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Testbericht: NOVATION CIRCUIT – Eine Schachtel Spaß!

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 05.12.2015

Ich erinnere mich noch ganz gut, als Anfang der 1990er Jahre eine kleine britische Firma namens NOVATION mit ihrem ersten Produkt den Markt betrat, nämlich mit dem zweioktavigen MIDI-Keyboard MM10, dessen Auffälligkeit ein Steckplatz auf der Oberseite war, in welchen die tragbare Mini-Workstation QY10 des Herstellers YAMAHA genau hinein passte, so dass man den QY10 dann mit “richtigen” Tasten spielen konnte. Ein ziemliches Nischenprodukt damals, der Zeit etwas voraus, aber ich habe es Jahrzehnte danach noch bei einem Bekannten als DAW-Einspielkeyboard wiederentdeckt…


Nur wenige Jahre nach dem MM10 überraschte NOVATION die Musikantenwelt erneut mit einem völlig anderen Produkt, diesmal allerdings voll am Puls der Zeit: die BASS STATION, der kurz darauf die DRUM STATION folgte, beide im Aufschwung des Techno entstanden, als die Gebrauchtmarktpreise insbesondere für analoge ROLAND-Kistchen à la TB-303, TR-606 und Konsorten ( die man noch ein paar Jahre zuvor zum Teil schon für umgerechnet 50,- bis 100,- Euronen erwerben konnte, weil sie ursprünglich mal eher Ladenhüter waren…) sukzessiv ins Unverschämte anstiegen, woran sich auch bis heute nicht viel geändert hat.

Damit sind auch schon grob die beiden Standbeine NOVATIONS skizziert, auf denen diese Firma bis in die Gegenwart hinein ihre Marktposition auszubauen vermochte, nämlich MIDI-Controller und Synthesizer. Heutzutage, da Hardware-Synthesizer (wieder einmal) gefragt sind, ebenso wie ergonomisch gestaltete und haptisch erfahrbare Steuergeräte für Software-Instrumente und DAWs, bedient NOVATION als inzwischen gar nicht mehr so kleine Firma mit seinen Produkten nach wie vor beide Fraktionen sowie eine gewisse Schnittmenge davon. Auch im Studio des Verfassers tummeln sich noch ein paar Controller des Herstellers, etwa eine REMOTE ZERO SL (erstes Modell) sowie ein paar NOCTURN, und da NOVATION mittlerweile längst zu FOCUSRITE gehört, dürfte vermutlich auch beim Design meiner LiquidMix-16-Hardware ein gewisser Technologietransfer stattgefunden haben, die sieht jedenfalls so aus…

Unser aktueller Testkandidat, der CIRCUIT, stammt ebenfalls aus dem Hause NOVATION (klar, sonst hätte ich mir die Einleitung gerade ja auch schenken können…), er verbindet dabei sowohl NOVATIONS Erfahrungen aus dem Synthesizerbau, als auch aus dem Bereich der Grid-Controller à la LAUNCHPAD, darüber hinaus liegt er mit seinem Step-Sequencer derzeit voll im Trend und schlägt mit seiner Portabilität auch wieder einen leichten Bogen zurück zum eingangs erwähnten QY10, auch wenn NOVATION bei diesem damals ja lediglich als Trittbrettfahrer fungiert hatte…

Darreichungsform…

CIRCUIT präsentiert sich als sogenannte GROOVE BOX, also einer handlichen Kombination aus Klangerzeuger(n) inklusive Schlagwerk und Pattern-Sequencer sowie einfacher Effekt-Sektion. Geboten werden zwei voneinander unabhängige, polyphone Synthesizer, die jeweils auf dem hauseigenen MININOVA basieren, hinzu kommen vier monophone Drum-Tracks. Jeder Klangerzeuger verfügt dabei über einen eigenen Step-Sequencer, was somit insgesamt sechs Spuren ergibt. Abgerundet wird dieses Paket dann noch durch einen kleinen Satz an nicht veränderbaren Delay- und Reverb-Effekten, die den Klängen jeweils stufenlos beigemischt werden können.

CIRCUITS Sequencer können nicht nur die internen Klanggeneratoren ansteuern, sondern via MIDI auch andere Geräte und/oder Software, ebenso wie seine Synthesizer und Drums auf dem selben Wege von außen angesprochen werden können.

Das Gerät nimmt ungefähr die Stellfläche eines Mauspads ein und ist etwa so dick wie eine Federmappe, wenn man die Drehregler auf der Oberfläche jetzt einmal außer Acht lässt.

Das Gehäuse ist komplett aus Kunststoff gefertigt, und zwar aus einem der stabileren Sorte, hier windet sich und verzieht sich nichts, wie bei so manch anderen Geräten, wenn man diese schon nur zu scharf anschaut. Die Unterseite ist zudem vollständig mit blauem Gummi überzogen, auch dieser wirkt beständig und sorgt darüber hinaus für Rutschminderung beim Aufstellen oder in den Händen.

NOVATION CIRCUIT – Pressefoto

Dass der CIRCUIT auch gerne wie ein Buch in der Hand gehalten und umhergetragen werden will, untermauert NOVATION mit zwei leichten Mulden an den Gehäuseseiten, an die sich der Handrücken bequem anschmiegen kann, ohne dass man von den Kanten tiefe Linien in die Haut gedrückt bekommt. Auch der mögliche Batteriebetrieb (6 x AA, ein Satz liegt dem CIRCUIT bereits bei, NIMH-AKKUS sind ebenfalls verwendbar) und der integrierte kleine Lautsprecher an der Unterseite sprechen für die Portabilität des CIRCUIT, ebenso wie das relativ geringe Gewicht auch mit Batterien an Bord.

