Testbericht: LAKESIDE AUDIO GROOVESTAR 3.0 – Teil 1: House am See…

Mit LAKESIDE AUDIO hat unlängst eine neue Plugin-Schmiede aus deutschen Landen das inzwischen mehr als überfüllte Spielfeld betreten. Wer sich ob des Firmennamens wundert, dieser dürfte wohl vermutlich daher rühren, dass der Entwickler seine Basis in dem kleinen Örtchen Tutzing aufgeschlagen hat, welches sich am Westufer des Starnberger Sees befindet. Wie auch immer, bereits die ersten beiden Produkte aus dem Hause LAKESIDE AUDIO bewegen sich abseits der ausgelutschten Standardkost (also nicht etwa noch eine weitere Minimoog-Emulation oder das fünfhundertsiebenundzwanzigste Delay-Plugin…). Neben einem interessanten Effekt-Plugin zur Isolation von Audiomaterial war zu Beginn des Sommers eine recht ungewöhnliche Kombination aus Stepsequencer und Synthesizer erschienen. Dieses GROOVESTAR getaufte Instrument hatte bereits nach kurzer Zeit schon die Versionsnummer 2.0 erreicht, und Tester-Kollege Stefan Federspiel und ich hatten uns das Teil mal auf unsere Rechner gebeamt und durchgecheckt.

Und während dieser ersten Testphase haben wir beide diverse Auffälligkeiten, ein paar Mankos, aber auch den einen oder anderen Verbessungsvorschlag an LAKESIDE AUDIO zurückgemeldet. Der Entwickler zeigte sich hierbei als überaus aufgeschlossen, und noch bevor wir den Testbericht zur erwähnten v2.0 fertiggestellt und veröffentlicht hatten, erhielten wir eine Betaversion des GROOVESTAR 3.0 zugesteckt, die nicht nur einen Großteil unserer Vorschläge bereits fest implementiert hatte, sondern gleich auch noch mit einer ganzen Reihe an weiteren Verbesserungen aufwarten konnte.

GROOVESTAR 2.0
Die Vorgängerversion: GROOVESTAR 2.0

Für Stefan und mich bedeutete dies ebenfalls, dass wir unseren bisherigen Testbericht erstmal gehörig umkrempeln und in vielen Punkten überarbeiten mussten, denn mit der neuen Version sind jede Menge unserer ehemaligen Kritikpunkte verschwunden, dafür sind zudem allerlei Features hinzugekommen, die vorher noch gar nicht existierten. Inzwischen ist GROOVESTAR 3.0 bereits offiziell veröffentlicht worden, und auch unser ursprünglicher Testbericht zu GROOVESTAR 2.0 mutierte parallel dazu zu einem GROOVESTAR 3.0 Testbericht.

GROOVESTAR 3.0 - in Aktion 1
GROOVESTAR 3.0 – All-View

Diese enorme Weiterentwicklung des Plugins erfolgte nun aber nicht etwa im Laufe mehrerer Monate oder gar Jahre, sondern lediglich innerhalb weniger Wochen. Von solch überdurchschnittlicher Resonanz auf die Rückmeldungen und Vorschläge der Anwender und auch deren prompter Umsetzung darf sich so manch eine der größeren Entwicklerfirmen, die sowas oftmals ja selbst nach einigen Jahren noch nicht hinbekommen, gerne mal eine ganz, ganz dicke Scheibe bei LAKESIDE AUDIO abschneiden! Das die Veröffentlichung dieses Testberichts nun erst so spät geschieht, mittlerweile ist der gefühlt endlose Sommer 2018 ja nun schon rum, und wir haben bereits Herbst, hat übrigens allein mit internen Zeitproblemen hier bei uns in der Redaktion zu tun (Unverhofft kommt oft…), GROOVESTAR 3.0 ist nämlich schon längst erhältlich. Aufgrund dieses „temporalen Rohstoffmangel“ haben Stefan und ich uns im Nachhinein auch entschlossen, den Testbericht dieses Mal in zwei Teile aufzusplitten, hier folgt nun zunächst mal nur mein Senf zum GROOVESTAR, Stefan wird seinen Part darüber hinaus auch noch mit einigen selbst erstellten Videos würzen und dann bei nächster Gelegenheit präsentieren.

