Testbericht von Michael Lührig
Memorymoon ein VST-Plugin für Fans des analogen Klanges.
Jedes mal, wenn ich etwas von analogen Emulationen lese, werde ich hellhörig. So geschehen auch wieder bei dem Memorymoon.
Die Faszination der analogen Sounds aus den Anfängen der elektronischen Musik schwingt immer noch durch meine Gehörgänge wenn ich nur daran denke. Schauen und hören wir also, wo die Stärken und auch die Schwächen dieses Plugins liegen.
Erster Eindruck
Der Memorymoon von Gunnar Erkonas kommt zunächst in einer bekannten, aber dennoch nicht unbedingt schnell erfassbaren Oberfläche daher. Die Einstellungen der Potis lassen sich nicht so gut erkennen, da die Linien auf den Potis schon fast zu fein sind. Man muss sich hier zunächst ein wenig orientieren, wenn man dieses Plugin das erste Mal auf den Bildschirm bekommt. Aber nach einer kurzen Orientierungsphase öffnet sich das Buch des Memorymoon allmählich auch mir.
Kommen wir also zum eingemachten.
Sound
Zunächst fällt auf, dass der Memorymoon gleich im ersten Eindruck sehr fett und auch in den tiefen Frequenzen einen guten Bauch fabriziert. Die Filtersektion ist gleich zweimal vorhanden. Hier unterscheidet der Memorymoon zwischen einem 64bit und einem Moog-Filter. Interessant ist dabei, dass Emphasis und Contour auf beide Filter einen Einfluss ausüben und dazu hat jeder Filter noch ein eigenes Levelpoti eingebaut bekommen. Also nicht wundern, wenn man am 64bit Filter dreht und nichts passiert, weil der Level auf Null steht.
Die Kombination von zwei Filtern bringen hier abgefahrene Filterverläufe zustande, die auch die gewollten schmatzigen Sounds liefert, wenn mit der Resonanz nicht sparsam umgegangen wird.
Weiterhin begibt sich der Memorymoon auch in die Gefilde der gesampelten Instrumente, wobei versucht wird ein Piano, Rhodes oder auch eines Wurlitzer zu simulieren. Ich schreibe hier betont „versucht“, weil es am Markt auch so schon genügend andere gute VST-Plugins gibt, die hier bei Bedarf eine bessere Qualität liefern, aber wer noch kein Piano hat, wird hier vielleicht glücklich. Ich war mit den Piano Sounds allerdings nicht zufrieden, denn mir fehlte einfach das luftige in den Samples. Das Klangbeispiel Moon-Bechstein vergleicht hier im Wechsel dann immer den Moon mit dem Akoustik Piano Bechstein im Kontakt 4.
Filter
Der Moog-Filter im Memorymoon gefällt durch seine Nähe zum Original. Die Resonanz geht bis zur Selbstoszillation und kann auch gut für eigene Resonanzeffekte herangezogen werden. Die entsprechenden Klangbeispiele zeigen unterschiedliche Lead-Sounds, wobei der Memorymoon immer etwas Links im Stereobild zu hören ist, während der Minimoog (ja, ich meine hier das Original) immer etwas Rechts zu hören ist.
Allerdings ist hier auch eine Besonderheit zu beachten. Dieses Plugin bremst sich nicht in der Audioausgabe! Also vorsichtig mit den Filtern. Mir ist es Beispielsweise passiert, dass ein durch LFO modulierter Bandpass 2.Ordnung in Bereiche verschoben wurde, die mathematisch zwar korrekt wären, aber auf der Audiokarte Signale von +25dB angezeigt hatten.
Zum Glück hatte ich noch einen Limiter im Master, der hatte dann auch ganz schön zu tun. Eine weitere Eigenheit ist auch, dass es bei Filtersweeps passieren kann, dass Signalanteile erzeugt werden die nur noch Gleichstrom produzieren.
Das knackt im Lautsprecher und die Anzeige bleibt plötzlich Konstant auf einem Pegel. Hier sollte auf jeden Fall noch der Filtersektion eine DC-Sperre und ein eigener Limiter spendiert werden. Sonst hat man Lautsprecher mit zwei kleinen Lämpchen, die dann nur einmal kurz aufleuchten.
Oszillatoren
Die drei Oszillatoren erzeugen auf dem Panel zwar nicht die gewohnte Vielzahl an Wellenformen, aber wenn man dann vermeintlich von Rechteck auf Rampe umschalten will, stellt man fest, dass beide Wellenformen eingeschaltet bleiben. Da freut sich doch gleich der Sounddesigner. So lassen sich aus den drei verfügbaren Wellenformen alle Kombinationen zusammenbauen, die mit Dreieck, Rampe und Rechteck möglich sind. Wenn man die Wellenform Rechteck benutzt, kann man mit dem Poti nebenan natürlich die Pulsweite einstellen.
