zum Einsatz.

1) The Heart of Noise, Pt. 1 (with Rone) – 4:26

Mit gewaltigem Paukenklopfen startet Electronica 2 The Heart of Noise, anfänglich klingt es noch sehr elektronisch wird dann jedoch sehr schnell orchestral, das Thema, das sich quer durch das Album zieht, wird hier sehr schön mit Streicherklängen gemischt mit Synthesizersounds und Pauken aufbereitet. Was mir aufgefallen ist, dass bei diesem Track wirklich exzellente Klarheit im Klang vorherrscht, hier hat der Tontechniker einen fantastischen Job abgelegt. Vorsicht mit den Subwoofern die Paukenwirbel gehen enorm tief. Als Gastmusiker kam hier Erwan Castex alias Rone zum Einsatz.

2) The Heart of Noise, Pt. 2 – 4:10

Nicht so ganz brachial startet die zweite Nummer auf dem Album, das Thema ist das Gleiche wie beim vorangegangenen Titel. Diesesmal ist kein Gastmusiker auszumachen und somit zeichnet Monsier Jarre hier wohl alleine verantwortlich. Das Stück ist ziemlich treibend mit einer melancholisch anmutenden Melodie versehen. Auch hier kommt wieder reichlich perkussives Instrumentarium zum Einsatz. Zum Ende hin wird es etwas ruhiger, die Melodie sollte sich beim Zuhörer inzwischen schon in den Kopf eingebrannt haben.

3) Brick England (with Pet Shop Boys) – 4:01

Die Jungens kenne ich doch noch aus dem letzten Jahrtausend, diese Stimmen und die Art der vokalen Darbietung, ja die können es noch, die Rede ist von den Pet Shop Boys (Go West) , die hier mit Jean Michel Jarre einen wirklich hitverdächtigen Titel aufgenommen haben. Ich hätte nicht geglaubt, dass dieses Stück etwas mit Jean Michel Jarre zu tun haben könnte, aber ich hatte ja schon angedroht, dass es bei dem Album Electronica 2 The Heart of Noise einige Überraschungen geben wird. Sehr eingängig und voller positiver Energie versehen mit einem echt starken Sound kommt dieser „Easy Listening“ Song daher, und weis wirklich zu gefallen.

4) These Creatures (with Julia Holter) – 3:40

Mit der Elektronik Musikerin Julia Holter zusammen hat Jean Michel Jarre diesen Titel produziert, interessant sind die rhythmischen Vocal Percussions am Anfang, irgendwie hört sich das so an, als ob es nicht im Takt wäre, aber doch rhythmisch passt. Ja da ist er wieder der Spezialist Jean Michel Jarre, der kann so was machen, kaum ein anderer würde sich das wohl trauen. Das Stück lebt von Julias wohlklingenden Stimme und kommt auch komplett ohne Drums aus. Zur Mitte hin setzten dann synthetische Streicher ein und das Arrangement wird zunehmens voller. Ein Stück für stille Stunden.

5) As One (with Primal Scream) – 3:58

Zusammen mit der britischen Rock Band Primal Scream wurde dieser wieder absolut hitverdächtige Titel produziert, sehr eingehend und positiv bleibt dieser Song sofort im Ohr. Ehrlich gesagt finde ich hier allerdings kaum noch etwas was mich an alte Jean Michell Jarre Zeiten erinnern würde.

6) Here For You (with Gary Numan) – 3:59

Wenn wir die Helden der Anfänge der elektronischen Musik aufzählen, kommen neben Jean Michel Jarre unweigerlich Kraftwerk, Tangerine Dream oder Klaus Schulze. Allerdings gab es damals noch einen weiteren Helden, der seiner Zeit meilenweit voraus war, gemeint ist der Engländer Gary Numan der den Weg des Synth Pop mit seiner Band Tubeway Army unter anderem mit dem Hit „Are ’Friends’ Electric?“ aus dem Jahre 1979 ebnete. Und eben dieser Gary Numan der eigentlich Gary Webb heißt ist auf dem Track „Here for you“ mit von der Partie. Der Synth Sound ist absolut typisch Gary Numan, dieses leicht verstimmte und entgegen aller Harmonien arbeitende Intro samt dem typischen stampfenden Rhythmus versehen mit der einzigartigen Gary Numan Stimme erinnert mich an die wilden Achtziger. Der Titel ist einer meiner Favoriten auf „Electronica 2 – The Heart of Noise“.

