Freie Sample-Bibliotheken auf Pianobook

Dieses persönliche Projekt von Christian Henson, einem der Gründer von Spitfire Audio ist nun eineinhalb Jahre alt und zu einer beeindruckenden Community gewachsen zu der beständig Sample-Bibliotheken von den Nutzern beigesteuert werden. Startpunkt sind Pianos, wie der Name schon sagt, jedoch mittlerweile haben sich die Instrumente- und Soundkategorien erweitert und umfassen auch Gitarren, Strings, Synthesizer, Percussion, Found Sounds usw. jedoch der Schwerpunkt, die Masse der Instrumente sind gesamplete Pianos – davon jedoch alle nur denkbare Variationen, speziell auch präparierte Klaviere. 

Website Pianobook
Website Pianobook

Von Henson stammt eine Anleitung für Anfänger im Bereich des Samplings, unterstützt durch Videos, wobei die Anforderungen an ein eingereichtes virtuelles Instrument relativ niedrig gehalten wurden, um die Aufgabe im unter normalen Umständen machbaren Bereich zu halten. Das heisst von einem Piano wird jede Quinte ein Ton aufgenommen, in zwei Lautstärken, dazu Release-Samples der Tasten um etwas Realismus hinzuzufügen. Das ist im Vergleich zu dem, was bei kommerziellen Sample-Instrumenten getrieben wird natürlich sehr bescheiden, reicht jedoch aus, um ein Instrument halbwegs vernünftig klingend spielen zu können. Sprünge in der Lautstärke sind so jedoch mehr oder weniger deutlich wahrnehmbar und es wird klar, dass sich der hohe Aufwand, der bei den aufgenommenen Lautstärkestufen bei kommerziellen Bibliotheken getrieben wird auf jeden Fall lohnt. 

Der große Stolperstein für viele Interessierte ist wiederum die Format-Frage, wie immer, bei gesampleten Instrumenten. Der weitaus größte Teil der im Moment 295 (!) zur Verfügung gestellten Instrumente liegt ausschließlich im Format für NI Kontakt vor, was allzu viele von der Nutzung ausschließt. Hier wirkt sich wiederum aus, dass Kontakt nun mal DER Industrie-Standard ist, will man ernsthaft mit gesampleten (akustischen) Instrumenten arbeiten kommt man um die Anschaffung von Kontakt nicht herum. Am vernünftigsten innerhalb des Komplete-Standard-Pakets, weil das im Vergleich zum Einzelanschaffungs-Preis einen herausragenden Mehrwert bietet. Ein Mal im Jahr gibt es im Juni bei Native Instruments alle Upgrades um die Hälfte, kauft man sich dann oder schon vorher Komplete Select und macht dann das Upgrade auf Komplete Standard kommt man insgesamt auf eine Preisreduktion von einem Drittel. 

Immerhin 29 Pianos und noch ein paar andere Instrumente gibt es für das Format EXS, den Sampler von Logic, wer keinen Mac und Logic sein eigen nennt hat jedoch die Möglichkeit EXS-Files in den freien Sampler TX16Wx zu laden, auch unter Windows. Eine Handvoll liegt auch im SFZ-Format für Sforzando vor. In den TX16Wx werden die EXS Dateien direkt per Drag and Drop drauf gezogen. Es empfiehlt sich den leeren Program Slot vorher zu löschen, sonst landet man auf MIDI Kanal 2. Bei keiner der getesteten EXS-Bibliotheken klappte es mit den relativen Pfaden, man muss in dem Datei-Browser, der auf geht den Sample-Ordner suchen und öffnen. Dann sollte man unter Sounds in der Envelope die Release-Zeit hoch stellen, die ist generell viel zu kurz. 

