Ein Testbericht von Andreas,
veröffentlicht am 19.02.2021
Cubase 11 ist die neueste Version der bekannten und weltweit eingesetzten DAW der Firma Steinberg, es wurden wieder mehreren Varianten bereitgestellt, die wir hier von der preiswertesten Variante (Elements) über die mittlere Version (Artist) bis hin zur Pro Version betrachten werden.
Da wir bereits Testberichte zu vorherigen Versionen von Cubase veröffentlicht haben, verweise ich gerne auf diese, um den Funktionsumfang der DAW nicht noch einmal komplett aufzulisten, beschränken wir uns hier besser auf die Neuigkeiten und Verbesserungen.
Gesamteindruck
Insgesamt ist mir aufgefallen, dass Cubase 11 während des gesamten Testzeitraums nicht ein einziges Mal abgestürzt ist, es läuft superstabil und machte hier bei mir im Studio keine Mucken. Ich nutze für meinen Musikproduktion Computer Windows 10 Pro auf einem Lenovo i5 Rechner mit 24 GB Ram.
Beginnen wir mit den Funktionen, die bei allen drei Cubase 11 Versionen neu hinzugekommen und/ oder aktualisiert wurden.
Die Sampler Spur
Eine wirklich durchdachte und sehr nützliche Funktion stellt die neue Sampler-Spur bereit. Hier könnt Ihr jedes akustische Klangelement, das Ihr entweder in Cubase 11 aufgenommen habt oder das aus den mitgelieferten Loops und Samples von Cubase stammt, auf der Tastatur als Instrument spielen.
Dazu dient unter anderem der neue Slicing-Modus, welcher die Loops automatisch zerschneidet, so kann zum Beispiel ein Drumloop in die einzelnen perkussiven Bestandteile zerlegt und auf der Tastatur gespielt oder im Cubase Event Editor neu arrangiert werden. Zudem wurden für die Samplerspur zwei globale LFOs integriert.
Viele Musikproduzenten schwören noch auf die 8 bit Sample Sounds, auch diese können mit der Samplerspur realisiert werden, dazu dient die neue Qualitätsmodi-Funktion der Sample-Engine, hier kann nun zwischen Vintage-Feeling oder hochauflösendem Audio in verschiedenen Abstufungen gewechselt werden. Auch eine Mono Legato Glide Funktion wurde der Samplerspur hinzugefügt.
Der Skalen-Assistent
Hier finden wir eine Funktion, die vielleicht sogar für Diskussionen unter den Musikschaffenden sorgen dürfte. Insbesondere für Gitarristen, Bassisten, Schlagzeuger und weitere NICHT KEYBOARDER offenbart die Skalen Assistent Funktion eine Möglichkeit, immer die richtigen Töne zu spielen.
Also so etwas Ähnliches wie Autotune fürs Keyboard? Nein, natürlich ist das hier etwas ganz anderes, ich würde es eher als eine Tonhöhenquantisierung betiteln, denn anhand der gewählten Tonleiter (Skala) werden nur die Noten gespielt, die zu eben dieser Tonleiter passen. Fällt ein Ton aus diesem Raster, wird automatisch der nächst passende ausgesucht und getriggert. Damit ist es selbst bei einem Live-Auftritt möglich, Verspieler zu vermeiden.
Für die Produktion ist die Ansicht im Key-Editor anpassbar, um nur die Noten zu sehen, die zur eingestellten Tonleiter passen. Und wem das noch nicht genug ist, der kann den Skalen Assistent bemühen, dieser analysiert die MIDI-Aufnahme und schlägt eine passende Tonleiter (Skala) vor.
Viele Keyboarder werden für diese Funktionen wohl nur ein müdes Lächeln übrighaben, ich aber finde diese Hilfestellungen recht interessant, da ich zu denjenigen Musikern gehöre, die noch nicht im zarten Alter von 3 Jahren die kleine Nachtmusik rückwärts und mit verbundenen Augen auf dem Klavier spielen konnte (Kann ich auch heute noch nicht…).
