ARTURIA SQ80 V im Vergleich mit einem originalen ENSONIQ ESQ-1

Vergleich Hardware vs. Software von Andreas,
Klangbeispiel SQ80 V von Perry Staltic,
veröffentlicht am 21.02.2022

Schon klar, der ESQ-1 ist nicht der SQ-80, aber die Architektur ist so ziemlich die gleiche und der Klang im Wesentlichen auch, daher haben wir mal einen Vergleich mit der ARTURIA SQ80 V gemacht. In meinem Studio steht seit Ewigkeiten ein ENSONIQ ESQ-1 herum und dieser diente mir in der Hauptsache als MIDI-Masterkeyboard.

Ich weiß, Asche auf mein Haupt, der Grund für die Abstinenz der Hardware-Klangsynthese aus den 80er-Jahren ist in meiner Bequemlichkeit begründet. Die Batterie des ESQ-1 ist seit langer Zeit am Ende, was zur Folge hat, dass alle Daten beim Ausschalten in die ewigen Jagdgründe befördert werden, seien es selbsterstellte Sounds oder Sequenzen.

Mein ENSONIQ ESQ1
Mein ENSONIQ ESQ-1

Ich habe mir nun vorgenommen, eine neue Batterie einbauen zu lassen, es gibt zwar eine echt gute Anleitung dazu, wie man das selbst machen kann, aber dazu wird ein Lötabsauger benötigt, selbigen habe ich zwar, aber nachdem ich vor langer Zeit mal versucht habe, die Software des ESQ-1 mittels zweier Chips auf der Platine zu aktualisieren, was darin endete, dass der Synthesizer doch zum Elektroniker musste, traue ich mich da nicht mehr ran.

Der ARTURIA SQ80 V ist der neueste virtuelle Synthesizer der Franzosen, nachdem meine stillen Gebete bezüglich einer CASIO CZ-5000-Emulation (den hatte ich mal, mehr dazu findet Ihr in diesem Testbericht: ARTURIA V-Collection 7) erhört wurden, kommt mit dem SQ80 V mein zweiter virtueller Wunsch-Synthesizer. Weitere Informationen zum SQ80 V und eine Liste aller ARTURIA V-Collection Testberichte findet Ihr hier: ENSONIQ SQ-80-Plugin, virtueller Digital-Synthesizer der 80er, neu bei ARTURIA

ARTURIA SQ80 V
ARTURIA SQ80 V

Gemeinsamkeiten Ensoniq ESQ 1 und ARTURIA SQ80 V

Oszillatoren

Beide Synthesizer basieren auf der gleichen Klangerzeugungsarchitektur: Sowohl der ESQ-1 als auch der virtuelle SQ80 V erzeugen den Klang mittels dreier Oszillatoren, diese bauen auf Waveforms, der ESQ-1 verfügt über 32 Waveforms, der SQ80 V über weitaus mehr, es sind 75 (wenn ich richtig gezählt habe) Waveforms des SQ-80 enthalten (inklusive Drums), dazu gesellen sich noch über 90 Transwaves, 222 Hidden Waves aus dem ESQ-1 (hier seht Ihr, wie diese beim ESQ-1 freigeschaltet werden: Hidden Waves ESQ1 ) und auch der SQ-80 bietet Hidden Waves und davon stehen in der ARTURIA-Version SQ80 V ganze 179 Waveforms bereit.

Alle Oszillatoren können unter anderem über LFOs und/oder Hüllkurven moduliert werden, zudem ist die Oktavlage, die Tonhöhe und die Feinstimmung einstellbar.

Verstärkung ….

Für jeden der drei Oszillatoren steht ein eigener DCA (Digitally Controlled Amplifier) bereit, selbige bieten neben der Einstellung des Pegels auch wieder zwei Modulationsmöglichkeiten, neben den Hüllkurven und LFOs stehen hier auch die Anschlagsdynamik, das Modulationsrad, die Tonhöhe auf dem Keyboard, Aftertouch, ein Pedal und ein via MIDI definierbarer Controller zur Verfügung.

Filterung

Das Audiosignal verlässt den DCA und gelangt in das Filter, welches beim ESQ-1 analog aufgebaut ist, das resonante LowPass-Filter ermöglicht beim ESQ-1 eine einstellbare Frequenz, einen Resonanz-Parameter und das Filter durch die aktuelle Tonhöhe der Tastatur zu steuern (Key-Tracking).

Auch hier finden wir wiederum zwei Modulationsmöglichkeiten. Der virtuelle SQ80 V von ARTURIA bietet zusätzlich zu den hier aufgezählten Parametern des ESQ-1 zwei weitere Modulationsmöglichkeiten, hier sind zwei Modulationsquellen für die Frequenz des Filters sowie zwei weitere Modulationsquellen für die Resonanz einstellbar.

ARTURIA SQ80 V Edit-Modus

Noch mal Verstärkung

Nach der Filtersektion gelangt das Signal in eine DCA-Sektion, diese als DCA4 bezeichnete Sektion bietet neben zwei Modulationsmöglichkeiten eine Panning-Funktion, mit selbiger kann das Signal im Stereo-Panorama eingestellt werden. Auch hier bietet der SQ80 V zwei weitere Modulationsmöglichkeiten an.

Hüllkurven

Die Hüllkurven bieten jeweils die Einstellung der Zeit und die Einstellung eines Pegels, jener kann auch komplett in den Minusbereich fahren, es sind insgesamt pro Hüllkurve 4 Zeit- und 3 Level-Schritte einstellbar, zusätzlich kann auch die Anschlagsstärke und die Tonhöhe Einfluss auf die Hüllkurven nehmen.