Was den Lautsprecher betrifft, hier sollte man natürlich keinen HiFi-Klang erwarten, sondern eher den typischer Bluetooth-Brüllwürfel für Smartphones, Bass und Höhen sind logischerweise aufgrund Größe und Bauform leicht unterbelichtet. Zudem sollte man bei der Aufstellung und beim portablen Betrieb darauf achten, dass man die Schallöffnung nicht abdeckt, beim Lümmeln mit dem CIRCUIT auf dem Sofa sollte man also das Kissen auf dem Schoß lieber weglassen… Ansonsten ist der Lautsprecher aber durchaus brauchbar und ein praktisches Accessoire.

Wer hingegen seine Umwelt schonen möchte, der kann aber auch einfach den 3,5mm-Klinkeneingang an der Vorderseite zum Anschluss seines Kopfhörers benutzen, diese derzeit modischen Tupperschüsselchen sollten dann eigentlich auch genügend Bass und Höhen liefern… Der eingebaute Lautsprecher wird beim Einstöpseln des Kopfhörers übrigens abgeschaltet.

Die Oberseite ist ausgestattet mit einem Lautstärke-Poti, acht versetzt angeordneten Endlos-Encodern, hier MACROS genannt, sowie einem etwas größer dimensionierten Filterregler, welcher bei der 12-Uhr-Stellung einrastet. Diese Drehregler machen einen ziemlich guten Eindruck auf mich. Sie liegen durch ihre versetzte Anordnung à la NOCTURN nicht zu nah beieinander, die Kappen sind griffig, ihre Achsen wackeln nicht die Spur, und sie lassen sich angenehm drehen, nicht zu leicht und nicht zu schwer. Ich habe hier im Teststudio zumindest einige Vergleichmöglichkeiten zur Verfügung, und die Drehregler des CIRCUIT liegen qualitativ mindestens gleichauf mit denen etwa des ARTURIA BeatStep PRO (bei diesem sind sie allerdings teilweise gerastert, was eine etwas andere Haptik ergibt), auf jeden Fall sind sie aber um einige Längen besser als die Regler meiner oben genannten, älteren NOVATION-Controller! Ach ja, auf LED-Kränze um die Encoder hat man wohl aus Kostengründen verzichtet, dafür gibt es aber unter jedem Regler (außer dem Lautstärke-Poti) eine mehrfarbige, dimmende LED, das hilft zumindest schon mal etwas weiter.

Unterhalb der Drehregler zahlreiche Gummitaster angeordnet, die ebenfalls durch RGB-LEDs farblich illuminiert werden, darunter befindet sich auch eine multifunktionale Matrix, bestehend aus vier Reihen à acht druckempfindlichen Pads. Auch diese Bedienelemente sind von guter Qualität, überhaupt kein Vergleich zu den wabbeligen HARIBO-Tastern an der NOCTURN und sogar noch einen kleinen Ticken besser, als die Gummitaster am BeatStep PRO, die wiederum selbst ja schon ganz in Ordnung sind! Die beleuchteten Pads dienen hier nicht nur als Eingabeelemente, sondern fungieren zudem auch als Anzeige, denn auf sonstige Displays muss man beim CIRCUIT verzichten. Allerdings vermisst man diese in der Regel auch nicht sonderlich, wenn man sich erst einmal in die Bedienung eingearbeitet hat, von einzelnen, kleinen Ausnahmen einmal abgesehen.

Das Ganze erinnert nun frappierend an einen typischen Grid-Controller für clipbasierte DAW-Programme wie LIVE, BITWIG oder MIXCRAFT 7, fast so als habe man einfach ein LAUNCHPAD oder ein PUSH zu heiß gewaschen, so dass es dabei eingeschrumpft ist. An dieser Stelle möchte ich dann auch gleich zur ersten Enttäuschung bestimmt einiger Leser beitragen, bzw. diese nur schon einmal vorwegnehmen: Obgleich NOVATION sogar eine Lizenz von ABLETON LIVE LITE mitliefert und im PDF-Manual zum CIRCUIT betont, dass das Gerät auch als herkömmlicher MIDI-Controller arbeitet, so betrifft dies offensichtlich längst nicht alle vorhandenen Bedienelemente. Die acht Encoder und der Filterregler geben jeweils fest eingestellte CC-Werte aus, ebenso die beiden kleinen Taster zur Oktavumschaltung (bisher bietet NOVATION auch keine Software zur eigenen Konfiguration an), ansonsten sendet der als Einspiel-Keyboard verwendete Teil der Tastermatrix noch die entsprechenden MIDI-Noten aus, und das war’s dann auch schon. Aus Anwendersicht eine vielleicht nicht ganz verständliche Einschränkung, schließlich würde ein solcher “LAUNCHPAD-MODUS” ja den Nutzwert des CIRCUIT noch deutlich erhöhen, doch aus Herstellersicht durchaus nachvollziehbar, denn man möchte bei NOVATION vermutlich nicht den eigens dafür angepriesenen Grid-Controller im hauseigenen Portfolio selbst Konkurrenz machen, die sollen ja auch noch gekauft werden… 😉 Vielleicht gib’ts irgendwann doch mal ein entsprechendes Firmware-Update, andererseits habe ich auf sowas schon beim originalen LAUNCHPAD vergeblich warten müssen, das ich seinerzeit ja gerne als Step-Sequencer missbraucht hätte. Tja, verkehrte Welt…

Sei es drum, der CIRCUIT wird schließlich auch nicht als Clip-Controller beworben, sondern als Groove-Box, also weiter im Text. Die Rückseite haben wir uns ja noch gar nicht angesehen.

NOVATION CIRCUIT – Rückseite

Neben einem POWER-Taster (der will zur Sicherung etwas länger gedrückt werden…) findet sich dort auch der Anschluss für das mitgelieferte, externe Netzteil. Falls dieses eventuell irgendwann mal den Geist aufgeben sollte, es handelt sich hier um ein Standard-Netzteil mit 12 Volt Gleichspannung, ein passender Ersatz sollte sich also einfach und günstig aufteiben lassen, wenn nicht sowieso schon vorhanden.
Die USB-Buchse dient zur Verbindung mit einem Computer und ist ausschließlich zur Übertragung von MIDI-Daten da, weder werden die Audiosignale der Klangerzeugung darüber geleitet, noch erfolgt eine Spannungsversorgung darüber, denn dazu sind die mickrigen 5 Volt doch einfach zu wenig.