Neue Loops und Sample-Sets
Wem auch diese Hilfestellung für die Produktion von Musik noch nicht ausreichend ist, der kann in Cubase 11 auf eine große Anzahl an fertigen Loops und Samples zurückgreifen und diese natürlich in der neuen Samplespur anpassen.
Natürlich sind diese Loops schnell wiedererkennbar und daher ist die Produktion damit mit Vorsicht zu genießen. Die sechs neuen exklusiven Loop- und Sound- Sets sorgen aber auf jeden Fall für eine ganze Menge Inspiration, enthalten sind zwei Hip-Hop Packs von Grammy Gewinner Beat Butcha, Robert Dudzic hat das Noir Pack für Kino-Trailer beigesteuert und Black Octopus Sound, die bekannt sind für ihre Samples in vielen aktuellen Produktionen, haben sich mit vier exklusiven Sets beteiligt: Lo-fi Hip-Hop, Dancefloor Tech House, Vocal Lines und ’80s Synth Wave.
Neue Pitchbend Edit Funktion im Key-Editor
Da haben sicherlich viele Cubase User lange darauf gewartet, nun können Verläufe und Kurven in den CC- und Pitchbend-Spuren erstellt werden, keine Treppen mehr! Zudem können die Pitch Bend Daten zum Beispiel auf Halbtöne eingestellt werden, um immer perfekt „in tune“ zu sein.
Multiband Kompressor Plugin Squasher
Ein neues Multibandkompressor Plugin ist nun auch bei Cubase 11 dabei, Squasher beherrscht sowohl die Aufwärtskompression wie auch die Abwärtskompression und das gleichzeitig für drei Bänder. Gerade Electronic Dance Produzenten dürften hier auf Ihre Kosten kommen, denn mit dem Squasher Plugin ist es recht einfach möglich, Instrumente oder Drums so richtig laut und mainstreammäßig nach vorne zu bringen.
Wir befinden uns jetzt am Ende der Liste der Neuerungen, die auch für Cubase 11 Elements gelten, ab jetzt geht es weiter mit den News zur Cubase 11 Artist und Pro Version.
SpectraLayers One
Jetzt wird es magisch, die visuelle Audio-Bearbeitungssoftware SpectraLayers One ist in Cubase Artist und Pro enthalten, es handelt sich dabei um eine etwas abgespeckte, aber durchaus potente Variante der großen Version Steinberg Spectral Layers.
Mit der Software, die auch aus Cubase direkt aufrufbar ist, ist es möglich, das Frequenzspektrum von Audiodateien zu visualisieren und so zum Beispiel störende Artefakte herauszurechnen. Mit SpectraLayers One kann auch der komplette Vokalpart aus einem fertigen Mix herausgenommen werden, dies dann mal zum Thema störende Artefakte…
Nun ja, im Ernst, ich schätze, dass wir diese Funktion hauptsächlich für Übungszwecke bei schon bestehenden Hits nutzen können oder aber um den Sänger / die Sängerin zu ärgern. „Hey, wir müssen nochmal aufnehmen, ich habe wohl gestern vergessen, diese rote Taste zu drücken, irgendwie ist der Gesang nach der 8 Stunden langen Session von gestern Nacht weg…“ böse böse.
Stereo aufgeteilt nach Frequenzbereichen – Der neue Imager
Der Bass und die Bassdrum gehören in die Mitte, nun ja, muss man nicht, macht aber Sinn, da die tiefen Frequenzen von unserem Gehörsinn nicht wirklich im Stereofeld ortbar sind. Es gibt sogar spezielle Tools, die es ermöglichen, den Bass wieder in die Mitte zu rücken, sollte dieser zu extrem rechts oder links im Stereofeld platziert sein oder aber sogar zu viele Stereoanteile haben.
Diese Aufgabe kann nun mit dem Imager in Cubase erledigt werden, das Multiband Imager Plugin kann Audiospuren abhängig vom Frequenzbereich im Stereobild platzieren. Dazu stehen vier Frequenzbänder zur Verfügung.
