Arturia V Collection 4 – Teil 2: Man lebt nur zweimal

Testbericht von Perry Staltic

Nachdem wir uns im ersten Teil des Arturia V-Collection Testberichts ja bereits ausführlich mit dem ANALOG LAB beschäftigt haben, widmen wir uns dieses Mal einigen der virtuellen Synthesizern, deren Klangerzeugung dazu ausgeborgt wurde. Es handelt sich dabei ausnahmlos um Emulationen geschätzer und hochpreisiger Analogklassiker aus den 60er, 70er und 80er Jahren, an welche vermutlich nur eine Minderheit von uns jemals persönlich Hand anzulegen vermochte.

Beide Teile zusammen kann man übrigens auch als Testbericht zum V COLLECTION CLASSICS-Bundle betrachten, dass von ARTURIA ebenfalls feilgeboten wird und neben dem ANALOG LAB ebenfalls eine Auswahl aus der Riege der nachfolgend besprochenen Software-Synthesizer beinhaltet.

Die hier vorgestellten Plugins von ARTURIA sind allesamt nun schon seit einigen Jahren auf dem Markt, teilweise haben sie inzwischen ja schon mehr als eine Dekade auf dem Buckel und stellen somit also beileibe keine Neuerscheinungen mehr dar. Sie werden allerdings nach wie vor von ARTURIA mittels Updates gepflegt und gehören weiterhin zum aktuellen Portfolio der Firma. Zudem sind ihre Preise inzwischen auch in eine deutlich attraktivere Region gerutscht.

Da vermutlich nicht wenige der geneigten Leser diese Softwaresynths bereits längst kennen oder sogar benutzen dürften, möchte ich weder Euch noch mich selbst mit ellenlangen Feature- und Parameterauflistungen langweilen, sondern die angetretenen Kandidaten im Rahmen unseres V COLLECTION 4-Mehrteilers jeweils nur noch einmal kurz vorstellen, meinen subjektiven Senf dazu kundtun und dies noch mit ein paar Klangbeispielen garnieren. In Bezug auf Letztere bitte ich gleich vorab schon mal um Entschuldigung für einige der handgespielten Exemplare darunter, ich bin nun mal einfach kein Keyboarder… 😉

Zeitspiel…

Um die Entwicklung der klassischen Synthesizer wirklich nachvollziehen zu können, muss man zunächst einmal ein gutes Stück weit zurück in die Geschichte blicken.

Bereits in der Antike erfand man die ersten Vorstufen der heutigen Synthesizer, damals natürlich noch völlig ohne Spannungsteuerung oder gar MIDI, sondern rein mechanisch betrieben. So berichtet schon der griechische Dichter Oszillateus in seinen Aufzeichnungen von einem “wundersamen Klängeerzeuger” aus Ägypten, den er als “Synthophonos” bezeichnet. Aus dieser Zeitphase stammt auch die Tradition, die Synthesizer mit den Namen der angebeteten Götter zu belegen, Oszillateus nennt hier beispielsweise Zeus-8 und Hera-106.

Auch in zahlreichen Ausgrabungsstätten altrömischer Kolonien fanden Archäologen seltsame Vorrichtungen mit großen Schallöffnungen, an denen mit langen Kupferdrähten versehene Windsegel angebracht waren, offensichtlich zur direkten Zuleitung von elektrischen Spannungen, wie sie etwa bei Gewittern entstehen. Diese könnte man also schon als die ersten strombetriebenen Synthesizer ansehen. Da die Meteorologie im Altertum aber noch nicht sonderlich weit entwickelt war, dürften diese “Ur-Synthies” vermutlich nur sehr selten tatsächlich zum Einsatz gekommen sein, da man damals einfach nicht vorherzusagen vermochte, wann und wo denn vielleicht wieder einmal ein ordentlicher Blitz einzuschlagen beliebte.

Während es Berichte aus dem mittelalterlichen China gibt, nach denen man dort bereits mit einfachen, schwarzpulverbetriebenen Rhythmusgeräten experimentierte, war die Thematik “Synthesizer” im sogenannten Abendland über die Jahrhunderte hinweg längst wieder in Vergessenheit geraten. Hier konzentrierte man sich vielmehr auf die Entwicklung von manuell gesteuerten, akustischen Instrumenten.

Erst als schließlich im Jahre 1927 der aus Bedburg-Hau stammende Quantenphysiker, Philosoph und passionierte Haubentaucher Otto-Kevin Hüper den später nach ihm benannten Hüperraum entdeckte (laut Überlieferung geschah dies übrigens rein zufällig beim Aufräumen seines Dachbodens), da legte er damit den Grundstein zu unseren modernen Synthe…

Hey, einen Augenblick mal, da stimmt doch irgendwas nicht! Mir scheint, dass ich gerade wohl das falsche Manuskript vor mir liegen habe, wo ist denn jetzt bloß der richtige Zettel abgeblieben…? Okay, dann schenken wir uns diesen Kram eben einfach und legen sofort los!

Old Bob…

Den MINIMOOG kann man nun ja schon beinahe als ein Synonym für Analogsynthesizer schlechthin betrachten. Was könnte ich an dieser Stelle noch darüber schreiben, das nicht schon längst von kompetenterer Seite zu eben diesem Instrument gesagt wurde? Nichts!

Ich selbst habe nie einen MINIMOOG berührt (dafür aber einen nachträglich gepimpten MOOG PRODIGY mit ein paar zünftigen Extras…), kenne seinen Klang allerdings schon seit meinen Kindheitstagen aus unzähligen Musikproduktionen, bei denen er mitwirkte (“Wir sind die Roboter!”). Zudem ist mir seine Klangarchitektur zumindest von zahlreichen Plugins vertraut, die den MINIMOOG in eine virtuelle Form umzusetzen versuchen.

Einigen Vertretern davon ist dies besser gelungen, und bei einigen Anderen ähnelt leider allenfalls die GUI an ein MINIMOOG-Panel, aber der Sound dann doch eher weniger…

Einen der bekanntesten MINIMOOG-Klone der ersten Kategorie stellt sicherlich der MINI V von ARTURIA dar. Diese Emulation ist mittlerweile schon seit vielen Jahren verfügbar und zählt mit zu den beliebtesten Umsetzungen, wenngleich einige der Konkurrenten inzwischen die Messlatte hier zumindest klanglich noch deutlich höher gelegt haben (beispielsweise U-HE DIVA oder N.I. MONARK, der Letztere zählt auch zu meinen persönlichen Favoriten unter den virtuellen MOOGs).