Dann gibt es noch zwei Miniklinkenbuchsen, an die sich zwei ebenfalls mitgelieferte Adapterkabel mit 5-poligen DIN-Buchsen am anderen Ende andocken lassen, dies ergibt dann je einen Eingang und einen Ausgang zum Anschluss an die MIDI-Welt.
Letzendlich verfügt der CIRCUIT auch noch über zwei 6,3mm-Klinkenbuchsen über die sich das Audiosignal beispielsweise einem Mischpult, einer Patchbay oder der Soundkarte zuführen lässt, bei der Benutzung dieser Ausgänge wird der interne Lautsprecher ebenfalls wieder stumm geschaltet.

Ach ja, fast hätte ich das allgegenwärtige Kensington-Lock an der Seite vergessen, das zumindest Gelegenheitsdiebe ohne Seitenschneider hemmen sollte.

An Zubehör liefert NOVATION neben dem Netzteil und einem Sixpack AA-Batterien noch ein USB-Kabel sowie zwei Adapter von Miniklinke auf MIDI-DIN, die bis auf ihre blaue Farbe denen der ARTURIA Step-Sequencer gleicht.

Dazu gibt es eine Quickstart-Anleitung auf Englisch (ein ausführliches Manual liegt als PDF vor) inklusive Soundpatch-Auflistung und einer Lizenznummer für ABLETON LIVE 9 LITE, also der abgespeckten Einstiegsversion dieser bekannten DAW.

Eingemachtes…

Wenden wir uns nun den Innereien zu. Oberste Hierachie stellt hierbei die sogenannte SESSION dar, die sich alle Einstellungen der Synthesizer, Drums und Effekte und deren Automationen sowie die dazu gehörenden Step-Sequencen und auch Verkettungen von Patterns in einem Rutsch merkt.

Von diesen Sessions finden bis zu 32 Platz im Speicher des CIRCUIT, der Zugriff erfolgt über die 32 Pads. Die ersten 16 Speicherplätze davon sind bereits mit Demo-Sessions belegt, die sich aber jederzeit löschen oder überschreiben lassen. Was die Demos selbst betrifft, musikalisch sind sie sicher Geschmackssache (meine größtenteils eher nicht…), präsentieren aber zum Teil recht gut die Möglichkeiten des CIRCUIT. Sessions können übrigens auch auf andere Speicherplätze dupliziert werden, etwa um verschiedene Variationen davon zu erstellen.

NOVATION CIRCUIT – Session-View

Eine Session beinhaltet wiederum bis zu 32 Speicherplätze für Patterns. SYNTH 1 und SYNTH 2 stehen dabei jeweils 8 Patterns zur Verfügung, die jeweiligen Patterns von DRUM 1 und DRUM 2 teilen sich ebenso ihre 8 eigenen Speicherplätze, wie die von DRUM 3 und DRUM 4. Das macht insgesamt also 48 mögliche Patterns pro Session, aufgeteilt auf 6 Sequencer-Spuren bzw. Instrumente. Unterschiedlich eingefärbte Pads für die einzelnen Sektionen erlauben dabei eine schnelle Orientierung.

NOVATION CIRCUIT – Pattern-View

Übrigens, bisher bietet NOVATION keinerlei Möglichkeiten an, die ganzen Sessions irgendwie aus dem Flashspeicher heraus auf einen Rechner zu sichern und auch wieder dorthin zurück zu laden. Es gibt weder eine Software zum Management von Presets, noch die Möglichkeit, manuell am Gerät einen MIDI-SysEx-Dump auszulösen Wenn der Speicher voll ist, dann ist er eben voll, basta!

Selbstverständlich lassen sich die einzelnen Patterns einer Session samt Reglerautomationen via MIDI in Echtzeit zur DAW überspielen, wie eigentlich bei jedem MIDI-fähigen Sequencer. Danach kann man mit diesen, gegebenenfalls weiter editierten MIDI-Spuren in der DAW wiederum den CIRCUIT als Klangexpander ansteuern und dessen Audiosignal aufnehmen. Im Studio ist dies alles ja auch kein Problem und dürfte mit der üblichen Arbeitsweise vieler Anwender konform gehen, ich zähle mich hier ebenfalls dazu.

Wer jedoch den CIRCUIT gerne bei Live-Auftritten nutzen möchte und nicht zu denen gehört, die ihre Stücke auf der Bühne “from the scratch” entwickeln, der muss alle dafür notwendigen Sessions manuell am Gerät erstellen, möglichst gleich in der richtigen Reihenfolge. Auch sollte man dann tunlichst mit den maximal 32 Sessions auskommen, denn späteres Nachladen auf der Bühne, etwa zwischen zwei Tracks, ist ja nicht drin.

Nun sind diese gerade erwähnten Unzulänglichkeiten allerdings alle nur eine Frage der Software, womit die Hoffnung genährt wird, dass NOVATION hier zeitnah mit einer Lösung aufzuwarten vermag. Ein simpler Preset-Manager täte hier schon Abhilfe…
Hält man beim Einschalten des CIRCUIT gleichzeitig den SHIFT-Taster gedrückt, dann erscheint nach dem Splash-Screen mit der symbolhaften Anzeige der Batterieladung ein separates Menü, in dem man sowohl den ein- und ausgehenden MIDI-Transfer unterbinden kann, als auch die MIDI-Synchronisation von INTERN auf AUTO stellen. Bei AUTO ordnet sich die Abspielgeschwindigkeit des CIRCUIT dem eingehenden MIDI-Tempo unter. Bei interner Synchronisation lässt sich das Tempo per erstem Encoder oder via Tapping einstellen, die Pad-Matrix fungiert hierbei als numerische Anzeige im Pacman-Design, ebenso beim Einstellen des Swing-Faktors. Gute Idee!

