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Augment von Homegrown Sounds Testbericht

Dies ist der nächste ungewöhnliche Synthesizer aus dem Hause Homegrown Instruments. Augment läuft in der Vollversion von Kontakt und gibt Samples wieder, aber meist sehr kurze geloopte Wellenformen und funktioniert demzufolge wie ein Synthesizer. Die ursprüngliche Intention Andy Medforths, des Kopfes hinter HGSounds war die Erforschung additiver Synthese innerhalb des Samplers.

Klassische additive Synthese heißt, man schichtet reine Sinusschwingungen unterschiedlicher Frequenz und Lautstärke übereinander und erhält je nachdem welche Obertöne auf diese Weise entstehen das Spektrum verschiedener Wellenformen. Ein Sägezahn wäre dann alle Obertöne oder Partiale mit abnehmender Intensität und ein Rechteck nur die ungeraden. Dabei ist es entscheidend, dass die einzelnen Sinustöne in den Intervallen der (idealen) Obertonreihe gestimmt sind. Mit dem Default-Preset zeigt Augment auch das Bild der Partiale einer Rechteck-Wellenform, immer eine Lücke zwischen den einzelnen Obertönen und abnehmende Lautstärke der Partiale zu den hohen Frequenzen hin.

Augment verfügt über zehn Partiale über dem Grundton, also insgesamt elf, was für einen additiven Synth sehr wenig ist, selbst uralte additive Softsynths bieten normalerweise bis zu 512 Partiale an. Mit elf Sinuswellen lassen sich nur grobe und undifferenzierte Spektren erzeugen, die Klangvielfalt auf der Oszillatorseite ist damit etwas eingeschränkt. Augment verfügt jedoch über einen Aufbau, der auch das wieder ausgleicht, da jedes einzelne Partial unterschiedlich mit etlichen Parametern über die Dauer des Klangs moduliert werden kann.

Doch nicht genug damit, der Clou am Augment ist, dass eben nicht nur Sinus- Wellenformen in die elf Slots geladen werden können, sondern auch eine große Auswahl völlig anders gearteter Wellenformen, die aus akustischen Instrumenten und Synthesizern extrahiert wurden, deren verschiedene Spektren sich zu völlig neuen Gebilden kombinieren. Im Prinzip mutiert damit das Konzept eines additiven Synths zu einem Synth mit elf Oszillatoren oder Layern.

Jeder einzelne Layer besitzt ein eigenes Filter mit Cutoff und Resonanz, das man aus einer langen Liste von Filtertypen bestimmen kann und eine Envelope, die man allerdings nur aus einer Liste voreingestellter Grundtypen auswählen kann, die jedoch in ihrer Intensität regelbar ist. Ein Tune-Regler nimmt Einfluss auf die Tonhöhe, direkt lassen sich auch die Sample Rate und Bit-Tiefe bestimmen. Darüber hinaus gibt es pro Layer auch drei Sends für das Delay, das Reverb und einen der drei in den dritten Effekslot geladenen Effekte Chorus, Flanger oder Phaser.

Unter den Parametern für den Layer links sind die grafischen Balken- Anzeigen für das Volumen der einzelnen Layer/Partiale, also eine Art Mixer, wenn man vom Konzept eines 11-Layer-Synths ausgeht. Je nach Höhe der Balken ändert sich der Gesamtklang teils drastisch, weil andere Layer in den Vordergrund treten. Die einzelnen Layer kann man solo schalten und so auch leiser gestellte Teilklänge abhören.

 

Richtig Bewegung kommt aber mit den Sequencern in der unteren Hälfte des GUI hinein. Die Anzahl der Steps kann zwischen 1 und 128 liegen. Moduliert wird pro Layer der Cutoff, das Volumen, der Drive und der Pan. Wobei Drive mit einem Button ein- und ausgeschalten wird und die damit erzeugte Verzerrung nur in der Stärke über den Stepsequencer gesteuert wird, weitere Einstellungen dazu gibt es nicht.
Das XY-Pad rechts dient als Aufnahmerecorder für die Sequencer, gleich wie in den anderen Veröffentlichungen von HGSounds in letzter Zeit.

 

In der Mitte befinden sich die Effekte Release, Chorus/Phaser/Flanger und Delay, es gibt zwei Panels für Master- und globale Einstellungen, darunter auch die für ein globales Filter, das aber die Werte der Filter in den Layern erhöht oder vermindert und eine Filter- Envelope. Eine allgemeine Verstärker-Hüllkurve gibt es nicht, das wird nur per Layer geregelt.