Fleisch oder Fisch…? Flisch!

Es gibt Step-Sequencer (manche davon mit integrierter Tonerzeugung), und es gibt Synthesizer (manche davon mit integriertem Step-Sequencer). Bei Groovestar hingegen ist diese Kategorisierung nicht ganz so eindeutig vornehmbar, und folgerichtig bezeichtet LAKESIDE AUDIO seine Software daher auch als „Step Synthesizer“. Das trifft die Sache insofern ganz gut, dass GROOVESTAR weder wie ein normaler Synthesizer gespielt werden kann (sondern eben ausschließlich über den eigenen Step-Sequencer), noch der Step-Sequencer in der Lage ist, andere Tonerzeuger via MIDI anzutriggern. Ein in sich geschlossenes System also.

LAKESIDE AUDIO hat sich nach eigenen Angaben ein wenig von der inzwischen längst verblichenen Software ReBirth 338 aus dem Hause PROPELLERHEAD inspirieren lassen, vor gut zwei Dekaden errregte dieses Programm als integrierte Lösung aus (zweimal) TB-303 und TR-808/909-Emulation ein gewisses Aufsehen, später reinkarnierte es dann auch noch mal als iOS-App für Apfelmusikanten.

GROOVESTAR 3.0 Slot-View
GROOVESTAR 3.0 Slot-View

Sowohl optisch als auch funktionell ist von dieser Inspirationsquelle aber nicht mehr viel beim GROOVESTAR ersichtlich, denn das Plugin tritt sehr eigenständig und nicht etwa bloß als modernisierter Rebirth-Klon auf.

Grundsätzlich besteht GROOVESTAR aus einem Step-Sequencer mit bis zu einhundert (!) Spuren, hier Slots genannt, sowie einer hybriden Klangerzeugung, welche wahlweise virtuell-analog oder samplebasiert ausfällt und über einen übersichtlichen Parametersatz verfügt. Hinzu kommen pro Slot noch diverse Effekte und allerlei MIDI-Steuerfunktionen.

Technobabbel…

GROOVESTAR ist für Windows ab Version 7 (32 und 64 bit) sowie für macOS ab Version 10.10 (nur 64 bit) in Form eines VST 2.4-Plugins erhältlich. Getestet habe ich in meinem Studio die beiden Windows-Versionen unter MIXCRAFT 8, CUBASE 5.5, EnergyXT 3.0 und auch der aktuellen Version von REAPER.

Der Weg zum Erwerb der Vollversion führt immer über eine vorhergehende Installation der Demoversion des GROOVESTAR, denn erst aus dieser heraus wird man mittels eines Klicks auf das Symbol mit dem Einkaufskorb auf eine entsprechende Webseite mit Kaufmöglichkeit umgeleitet. Das bedeutet somit auch, dass der Rechner, auf dem GROOVESTAR dann schließlich einmal laufen soll, zwingend eine Verbindung zum Internet sowie einen installierten Browser benötigt. So etwas finde ich persönlich eher unpraktisch, denn so mancher Studiorechner dürfte immer noch störungsfrei abseits vom Internet laufen, und auch meiner hat normalerweise nichts im Netz verloren. Viele andere Entwickler bieten hier zumindest alternativ die Möglichkeit einer sogenannten Offline-Aktivierung an. Mag schon sein, dass ich in diesem Punkt ja vielleicht einfach etwas zu „old school“ veranlagt bin, in heutigen Zeiten, in der fast jeder sowieso immer online ist und permanent auf sein Smartphone starrt, selbst wenn er gerade Auto oder Fahrrad fährt, seinen bissigen Kampfhund ausführt oder den Kinderwagen über eine belebte Straßenkreuzung mitten im Berufsverkehr schiebt… 😉

Eine GROOVESTAR-Lizenz lässt sich nur auf dem einen Rechner nutzen, auf dem das Plugin ursprünglich auch installiert wurde, da dieser sozusagen als Hardware-Dongel fungiert. Wer irgendwann mal auf einen anderen Computer umsteigen will oder muss, oder wer GROOVESTAR auf seinem Zweitrechner ebenfalls nutzen möchte, der muss dazu vorab Kontakt mit LAKESIDE AUDIO aufnehmen. Laut Manual werden dem Anwender für solche Fälle bis zu 3 Lizenzen garantiert.