Hilfreich beim Spielen mit den Potis fand ich dabei das kleine Display links unten. Je nach dem, welcher Parameter hier verändert wird, zeigt das Display die Werte dort in üblicher Notation an. Witzig war dabei, dass einige Parameter in CV angegeben werden.
Dem Leser unter uns, der damit nichts anfangen kann sei erklärt, dass es sich hier um die Abkürzung für Control Voltage handelt. Bei den alten Synthies waren damals die Eingänge für den Filter z.B. auch als 6,3mm Klinkenbuchse vorhanden. Diese konnte dann mit einer externen Spannung im Bereich von z.B. 0-10V belegt werden, um damit den Filter in seiner Cutoff-Frequenz zu steuern. Aktuell kann man dass beim Dark Energy von Doepfer auch in Hardware bewundern.
Modulation
Wer jetzt hier ausgefeilte Modulationsmatrixen sucht, schaut erst einmal vergebens. Der Memorymoon kommt sehr aufgeräumt mit einem handelsüblichen LFO und einem OSC3 als Quellmodulator daher. Die Auswahl der Wellenformen beim LFO ist im Gegensatz zu den Standardoszillatoren etwas erweitert. Hier finden wir den großen Bruder der Rampe, nämlich den Sägezahn und dann noch eine Sample & Hold-Schaltung. Moduliert werden können die Frequenzen und Pulsweiten der drei Oszillatoren, die beiden Filter und der Soundfont. Soundfont? Ja richtig gelesen. Mittels der Soundfontfunktion auf einer anderen Seite des Bedienpanels lassen sich eigene Soundfonts einladen und auch dann über die LFO-Sektion modulieren.
Der LFO und der OSC3 lassen sich per Taster in Sync mit dem Host bringen, während der OSC3 als Quelle nur seine eigenen Wellenformen mitbringt. Mir fiel hier aber auch wieder auf, dass der Memorymoon dabei keine Triolen, oder punktierte Noten anbietet. Allerdings kann man bei dem OSC3 mit der Filterkontur bestimmen, wie weit die Hüllkurve des Oszillators Einfluss auf die Modulation haben soll. Diese Funktion lässt sich bei Bedarf über den entsprechenden Taster ein- und ausschalten. Zuletzt findet sich noch eine Invert-Taste auf dem Panel, mit der die ganze Wellenform invertiert wird.
Systemcontroller, Arpeggio, Effects? Moment mal.
Nach genauerem Betrachten des Bedienpanels fiel mir zudem noch ein weiteres Tastenfeld unter dem Namen Page auf. Standardmäßig ist Page 2 mit der virtuellen Tastatur an. Also drückt man da einfach woanders drauf und staunt.
Was sich dort auftut, nachdem die virtuelle Tastatur ausgeblendet wird, erwartet man einfach so nicht. Hier finden sich der System Controller mit den ganzen Tuning und Empfindlichkeitsparametern für Modulationsrad, Fußpedal und Aftertouch wieder. Gleichzeitig lassen sich die Werte für Velocity auf den Amp und den Filter unabhängig einstellen. Glide, Mono (mit einstellbarer Anzahl an Stimmen), Pitchbend-Tonumfang, Aftertouch für den LFO, Modulationsrad auf LFO-Frequenz und Panic (wenn´s mal wirklich nicht mehr will) gesellen sich auch noch hinzu. Aber das reicht dem Memorymoon noch nicht.
Im mittleren Teil findet sich dann dazu ein Arpeggiator, der über beleuchtete Taster wie bei den alten TR808 als Stepsequenzer programmiert werden kann. Der Arpeggiator kann sowohl die Frequenz der Oszillatoren, als auch der Filter manipulieren. Beim Testen habe ich es aber nicht hinbekommen, dass der Stepsequenzer auf Gate allein alle 16 Noten antriggert. Er spielte nur immer jeweils 4 Noten, dann 4 Pause, und so weiter. Vielleicht ist da noch ein Bug drin, oder ich war zu blöd das Ding zu bedienen.
Gleich neben an wartete dann auch ungeduldig die Effekt-Fraktion auf meinen Einsatz. Mit Prefilter-Schalter, 2-fach Oversampling, HP und LP-Filter, Delay mit Modulation und ein kleines Reverb findet der kleine Schrauber auch etwas für beide Ohren. Ist sowieso lästig, wenn man immer nur Mono mit einem Ohr am Lautsprecher hört. Außerdem tut einem dann der Hals weh.
Vorsicht mit den Distortion-Tastern! Auch hier gilt, erst runter mit der Lautstärke, dann einschalten, sonst sind auch die Nachbarn wach.
