Phrasebox von Venomode im Angebot

Es gibt einige MIDI Tools, die nicht so mega-versierte Keyboarder (die es ja geben soll…) dabei unterstützen, aus Akkorden Phrasen zu machen. Das geht von ausgefuchsten Arpeggiatoren, wie Xfers Chtulhu (für den es auf ADSR und anderswo erstaunlich viele Chord Packs und Presets gibt) über den Über-Arpeggiator mit eingebautem Chord-Sequencer Liquid Music zu InstaChord und natürlich Scaler, der zwar zu allererst dazu da ist Akkordprogressionen zu erstellen (siehe hier mein Testbericht), aber die Akkorde auch zu Phrasen aufbrechen kann. Man könnte also begründet sagen, hat man Scaler, braucht man nichts anderes mehr. 

Kameleono und Nora sind vom Prinzip des Phrasen-Arpeggiators her am ähnlichsten. Kameleono hat den Vorteil, dass man die Noten in der Piano Roll der DAW bearbeiten kann, ist aber relativ umständlich einzurichten und bietet nur die reinen Noten, keine Extras. Nora habe ich nicht, wäre aber sicher einen genaueren Vergleich wert. Soweit ich es in Erinnerung habe, bietet aber auch Nora keine Spezial-Trigger wie Phrasebox. 

Phrasebox GUI
Phrasebox GUI

Dennoch… seit dem ich Phrasebox habe, schmeisse ich das Teil auf jeden Track, der nicht bei drei auf den Bäumen ist. Und das, obwohl ich zuerst noch aus Scaler oder woanders her (siehe den Forager-Testbericht) oder schnell eingespielt bzw. in der Pianoroll zusammengestellt eine Progression brauche. Und obwohl ich nicht, wie bei Scaler, meine Noten direkt in der Piano Roll setzen kann, was eigentlich ein großer Nachteil ist. 

Also warum eigentlich? Vielleicht ist es ja nur der Reiz des Neuen. Aber Phrasebox bietet etliche Möglichkeiten, schnell ganz verschiedene Phrasen für unterschiedliche Instrument-Typen zu erstellen und Variationen durchzuprobieren. Das reicht von der einfachen Bass-Line bis zu komplexeren Piano-Phrasen und in alle kann man wohldosiert, vor allem jetzt mit dem neuesten Update, Zufall hineinbringen oder gezielt einzelne Noten transponieren und damit aus der Skala bewegen (oder auch innerhalb einer gewählten Skala). Klar, man muss sich erst mal mit dieser ganz eigenen Präsentation einer Pianoroll herum schlagen und sich da etwas einfuchsen und nein, so intuitiv wie die von z. B. FL Studio, das mindestens eine der besten Pianorollen in der Industrie bietet, ist das nicht. Man muss alles von Hand setzen oder mit den Füllmustern für einzelne Rows arbeiten. Oder mit der Zufallsfunktion, die aber wirklich sehr zufällig ist und allzu viel Nacharbeit erfordert. 

Schon mit den Playback-Einstellungen kann man Lautstärken der Noten, Transponierung der Noten und Oktavsprünge zufällig generell mehr oder weniger stark einstellen. Dazu kommt eine Swing-Funktion. 

Playback
Playback

Mit den Generation-Einstellungen bestimmt man die Eigenschaften zufällig ersteller Phrasen, die Dichte der Noten, die Länge, der Velocity-Bereich in dem die Noten liegen sollen, wie viele Transponierungen und Oktavsprünge es geben soll, wie viel Zufall allgemein wirkt und wie viele Notenreihen überhaupt gefüllt werden sollen.  Diese Einstellmöglichkeiten haben sich mit dem Update auf 1.2 deutlich verfeinert. Das ist nun eine Art Riffer, aber nicht nur für Melodielinien, sondern polyphone Phrasen. 

Generation
Generation

Dazu kommt noch die Option Parameter des Ziel-Synths über CC-Werte zu automatisieren. Das kann ich natürlich auch in der Piano Roll machen, aber wenn ich die Noten schon in Phrasebox habe, ist es eine wertvolle Möglichkeit, für jede Phrase in dem Plugin auch eigene Automation zu haben, die sich mit verändert, wenn man von einer Phrase zum anderen wechselt.