7) Electrees (with Hans Zimmer) – 4:10

Zusammen mit einem der einflussreichsten und bekanntesten Filmkomponisten der Gegenwart nämlich Hans Zimmer (auf dessen Kappe geht unter anderem die Musik zu König der Löwen) wird es jetzt mal wieder so richtig Jean Michel Jarre typisch. Herrlich da sind die Sounds wieder aus Oxigene und Equinoxe! Ein Hammer Arrangement, brachial und tiefgehend, Gänsehaut Garantie ist hier absolut gegeben, mein Tipp „play it loud!!!“

8) Exit (with Edward Snowden) – 6:19

Wer Edward Snwoden ist und was der für die Menschheit getan hat, muss ich glaube ich hier wohl nicht mehr erläutern, nach der Jarre typischen Klangdusche, (das ist absolut nicht abwertend gemeint) vom vorangegangenen Titel wird es jetzt mal so etwas von heftig. Ich schätze, dass Jean Michel Jarre hier mit Natives Instruments MASCHINE gespielt hat 🙂 Der Titel ist absolut Club geeignet, das Edward Snowden noch ein paar wichtige Worte über die technischen Möglichkeiten unserer Generation und deren Nutzung durch die Geheimdienste und Staaten verlautbart, ist zwar klasse aber das wird wohl die wenigsten davon abhalten, weiterhin ihr Leben öffentlich zu machen und auf ewig zu konservieren. Nun ja nachdenken sollte man schon einmal darüber…. Der Titel ist treibend, elektronisch rhythmisch und modern, nichts für die Autobahn mit einem schnellen Auto…

9) What You Want (with Peaches) – 3:27

Peaches alias Merrill Beth Nisker ist eine Elektro Clash Sängerin aus Kanada, das vorherige Stück passte schon auf die Tanzflächen und das jetzige lässt es noch einmal mehr krachen, Bass und nochmals Bass, ich liebe es. Meine Prodipes hüpfen fast auf den Stativen, der Achtzoll Treiber wuppt rein und raus und der Staub in der Hütte wird endlich mal wieder weggeblasen, hach ist das herrlich, nur gut das meine Frau gerade unterwegs ist 🙂

10) Gisele (with Sebastien Tellier) – 3:43

Es wird wieder etwas melodischer und für alle Altersklassen gefälliger 🙂 Zusammen mit dem französischen Sänger und Songwriter Sebastien Tellier kommt der nächste generationsübergreifende hitverdächtige Song aus dem Album „Electronica 2 – The Heart of Noise). Sehr gut produziert und absolut eingängige Gute Laune Musik die wieder einmal aufzeigt das eine einfache Melodie meist der beste Schlüssel ist einen Hit zu produzieren, OK ich prophezeie hier nur, noch ist es kein Hit aber mal sehen, ob ich Recht behalte.

11) Switch on Leon (with The Orb) – 4:43

Beim nächsten Song hat die britische Band The Orb Pate gestanden, nach russischen Vokaleinlagen rumpelt ein wirklich ultrafetter Bass aus den Lautsprechern, sehr experimentell das Ganze aber durchaus interessant. Es würde mich interessieren, ob der Bass Sound aus NI`s Mini Moog Emulation MONARK stammt. Laut Aussage vom Meister Jean Michel Jarre schätzt dieser dieses Plugin und auch die anderen Native Instruments Produkte aufgrund der klanglichen Möglichkeiten sehr.

Zum Ende hin zwitschern dann noch mal die Jarre typischen Sounds von links nach rechts, ansonsten hätte ich auch hier niemals gedacht diesen Song auf einem Jean Michel Jarre Album zu finden. Ganz besonders fies ist das Ende dieses Titels, es hört sich so an, als ob die Membranen der Lautsprecher enormen Schaden genommen hätten, ein Schelm, wer den Produzenten hier einen üblen Scherz unterstellt.

12) Circus (with Siriusmo) – 3:09

Um den eh schon gestressten Musikliebhaber, welcher Angst hat, dass seine Treiber nach dem Genuss des vorausgegangenen Titels im Teich sein könnten, noch weiter zu ärgern, fängt auch das nächste Stück, welches mit dem Berliner Musiker und Technoproduzenten Siruismo alias Moritz Friedrich aufgenommen wurde, mit krächzendem Klang an, der sich stark nach kaputten Boxen anhört. Gott sei Dank geht das aber schnell auch wieder weg, Ähem zu mindest bei meinen Boxen, wer Pech hat und zu viel Watt auf die Pappen gegeben hat der könnte jetzt unter Umständen dicke Backen machen. Das Stück ist etwas experimentell angehaucht kommt aber doch recht schnell zum Punkt und wird dann mittels einer kleinen Melodie recht eingängig.