Nichstdestotrotz ist ARTURIAs MINI V immer noch ein sehr gut klingendes Plugin mit deutlichem MOOG-Charakter und dazu allerlei Extra-Features, die Hardware-Besitzern zwangsweise abgehen, da sie so nur in Softwareform zu realisieren sind. Zu nennen sind hier beispielsweise die Polyphonie, die Speichermöglichkeiten sowie die erweiterten Filter- und Modulationsmöglichkeiten.

ARTURIA MINI V
ARTURIA MINI V

Die GUI ist ebenfalls recht “moogelich” und ARTURIA-typisch auch ein wenig verspielt, was sich etwa in dem hübsch animierten, ausklappbaren Zusatzpanel zeigt, auf dem der MINI V diversen Mehrwert unterbringt, etwa einen zusätzlichen LFO, einen Formantfilter mit Vokalsteuerung, eine Modulationsmatrix, einen Arpeggiator, zwei Onboard-Effekte usw.

Für sich selbst gesehen stellt der MINI V ein variabler und druckvoller VA-Synth mit einer Vielzahl an interessanten und amtlichen Klängen (welche Dank der Zusatzparameter auch deutlich über analoge MOOG-Klischees hinausgehen können!) bei gleichzeitig geringem bis moderatem CPU-Hunger dar.

Was die bereits angesprochene klangliche Akkuratheit gegenüber dem Hardware-Vorbild MINIMOOG angeht, so dürfte das Original einen direkten Hörvergleich vermutlich leicht für sich entscheiden (wobei hier die Wandler des jeweils verwendeten Audiointerfaces des DAW-Rechners auch noch mal für gewisse Differenzen sorgen sollten…), ob sich das – je nach Musikstil – in einem kompletten Mix dann aber noch ebenso verhält, ist eine ganz andere Frage, insbesondere angesichts des enormen Preisunterschiedes zwischen neuer Software und gebrauchter Hardware, aber der letzte Aspekt gilt eigentlich für alle der hier vorgestellten Synthesizer und für deren Emulationen im Allgemeinen.
Zum Selbststudium nachfolgend noch eine (kleine) Auswahl an Presets, die ich subjektiv für sehr gelungen halte:

Mehr zum MINI V, der – wie alle anderen der hier vorgestellten Plugins auch – als Einzelprodukt zu einem Preis von 99,- Euro feilgeboten wird, erfahrt Ihr hier:

Plughead…

Einen weiteren MOOG-Klon hat ARTURIA mit dem MODULAR V im Programm, dieses Mal stand aber mal nicht der MINIMOOG Pate, sondern die monströsen Modularsysteme im Schrankwandformat aus dem Hause MOOG. Eben einem dieser fetten Klötze verdanken wir übrigens auch Giorgio Moroders EDM-Klassiker “I feel Love” mit Donna Summer, damals seiner Zeit weit voraus.
Nicht zuletzt Dank Dieter Doepfer und anderen mutigen Entwicklern, erfreuen sich Modulsysteme im Allgemeinen inzwischen wieder einer vermehrten Aufmerksamkeit und erleben gerade ihre Renaissance.

Der MODULAR V emuliert keine spezifische Modellreihe der MOOGschen Schränke, vielmehr bietet er eine feste Auswahl an typischen Modul-Baugruppen, die mittels wiederum optisch nett animierter, virtueller Patchkabel frei miteinander verdrahtet werden können. Dabei können auch Unbedarfte herzhaft drauflos stöpseln (ob es nun Sinn macht oder nicht…), im Gegensatz zum Hardwarepedant vermögen sie hier ja absolut keinen Schaltkreis zu ruinieren.

ARTURIA MODULAR V
ARTURIA MODULAR V

Wer noch nie zuvor mit einem Modularsystem gearbeitet hat (auch die modulare Welt des Verfasser dieser Zeilen erstreckte sich bisher lediglich bis zur doch recht übersichtlichen Verstrippung von MicroBrute, BeatStep (PRO), KORG MONOTRON und GAKKEN SX-150 MK II, dazu kommen noch ein paar nun schon sehr lange zurückliegende erste Erfahrungen mit einem alten KORG MS-System…), der steht vermutlich auch beim MODULAR V erstmal wie der Ochse vor dem Tor und sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Hier mag einmal mehr die immense Anzahl an tollen Presets die Frustrationstoleranz zu erhöhen helfen, zudem bieten diese mitgelieferten Klangschöpfungen Anregungen für erste eigene Experimente.

Ganze 9 Oszillatoren sollten dabei für einen dicken Klang wohl mehr als ausreichen, und das tut es auch. Der MODULAR V beherrscht drückende Bässe ebenso wie breite Leads, Dank eingebautem Step-Sequencer darüber hinaus auch allerlei coole bis experimentelle Sequenzen. Merkwürdige Effekte sind ob der Modulationsmöglichkeiten sowieso kein Problem. Dem ambitionierteren Modulisten mag vielleicht irgendwann aufstoßen, dass die zur Verfügung stehenden Module fest vorgegeben sind und sich auch nicht wie ein reales System erweitern lassen, aber das Gegebene will erst einmal ausgiebig erforscht werden und bietet auch so schon genügend Möglichkeiten zur Langzeitbeschäftigung.
Hier wieder einige Presets:

Da ich nie ein echtes Modularsystem von MOOG befummeln durfte, vermag ich über die klangliche Authentizität des MODULAR V wieder nur das bereits beim MINI V Geschriebene zu wiederholen. Verglichen mit den Klangbeispielen auf der guten alten “SYNTHESIZER VON GESTERN”-CD von Matthias Becker, kommt dieses Plugin dem typischen MOOG-Sound schon sehr nahe, aber das Original klingt halt doch noch ein wenig lebendiger. Ob diese Unterschiede es dann rechtfertigen, sich als normaler Musikant auf die Suche nach einem der raren Original-Systeme zu machen, bezweifle ich doch stark, auch wenn manch eingefleischter Analog-Fetischist mit prall gefülltem Geldbeutel mich für diese Aussage belächeln mag… 😉

Dafür bekommt man zum Preis eines MODULAR V vielleicht gerade mal ein ganz kleines Eurorack-Case ohne Modul-Bestückung. Und von den Vorteilen, die Polyphonie, Total Recall, Parameter-Automation und das Laden mehrerer Plugin-Instanzen mit sich bringen, rede ich jetzt mal gar nicht erst…

Ich will nicht verschweigen, dass auch hier die Konkurrenz nicht schläft. Mit dem BAZILLE von U-HE etwa gibt es einen weiteren Vertreter dieser Gattung, der durch noch mehr analoger Authentizität bestechen soll, leider aber auch durch einen recht guten Appetit auf CPU-Ressourcen. In Freeware-Gefilden finden sich mittlerweile ebenfalls ein paar interessante Ansätze, die allerdings klanglich noch nicht mit dem wirklich gut getroffenen MOOG-Charme des MODULAR V aufwarten können.