So können zum Beispiel die hohen Frequenzen, etwa der Hi-Hats, weiter aufgefächert werden und der Gesang genau wie der Bass etwas mehr in die Mitte gerückt werden. Ja, ich höre schon die Stimmen, die da rufen: „Panoramaregler, haben wir doch in jeder Spur!“. OK, es ist aber so, dass wir hier zum Beispiel in einem bereits fertigen Loop die enthaltenen Frequenzbereiche bzw. Instrumente neu im Stereo-Panorama verteilen können oder bei einem einzelnem Instrument die separaten Frequenzbereiche. Im Plugin sind Scope- und Correlation-Anzeigen enthalten, welche einen visuellen Eindruck der Stereoverteilung darstellen.
Was fürs Auge – SuperVision
Die Geschichte, in welcher ich erzähle, dass ich früher nach langen Studiosessions einfach mal alle Lampen ausgemacht und mich an den LED-Lichtern der Bandmaschinen und Effektgeräte erfreut habe, will ich hier nicht wieder von mir geben, habe ich schon, pfui…
Nun ja, was wir jetzt in Cubase Pro und Artist vorfinden, schlägt meine nostalgischen Erinnerungen um Längen. Gemeint ist Supervision, ein komplett individualisierbarer Multimeter-Audio-Analyzer für die Musikproduktion.
Supervision kommt erst etwas unscheinbar daher, denn es wird beim Start nur der Stereo-Pegel angezeigt, erst wenn man das Anzeigefenster vergrößert und in unterschiedliche Bereiche aufteilt, wird die Sache interessant. Denn nun können pro Bereich unterschiedliche Anzeigen gestartet werden.
Zur Verfügung stehen hier unter anderem Anzeigen für Pegel, Spektral-Phase sowie eine Wellenform-Analyse, aber auch Korrelationsanzeigen und vieles mehr. Interessant dabei ist, dass meine mit nur 4GB RAM ausgestattet alte Grafikkarte nicht an ihre Grenzen gekommen ist, obwohl ich natürlich alle 9 Anzeigemöglichkeiten auf einmal ausprobieren musste, Ihr wisst schon, Geschichte mit den Lichtern im Studio damals?
So, ab jetzt verlassen wir auch die News für die Cubase 11 Artist Version und begeben uns zu den Neuerungen der Pro Version.
Noten-Editor – Neue Features und Schriften
Der Noten-Editor wurde in der Cubase Pro Version aktualisiert und bietet nun im neuen Eigenschaften-Tab einen direkten Zugriff auf alle passenden Optionen und Einstellungen für die Notation. Mit dem neuen Notenbearbeitungs-Overlay sind die Noten nun so einfach editierbar wie im Key-Editor. Der Noteneditor unterstützt zudem nun auch das SMuFL-Schriftformat, so dass die Dorico-Fonts Bravura und Petaluma auch in Cubase nutzbar sind.
Alles in einem Rutsch – Audio Export
Jetzt hat d*er*ie Praktikant*in (oder soll ich Gender gerecht das Praktikant schreiben???) mehr Zeit zum Kaffee kochen. (Stop!!!!) Ich meinte natürlich, mehr Zeit dazu, sich sinnvolleren Aufgaben im Studioalltag zu widmen und sich haufenweise neues Wissen anzueignen, anstatt zahlreiche Audio-Export-Aufgaben zu erledigen (So muss das!).
Denn Stems zu erstellen ist oftmals eine monotone und zeitaufwändige Angelegenheit. Dies ändert sich nun mit Cubase 11, denn nun kann die Export-Auswahl mit der Auswahl im Projekt synchronisiert werden. Es können zudem Dateiformat-Presets angelegt und abgespeichert werden, um sie dann bei Bedarf wieder zu nutzen.
Der komplette Signalpfad, inklusive aller Masterbus-Effekte ist exportierbar, es können aber auch genauso nur das trockene Audiosignal ohne Effekte exportiert werden.
Ich finde, hier haben sich die Programmierer bei Steinberg richtig Gedanken gemacht, nicht nur, dass die Farben der zu exportierenden Spuren exakt die Farben der Spuren im Projekt wiedergeben, sondern die Auswahl der zu exportierenden Spuren (Stems) kann auch direkt aus dem Projektfenster heraus stattfinden und wird dann automatisch in das Exportfenster übernommen.
