AAS Ultra Analog VA-3 Testbericht

Mit der dritten Version ihres VA-Synthesizers Ultra Analog baut Applied Acoustc Systems das Instrument weiter aus und vervielfältigt die Anwendungsmöglichkeiten. Die wesentlichen Neuerungen sind die zwei unabhängigen Synth-Engines, die nun Layer und Split-Sounds erlauben und die neue Organisation der Makro-Regler pro Layer und auf der Front-Page. Die Sound-Engine wird durch einen neuen Ladder-Filter ergänzt und die Unterstützung von Scala-Tuning Files verbessert. Überarbeitet wurde auch der Preset-Browser, der nun quer über alle Sounds nach Kategorien, Designern und Packs sortieren kann.

Umorganisation

Das Erscheinungsbild des Synths ist von den Bedienelementen her selbst fast gleich geblieben. Die undeutlich interpretierbaren Aktivitätsanzeigen der einzelnen Module wurden umgestaltet und sind nun gut erkennbar. Ansonsten wurde einiges umorganisiert, Regler wanderten aus den unseligen separaten Unter-Tabs in ausklappbare Tabs in den Modulen selbst zurück, einige wurden auf die Oberfläche verlagert, was einen deutlich besseren Überblick verschafft. Von mir aus hätten sie die allzu schicken glänzenden Regler durch eine schlichtere Variante ersetzen können, sie sind zwar ablesbar, aber insgesamt machen sie die Oberfläche bei längerer Nutzung nach wie vor etwas anstrengend. Mit der Version 3.1 kennt der Synth endlich eine Skalierung des GUI, auf einem Notebook oder hochauflösenden Schirm wurde das alles bisher etwas sehr winzig.

Massiv parallel

Der grundsätzliche Aufbau pro Synth-Engine ist ebenfalls gleich geblieben: zwei Oszillatoren und ein Sub-Oszillator pro OSC, ein Filter und ein festverdrahteter LFO pro Oszillator, der Pitch und Pulsweite modulieren kann, Filterfrequenz und -Resonanz und Gain und Pan des Verstärkers. Dazu eine Envelope für den Filter und eine für den Verstärker, der ebenfalls pro Oszillator ausgeführt ist. Der Output der Oszillatoren kann zwischen den zwei Strängen anteilig gemischt werden, eine serielle Schaltung der Filter einer Engine ist möglich, aber etwas speziell in der Handhabung. Der zweite Oszillator-Strang kann für ein Hard-Sync mit dem ersten Oszillator genutzt werden. Die Modulationsmöglichkeiten insgesamt sind etwas beschränkt, da nur ein LFO für alles in einem Oszillator-Strang zuständig ist. Frei zuweisbare LFOs oder gar Multi-Point Envelopes sucht man vergebens, ein Modulations-Monster, wie etliche zeitgenössische virtuelle Synthesizer ist Ultra Analog VA3 schon mal nicht. Im Grunde ist das Konzept hier massiv parallel zu fahren, was nun in der Verdoppelung dieser Engine als ein weiterer Layer seine konsequente Fortführung findet.

Makro-Regler

Übergeordnet für beide Oszillator-Stränge einer Engine (oder Layers) funktioniert die Mode-Seite, die solche allgemeinen Parameter wie Keyboard-Tuning, Unison und Glide regelt, ebenso Vibrato und den Arpeggiator/Sequencer. Ausserdem beherbergt es die Makro-Regler, die vier Regler können jeweils auf bis zu vier Werte in der darunterliegenden Engine geroutet werden. Wobei grob vorgegeben ist, was das Thema ist, also Modulation, Timbre, Envelope und Effekt, prinzipiell stehen jedoch für jeden Makro-Regler aller Zielparameter zur Verfügung. Diese vier Regler finden sich auch auf der Home-Seite wieder, ohne die Unterpunkte mit den Zuweisungen an die Parameter. Der Stand der Regler auf der Home-Seite spiegelt sich in einem Modulations-Ring um die Regler wieder, der hier noch mal auf einen anderen Werte-Bereich verschoben werden kann. Die Regler auf der Home-Seite wirken auf die Makroregler beider Layer.
Auch an dieser Stelle vermisse ich einen weiteren unabhängigen LFO, der die Makro-Regler oder einzelne Unter-Parameter modulieren könnte. Es ist zwar möglich das von aussen aus der DAW mit einem Modulator per MIDI CC-Wert zu erreichen, was aber immer deutlich umständlicher ist, als wenn man das intern erledigen kann. Vorbildlich ist, dass soweit ich das nachvollziehen kann wirklich jeder Regler und Button in diesem Synth, der sinnvoll angesprochen werden kann nach aussen publiziert wird, was eine sehr umfangreiche Liste ergibt.

Video Makro Regler in Aktion

Effekte

Neben den bisherigen Effekt-Racks für die Synth-Engines kommt noch ein abschließendes auf dem Master-Kanal dazu, die Effekteinheiten selbst sind jeweils die gleichen. Ihre Reihenfolge kann geändert werden und die Einstellungen können von einer Einheit auf die andere kopiert werden. Auch das gesamte Effekt-Rack kann kopiert und auf einen anderen Layer übertragen werden. Die Effekte decken die klassischen Möglichkeiten ab, ungewöhnliche Kandidaten finden sich nicht, die Qualität ist solide.