Erzwo…

Ein weiterer Klassiker aus den USA, der als Emulation vorliegt, ist das semi-modulare Modell 2600 von ARP Instruments, einem direkten Konkurrenten von MOOG. Schon damals gab es dann auch in Musikerkreisen schnell zwei “verfeindete” Lager: Während die Einen auf MOOG schwörten, zogen die Anderen die Synthesizer von ARP vor, möglicherweise hatte dies auch etwas mit der Endorsement-Politik von ARP Instruments zu tun, diverse Musiker erhielten nämlich ARP-Synthies für Nüsse, die man dann auf deren Bühnenauftritten bewundern durfte… 😉

Während man den Vorgänger des ARP 2600, namentlich den ARP 2500, beispielsweise in der Landeszene von Spielbergs UFO-Streifen “Unheimliche Begegnung der dritten Art” bewundern konnte (dieser wird im Film sogar von Alan R. Pearlman selbst gespielt), hat wahrscheinlich jeder von uns den ARP 2600 schon gehört, trug er doch wesentlich dazu bei, einem gewissen Astromech-Droiden namens R2D2 zu seiner prägnanten “Stimme” zu verhelfen. Darüber hinaus ist die Liste der Musiker, die den ARP 2600 einsetzten, recht beachtlich, stellvertretend seien hier einmal Depeche Mode genannt.

ARTURIA ARP 2600V A
ARTURIA ARP 2600V A

Mit dem ARP 2600 V hat ARTURIA eine virtuelle Kombination aus eben dem ARP 2600 und dem Step-Sequencer MODEL 1601 kreiert, was sich insbesondere wohltuend auf eine Vielzahl der mitgelieferten, interessant sequenzierten Presets auswirkt.

Während das GUI wieder einmal das Auge zu erfreuen vermag (auch hier ist der halbmodulare Bereich mit Patchkabelnachbildungen versehen), so kommt es der Bedienung nicht immer unbedingt entgegen, da der Versuch ARTURIAs, die Optik der Regler weitgehend ans Original anzulehnen, bisweilen in etwas fummeligen Mauszeigerorgien resultiert, sofern man denn keinen Hardware-Controller benutzt.
Soundmäßig gibt es hingegen eigentlich wenig zu bemäkeln, hier zeigt sich der ARP 2600 V sogar noch etwas flexibler als das Original, wengleich das weiter oben Geschriebene in Sachen Authentizität auch hier zutrefflich ist, ebenso wie die bereits genannten Vorteile von VA-Synthesizern.

Gute Bässe, bewegte Sequenzen sowie allerlei Spaciges und mehr sind problemlos möglich, und die integrierte Federhallsimulation umhüllt den Klang gleich mit einem Vintage-Feeling.

ARTURIA ARP 2600V B
ARTURIA ARP 2600V B

Und wieder mal einige Presets, die mir besonders gefielen:

TimewARP 2600 von WAY OUT WARE ist der einzige Mitbewerber, der mir in diesem Zusammenhang einfällt, mangels Verfügbarkeit konnte ich jedoch keinerlei Klangvergleich anstellen, und so liegt der ARTURIA ARP 2600 V zumindest featureweise weiter vorn.

Voight-Kampff-Maschine…

Nach diesen alten Amis widmen wir uns nun einem ebenso legendären Japaner zu, nämlich dem polyphonen CS-80 aus dem Hause YAMAHA, bzw. seiner französischen Software-Reinkarnation CS-80 V. Auch der CS-80 hatte damals seinen Auftritt in einem Science Fiction-Film, nämlich in Form dieser tollen, strahlenden Sounds in Vangelis‘ Soundtrack zu “Blade Runner” (aber auch auf vielen der anderen alten Vangelis-Alben). In Michael Jacksons “Billie Jean” hört man ihn ebenfalls. Auf dem Elektronik-Album “Legend of the Wolves” von Joerg Strawe finden sich gleichfalls imposante CS-80-Klänge, insbesondere im Titelstück machen sich sehr fette Drones und ausufernde Pads breit.

Weniger Freude an diesem Teil hatten sicherlich die Roadies, die das einen Doppelzentner schwere Monster vom LKW auf die Bühne und hinterher wieder zurück schleppen durften, andererseits dürfte dies auch nicht allzu oft vorgekommen sein… 😉

Nun, der CS-80 V dürfte als Plugin wohl keinerlei Platz- Transportschwierigkeiten bereiten, also schon mal ein Problem weniger. Auch weist er nicht einen weiteren bekannten Nachteil der Hardware auf, nämlich sich ganz gerne temperaturabhängig zu verstimmen.

ARTURIA hat auch beim CS-80 V das Originalkonzept wieder zugunsten der Flexibiltät sinnvoll erweitert. Einmal mehr finden wir ein aufklappbares Bedienpanel mit Extra-Features, beispielsweise einer Modulationsmatrix und einem achtfachen Multimode, der unter anderem extrafette Schichttorten ermöglicht.

ARTURIA CS-80V
ARTURIA CS-80V

Das GUI mitsamt virtuellem Ribbon-Controller lässt zwar nostalgische Gefühle aufkommen, ich gebe jedoch zu, dass mich so etwas heutzutage nicht mehr wirklich beeindrucken kann und stattdessen zu “Function over Fashion” tendiere, will sagen, der CS-80 V ist nicht unbedingt das übersichtlichste Plugin, wenngleich seine typisch subtraktive Klangarchitektur grundsätzlich nachvollziehbar ist.
Aber so richtig einladend wirkte der CS-80 V beim Erstkontakt ehrlich gesagt nicht auf mich, und die etwas langweiligen Presets, die ich zunächst anspielte, hoben mich auch nicht gerade aus den Pantoffeln.