NOVATION CIRCUIT – Tempo-Anzeige

Tischhupen…

Zwei identisch ausgestattete Synthesizer sind mit an Bord, die ihre Klangerzeugung, wie bereits erwähnt, vom MININOVA geerbt haben. Der Klang wird hier also virtuell-analog bzw. subtraktiv erzeugt, das Niveau des CIRCUIT ist daher durchaus vergleichbar mit entsprechend ausgestatteten Software-Synthesizern.

Die Synthesizer bieten allerdings keinen direkten Zugriff auf jeden ihrer Parameter, dazu würden die vorhandenen Bedienelemente des CIRCUIT wohl auch kaum ausreichen, vielmehr basieren sie auf einem System aus 64 festen ROM-Presets, bei welchen jeweils acht verschiedene Parameter-Macros mittels der Encoder editiert werden können. Die Presets sind in zwei Bänken à 32 Klängen organisiert, und die Oktaven-Taster werden zum Umschalten zwischen den beiden Bänken benutzt. Auch hierbei dienen die Pads wieder zum Auswählen, jedes Pad repräsentiert genau ein Patch.

NOVATION CIRCUIT – Patchauswahl für SYNTH 2

Die Auswahl an Patches, die NOVATION hier getroffen hat, umfasst neben allerlei Bass-, Lead- und Sequencer-Sounds auch noch diverse Flächen, Keys und ähnliche Standard-Sounds sowie ein paar einfache Effektklänge. Eigene Klänge, etwa ausgehend von einem Init-Preset, lassen sich nicht erstellen. Ein Teil der Patches, beispielweise diverse Bassklänge, ist typischerweise nur monophon ausgelegt, scheint dafür aber häufig aus mehreren, übereinander geschichteten Oszillatoren zu bestehen. Die anderen Patches sind alle sechsstimmig polyphon spielbar, womit dann etwa auch Akkorde und Oktavierungen möglich sind.

Als kleine Orientierungshilfe hat NOVATION der Quickstart-Anleitung eine Karte mit den Patchnamen beigelegt, Bezeichnungen wie etwa “Bouncy Bass”, “PolySEQ”, “Noise Lead”, “Chigago Stab” oder auch “House Arrest Pad” geben hier zumindest eine grobe Richtung an. Je häufiger man den CIRCUIT benutzt, um so schneller dürfte man sich nach und nach die Plätze zumindest der favorisierten Klänge merken, auch ohne ein Klartext-Display. Das ist bei vielen Hardware-Synthesizern ja ebenfalls nicht anders, bei einem JUNO-106, einem JUPITER-8 oder einem CASIO CZ war es schon so, und bei einem PLOYTEC PL2 ist es heute nach wie vor Usus.

NOVATION CIRCUIT Synth-Presets

Der CIRCUIT bietet in seinem Preset-Vorrat grundsätzlich zwar nichts, das man nicht auch woanders schon mal gehört hätte, aber das ist auch nicht der angedachte Sinn des CIRCUIT, dieser soll ja vielmehr eine möglichst breite Palette an sofort einsetzbaren Sounds für die integrierten Step-Sequencer bieten. Unter diesem Aspekt betrachtet, kann man die zur Verfügung stehende Klangauswahl sehr wohl als gelungen ansehen (und -hören…).

Den Grundklang würde ich als modern und knackig beschreiben, “vintage” ist hier nicht unbedingt angesagt, eher “mitten auf die Zwölf”. Zwar sind bisweilen ein paar quasi-analoge Anleihen vorhanden, doch letztendlich sind die meisten Klänge schon erkennbar “virtueller” oder “digitaler” Herkunft. Dies will ich hier jetzt aber ausdrücklich nicht als Wertung verstanden wissen, sondern ausschließlich als einen Versuch, den Klangcharakter zu beschreiben!

Denn der Klang der beiden CIRCUIT-Synths kommt ausgesprochen prägnant daher und hat auch genügend Druck auf der Pumpe! Allerdings offenbart sich dies dem geneigten Anwender erst wirklich, wenn er nicht den internen Lautsprecher, sondern eine vernündtige Abhöre benutzt. Auf einmal sind auch die vermißten Bässe und Höhen wieder mit im Spiel, und der CIRCUIT zeigt sich von seiner besten Seite.
Dass NOVATION mit dem CIRCUIT nicht vorrangig puristische Klangfrickler, die jeden Klang minutiös selbst erstellen wollen, als Zielgruppe im Visier hatte, merkt man auch an der Parametrisierung über die acht Macros. Das Manual erwähnt nur recht vage, dass die Macros 1 und 2 für Oszillator-Parameter, die Macros 3 und 4 für Hüllkurven-Parameter, die Macros 5 und 6 für Filter-Parameter und die Macros 7 und 8 für Modulations- und Effekt-Parameter zuständig sind, weist aber anschließend ebenfalls darauf hin, dass zahlreiche Patches in einem mehr oder minderen Grad von eben dieser Zuordnung abweichen.

NOVATION CIRCUIT – Drehregler

Dabei verändern die einzelnen Encoder je nach Preset zum Teil gleich mehrere Parameter auf einmal (daher wurden sie ja auch “Macros” getauft…). Welche dies im Einzelnen sind, ist jedoch für den Anwender häufig nicht anders zu ermitteln, als durch bloßes Ausprobieren, denn das einzige Feedbackinstument stellen die bunten LEDs unterhalb der Encoder dar, die je nach Intensität des veränderten Parameters aufleuchten.

Geübte Synthesisten-Ohren werden zwar sicherlich die meisten Zuordnungen akustisch identifizieren können, doch ist es ein bischen wie beim Hütchenspiel, da man sich nicht fest darauf verlassen kann, dass die einmal gemerkte Zuordnung beim nächsten Patch immer noch gültig ist.