Parameter
Parameter

Durch diese andere Arbeitsweise, als in der Piano Roll der DAW kommt man zu anderen Ergebnissen, es treten eher „Happy Accidents“ ein und Phrasebox bietet viele Eingriffsmöglichkeiten, die ich in einer normalen Pianorolle nicht habe, wie höchste oder leiseste Note im Akkord als Trigger oder eine Zufalls-Spur, mit der einzelne Noten im Loop immer wieder anders gespielt werden. 

In der praktischen Arbeit mit Phrasebox gibt es ein paar Stolperfallen. Die erste ist, dass es kein Undo/Redo gibt, löscht man aus Versehen Noten oder eine Phrase sind sie weg. Es ist lästig, dass man nur Phrasen kopieren kann, auch zwischen verschiedenen Instanzen, aber innerhalb einer Phrase keine Noten, d.h. man muss immer alles grundsätzlich von Hand setzen. 

Es gibt zwar ein Feature, dass man per Drag & Drop eine MIDI Datei mit Akkorden aus dem Dateisystem auf die Piano Roll von Phrasebox ziehen kann, aber es werden damit nur die Noten dieser Phrase auf die Akkorde gemappt und man kann dann diese Noten wiederum in die Piano Roll der DAW ziehen, ein spezielles Export-Feature also. Aber es wäre auch sehr nützlich, wenn man Notensequenzen in die Piano Roll von Phrasebox importieren könnte. 

Ein Fehler, der immer wieder auftritt ist, dass die Noten am Anfang der Phrase nicht durch die Akkord-Noten getriggert werden oder auch nur die tiefste Note davon abspielt. Es ist nicht zu reproduzieren, woran das liegt. An der Präzision der Akkorde in der DAW-Piano Roll jedenfalls nicht. Es ist eher ein Timing-Problem zwischen DAW und Plugin, dass manchmal auftritt und in anderen Akkord/Phrasen-Kombinationen wieder nicht. Der einzige Workaround ist dann, die ersten Noten mit gehaltener Shift-Taste ein winziges Stückchen von dem Anfang der Phrase weg zu rücken, bzw. vorne zu kürzen. Aber da das nur in sehr kleinen Schritten geht, hört man den Zeitversatz heraus. Wenn das im Zusammenhang zu sehr auffällt, bleibt nur der Export und die Korrektur in der DAW-Piano Roll.

Versatz der Noten
Versatz der Noten am Anfang der Phrase

Eine kurze Demo, in der mit einem CC Wert der Filter des Ziel-Instruments gesteuert und eine kleine Phrase mit Random-Noten variiert wird. 

Dennoch bleibt das alles relativ übersichtlich, trotz der vielen Eingriffsmöglichkeiten, und reagiert auf die herein kommenden Akkorde, die man im Verlauf eines Tracks verändern und mit einer Master-Progression verschiedene Instrumente steuern kann. 

Grundsätzlich eignet sich Phrasebox eher für elektronische Musik und einfache Arrangements akustischer Instrumente. Für Instrumente, die Keyswitches für Artikulationen brauchen, ist Phrasebox nicht so geeignet, weil man die doch wieder in der Piano Roll des Instruments setzen müsste und sich das wiederum mit den wechselnden Pattern innerhalb von Phrasebox schlecht verträgt. Ein Weg wäre auch hier natürlich, dieses oder ein Platzhalter-Instrument ohne Artikulationen im Kontext über Phrasebox zu spielen, den MIDI-Output aufzunehmen, wenn man sicher ist, dass es so bleiben kann, und dann in diesem MIDI-Track die Keyswitches zu setzen. 

Insgesamt ist Phrasebox ein spannendes Werkzeug um Melodielinien, Stabs und auch anspruchsvollere rhythmische Phrasen interaktiv gesteuert von Akkordprogressionen zu entwickeln und kann vermutlich das Arsenal von fast jedem Musikproduzenten sinnvoll ergänzen. 

Video zum Phrasebox 1.2 Update: 

Bis zum 28. Februar ist Phrasebox bei Venomode selbst, aber auch bei Pluginboutique und ADSR um ca. 45% reduziert zu bekommen. 

https://venomode.com/phrasebox

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