Erst nach näherer Beschäftigung mit ihm vermochte ich schließlich seine sehr wohl vorhandenen Vorzüge zu entdecken. Diese liegen vorrangig in seinem vollen Klang verborgen, denn man kann durchaus schon imposante quasi-analoge Sachen aus ihm herauskitzeln.
Das Ergebnis tendiert dabei auch tatsächlich in Richtung dessen, was mir bereits vom CS-80 zu Ohren kam, aber dessen Output finde ich persönlich doch etwas lebendiger als den der Emulation, was sicherlich auch an den stärker vorhandenen technischen Ungenauigkeiten bei historischer Analog-Hardware liegen mag. Wir reden hier jetzt auch nicht von extremen Unterschieden, eher von subtilen Eindrücken.

Diverse Presets:

Als Konkurrent zum CS-80 V fällt mir nur der von seinen Features her etwas schlanker ausgestattete ME80 von Gunnar Erkonas ein, wer nun echter klingt, müsst ihr aber für Euch selbst entscheiden…

Das der CS-80 V jetzt nicht zu meinen Top-Favoriten innerhalb der hier vorgestellten Riege gehört, konntet Ihr vielleicht schon zwischen den letzten Zeilen herauslesen. Ich muss auch gestehen, dass diese geballte Macht an Analog-Emulationen innerhalb der V COLLECTION 4 bei mir irgendwann zu einem gewissen Übersättigungseffekt geführt hat, so dass der CS-80 V hier im Vergleich mit den anderen Kandidaten auch relativ schnell wieder aus meinem Fokus verschwand.

Nicht etwa, dass ich den CS-80 V hier jetzt madig machen möchte, das hat nun wirklich nicht verdient, aber unter all den Virtuell-Analogen auf dem Markt sticht er aus heutiger Sicht nicht mehr so sonderlich hervor, dazu ist die Auswahl mittlerweile einfach zu groß, und auch andere Mütter haben schließlich hübsche Töchter…

Andererseits: Hätte ich auf einer einsamen Insel nur den CS-80 V als einziges Synth-Plugin auf meinem Laptop, dann würde ich damit sicherlich lange Zeit zufrieden Musik machen können, ohne dass mir langweilig würde, so gut ist er auf jeden Fall… 😉

Jupiter Ascending…

Und noch ein Franzose mit ursprünglich japanischen Wurzeln befindet sich im Club, der JUPITER-8V, welcher, wer hätte dies auch nur ahnen können, den ROLAND JUPITER-8 nachzubilden versucht. Letzerer ist auch der einzige klassische Synthesizer in dieser Riege, den ich im echten Leben tatsächlich schon mal befingern durfte (ich hatte im ersten Teil ja bereits davon berichtet…).

Nachdem ich vorher schon viel Lobpreis über den JUPITER-8 gelesen und daher auch eine dementsprechende Erwartungshaltung ihm gegenüber aufgebaut hatte, war ich zugegebenermaßen dann bei meiner ersten Begegnung damit nicht annähernd so beeindruckt wie ich mir das vorher ausgemalt hatte…

Das lag aber nicht etwa daran, dass der JUPITER-8 schlecht geklungen hätte, ganz im Gegenteil, sein Sound gefiel mir durchaus. Ich besaß zu dieser Zeit aber bereits längst einen JUNO-106 und einen JD-800 (beide ebenfalls von ROLAND) und kannte auch schon allerlei andere Synthesizer, darunter auch diverse Analoge verschiedener Hersteller.

Der JUPITER-8, so ganz trocken abgehört, klang für mein Empfinden typisch nach ROLAND, zwar schon voller als mein JUNO-106, aber auch nicht unbedingt Galaxien weit davon entfernt. Und mein JD-800 bot mir zu dieser Zeit eine deutlich größere Klangvielfalt und hörte sich auf Befehl ebenfalls oberbreit (aber natürlich anders als der JUPITER-8…) an. Daher verspürte ich auch nur einen rudimentären Neid auf den damaligen Besitzer des JUPITER-8. Der hingegen wusste das Teil noch weniger zu schätzen als ich und verhökerte es nach kurzer Zeit wieder. Hoffen wir also, dass der neue Besitzer den JUPITER-8 mehr zu schätzen wusste… 😉

ARTURIA JUPITER-8V
ARTURIA JUPITER-8V

Soweit zu meinen lange zurückliegenden, höchst subjektiven Eindrücken von diesem Klassiker. Beim ARTURIA JUPITER-8V dagegen verhielt es sich fast zwei Jahrzehnte später lustigerweise genau anders herum: Meine ersten Erwartungen waren nicht außergewöhnlich hoch angesiedelt, eben noch so eine Emulation halt. Beim Anspielen der Presets allerdings bekam ich das Grinsen erstmal nicht mehr aus dem Gesicht, fand ich doch einige sehr schön programmierte Earcatchers darunter, die wirklich “teuer” klangen. Kennt noch jemand die Synthpopnummer “Unveiling The Secret” von Psyche aus den 80ern? Deren Hookline etwa lässt sich verblüffend originalgetreu mit dem JUPITER-8V nachbilden, wenn es denn einen Grund gäbe, so etwas überhaupt tun zu wollen.

Auch beim JUPITER-8V hat sich ARTURIA wieder Mühe gegeben, die Bedienoberfläche optisch nahe an das Original anzulehnen. Das sieht hübsch aus, in der Praxis leidet aber einmal mehr der schnelle Workflow ein wenig darunter, zumindest bei ausschließlicher Verwendung von Mouse, Trackball oder Touchpad.

Dass es auch anders geht, beweist das auch hier vorhandene, aufklappbare Extrapanel, denn im Gegensatz zum quasi photorealistischen Vintage-GUI des JUPITER-8V präsentiert es sich ausgesprochen modern und Dank der durch Tabs getrennten Sektionen zudem auch deutlich augenfreundlicher.