Insofern würden hier auch keine selbst angebrachten Aufkleber für die Macro-Encoder wirklich weiterhelfen, wie zugetextet sollte man diese denn beschriften? Und wer tatsächlich die Zuordnungen der Macros aller 64 Patches zu verinnerlichen und später auch spontan abzurufen weiß, dem sei an dieser Stelle herzlich von mir gratuliert! Schade eigentlich, dass “Wetten das?” nicht mehr existiert… 😉

Lange Rede, kurzer Sinn: Zumindest für mich stellt dies ein gewisses Manko in Bezug auf den Workflow bei der Klanganpassung dar, und ich bin mir sicher, dass ich damit nicht alleine auf weiter Flur stehen werde. Andererseits begrüße ich natürlich auch die erhöhte Flexibilität, die eine derartige Verwendung von Macros anstelle von nur acht fest zugeordnerten Parametern mit sich bringt.

Man sollte die Parameter-Macros in der Praxis besser so betrachten, wie sie von NOVATION offensichtlich angelegt wurde, nämlich als bunten Experimentierkasten zum unbedarften Ausprobieren ohne Vorkenntnisse. Und damit wiederum passen sich die Synthesizer ganz gut ins Gesamtkonzept ein. Einfach ein Patch wählen, das einem gefällig ist, und dann hören, wie weit und in welche Richtung es sich mit den Drehreglern biegen, dehnen und stauchen lässt. Die Ursprungs-Patches lassen sich damit durchaus gehörig bis jenseits der Wiedererkennbarkeit verdrehen. Wenn man eine zur Sequenz passende Einstellung gefunden hat, fix auf Speichern drücken, danach kann man dann getrost weitermachen, ohne den zwischenzeitlich entdeckten Klang wieder zu verlieren. Updaten kann man ihn dann ja gegebenenfalls immer noch.

Da sich auch die Bewegungen der MACROS aufzeichnen und wiedergeben (sowie notfalls auch wieder löschen) lassen, kann man damit den Klang im Patternverlauf noch sehr viel dynamischer gestalten.

NOVATION CIRCUIT – Scales-View

Spielen lassen sich die beiden Synthesizer des CIRCUIT entweder über die Pads, über die eingebauten Step-Sequencer oder auch extern über MIDI (SYNTH 1 sendet und empfängt auf Kanal 1 und SYNTH 2 auf Kanal 2…). Die obere Hälfte der Pad-Matrix dient als Einspielkeyboard mit einer von 16 auswählbaren Tonleitern, die sich nach Drücken des den SCALES-Schalters auswählen lassen. CHROMATIC entspricht hierbei einer stilisierten Keyboardtastatur (die obere Reihe symbolisiert die schwarzen Tasten und die untere Reihe die weißen Tasten…). Die Oktaven lassen sich ebenfalls umschalten. Die untere Hälfte der Pad-Matrix nimmt normalerweise der dazu gehörende Step-Sequencer ein, per Tastencombo SHIFT + NOTE kann aber auch die gesamte Matrix als Keyboard mit doppeltem Oktavumfang fungieren.

NOVATION CIRCUIT – erweitertes Keyboard

Step-Einlage…

Zu jedem der beiden Synthesizer gehört auch ein eigener Step-Sequencer, der sich jeweils bis zu sechs Noten pro Schritt merken und wiedergeben kann, entsprechend der Polyphonie der Synthies. Pattern-Aufnahmen können Step by Step oder auch live “on the fly” geschehen, dazu dient der RECORD-Schalter. Ein einzelnes Pattern kann bis zu 16 Schritte umfassen, weniger sind möglich, mehr hingegen nur durch eine Verkettung mehrerer solcher Patterns.

NOVATION CIRCUIT – SYNTH 1 und 2

Neben den Notenwerten werden auch die Anschlagsdynamik sowie die Gate-Zeit pro Schritt aufgezeichnet, diese Werte lassen sich auch nachträglich noch über eigene Menüs editieren. Ganze Patterns können zudem per NUDGE schrittweise verschoben werden, das ist sehr praktisch für Variationen, Experimente oder einfach auch nur, wenn man beim Einspielen mal wieder etwas neben dem Beat gesessen hat.

NOVATION CIRCUIT – Nudge-Funktion

Die Step-Sequencer des CIRCUIT ähneln zumindest in Teilmengen frappierend denen der ARTURIA-Brüder BeatStep und BeatStep PRO, allerdings in miniaturisierter Form. Aber es gibt auch ein paar Unterschiede: So lassen sich die Sequencen beim CIRCUIT leider nicht transponieren, weder über die Pads, noch über MIDI. Darüber hinaus ist die Abspielrichtung immer nur vorwärts. Auch ist die Auflösung einzelner Parameter, wie etwa der Velocity, deutlich geringer als beim BeatStep PRO (beim kleinen BeatStep gibt’s da ja nicht viel zu regeln…), da diese beim CIRCUIT über die Pads angezeigt und editiert werden und die Werte daher auf die Anzahl der abkommandierten Pads aufgeteilt werden, mit entsprechend groben Zwischenschritten. In der Praxis ist dies jedoch prizipiell vernachlässigbar, gestört hat es mich jedenfalls nicht weiter.

NOVATION CIRCUIT – Velocity-View

Sidekick…

Rechts neben jedem der beiden Taster zum Aufruf der Synths befindet sich jeweils auch noch ein eigener Taster mit der Aufschrift SIDECHAIN. Damit lässt sich separat für jeden Synth mittels einer der Padreihen eine von sieben Ducking-Einstellungen wählen (das erste Pad der Reihe deaktiviert diese Funktion…).

Das Ganze funktioniert hier ähnlich dem Prinzip diverser Sidechain-Faker-Plugins à la LAZY KENNETH, KICKSTARTER oder ONE KNOB PUMPER, beim CIRCUIT wird dieser Effekt durch eine Manipulation der Hüllkurven erzielt. Eventuelle Hall- und Echofahnen bei aktivierten Effekten werden übrigens ebenfalls “geducked”.