Auch die Effektsends und/ oder Inserts sowie die Gruppen und Mastereffekte können für den Export deaktiviert werden, dazu stehen mehrere Optionen bereit.
Zudem können wir nun auch die Master-Export-Sektion anpassen und Presets anlegen, was sehr hilfreich und zeitsparend ist. Weiterhin kann nun eine Liste aller zu erledigenden Audio-Exporte angelegt werden, um diese dann alle in einem Rutsch abzuarbeiten. Das gibt uns die Zeit, einen Kaffee zu trinken, wenn der Praktikant diesen schon frisch aufgebrüht hat, ach nee, der wurde ja mit sinnvolleren Aufgaben betraut…
Synchronization, globale Spuren jetzt im Key Editor sichtbar
Tempowechsel und Marker werden in Cubase 11 Pro in den globalen Spuren im Key-Editor angezeigt.
Dynamischer EQ
Es war die Firma HOFA, die damals den ersten mir bekannten intelligenten EQ auf den Markt gebracht hat, wir haben dazu einen Testbericht geschrieben. Diese Equalizer werden deshalb intelligent genannt, da sie mit einer Frequenzabsenkung oder Anhebung nur dann in das Klanggeschehen eingreifen, wenn ein vorher angegebener Pegel erreicht oder überschritten wird.
Das nun in Cubase 11 Pro enthaltene Frequency 2 Plugin kann in acht Bändern individuell dynamisch Frequenzen bearbeiten. Zusätzlich dazu kann Frequency 2 unterschiedliches Sidechaineingänge für jedes Band einrichten, dies ist möglich mit der Multi-Sidechain-Architektur von VST 3.
So kann zum Beispiel die Bassdrum den mittleren Frequenzbereich über Sidechain triggern, während die Vocals die Hi-Hats beeinflussen, dies ist nur ein kleines Beispiel, hier tun sich gewaltige Möglichkeiten auf, um den Mix transparenter und durchsichtiger zu gestalten. Ein Hammertool!
Die Features nochmal im Überblick:
- Advanced Audio Export
- Sampler-Spur 2 mit Slicing, LFOs und Legato Glide.
- Skalen-Assistent
- Erweiterter Key-Editor
- Globale Spuren
- Frequency 2 dynamischer EQ mit unterschiedlichen Sidechain Eingängen
- Squasher Multiband Kompressor
- Noten-Editor mit neuen Fonts für die Noten
- 6 Neue Loop Sets und Samples
- SuperVision Visuelles Audio Metering
- Imager Multiband-Stereo Panning
- MultiTap Delay Surround Support
- Windows 10 Variable DPI
- Mehr Skalierungseinstellungen
- Verbesserte Eingangsarchitektur
- Eucon Support
- Kompatibilität für aktuelle Avid-Konsolen.
- VST Connect SE 5
- Größenveränderbares HiDPI-kompatibles Interface für Remote Recording.
- Workflow und UI Optimierungen
- Apple Metal Acceleration
- SpectraLayers One
Fazit:
Cubase 11 läuft extrem stabil und bietet ein Rundum-Sorglos-Paket an Instrumenten und Effekten, die neu hinzugekommenen Effekte wie Frequency 2 oder Squasher bieten sehr professionelle Möglichkeiten, den Mix zu verbessern, ohne auf externe Plugins zugreifen zu müssen.
Spektral One kann nicht nur die Vocals entfernen, sondern dient auch zur visuellen Bearbeitung von Audiospuren, hier können störende Geräusche aus Live Aufnahmen oder Podcasts uvm. bereinigt werden.
Mit Cubase 11 kann Steinberg seinen Platz an der Spitze der DAW Systeme problemlos behaupten.
Auch wenn ich kein Fanboy bin (da gab es unlängst eine gewisse Polemik), vergebe ich gerne einen BuenasIdeas-Tipp für die vielleicht beste DAW der Welt.
Hier ist der Link für weitere Informationen: https://new.steinberg.net/de/cubase/