UPDATE: Aktuell wurden fast alle Bibliotheken im EXS Format in das Decent Sampler Format konvertiert und stehen auch dafür zur Verfügung. Decent Sampler ist eine Neuentwicklung des Sample-Enthusiasten David Hilowitz, ein einfaches Plugin, aber für viele Zwecke ausreichend. Wenn man nach Instrumententypen auf Pianobook sucht, z. B. nach Pianos und dann nach EXS bekommt man diese angezeigt. Neben EXS wird dann meist auch das DecentSampler-Format angeboten.
Hier kann man Decent Sampler herunterladen.
Hier ist der Blog-Eintrag dazu.
Wenn man sich für das Thema Sampling interessiert, ist der YouTube-Kanal von David Hilowitz eine Goldgrube.

Die Pianos und anderen Instrumente von Christian Henson selbst auf Pianobook sind alle sehr interessant und oft ungewöhnlich. Schon hier offenbart sich, was für unterschiedliche Timbres allein mit Pianos möglich sind, zu jeder Stimmung, jedem Projekt kann etwas gefunden werden oder bildet einen inspirierenden Ausgangspunkt.
Die meisten Bibliotheken bieten neben dem obligatorischen Begleit-Text, in dem der Instrumenten-Schöpfer Gelegenheit hat eine Hintergrundstory zu seinem Projekt zu erzählen noch Soundbeispiele, so dass man schnell entscheiden kann, ob man dieses Instrument herunterladen will. 

Beim durchstöbern der Seiten fielen mir noch folgende aussergewöhnliche oder brauchbare Projekte auf: Isolation Collaboration, einem Aufruf folgend wurden 200 Aufnahmen von einfach allem eingesandt und in vier Kategorien zu gelayerten, spielbaren Sounds zusammengefasst, das Video dazu ist sehr interessant. Array M’bira ist eine große moderne Kalimba und bringt eine ganz besondere Klangfarbe als Einzeltöne oder als Strums. Triple Felt Experiment ist ein ziemlich ultimatives Filz-gedämpftes Piano (das Passwort zur Datei ist am Ende des Videos auf der Seite, wohl eines der ersten Experimente bevor es Pianobook gab), es gibt jedoch etliche Variationen dieser Präparation auf Pianobook. Metal Sails ist eine Sammlung metallischer Percussion-Hits, die abwechslungsreiche Varianten bietet. The 9000FT Piano, auch mit einem Begleitvideo über die Entstehung, auch wieder ein eigener Grundklang des Pianos, was Pianobook so faszinierend macht. Bei dem Haupt-Instrument jedoch ein krasser Sprung in Lautstärke und Charakter ab 100 Velocity, weil da die Aufnahmen mit offenem Lid reingebastelt wurden… Mit den teilweise ziemlich unregelmäßigen Lautstärken in dem Ambient Patch muss man ebenfalls leben, das unperfekte gehört hier zum Konzept.
Rolling Piano ist eine der experimentelleren Samplebibliotheken, hier wird der angeschlagene Ton von einem Loop leiserer in der Umgebung liegender Töne umspielt, in Akkorden ein interessanter Effekt. 
Doch es gibt hier natürlich viel mehr interessante Bibliotheken zu finden.

In den Begleittexten vieler Instrumente spiegelt sich, dass diese Initiative eine Motivation darstellen kann auch selbst mal etwas zu samplen, naheliegend das eigene Klavier, wenn man eines hat oder eben andere Instrumente oder gefundene Sounds. Und das ist eine sehr gute Sache, denn es fördert die kreative Auseinandersetzung mit den Klangquellen in unserer Umgebung und ihre ganz persönliche Aneignung. 

Die Website Pianobook: https://www.pianobook.co.uk/

Eng verbunden mit dieser Seite ist der Video-Blog von Christian Henson, der natürlich viel über Spitfire Audio enthält, jedoch auch viele Gedanken, Interviews, Projekte im Umfeld von Musikproduktion und seiner großen Leidenschaft Sampling und Sounds kreieren. 

https://www.youtube.com/channel/UCXCXxhRVYvBOX45_gxr0iHA

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