NOVATION CIRCUIT – Sidechain-View

Als Sidechain-Trigger für beide Synths dient dabei jeweils immer die erste Drum-Spur (also DRUM 1), welche standardmäßig der Kick zugedordnet ist, aber auch mit anderen Drumsounds belegt werden kann.

Diese Sidechain-Funktion hat also rein technisch nichts mit dem gleichnahmigen Kompressionsverfahren gemein, der akustische Effekt ist aber durchaus ähnlich, zumindest um der Kickdrum mehr Raum gegenüber dem Bass zu verschaffen oder um die Synth-Klänge etwas zum Pumpen zu bringen reicht es locker aus. Da der CIRCUIT ja leider nicht über Einzelausgänge für Synths und Drums verfügt, ist diese Sektion eine echte Bereicherung.

Drumatiker…

Das Schlagwerk besteht aus vier Spuren, die sich paarweise jeweils ein Menü teilen müssen. Dass trotzdem vier Taster namens DRUM 1 bis DRUM 4 existieren, erklärt sich dadurch, dass man darüber dann etwa auf die beiden Sound-Bänke zuzugreifen vermag, die den vier Spuren zur Verfügung stehen. Die Anwahl erfolgt wie bei den Synths über die Pads und die beiden OCT-Taster.

NOVATION CIRCUIT – Patchauswahl für DRUM 1 und 4

Als Klangvorrat präsentieren sich wiederum 64 Patches aus dem perkussiven Sektor. Neben einem ordentlichen Satz an Kicks, Snares und Hihats finden sich auch diverse Claps, Becken und allerlei synthetisches Geklöppel und Geknackse, sogar ein paar TR-x0x bzw. DRUMSTATION-Klone sind darunter.

Die Auswahl bedient in erster Linie kontemporäre elektronische Tanzmucke, dementsprechend knallig, transiententreich und durchsetzungsfähig ist auch ihr Grundsound, muffiges Heimorgel-Feeling ist hier jedenfalls nicht angesagt! Mir persönlich gefällt die klangliche Auswahl recht gut. In Verbindung mit den Klängen der Synths fügt sie sich hervorragend in die Gesamtkonzeption des CIRCUIT ein und ist daher gelungen.

Auch die Drumsounds können noch gehörig über die Macros verbogen werden, diesmal allerdings nur mit vier Reglern pro Sound (DRUM 1 und 2 teilen sich die Macros 1, 3, 5 und 7, für DRUM 3 und 4 sind die Macros 2, 4, 6 und 8 zuständig). Das Manual nennt als Standard-Belegung die vier Parameter STATIC PITCH, DECAY EVELOPE TIME, DISTORTION sowie FILTER. Ähnlich wie bei den Synthesizern des CIRCUIT ist aber auch hier keine durchgehend einheitliche Belegung vorhanden, so dass im Prinzip das Gleiche gilt, wie bei den Synths: Ausprobieren und Experimentieren!

NOVATION CIRCUIT – DRUMS

Die vier Step-Sequencer der Drums sind etwas einfacher gestaltet, als die beiden der Synths. Zunächst mal sind sie logischerweise nur monophon, auch sind sie weniger flexibel in Bezug auf ihre Längem, denn sie sind stets auf 16 Schritte pro Pattern eingestellt Das Mehrfache hiervon ist zwar wieder über Pattern-Chains erreichbar (bis zu 8 mal 16 Schritte, also insgesamt maximal 128 Schritte), aber weniger als 16 Schritte lassen sich nicht realisieren, was gewiss nicht jedermann begeistern dürfte, auch wenn ich persönlich ganz gut damit leben kann.

NOVATION CIRCUIT – Drumpads-View

Zwei Drum-Sequencer teilen sich wie erwähnt jeweils eine Menüseite auf der Pad-Matrix, und befinden sich so auch immer gleichzeitig im Zugriff. Patterns werden einfach durch Drücken der Step-Tasten programmiert, wer seine Rhythmen lieber mit den Fingern live eintrommeln möchte, der kann per SHIFT + NOTE eine Ansicht hervorzaubern, bei der die Drumsounds dann über die vier Pads rechts unten in der Matrix gespielt werden können.

Ach ja, auch die Macro-Veränderungen lassen sich wieder aufzeichnen und wiedergeben!

Mixed Pickles…

Ein eigenes MIXER-Menü erlaubt einen Lautstärkeabgleich der sechs Spuren bzw. Klänge über die Encoder. Des Weiteren können einzelne Spuren hier auch über entsprechende Pads komplett stumm geschaltet werden.

NOVATION CIRCUIT – Mixer-View

Ich hätte es für praktisch empfunden, wenn noch irgendeine Art der Panorama-Steuerung integriert worden wäre. Da der CIRCUIT nur über ein Stereo-Ausgangspaar verfügt, erhielte man durch entsprechende Pan-Einstellungen zumindest zwei separate Ausgänge für unterschiedliche Klänge. Auf diese Weise habe ich einst auch schon meinem TX-81Z zwei getrennte Mono-Outs für den multitimbralen Modus verpasst. Da von den acht Encoder ja bereits sechs für die Spur-Lautstärken abkommandiert sind, wäre mein Vorschlag an NOVATION, die sich jeweils unter den MUTE-Pads befindlichen freien Pads für eine einfache Pan-Steuerung mit drei fixen Werten zu belegen (L, L/R und R), das wäre dann immer noch besser als nichts! Nachtrag: NOVATION hat eine solche Panorama-Funktion inzwischen über ein Update hinzugefügt. Siehe dazu auch den Kommentar unseres Lesers Olli ganz unten!