Damit lässt sich ja schon einiges anfangen und man sollte auch immer im Hinterkopf behalten, dass ein Großteil der Parameter pro Layer gelten und den Klangverlauf und Charakter der einzelnen Teiltöne beeinflussen. Die Modulationen können von subtil zu drastisch reichen und den Sound völlig verändern.

Sprunghaft

Neben dem Sequence-Tab gibt es noch vier weitere, die immer den unteren Teil der Oberfläche umschalten. Volumes zeigt zwölf Felder mit je elf Volumenbalken an, gleich wie die Layervolumen, nur verkleinert. Und tatsächlich handelt es sich um die gleiche Mixeransicht und in jedem einzelnen kann man nach Belieben die Lautstärke der Layer zusammenstellen.

Zum tragen kommt das aber erst, wenn man den Volume Sequencer aktiviert. Dieser Sequencer liegt auf dem nächsten Tab, der mit Vol Seq gelabelt ist. Er steuert über einen X und Y Sequencer die Position, welches der zwölf Felder in der kleinen Matrix darunter aktiv ist. Je nach eingestellter Frequenz springt die Anzeige des aktiven Feldes wilder oder gemächlicher herum und wechselt dabei aprupt den Soundcharakter, denn diese kleinen Felder überschreiben dann das große Volume Layers Feld links aussen. Das Ergebnis ist ein rhythmisch wechselnder Sound. Auch diese Sequencer lassen sich mit dem XY Feld aufnehmen. Zusätzlich kann man diese Felder manuell mit den rot eingefärbten Keys auf dem Keyboard triggern.

Übersichten

In dem Tab Overview sind fast alle Parameter der einzelnen Layer in einer Übersicht versammelt – ein großer Fortschritt gegenüber der Beta-Version. Das Editieren der Layer geht damit deutlich schneller und wenn man einen der generellen Random-Buttons klickt springen alle Werte um und man kann gleich gezielt in einzelne Layer eingreifen, wenn man schon vermutet, dass es an dieser Stelle Regelungsbedarf gibt.

 

Klangbibliothek

Der letzte Tab ist der altbekannte Preset-Browser, neben wenigen Keysounds tummeln sich hier hauptsächlich Pad-Sounds und ganz unten Rhythmische Patches und Sequenzen. Dafür ist Augment mit seinen Klangverläufen auch prädestiniert. Der Preset-Browser bietet die gewohnten Features und ein problemloses abspeichern eigener Patches.

 

Alles Zufall oder was?

Wie bei jedem Instrument von HGSounds kann der Verweis auf die exzessiven Zufallsgeneratoren nicht unterbleiben. Jede Sektion für sich und das gesamte Instrument kann durch die folgenreichen Buttons mit dem R auf Mausklick hin durcheinander gewirbelt werden. Einige Random-Buttons wirken generell auf alles, andere mit einer Geschmacksrichtung die rhythmische Veränderungen bevorzugt oder bei der aus einer Datenbank vorgefertigter Stepsequenzen ausgewählt wird. Viele „gesteuerte“ Zufallsergebnisse sind direkt brauchbar oder laden als Grundlage zum weiter verfeinern ein.

 

Fazit

Wenn als Grundlage der Souderzeugung letztendlich Samples zum Einsatz kommen bietet Kontakt in seiner aktuellen Inkarnation ja Raum für einige innovative Konzepte. Wobei die Grenzen zwischen Synthesizer und Sampler immer weiter verschwimmen. Homegrown Sounds ist ja mittlerweile eine Art Spezialist für den kreativen Einsatz von Stepsequencern und bringt damit sehr viel dynamische Abwechslung in die Klangverläufe.
Augment bietet zwar für einen additiven Synth wenige harmonische Partiale, für einen klassischen Synth jedoch opulente 11 Oszillatoren mit eigenem Filter, Volumenverlauf und anderen modulierbaren Parametern, die eine sehr breite Palette an Klängen und Möglichkeiten zum Sound Design eröffnen.

Augments Stärke liegt bei Pads und rhythmisierten Sounds, aber der Volumen Sequencer, der verschiedene harmonische Klangfarben rhythmisch miteinander verkettet bringt noch eine ganz andere Welt mit hinein.

Insgesamt wieder ein großartiger Wurf von HGSounds mit einer innovativen Herangehensweisen an additive Synthese, die am Ende nur mehr im weitesten und erweiterten Sinne eine solche ist.

Produkt-Seite von Augment: http://hgsounds.com/product/augment-for-kontakt-5-7/

Ein Testbericht von Stefan Federspiel

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