Damit der Platz auf der dritten Seite nicht verschwendet wird, bietet der Memorymoon auf dieser Seite noch drei Anzeigen, die zum einen die Spannungsverläufe des LFO und des VOICE-LFO (OSC3) darstellen und zum Anderen ein Oszilloskop, dass immer auf der Nulllinie der gerade erzeugten Wellenform eingerastet ist und diese dann in Echtzeit darstellt. In der Mitte findet sich dann auch noch der Editor für Soundfonts (hier findet man dann auch das Piano) und ein Loop-Wav-Player in dem man seine eigenen WAV einladen kann.
Probleme
Ich hatte während meiner Testphase zweimal erlebt, dass das Plugin bei mir in Reaper beim Laden den Host und die Soundhardware blockierte, wenn ich schon eine Instanz des Memorymoon in meine DAW geladen hatte. Beim ersten Mal ist mir dadurch dieses Review verloren gegangen und beim zweiten Mal ist der PC eingefroren, aber nicht die Soundhardware (die auch im PC verbaut ist).
Vielleicht ist in der Initialisierung des VST noch irgendwo ein Wurm drin der raus möchte. Also ran an den Wurm. Auf der anderen Seite ist mir aufgefallen, dass einige Veränderungen an den Potis auf dem Bedienpanel leichte Knackgeräusche verursachen; blöd, wenn die ins Delay gehen. Eventuell müssen die Routinen für die Parameteränderungen noch „entprellt“ werden (so nennt man in Hardware eine Schaltung, die das Federn von Tastern elektrisch unterdrückt).
Fazit
Wenn ich persönlich die Samples weglasse, finde ich diese Emulation richtig fett mit gutem Sound. Ein VST-Plugin mit eigenem Charakter, das sich hinter einer Hardware nicht verstecken muss. Sicherlich sind noch einige kleine Ausbesserungen nötig, wie Limiter und DC-Sperre für die Filter und auch die leisen Knackgeräusche beim Drehen einiger Potis sollten verschwinden, aber auf der anderen Seite Punktet dieses Plugin mit zwei guten Filtern, einem Arpeggiator und Klangverbiegungen aller Art, die sich dem Anwender erst nach längeren Sitzungen mit diesem Plugin erschließen. Betrachtet man auch noch die CPU-Last (auf meinem Dual-Core 3Ghz), dann wiegt das Plugin gerade mal 2-3% Leistung. Schön schlank.
Für 30$ bekommt man hier ein VST-Instrument, das mit Liebe zum Detail programmiert wurde. Ich werde damit auf jeden Fall immer wieder mal die eine, oder andere Inspiration sammeln.
Euer Michael Lührig
Da der Memorymoon ja schon etwas länger auf dem Markt ist sei hier noch darauf hingewiesen das es eine neue Version gibt, die Version 1.7 wartet mit folgenden Neuerungen auf:
News in memorymoon 1.7:
- Diese Version wird niemals mehr ablaufen, (Superklasse das war leider ein wenig problematisch auch wenn immer auf Nachfrage direkt die neue Version per Mail kam, konnte es zu Ausfällen im Studio Betrieb kommen wenn das Plug gerade gebraucht wurde aber mal wieder abgelaufen war, nun endlich ist dieser Lapsus Geschichte!)
- Neues Design von Robert Wentz.
- Note-on CPU reduziert um 18 %.
- Envelope Retrigger Modes geändert.
- Klicks im Filter1 reduziert.
- Stummschlaten der Note beim rendern des Sounds, Problem beseitigt.
- Soundfont File Browser Problem beseitigt.
- Einige kleinere Änderungen in der Factory Sound Bank.
- Neuer Chord Learn Button. Wie funktioniert das? Funktion aktivieren dann einen Akkord für ca. 2 Sekunden spielen (nach 2 Sekunden verstummt das Audio Signal). Dann wird der Akkord zum Spiel auf dem Keyboard übernommen.
Ich hoffe das wir in der Version 1.8 einige der von Michael kritisierten Punkte als „behoben“ wiederfinden, obwohl ich finde das Raubtier das da im Memorymoon von Gunnar Erkonas schlummert irgendwie gut, man spielt hier halt mit scharfer Munition 🙂
Und hier ist der Link hier findet Ihr auch neben der Bestellmöglichkeit eine kostenlose Demoversion des Memorymoon: www.memorymoon.com
Ich kann Michael nur beipflichten der Memorymoon 1.7 ist ein fantastisches Plugin mit einem Wahnsinns Sound, Ihr könnt Euch selbst davon überzeugen denn Michael hat in seinem Studio einen echten Hardware Minimoog hergenommen und den Memorymoon mit dem echten Minimoog verglichen.
Ok, der Memorymoon ist keine Simulation des Minimoog sondern hier wurde eher der Memorymoog als Vorbild genommen, dennoch dürfte es hochinteressant sein einen echten Moog mit einer Plugin Emulation zu vergleichen.
Andreas