ARTURIA JUPITER-8V Extrapanel
ARTURIA JUPITER-8V Extrapanel

Neben den Presets finden sich hier natürlich auch wieder jede Menge zusätzlicher Funktionen, wie zum Beispiel einen (Modulations-)Sequencer, Effekte und eine GALAXY getaufte Unterabteilung. Bei letzterem handelt sich nicht etwa um die Emulation eines koreanischen Smartphones, vielmehr kann der geneigte Soundbastler sich hier aus mehreren miteinander verknüpfbaren LFOs eine Art Supermodulator bauen.

Von diversen gelungenen Presets des JUPITER-8V habe ich ja bereits berichtet, hier sind welche davon:

Definitiv ein gut klingender Softsynth, zu dem mir keine direkte Entsprechung anderer Hersteller einfällt, wenn man mal von U-HE DIVA absieht, welche ebenfalls diverse Module des JUPITER-8 bietet. Dunkel, sehr dunkel, erinnere ich mich zwar noch an so eine alte SynthEdit-Hupe, die vorgab, einen JUPITER-8 zu emulieren und optisch auch so ähnlich wirkte, der Sound war allerdings ziemlich grausig und hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit auch nur irgendeinem ROLAND-Synthesizer…

Doppelkopf…

Zurück nach Amiland. Neben MOOG, ARP (und OBERHEIM…) konnte noch ein weiterer Hersteller aus den USA ein paar der heute so begehrten Vintage-Boliden auf den Weg bringen, nämlich SEQUENTIAL CIRCUITS. Der Kopf dahinter war ein gewisser Dave Smith, ja genau der, der heute noch unter eben diesem Namen (oder kurz DSI) interessante Hardware-Synthesizer produziert, etwa den jüngst erschienen PROPHET 6.

Der nachfolgende Kandidat von ARTURIA vereint unter seiner Haube gleich zwei recht unterschiedliche Klassiker von SEQUENTIAL CIRCUITS, nämlich den PROPHET 5 aus den späten 1970ern sowie den 1986 erschienenen PROPHET VS.

Beim PROPHET 5 handelte es sich um den ersten polyphonen Analogsynthesizer mit Klangspeicherplätzen, was seinerzeit eine kleine Sensation darstellte. Dies war durch durch den Einsatz der noch jungen Microprozessortechnik möglich geworden.

Der PROPHET 5 fand so schnell Anklang bei den Musikern, zumal er einen tollen Sound zu bieten hatte, der selbst bis heute unter Kennern noch gefragt ist. So ist der PROPHET 5 schon auf vielen guten Platten zu vernehmen, aber nicht nur dort, sondern beispielsweise auch bei “Modern Talking”… 😉

Beim PROPHET VS hingegen präsentierte SEQUENTIAL CIRCUITS, bereits unter Druck geraten durch die zunehmend digitalisierte Konkurrenz aus Japan, eine vermeintlich neue Klangerzeugung, die als sogenannte “Vector Synthesis” vermarktet wurde. Dabei handeltet es sich im Grunde aber nicht um eine wirkliche Syntheseform, denn diese war beim PROPHET 5 nach wie vor subtraktiv, es standen hier allerdings zahlreiche digitale Wellenformen bereit, die über die analoge Standardkost hinaus gingen.

Mittels eines kleinen Joysticks konnte man die Lautstärkeverhältnisse der vier zur Verfügung stehenden Synthesestränge dynamisch und intuitiv zurecht rühren und diesen Vorgang auch (begrenzt) aufzeichnen, was sehr lebendige Klänge zu erzeugen vermochte.

Dieses Prinzip wurde von Dave Smith und seinem Team nach der Firmenpleite von SEQUENTIAL CIRCUITS noch mehrmals für andere Hersteller “recycled”, etwa bei der KORG WAVESTATION (die übrigens auch ein paar der PROPHET VS-Wellenformen beinhaltet) und beim Trio SY22, SY35 und TG33 von YAMAHA.

ARTURIA PROPHET-V
ARTURIA PROPHET-V

Der PROPHET-V von ARTURIA verschmilzt nun diese beiden nun doch sehr unterschiedlichen Synthesizer zu einem einzigen Plugin, und ich kann an dieser Stelle schon mal verkünden, dass dieses Unterfangen sehr gelungen ist. Der PROPHET-V stellt für mich persönlich eines der definitiven Highlights unter den hier aufgezählten Synthesizern dar.

Das liegt einerseits in seiner Flexibilität begründet, kann der PROPHET-V doch nicht nur den PROHET 5 und den PROPHET VS jeweils für sich emulieren (das Bedienpanel wechselt dann automatisch), sondern auch einen Hybriden aus beiden Synthesizern, der es so natürlich niemals als Hardware existierte. Noch wichtiger ist hingegen der Klang, und der kommt beim PROPHET-V wirklich wohltönend aus den Boxen. Der Druck stimmt auf alle Fälle, und die Klangvielfalt geht Dank der VS-Wellenformen auch weit über den rein analogen Bereich hinaus.
Und wieder ein paar Presets:

Gerade bei diesem Synthie habe ich etwa auch tolle Klänge gefunden, die sich ideal zum Einspeisen als externes Carrier-Signal in einen Vocoder eigneten, um damit prägnante Roboterstimmen zu erzeugen.

Beim Spielen des PROPHET-V machen sich immer wieder deutliche 80er-Jahre-Assoziationen bemerkbar, sofern man einst diese Zeitphase mit aktiven Ohren durchlebt hat! Aber mit ein wenig Tweaking sind ebenso vielerlei moderne oder prinzipiell zeitlose Klänge möglich.
Während mir sonst keine weitere PROPHET VS-Emulation bekannt ist, so gab/gibt es noch ein paar virtuelle Nachahmungen des PROPHET 5. Der PRO-52/PRO-53 von NATIVE INSTRUMENTS zählt bereits längst zur Abandonware und ist noch nicht einmal mehr im aktuellen KOMPLETE vorhanden. Ansonsten existiert noch der MESSIAH von Gunnar Erkonas, den Michael Lührig mal vor vielen Jahren bei uns getestet (https://www.buenasideas.de/test/musikproduktion/plugins/virtuelle-instrumente/messiah-ein-ganz-besonderes-synthesizer-plugin-review-von-michael/) und ihm dabei gleich zu Beginn eine klare klangliche Unterlegenheit gegenüber dem PROPHET-V attestiert hatte.

Tomcat…

Der letzte Kandidat in der heutigen Runde (Puh, fast geschafft…) hat wie die Mehrzahl seiner Geschwister ebenfalls ein Hardwarevorbild aus dem Land der unbegrenzten Datensammlung… ähh… Möglichkeiten. Was fehlt denn noch? Richtig, ein OBERHEIM!