Die eigentliche Installation von GROOVESTAR verläuft ziemlich unkompliziert und problemlos. Sie kommt nämlich gänzlich ohne Setupdatei aus, nach dem Download einer ZIP-Datei kopiert man die darin enthaltenen Plugins einfach in seinen VST-Ordner, ebenso wie den Ordner mit den Presets und den mit der Sample-Library. Für Apfelrechner wird wahlweise auch noch ein kleines Installationsskript mitgeliefert. Zur Aktivierung muss dann schließlich noch eine Lizenzdatei geladen werden, LAKESIDE AUDIO weist darauf hin, dass dies unter macOS bei jeder dort verwendeten DAW separat nötig ist. Ich konnte Letzteres aber nicht testen, denn meine Rechner laufen ja mit Windoof…

Was den Ressourcenhunger betrifft, hier zeigte sich GROOVESTAR erfreulich genügsam. Ich gebe zu, ich habe bis jetzt aus Zeitgründen noch keinen Auslastungstest mit einhundert belegten Slots durchgeführt (denn diese wollen ja auch erst einmal gefüllt werden…), aber zumindest der komplette Demotrack, den ich allein mit GROOVESTAR erstellt habe, brachte meinen i7-Quadcore-Rechner mit 16 Gigabyte RAM erwartungsgemäß auch nicht annähernd zum Schwitzen, und auf meinem im Vergleich dazu deutlich schwachbrüstigeren Laptop mit einer i5-Doppelkern-CPU und lediglich 4 Gigabyte an Speicherausstattung schien GROOVESTAR sich ebenfalls völlig wohlzufühlen.

Eigentlich nur so aus Neugier habe ich das Plugin dann auch noch mal auf mein Windows-Tablet mit seinem schwindsüchtigen ATOM-Prozessor und mageren 2 Gigabyte RAM verfrachtet, und selbst dort drauf ließ es sich starten und benutzen, allerdings traten dann bei einer Nutzung von mehr als etwa einem halben Dutzend Slots schließlich doch die typischen Glitches eines überlasteten Rechners auf. Aber mal Hand aufs Herz, wer produziert nun schon plugin- basierte Musik ausgerechnet auf einem ATOM-PC…? 😉

Schrittmacherherz…

Den größten Teil der Bedienoberfläche nimmt der zentral angeordnete Step-Sequencer ein. Beim Start des Plugins wird die mit der v2.0 hinzugekommene ALL-Ansicht angezeigt, welche jeweils zehn von einhundert Slots mit ihren wichtigsten Parametern im gleichzeitigen Überblick hält. Daneben gibt es auch noch eine SLOT-Ansicht, in der stattdessen etwas augenfreundlicher alle Parameter lediglich einer einzelnen Spur dargestellt werden.

A propos Augenfreundlichkeit, mittels eines eigenen Schalters lässt sich auch flugs zu einer helleren Version der Bedienoberfläche umschalten, die mir persönlich auch deutlich besser gefällt, als die eher düster gehaltene Grundeinstellung.

GROOVESTAR 3.0 GUI - dunkel vs. hell
GROOVESTAR 3.0 GUI – dunkel vs. hell

Sowohl in der All- als auch in der SLOT-Ansicht hat man stets einen Takt mit sechzehn Teilschritten im Blickfeld. Pro Slot kann man aber Sequenzen mit bis zu vier Takten erzeugen, wobei die jeweiligen Takte dann über entsprechende Direktwahlschalter (1-4) aufgerufen werden.