Zusätzlich zu den oben genannten Einstellungsmöglichkeiten bietet das SQ80 V-Plug-in von ARTURIA noch einiges mehr. Als sehr hilfreich empfinde ich die grafische Darstellung und Bearbeitungsmöglichkeit der Hüllkurven. Es kann insgesamt zwischen drei verschiedenen Formen der jeweiligen Hüllkurve gewählt werden:

  • SQ-80 – hierbei handelt es sich um die oben beschriebene Funktionsweise der auch im ESQ-1 verwendeten 4-Stufen-Hüllkurven mit vollständiger bipolarer Kontrolle von Pegel (Level) und Zeit (Time) für jede Stufe (Stage)
  • MSEG (Multi Segment Envelope Generator)
  • DADSR (Delay, Attack, Decay, Sustain, Release)-Modus

Bewegung LFOs

Im ESQ-1 finden wir drei LFOs (Low Frequency Oszillator), welche auf die Wellenformen Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Noise zurückgreifen. Die Geschwindigkeit kann in 64 Stufen eingestellt werden.

Die HUMAN-Funktion lässt den LFO etwas unsauberer arbeiten. Mittels RESET wird der LFO bei jedem neuen Tastenanschlag neu gestartet. Der Parameter DELAY sorgt dafür, dass der LFO mit Verzögerung ausgeführt wird.

Die Tiefe der Modulation wird mittels L1 eingestellt und L2 regelt die Stärke der Modulation nach dem Erreichen des Wertes, der über den Parameter DELAY festgelegt wurde. Eine kleine Besonderheit ist die Möglichkeit, neben dem Modulationsrad auch andere Quellen zum Regeln des LFOs einzustellen, dies kann neben den vier Hüllkurven, der Anschlagsstärke und der Tonhöhe des Keyboards sogar der gerade gewählte LFO selbst sein.

ARTURIA SQ80 V Modulationsquellen-Auswahl

Die LFOs des SQ80 V sind weitestgehend identisch aufgebaut, hier gibt es zusätzlich zwei Modulationsquellen für die Geschwindigkeit des LFOs und zwei Modulationsquellen für die im LFO befindliche Verstärkungssektion, auch hier kann der LFO sich wiederum selbst modulieren.

Klang

Den ESQ-1 mit dem softwarebasierten SQ80 V zu vergleichen, ist nicht ganz einfach, der Klang des Plug-ins SQ80 V gefällt mir tatsächlich besser, aber da liegen ja nun auch knapp 40 Jahre zwischen der Entwicklung des ESQ-1 und dem SQ80 V-Plug-in von ARTURIA. Ich habe einige Soundbeispiele gemacht:

PIANO Preset des ESQ-1

PIANO Preset des SQ80 V

STRINGS Preset ESQ-1

Strings Preset SQ80 V

Die Originalklänge des ENSONIQ ESQ-1

Um die klanglichen Möglichkeiten im Verbund mit dem integrierten MIDI-Multimode-Sequenzer aufzuzeigen, habe ich hier ein Video recherchiert, das die originale DEMO-Sequenz des ESQ-1 wiedergibt.

Originale ENSONIQ ESQ-1 DEMO-Sequenz

Klangbeispiel des ARTURIA SQ80 V-Plug-ins von Perry Staltic

Perry hat sich auch bereits mit dem SQ80 V von ARTURIA auseinandergesetzt, dabei ist ein aus 12 Spuren bestehender Track entstanden, der ausschließlich den SQ80 V als Klangerzeuger einsetzt, hört selbst:

Klangbeispiel ARTURIA SQ80 V von Perry Staltic

FAZIT:

Ich habe natürlich noch sehr viel mehr Vergleiche angestellt, der SQ80 V kann ohne Weiteres die Sounds des ESQ-1 und auch die des originalen SQ-80 wiedergeben. Es klingt meiner Ansicht nach sogar noch etwas edler, dazu kommt die Möglichkeit, eine ganze Effektkette, welche im SQ80 V verbaut ist, einzusetzen.

Bedingt durch diesen Testbericht habe ich mich wieder mit meinem ESQ-1 auseinandersetzen müssen, er klingt auch nach fast 40 Jahren hervorragend und macht, was er soll, bis auf die zu wechselnde Batterie ist sonst auch alles in Ordnung. Das Arbeiten mit einem Plug-in macht aber alles sehr viel einfacher, daher ist der SQ80 V ein willkommenes Instrument in meiner Ausstattung und der ESQ-1 wird wohl auch in Zukunft wieder hauptsächlich als MIDI-Einspielkeyboard seinen Dienst bei mir versehen.

Interessantes

Ich habe einen sehr interessanten Artikel zum ESQ-1 in deutscher Sprache, inklusive Downloadmöglichkeit des Original-Handbuches gefunden: ENSONIQ ESQ-1 bei Synthesizer.at

Wie Ihr Patches sichern und wieder laden könnt via Software und Computer, erklärt dieses Video, zudem werden einige Geheimfunktionen des ENSONIQ ESQ-1 aufgezeigt:

ESQ-1-Patches via Computer sichern und laden

Und hier ist die Seite für alle ENSONIQ ESQ-1 und SQ-80 User, dort findet Ihr sogar ein SQ-80-Plug-in gratis, welches allerdings nicht an die Möglichkeiten des SQ80 V von ARTURIA herankommt: http://buchty.net/ensoniq/

Weitere Informationen und die Kaufmöglichkeit für den ARTURIA SQ80 V findet Ihr hier: https://www.arturia.com/de/