Raumzeit…

Ein Gummitaster namens FX führt uns in ein Menü, in dem sich den sechs Spuren gemeinsam jeweils einer von 16 Delay- und einer von 8 Reverb-Effekten beimischen lassen. Die Echo- und Hall-Presets lassen sich wieder über die Pads wählen. Zwar teilen sich alle sechs Spuren die gleichen Effekte, jedoch kann die Intensität für alle separat über sechs der Encoder eingestellt werden, und dies sogar für Delay und Reverb getrennt. Die Reglerbewegungen lassen sich auch hier wieder automatisieren. Gut!

NOVATION CIRCUIT – FX-Auswahl

Natürlich kann die Qualität der Effekt-Algorithmen nicht mit irgendwelchen Edelgeräten und -Plugins mithalten, aber das ist ja auch nicht unbedingt ihr Sinn. Vielmehr sind sie dazu gedacht, dem Klang etwas mehr Räumlichkeit bzw. rhythmische Beschleunigung (durch tempo-synchrone Echos) zu verpassen, damit er nicht so furztrocken aus dem Lautsprecher kommt und schon ein kleines bischen mehr dem ähnelt, was man aus dem Radio gewöhnt ist. Ich habe jedenfalls schon deutlich schlechter klingende Hall- und Echo-Effekte in Hardware-Synthesizern vorgefunden (kennt jemand noch den JD-800…?)

Insgesamt erinnert mich die FX-Sektion ein wenig an Budget-Klassiker wie dem ALESIS MICROVERB. Man fummelt nicht lange herum, sondern wählt aus, und gut ist!

Filtertüte…

Zu guter Letzt kann das komplette Summensignal auch noch durch ein bipolares Filter gejagt werden, das sowohl als Tiefpass als auch als Hochpass arbeiten kann. Eine Reglerdrehung von der Mittelstellung nach links dämpft die hohen Frequenzanteile, eine Drehung nach rechts dünnt umgekehrt die tiefen Frequenzen aus. Klanglich muss es sich nicht verstecken, und es packt auch ordentlich zu. Das Haupteinsatzgebiet eines solchen Summenfilters dürfte in trendigen Ein- und Ausblend-Effekten zu suchen sein. NOVATION hat damit neben Live-Musikern sicherlich auch kreative DJs im Blick gehabt, die den CIRCUIT gerne als Zuspieler für ihr Setup nutzen wollen.

Lauschangriff…

Wo es um eingebaute Klangerzeuger geht, da will man auch mal etwas hören. Daher habe ich für Euch zunächst eine kleine Auswahl der von NOVATION mitgelieferten Werks-Presets aufgenommen, da diese auch diverse elektronische Musikstile beinhalten, mit denen ich persönlich zwar gar nix an der Brause habe, die ich Euch aber dennoch nicht vorenthalten wollte, da mein Geschmack nicht sonderlich repräsentativ ist und sich ja nicht unbedingt mit Eurem decken muss. Ich habe hier einfach mal lückenlos im laufenden Betrieb zwischen den verschiedenen Sessions umgeschaltet:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2015/12/NOVATION-CIRCUIT-Factory-Sessions.mp3?_=1

Des Weiteren habe ich während des Testzeitraums auch noch ein paar eigene Sessions gebastelt (für keine davon habe ich länger als ein paar Minuten benötigt, inklusive Sound-, Mix-, und Effekteinstellungen, in dieser Zeit hat man ja meistens noch nicht mal seine DAW komplett hochgefahren und einsatzbereit…), die ich nachfolgend ebenfalls in einem Rutsch aufgenommen habe. Dabei könnt Ihr verschiedentlich auch den Einsatz des globalen Filters hören, so auch direkt zu Beginn:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2015/12/NOVATION-CIRCUIT-Klangbeispiele.mp3?_=2

Beide Aufnahmen sind übrigens nicht durch Effekte weiter nachbearbeitet wordenauch keine Kompression oder Limiting wurde angewandt. Ich habe das Audiosignal jeweils direkt aus dem CIRCUIT heraus mit genügend Headroom aufgenommen und anschließend vor der MP3-Enkodierung nur noch etwas normalisiert.

Fazit:

Aus diesem Test gehe ich mit überwiegend positiven Eindrücken vom CIRCUIT heraus. Der sogenannte Spaßfaktor, ein rein subjektiver, irrationaler Parameter, nahm enorm hohe Werte bei mir an. Wenn man das Gerät einmal eingeschaltet und sich darin eingearbeitet hat, mag man erst mal lange nicht mehr aufhören damit und daran herumzuspielen. Und wenn die bessere Hälfte einen dann doch irgendwann bereits zum dritten Mal daran erinnert, dass das Essen gerade kalt wird, dann reicht ein schnelles Drücken auf SAVE… 😉

Dabei enthält dieses Kästchen eigentlich nichts, dass ich nicht schon woanders her kenne, aber das Gesamtwerk ist hier einfeutig mehr als die Summe seiner einzelnen Teile! Wäre CIRCUIT lediglich ein reiner Step-Sequencer, dann wäre er lediglich Einer unter mittlerweile Vielen, und nicht einmal der Flexibelste seiner Zunft. Wäre CIRCUIT hingegen nur ein simpler Klangerzeuger, dann fände ich ihn zwar durchaus ganz nett, aber direkt aus den Schuhen hauen würde er mich auch nicht gerade, dazu kann ich mit viel zu vielen Plugins und auch mit ein paar noch charaktervolleren Hardware-Synthies entgegenhalten.