Das in den 1970ern von Tom Oberheim ursrprünglich als Klangerweiterung ohne eigene Klaviatur konzipierte, monophone SEM (Synthesizer Expander Module) fand schnell ein großes Interesse bei Musikern, welches bis heute ungebrochen anhält. So lebte das SEM zunächst in verschiedenen, je nach Anzahl der verbauten Module mehrstimmigen OBERHEIM-Synthesizern fort und erlebte schließlich in Form einer MIDIfizierten Neuauflage durch Tom Oberheim selbst seine Reinkarnation in der Gegenwart (mal ganz abgesehen von diversen, ebenfalls vom SEM inspirierten Hardwaresynthesizern anderer Hersteller).

Die Klangarchitektur des SEM ist relativ simple ausgeführt und verwirrt auch nicht unbedingt mit einer übermäßigen Vielzahl an Regelmöglichkeiten. Nichtsdestotrotz oder vielleicht auch gerade deswegen fand und findet das SEM viele Freunde, ansonsten dürfte dies sicherlich in erster Linie an seinem hervorragenden, musikalischen Klang liegen.

ARTURIA OBERHEIM SEM V
ARTURIA OBERHEIM SEM V

ARTURIAs virtuelle Version namens OBERHEIM SEM V weicht das Ursprungskonzept wieder sinnvoll auf, beispielsweise durch die Integration eines Arpeggiators, diverser Effekte, eines Sub-Oszillators sowie eines zusätzlichen LFO. Weitere Features verbergen sich einmal mehr hinter einem aufklappbaren Extrapanel, dessen moderne Optik sich stark vom übrigen Vintage-Look des SEM V-GUI unterscheidet. Letzteres wirkt diesmal recht augenfreundlich, zusammen mit der übersichtlichen Parametrisierung geht die Bedienung daher beim SEM V sehr flott von der Hand.

Auch der Klang kann sich hören lassen, man merkt diesem Plugin sein vergleichsweise jüngeres Alter an, ARTURIA scheint dabei die verwendeten Algorithmen durchaus noch weiter verfeinert zu haben. Allerdings ist adäquat dazu auch der CPU-Hunger gegenüber den älteren Geschwistern etwas gestiegen. Insbesondere das modellierte Filter des SEM V gefällt mir ziemlich gut.
Doch entscheidet selbst:

Zum OBERHEIM SEM V kommt mir eigentlich nur eine direkte Alternative in den Sinn, die ist allerdings nur für Windows-Musikanten geeignet, nämlich der SAM von WOK alias Wolfgang Krumme, welchen ich vor ein paar Jahren einmal testen durfte (siehe hier: https://www.buenasideas.de/test/musikproduktion/plugins/virtuelle-instrumente/testbericht-wok-sam/).

In einer abgespeckten Variante war dieser auch schon mal als BEAT-Magware erhältlich, zudem existiert noch eine deutlich erweiterte Version mit Effekten und mehr, UNCLE SAM genannt. Der SAM klingt ebenfalls recht analog und vintage, unterscheidet sich aber in Feinheiten durchaus vom SEM V, was ich diesem Falle aber völlig wertfrei meine. Als ich jedoch gerade eben mal kurz auf WOKs Webseite nachschauen wollte, da musste ich leider feststellen, dass Wolfgang Krumme aus familiären, finanziellen und gesundheitlichen Problemen bis auf weiteres den Verkauf seiner kommerziellen Plugins eingestellt hat und auch den Zugriff auf seine Freeware nur noch gegen eine Spende anbietet (Mehr dazu steht hier: http://www.wokwave.com/). Und wieder eine kleine, aber feine VST-Schmiede, die nicht zuletzt auch Dank so mancher, nicht zahlender Warezsauger (aber vermutlich nicht allein deretwegen) die Fahne strecken muss… Alles Gute von hier aus, Wolfgang!

Nun denn, ich bin etwas abgewichen, also wieder zurück zum Thema. Das OBERHEIM SEM V ist von derartigen Problemen nicht betroffen, sowohl für Windows als auch für OSX erhältlich, auch in 64 Bit, und nach der Preisreduktion von Seiten ARTURIAs als Einzelprodukt längst unter die magische 100,- Euro-Grenze gerutscht, wenn man es denn nicht noch günstiger in einem Bundle wie die V COLLECTION 4 erwirbt.

Familienbande:

So unterschiedlich sich die oben vorgestellten Emulationen auch darstellen, es gibt auch Gemeinsamkeiten, die sie verbindet. Allen voran ist hier ARTURIAS sogenannte SOUND MAP zu nennen, die sich mittlerweile in fast jedem der oben genannten Plugins wiederfindet (Ausnahmen: MODULAR V und OBERHEIM SEM V) und zur Abwechslung mal keinerlei Vintage-Charm versprüht, sondern vielmehr Gebrauch von den Möglichkeiten moderner Computer macht.

SOUND MAP bietet im eigenen Fenster einerseits einen Klartext-Presetbrowser mit filterbaren Kategorien und repräsentiert andererseits die vorhandenen Presets in Form einer “Sternenkarte”. Das Ganze erinnert mich doch sehr stark an eine ähnliche Funktion im UVI SPARKVERB, die seinerzeit wiederum Assoziationen zu einem klassischen Weltraumstrategiespiel auf dem guten alten ATARI ST bei mir auslöste. Vielleicht hat hier ja ein “Technologietransfer” zwischen den beiden Franzosen UVI und ARTURIA stattgefunden? Keine Ahnung, ist reine Spekulation von mir… 😉

ARTURIA SOUND MAP
ARTURIA SOUND MAP

Jede Presetkategorie besitzt hierbei ein eigenes Symbol, und ähnliche Klänge befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander. Presets können durch Anklicken des jeweiligen Symbols direkt angewählt werden. Dies allein haut sicherlich noch niemanden aus den Pantoffeln. Interessant ist hier allerdings die Möglichkeit, sehr schnell neue Klänge aus den bestehenden Presets zu erzeugen, indem man in den leeren Raum zwischen den Symbolen klickt. was dazu führt, dass abhängig von der Mauszeigerposition ein Mischklang aus den jeweils nächstgelegenden vier Presets entsteht.