Layer

Die übergeordnete Steuerungsleiste für beide Layer stellt jeweils einen Gain-Regler zur Verfügung und einen Master-Gain Regler. Die Layer können benannt und als eigene Layer-Presets abgespeichert werden. Es gibt einen eigenen kleinen Layer-Preset-Browser, der alle Layer aller installierten Packs anbietet, die in das aktuelle Preset geladen werden können und eine schnelle Neukombination der zwei Layer erlaubt.
Und hier wird dieses Update von Ultra Analog wirklich interessant, denn die Kombinationsmöglichkeiten sind quasi unenlich, wenn auch nicht immer sinnvoll. Aber gerade wenn man damit etwas experimentiert wird deutlich, wie viel der Synth mit den zweiten Layer an Klangvielfalt dazugewinnt. Manche Presets stellen fast schon die Hälfte eines Tracks zur Verfügung oder bietet opulente, lebendige Klanglandschaften. Das ist schon eine andere Kategorie, als der bisherige eher biedere Synth.

Die Layer-Leiste in der Mitte des GUI

Video Neukombination von Layern aus installierten Soundpacks

Video Verdoppelung und Modifizierung von Layern

Settings

Auf der Settings-Seite werden so grundsätzliche Dinge eingestellt wie die polyphone Anzahl der Stimmen, die Grundstimmung auf 440 Hz, die Zuweisung der Makro-Regler und detaillierte MIDI-Einstellungen. Besonders interessant für mich ist die verbesserte Unterstützung von Scala Tuning Files, man kann damit den Synth z. B. auf eine barocke Weckmeister-Stimmung tunen oder auf eine ethnische arabische oder japanische Tonskala. In der gewöhnlichen EDM- oder Pop- Musikproduktion fängt man damit eher nichts an, aber experimentelle Musik kann sehr von modernen exotischen Skalen profitieren, da sich das nicht nur platt verstimmt anhört, sondern einer ganz anderen, eigenen tonalen Logik folgt. Ultra Analog lädt nun klaglos meine alternative Lieblings-Skala Bohlen-Pierce, die eine Duodezime in dreizehn Töne aufteilt.

Video Microtuning, alternative Skalen

Preset-Browser

Der Preset-Browser von Ultra Analog VA-3 ist nun recht komfortabel, sortiert nach Sound-Kategorien in den einzelnen Packs oder nach Designern über alle installierten Packs. Für die neue Version wurde von den Stamm-Designern von Applied Acoustics Systems eine neue Factory-Presetbibliothek mit 500 Sounds geschaffen, die die neuen Möglichkeiten duch die Architektur mit zwei Layern präsentiert. Die alte Factory-Bibliothek von VA-2 wurde angepasst und umfasst 800 Sounds, das sind zwar, wie bei den bisherigen separaten Soundpacks nur jeweils ein Layer, aber die lassen sich nun im Handumdrehen miteinander kombinieren. Oder man kopiert den Layer, verändert ihn nur etwas und erhält praktisch immer eine fettere, bessere Version.

Bild Browser

Hier nun eine Reihe Videos mit ausgewählten Presets der neuen Factory-Library nach Kategorien, die mich beim Anspielen doch so beeindruckten, dass ich spontan beschloß einen Testbericht zu dem Update zu schreiben, obwohl ich das überhaupt nicht vor hatte.

Videos von ausgewählten Presets in den verschiedenen Sound-Kategorien

Fazit

Seinerzeit ärgerte mich das Update von der ersten Version von Ultra Analog auf die zweite mehr, als ich Verbesserungen fand. War die Stärke der ersten Version die Übersichtlichkeit und Bedienung auf einer Seite bei guter Soundqualität hatte sich daran nichts verbessert, nur der Synth war viel unübersichtlicher geworden. Nun wurde die Übersichtlichkeit einerseits zumindest etwas optimiert, da Unterfunktionen in die jeweiligen Module zurückwanderten, ein Fortschritt ist auch die endlich skalierbare Oberfläche, wobei sie das mit Version 3.1 jetzt nachgereicht haben, die erste installierte Version hatte das noch nicht. Natürlich ist andererseits doppelt so viel pro Preset einzustellen, zu untersuchen und zu beachten, was aber mit deutlich komplexeren Klängen belohnt wird. Die Neukombination bestehender Layer ist ein sehr effektiver Weg zu neuen Sounds oder eigenständigen Variationen zu kommen.

Dieses Update ist für Besitzer von Ultra Analog sehr zu empfehlen. Bei dem aufgerufenen Preis für die Vollversion steht Ultra Analog VA-3 in direkter Konkurrenz zu den großen Boliden am Markt, DUNE 3, Diversion, Sylenth One sind vergleichbar, Serum schon eine deutlich andere Geschmacksrichtung. An den sehr edlen, authentischen Grundsound von Diva, Strobe2 oder Repro kommt Ultra Analog nicht heran, Zebra ist doch schon noch mal in einer anderen Kategorie vor allem was Kombinationsmöglichkeiten und Klangvielfalt anbelangt.
Mit der neuen Version hat aber Ultra Analog so weit zugelegt, dass man von Augenhöhe sprechen kann, punkten kann der Synth mit seinen meist sehr moderaten Anforderungen an das System, mehrere Instanzen laufen zu lassen ist kein Problem. Brot- und Buttersounds bekam man damit schon immer abgedeckt, nun geht deutlich mehr. Ultra Analog ist mit der neuen Version noch einmal deutlich vielseitiger geworden – und das war er vorher schon. Die eher mageren Modulationsmöglichkeiten sind in der Praxis nur selten ein Nachteil, zur Not kann man von aussen automatisieren. Letztendlich bleibt die Wahl eines Synths eine Frage persönlicher Präferenzen, mit Ultra Analog VA-3 bekommt man in jedem Fall ein zuverlässiges Arbeitspferd für den weiten Bereich klassischer analoger Klänge.

Produktseite von Ultra Analog VA-3: https://www.applied-acoustics.com/ultra-analog-va-3/

Ein Testbericht von Stefan Federspiel

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