Für jeden Schritt lassen sich in der ALL-Ansicht die Tonhöhe, die Abspiel-Oktave sowie eine Legato-Funktion zur Verbindung aufeinanderfolger Schrittfolgen (Slides) definieren. Jedem Slot lässt sich eine eigene MIDI-Grundnote (das geht auch über ein externes Keyboard), gegebenenfalls auch noch ganze Oktavbereiche zur Sequenztransponierung sowie ein MIDI-Kanal zuweisen. Mit der Version 3.0 ist zudem auch noch eine Möglichkeit einer Gruppenzuweisung hinzugekommen, mit der sich bis zu fünf Gruppen (A bis D) aus einer beliebigen Anzahl an Slots bilden lassen, welche anschließend einer gemeinsamen Steuerung folgen. Für jeden der beteiligten Slots lässt sich dann auch mal noch separat bestimmen, welche Sektionen der Klangerzeugung an der Gruppensteuerung beteiligt sein sollen, dafür gibt es jeweils kleine Schalter, die mit einem „G“ beschriftet sind. Dreht man dann zum Beispiel also am Filter-Cutoff eines „Gruppenmitglieds“ herum, so verändert man parallel dazu die Cutoff-Werte der anderen zur selben Gruppe gehörenden Slots ebenfalls gleich mit.

Kurzanleitung für die All-View
Kurzanleitung für die All-View

An dieser Stelle noch ein kleiner Vorschlag an LAKESIDE AUDIO: Wie wäre es, wenn man die Tonhöhe der einzelnen Steps einer Sequenz statt mit der Maus einfach nacheinander über das MIDI-Keyboard eingeben könnte, also im Prinzip per Step-Recording wie beim SH-101 oder auch beim MICROBRUTE?!

In der sogenannten SLOT-Ansicht kommen noch einige weitere Parameter hinzu, als da wären eine Emphasis-Funktion zur Akzentuierung bzw. Abschwächung einzelner Schritte, einer schrittweisen Rückwärtswiedergabe (funktioniert nur im Zusammenhang mit dem samplebasierten Tonerzeugungsteil, nicht aber mit dem integrierten VA-synth) und sowie dem sogenannten SPEED FAKTOR, der dem entspricht, was in anderen Step-Sequencern manchmal als Ratchet-Funktion bezeichnet wird und einer Teilung einzelner Steps in weitere Unterschritte, etwa zur Erzeugung von Trommelwirbeln, gleichkommt.

Seit der dritten Version lässt sich bei GROOVESTAR sogar für jeden einzelnen Step (!) definieren, ob dieser einer Transponierung via eingehender MIDI-Signale folgen soll oder nicht. Ebenso existiert erst seit der v3.0 eine sogennante SHAPER-Funktion. Bis zu drei verschiedene Parameter lassen sich aus einem Menü auswählen (siehe Screenshot) und wiederum für jeden Schritt separat einstellen. Selbst die eingebauten Effekteinheiten des GROOVESTAR sind hier mit von der Partie. Insgesamt ist dies eine wirkliche Bereicherung gegenüber den Vorgängerversionen, die ungleich lebendigere Sequenzen ermöglicht!

Abgerundet werden diese Funktionen noch durch eine schrittweise Lautstärkeregelung sowie Schaltern zur Aktivierung bzw. Stummschaltung des jeweiligen Steps.

Kurzanleitung für die Slot-View
Kurzanleitung für die Slot-View

Getätigte Sequencer-Einstellungen lassen sich mittels COPY, CUT und PASTE bequem von einem Slot auf einen anderen übertragen bzw. verschieben, darüber hinaus können ebenso auch einzelne Takte eines Slots kopiert, ausgeschnitten und eingefügt werden. Dies funktioniert übrigens löblicherweise sogar, wenn man zwischenzeitlich ein ganz neues Preset geladen hat! Somit kann man also einzelne Bestandteile verschiedener Presets miteinander zu einer neuen Kreation kombinieren.

A propos Presets, während die ersten Version von GROOVESTAR hierbei noch auf das von STEINBERG entwickelte FXB-Format setzten, welches aber bei manchen DAWs zu Kompatibilitätsproblemen führte, bringt GROOVESTAR 3.0 inzwischen seine eigene Preset-Verwaltung inklusive dem hauseigenen, neuen LGP-Format mit. Somit gestaltet sich das Laden und Speichern von Presets nun deutlich unkomplizierter und unabhängig von der verwendenten Host-Software.