Darüber hinaus kann man in einem COMPASS genannten Vektorfeld, das mich eher an einen typischen Radarschirm aus diversen Sci-Fi-Serien erinnert, bis zu vier beliebige Presets laden und dann zwischen eben diesen frei morphen, um so neue Mischformen zu erzeugen.

SOUND MAP COMPASS
SOUND MAP COMPASS

Diese Weise der Klangerstellung hat natürlich nichts mehr mit der klassischen Knöpfchendreherei gemein, ist aber gleichwohl ergiebig. Das Prinzip findet man auch in abgewandelter Form im EINKLANG von EISENBERG, bei diesem ist es ja sogar zum grundlegenden Zentrum der Klangerstellung gezüchtet geworden. Insbesondere Anfänger, die sich mit dem üblichen Klangschrauben noch etwas schwer tun, finden hier eine einstiegsfreundliche Form der Parameterbewältigung vor, während Fortgeschrittene dies als schnelle Abkürzung zu schätzen wissen dürften. Anschließende Nachbehandlungen und detaillierte Finetunings nach Geschmack sind über die jeweiligen originalen Bedienoberflächen der Instrumente ja nach wie vor möglich.

Dass eine solche Interpolation zwischen bis zu vier Parametersätzen in Echtzeit auch mit einer erhöhten Anforderung an die Rechnerleistung einhergeht, sei hier allerdings ebenfalls erwähnt. Darin vermute ich auch den Grund, warum sich beim MODULAR V sowie beim OBERHEIM SEM V leider keine SOUND MAP findet. Beim MODULAR V müssten dann ja alle eventuell vorgenommenen Patchverkabelungen bei bis zu vier Presets berücksichtigt werden (Glitches wären vorprogrammiert…), während das SEM V ohnehin schon mehr CPU-Ressourcen beansprucht, ein Echtzeit-Morphing könnte so manchen betagteren Rechner dann schnell in eine längere Denkpause mit allen ungewollten Nebenwirkungen schicken. Schade allerdings, dass hier nicht wenigstens ein einfacher Presetbrowser neben dem üblichen Pulldown-Menü integriert wurde.

Zwischenfazit:

Auch hier gibt es im Rahmen der V COLLECTION 4 wieder nur ein Zwischenfazit, wir sind ja noch lange nicht mit dem kompletten Paket durch. Ich beziehe mich jetzt also lediglich auf die oben vorgestellten Synthesizer-Plugins als Gesamtpaket. Unter dem Namen V COLLECTION CLASSICS bietet ARTURIA – wie eingangs bereits erwähnt – zudem ein weiteres Bundle an, dass alle diese Instrumente minus dem MODULAR V und dem CS-80 V, dafür aber plus dem ANALOG LAB beinhaltet. Der Preis ist mit 229,- Euro ebenfalls recht günstig, wer also in Erwägung ziehen sollte, sich mehr als zwei einzelne Instrumente (für je 99,- Euronen) aus der Kollektion zuzulegen, fährt damit auf jeden Fall besser, sowohl finanziell, als auch klangmäßig. Dass der CS-80 V nun nicht mit dabei ist, halte ich persönlich für sehr verschmerzlich, der ist sowieso nicht mein Favorit, und auch der MODULAR V ist heutzutage kein “Must-Have” mehr. Zumindest die Sounds dieser beiden Plugins erhält man dann mit dem ANALOG LAB ja nach wie vor dazu, nur das Strippenziehen beim MODULAR V fällt dann weg.

Meine sujektiven Lieblinge im Reigen der genannten Instrumente sind PROPHET-V, SEM-V sowie JUPITER-8V, sie bieten klanglich eine sehr gelungene Annäherung an die Originale und glänzen dabei mit allerlei Sonderausstattung, die eben nur die moderne digitale Welt bieten kann. Der Grundklang ist durchsetzungsfähig und die unterschiedlichen Eigenheiten der Vorbilder werden in den jeweiligen Emulationen recht überzeugend umgesetzt.

Dass soll jetzt nicht heißen, dass dies bei den anderen Plugins etwa nicht der Fall ist, allerdings finde ich diese aus heutiger Sicht nicht mehr ganz so aus der Masse heraus stechend, dazu ist die Konkurrenz mittlerweile einfach zu groß geworden, beispielsweise im Bereich MOOG-Sound. Meine Tester-Ohren haben im Laufe der Jahre nun schon so viele gute Analognachbildungen vorgesetzt bekommen, dass es mir inzwischen schwer fällt, in diesem Bereich noch eindeutige Empfehlungen zu geben. Vor rund zehn Jahren sah das ja noch etwas anders aus…

Heutzutage kann der geneigte Musikant frei nach seinem Geschmack, nach dem vorgesehenen Einsatzzweck und auch nach der Größe seines Geldbeutels auswählen. Wem es nur unspezifisch um einen typischen Analogsynthieklang im Rechner geht, der kann hier genauso gut wie anderswo zugreifen, möglicherweise ist er ja auch schon mit besserer Free- oder Magware zufrieden. Wer hingegen den Grundklang und die Möglichkeiten eines bestimmten Hardware-Vorbilds sucht, der entscheidet sich entsprechend des Angebots, und bezüglich der oben vorgestellten Emulationen ist ARTURIA da meiner Ansicht nach durchaus noch mit im Rennen. Wem die Nachahmung einer TB-303, eines SH-101 oder eines MS-404 genehm ist, der wird woanders fündig, und selbst den MOOG-Klang gibt es inzwischen bei einigen Mitbewerbern noch etwas überzeugender.

Wer gerne den Sound des JUPITER-8 aus den 80ern mag, oder wer verzweifelt die Klänge aus seiner langsam den Geist aufgebenden Hardware in die digitale Welt hinüber retten möchte, der dürfte mit dem JUPITER-8V sicherlich eine gute Wahl treffen. Ähnlich verhält es sich mit dem PROPHET-V, der ja sogar gleich zwei Klassiker emuliert. Und was den SEM V angeht, so zählt dessen Klang eindeutig zu den empfehlenswerteren Analog-Emulationen auf dem Markt.