13) Why This, Why That and Why (with Yello) – 3:58

Grützerli, da sind die beiden musikalischen Helden meiner Jugend, gemeint ist Yello, eine Band aus der Schweiz, die in den Achtzigern und Neunzigern Maßstäbe gesetzt hat. Und die tiefe voluminöse Stimme von Dieter Meyer ist sofort omnipräsent auch der Rest des Songs könnte durchaus eine Produktion von Boris Blank und Dieter Meyer sein, ohne das Jean Michel Jarre daran mitgewirkt hätte. Ein wirklich schönes Stück Musik, das wir sicherlich in Zukunft öfter im Radio hören werden.

14) The Architect (with Jeff Mills) – 4:43

Das nächste Stück wurde zusammen mit dem amerikanischen Techno DJ Jeff Mills produziert und steckt voller Überraschungen, Violas, Cellos, Violinen, orientalische Anleihen zusammen gemixt mit einem treibenden Rhythmus ergeben einen Song der recht lebendig und dazu motivieren kann die gute Laune nochmals zu steigern, wenn selbige schon vorhanden ist, denn für Menschen, die gerade einen Moralischen haben ist dieser Track definitiv nichts.

15) Swipe to the Right (with Cyndi Lauper) – 4:54

Ähem Cindy Lauper .. Girls just want to have fun, nun ja irgendwie passt dieses dünne Stimmchen nicht zu den kräftigen Synthesizersounds der Produktion, der durchaus gefällige Song ist für mich die schwächste Nummer des Albums, mehr will ich dazu nicht sagen. Irgendwie passt es hier nicht. Aber das ist wohl halt auch Geschmacksache.

16) Walking the Mile (with Christophe) – 4:52

Sehr melancholisch wirkt dieser Song, die Stimme könnte sowohl weiblicher als auch männlicher Herkunft sein, ein recht interessantes Arrangement sorgt für ordentliche Spannung im Track. Das ist eines von diesen Musikstücken, die man mindestens 10 mal gehört haben muss, bis sie so richtig gefallen oder eben auch nicht. Auch hier sehe ich nicht unbedingt einen Höhepunkt des Albums „Electronica 2 – The Heart of Noise“ Jean Michel Jarre mag ich hier überhaupt nicht herauszuschmecken.

17) Falling Down – 3:23

Ein Stück ohne Gastmusiker also mal wieder vom Maestro ausschließlich produziert, sehr elektronisch mit wuchtigem Sound aber nicht wirklich Jarre typisch, dennoch aber sehr schön und aufwendig arrangiert.

18) The Heart of Noise (The Origin) – 2:39

So wie das Album begonnen hat so endet es auch wieder, die Melodie verabschiedet uns aus einer interessanten musikalischen Reise mit vielen bekannten Musikern aus diesem und aus dem letzten Jahrtausend.

FAZIT

Es ist Jean Michel Jarre mit Electronica 2 – The Heart of Noise gelungen ein Stück Musikgeschichte zu produzieren, ein Meisterwerk mit Höhen und Schwächen, richtig schlecht ist keiner der insgesamt 18 Titel. Einige Stücke sind absolut hitverdächtige und es würde mich sehr stark wundern, wenn wir selbige nicht alsbald im Radio rauf und runterhören werden. Jean Michel Jarre hat einmal wieder mehr bewiesen, wo der Hammer hängt und ganz klar gemacht, dass es sich lohnt, beide Augen und Ohren aufzuhalten und sich ständig weiter zu entwickeln. Ich möchte diesem Album eine Empfehlung aussprechen.

Noch mal zum Klang, welcher wie zu erwarten sehr gut ist, allerdings wurde hier bei einigen Stücken, beim Mastering bis an die Grenzen des Machbaren bzgl. der Lautheit gegangen. Etwas weniger Kompression hätte bei einigen Songs sicher mehr klangliche Transparenz erlaubt.

Presswurst ....
Presswurst ….

Zum Bass: ich dachte erst ich hätte irgendwo ein Fenster offen gelassen, denn es zog wie Hechtsuppe, die Fenster waren allerdings alle zu und Schuld am Luftzug waren meine Prodipe TDC8 Studio Monitore, die ich zum Abhören genutzt habe, denn die haben den Bassreflexausgang auf der Vorderseite. Ich denke mehr muss ich zum Thema Bass hier wirklich nicht mehr erwähnen.

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