Doch ein handliches Gadget dieser Art, dass völlig autonom und kabellos betrieben werden kann und dass dazu einlädt, sich auch fernab vom Studio-Bildschirm und vom übrigen Gerätepark ohne langes Booten zu spontanen Jam-Sessions und zum Skizzieren von Track-Ideen einlädt, hatte ich bisher noch nicht im Testlabor (was nicht heißen soll, dass es solche Vertreter nicht auch vorher schon mal gab, siehe etwa auch die beliebten KORG MONOTRIBE und ELECTRIBE). Sicherlich gibt es inzwischen auch die eine oder andere Tablet-App, die vergleichbare Möglichkeiten für einfache Songskizzen bietet, doch zumindest im Android-Sektor habe ich noch nichts gefunden, das mich so überzeugt hätte, dass ich es regelmäßig nutzen würde, da eine sinnvolle Weiterverabeitung in der DAW damit meistens kaum möglich ist, zumindest nicht mit MIDI-Daten. Mal ganz davon abgesehen, dass der CIRCUIT zudem auch eine ganz andere Haptik aufweist, als so ein zweidimensionaler Tablet-Screen…

Es gibt zwar durchaus eine Handvoll konzeptioneller Schwächen, einen guten Teil davon sollte NOVATION aber eigentlich auf Software-Seite auszubügeln vermögen, wie etwa durch eine vernünftige Backup- und Management-Lösung für im Gerät abgespeicherte Sessions, womit der CIRCUIT noch besser in einem Live-Setup einsetzbar würde. Auch die Step-Sequencer könnten durchaus noch aufgebohrt werden, beispeilsweise durch eine Transponierfähigkeit oder durch flexiblere Drum-Patterns. Doch Gerüchten zufolge arbeitet NOVATION bereits an erweiterter Software…

Andere Schwächen sind durch die Hardware bedingt, wie etwa das Fehlen von Einzelausgängen oder die nicht sonderlich intuitiven Macro-Belegungen (hier würden wohl nur das Gerät verteuernde Anzeigen wirklich helfen…). Aber wahrscheinlich hat hier auch der Rotstift Einhalt gebieten müssen, denn um so ein Gerät in dieser Qualität mit einer UVP von 399,- Euro anbieten zu können (der aktuelle Verkaufspreis bei den einschlägigen Musikalienversendern liegt sogar noch einen guten Fuffie darunter!), sind halt gewisse Einschränkungen nicht zu vermeiden. Vielleicht schiebt NOVATION bei lukrativen Verkaufszahlen des CIRCUIT und bei entsprechender Nachfrage ja mal einen CIRCUIT PRO nach, aber das ist reine Phantasie meinerseits… 😉

Welche Zielgruppen versucht NOVATION mit dem CIRCUIT anzusprechen? Wenn man nach den Fotos in der teuren Hochglanzwerbung in einschlägigen Musiker-Magazinen geht, dann offensichtlich kundige Strommusik-Produzenten (bzw. Leute, die es gerne wären…), die sich beim Entwickeln von Track-Grundgerüsten (denn in der Regel besteht ein Stück ja häufig aus mehr als nur zwei Synthies und vier Drumsounds…) gerne auch mal abseits der DAW bewegen möchten (sowohl physisch, als auch bezüglich der gewohnten Arbeitsroutine gesehen…), aber ihre Ergüsse nachher im Studio unter professionellen Bedingungen auch noch weiterverwenden und ausarbeiten wollen.
Dafür spricht zum Einen die hochwertige Verarbeitung des Geräts, die es vom einfachen Spielzeug für Einsteiger abhebt, zum Anderen aber auch seine Gesamtkonzeption, also eine portable Sequencer-Box mit eigener Klangerzeugung, die autonom funktioniert, jedoch gleichwohl auch in ein normales MIDI-Setup integriert werden kann.

Die Soundpalette ist der Klangerzeugung ist zwar eindeutig auf moderne Stilrichtungen elektronischer Musik ausgerichtet, aber das ist auch gut so! Aus einer Groove-Box will man schließlich kein schnarchiges GM-Geklimper für Alleinunterhalter oder lauwarmes 0815-Workstation-Gedudel hören, sondern eben Sounds wie direkt von der Hochspannungsleitung abgegriffen, so wie man sie halt gemeinhin mit maschinenhaften Step-Sequencern abzuspielen pflegt! Die eingebauten Effekte deute ich hier eher als nette, aber durchaus brauchbare Beigabe, damit es auch beim Komponieren schon etwas „feuchter“ klingt, und dafür taugen sie allemal!

Auch für Live-Anwendungen bietet sich CIRCUIT aufgrund seines kompakten Formats durchaus an, etwa für Gigs oder für kreative Einlagen in DJ-Sets (wäre ja auch komisch, wenn nicht…), während man sich bei Ersteren mit gewissen Einschränkungen (keine Session-Backups, keine Einzelausgänge) anfreunden muss, dürfte bei Letzteren das globale Filter sehr gelegen kommen.

Dass CIRCUIT neben diesen fortgeschrittenen Anwendungen durch seine einfache Bedienung auch eine tolle Spielwiese für unprofessionelle Einsteiger und Amateure bietet, die einerseits durch die gebotenen Features nicht gleich erschlagen, aber andererseits auch nicht aufgrund zu weniger Möglichkeiten oder zu billiger Klänge verfrüht in die Langeweile entlassen werden, sei hier nur noch der Vollständigkeit hinterher geschoben…

Also, ist CIRCUIT denn nun ein nettes Spielzeug oder doch ein ernsthaftes Produktionsgerät? Beides in Einem! Ab auf den Wunschzettel damit! 😉

Positives:

+ Gesamtkonzept
+ Spaßfaktor
+ Portabilität
+ weitgehend intuitive Bedienung
+ sehr gute Verarbeitung der Hardware
+ guter Grundklang
+ breites Klangspektrum
+ Automatisierung von Reglerbewegungen
+ Sidechain-Funktion
+ Sequencer auch mit externen Klangerzeugern nutzbar
+ interne Klangerzeuger auch über MIDI spielbar

Negatives:

Wenig intuitive Belegung der Macro-Regler
Sequencer nicht per Keyboard transponierbar
Keine Backup-Möglichkeit für Sessions
nur rudimentäre MIDI-Controller-Funktionen
Drum-Sequencer etwas unflexibel
Keine Panorama-Funktion für Klänge (siehe Kommentar unten von unserem Leser Olli!)

Produktwebseite: http://novationmusic.de/circuit/circuit#

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