Natürlich werden eingefleischte Hardware-Freaks weiterhin an ihren Kisten und Kästchen schrauben wollen und darauf bestehen, dass deren Klang besser sei, und davon mag ich sie auch gar nicht abbringen wollen. Wer die Kohle und den Platz dafür hat, der möge sich sein Studio mit Hardware vollstellen, diese hegen und pflegen und damit glücklich werden. Mir selbst macht es ja auch mehr Spaß, an einem MicroBrute oder selbst nur an einem MONOTRON oder gar einem popeligen GAKEN SX-150 MKII herumzufummeln, als an einem Plugin oder an einem generischen MIDI-Controller. Und ich finde ebenfalls, dass mit dem besagten Monotron weitaus krassere Modulationen im Audiobereich möglich sind, als mit den meisten Plugins, auch mit deutlich mehr klanglichen Zwischenstufen, der analogen Welt sei Dank! Soweit zum Klang…
Andererseits denke ich durchaus auch rational: Meine freien Stellflächen sind ebenso begrenzt wie mein Budget, Kabelsalat habe ich schon ausreichend, mein DAW-Rechner ist schnell genug, und ich habe mich auch schon zu sehr an die Vorzüge des “Total Recall” gewöhnt. Mal völlig davon abgesehen, dass Softwaresynthies sich auch in mehreren Instanzen laden lassen, während man bei Hardware-Geräten pro Instanz jedesmal erneut in die Tasche greifen darf…

Auch haben die vorgestellten Plugins gegenüber ihren echten Vorbildern allerlei andere Vorzüge, nach denen man sich seinerzeit vermutlich die Finger geleckt hätte. Insbesondere die ganz alten Boliden boten ja weder Speicherplätze, noch konnten sie mit Polyphonie aufwarten. Gut, dass kann eine Vielzahl von traditionellen Instrumenten ebenfalls nicht, würde man Synthies nicht üblicherweise mittels Keyboard, sondern per Blaswandler spielen, dann wäre Polyphonie wohl eher uninteressant… 😉

Die ARTURIA-Emulationen bieten über diese Punkte hinaus zahlreiche intrumentenspezifische Extras (wie etwa Effekte, SOUND MAP, Modulations-Matrizen usw.) und laufen nach wie auf auf allen wichtigen DAW-Plattformen. Wer sich den Klang der analogen Klassiker in seinen Laptop holen möchte, der macht hier sicher nichts falsch, wenngleich fairerweise noch einmal wiederholt werden muss, dass diese Sammlung heutzutage auch nicht mehr das absolute “Non-Plus-Ultra” darstellt, dazu ist die Mitbewerberschaft in den letzten Jahren einfach zu stark gewachsen. Das degradiert aber auf der anderen Seite keineswegs den Nutzwert der ARTURIA-Synthies oder macht diese gar obsolet!

Ich habe mitterweile so viele gute Plugins in meinem VST-Ordner sowie eine Handvoll Hardware-Geräte, dass ich damit locker den Rest meines Lebens Musik machen könnte, ohne jemals in klanglicher Hinsicht wirklich viel zu vermissen. Die ARTURIA-Emulationen bräuchte ich persönlich somit gar nicht zwingend. Ich ertappe mich aber immer wieder dabei, dass ich auf der Suche nach ganz bestimmten Klängen häufig zuerst das eine oder andere der hier vorgestellten ARTURIA-Instrumente aufrufe und dort auch schnell fündig werde – sicherlich nicht in allen Fällen und natürlich auch nicht bei allen Arten von Sounds, aber für die anderen Sachen habe ich ja schließlich ebenfalls meine Favoriten verschiedener Hersteller, die ich dann jeweils bevorzugt zum Dienst bemühe.

Was die oben erwähnte V COLLECTION CLASSICS angeht, deren Bestandteile wir mit diesem und dem letzten Teil ja ebenfalls abgedeckt haben, so möchte ich diesmal nicht gleich wieder unseren BuenasIdeas-Tipp dafür vergeben, denn dazu ist mir persönlich das ganze Bundle inzwischen doch schon etwas zu abgehangen.

Es befindet sich meiner Meinung nach zwar durchaus immer noch im oberen Qualitätssegment, aber heutzutage bewegen sich einfach nicht mehr alle der enthaltenen Instrumente im Spitzenfeld des Machbaren, was virtuellen Analogklang angeht. Dennoch, gut sind diese Synthies allemal, es gibt keine wirklichen Ausreißer nach unten, aber welche nach oben, und der Preis für das CLASSICS-Bundle liegt in einer Region, in der man noch vor einigen Jahren gerade mal ein einziges dieser Plugins von ARTURIA bekommen hätte.

Ich habe hier zufällig noch einen alten JUST MUSIC-Katalog von 2009 gefunden, dort sind diese Plugins noch mit 189,- Euronen pro Stück gelistet. Wie die Zeit doch rast… Den OBERHEIM SEM V gab’s damals noch nicht, und MINI V sowie MODULAR V trugen beide zu der Zeit auch noch das MOOG im Namen, dass dies jetzt nicht mehr so ist, wird vermutlich mit irgendwelchen Lizenzrechten zusammenhängen.
Okay, ein endgültiges Fazit zur kompletten V COLLECTION 4 steht weiterhin aus, das ist ja erst dann fällig, wenn meine werten Kollegen mit den letzten beiden Teilen dieser Testberichtserie am Start sind… 😉

Positives:

+ guter Grundklang mit erkennbarer Authentizität in Bezug auf die einzelnen Vorbilder
+ OBERHEIM SEM V, PROPHET V und JUPITER-8V sehr gelungen
+ zahlreiche Zusatz-Funktionen über die Emulationen hinaus
+ viele gute Presets
+ SOUND MAP-Funktion bei den meisten Plugins
+ MIDI-Learn
+ Parameteränderungen auch per Scroll-Wheel möglich

Negatives:

Keine Browser-Funktion bei MODULAR V und OBERHEIM SEM V
Bedienung einiger Plugins teilweise etwas unergonomisch
Ältere Emulationen des Bundles klanglich bereits überholt (MINI V, CS-80 V)

Anmerkung Andreas 23.02.2024: Die Links zu den einzelnen Produktseiten habe ich herausgenommen da diese ins Nirvana führten

Produktwebseite:

https://www.arturia.com/de/products/software-instruments/v-collection/overview

http://www.arturia.com/products/analog-classics/v-collection/overview
http://www.arturia.com/v-collection-classics/overview

Und unser Test zur Neuesten Version:

Review Arturia V-Collection X

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*