Darüber hinaus lassen sich mittels Drag & Drop auch vorhandene MIDI-Dateien in den GROOVESTAR befördern, und falls es sich dabei um einen Drum-Loop handelt, der auf MIDI-Kanal 10 voreingestellt ist, dann werden dessen einzelne Instrumentenspuren von GROOVESTAR automatisch aufgetrennt, auf separate Slots verteilt und mit entsprechenden Drum-Sounds aus der Klangbibliothek versehen. Ich habe dies exemplarisch mit einigen MIDI-Files getestet, die eigentlich für den PUNCH von ROB PAPEN gedacht sind, und es funktionierte damit genau wie beschrieben. Coole Sache!

en einmal der Ideenmangel plagen sollte oder wer dem Kollegen Zufall eine Chance geben möchte, der kann sich von GROOVESTAR 3.0 auch taktweise randomisierte Sequenzen generieren lassen. Im Testverlauf kam dabei so manch brauchbares Zeugs heraus, aus irgendeinem Grund waren diese Zufallspatterns allerdings auschließlich in den oberen Oktaven der Notenskala angesiedelt (Zwitscher, Quietsch und Fiep…) und bedurften daher fast immer noch etwas Nachbearbeitung, um daraus etwa auch mal eine Bassline gewinnen zu können. Aber immerhin, ich habe schon deutlich unmusikalischere Zufallsgeneratoren in Plugins erlebt.

Des Weiteren kann man mit der Funktion REPEAT PATTERN einen Takt automatisch mit Wiederholungen bereits gesetzter Noten auffüllen lassen, während INTERPOLATE die Tonhöhen zwischen der ersten und der letzten gesetzten Note mit passenden Zwischenwerten angleicht.

Bei den bis zu einhundert Slots, die einem von GROOVESTAR zur Verfügung gestellt werden, dürfte einem wohl so schnell nicht die Puste ausgehen, und es ist auch fraglich, ob man diese enorme Spurenanzahl jemals zur Gänze ausschöpfen wird. Andererseits erhält man damit jedoch ausreichend Reserve, um beispielsweise zahlreiche Variationen einer einzigen Sequenz bzw. um Oszillatordopplungen zu erzeugen, um ganze Akkorde mit den ansich monophonen Slots zu sequenzieren oder um sein komplettes Live-Setup ohne Preset-Wechsel mit nur einer Instanz des GROOVESTAR zu realisieren.

Lautäußerung…

Die eingebaute Klangerzeugung des GROOVESTAR kann einerseits mittels eines virtuell-analogen Oszillators arbeiten, welcher die beiden Standard-Wellenformen Sägezahn und Rechteck an Bord hat, andererseits kann alternativ dazu auch ein Sample in den Slot geladen werden. Alle weiteren Klangbearbeitungsparameter, wie beispielsweise das Filter, Hüllkurven-Decay oder auch der LFO sowie die FX-Sektion usw., stehen dann in beiden Fällen zur Verfügung.

Als Samples werden sowohl herkömmliche WAV-Dateien akzeptiert, wie auch das hauseigene, proprietäre Format LSA (Lakeside Audio File), in welchem auch die mitgelieferten Factory-Samples vorliegen. Diese umfassen rund 2800 Einzelklänge, sauber nach Kategorien geordnet in eigenen Unterordnern. Neben verschiedenen Instrumenten- und Synth-Sounds findet sich hier überwiegend perkussives Material für Drumtracks. Die Klangqualität und auch das Variationsspektrum braucht sich hier keinesfalls vor spezialisierten Drum Machines zu verstecken. LAKESIDE AUDIO hat schon angekündigt, zukünftig auch noch diverse Erweiterungspakete mit neuem Klangfutter anbieten zu wollen.

Wer mag, der kann aber gerne auch eigene WAV-Samples in GROOVESTAR importieren, womit der Klangvielfalt dann kaum noch Grenzen gesetzt werden. Und wer eine kompatible DAW verwendet (LAKESIDE AUDIO nennt hier lediglich CUBASE 8.5), der kann hier sogar via Drag & Drop einzelne Audio-Events von einer Spur in GROOVESTAR laden. Bei der Vorgängerversion waren geladene Samples noch auf eine maximale Länge von fünf Sekunden begrenzt, und der Rest der Datei wurde einfach abgeschnitten. In GROOVESTAR 3.0 hat LAKESIDE AUDIO diese Beschränkung allerdings aufgehoben, außerdem gibt es nun ein kleines Wellenform-Display, in dem sich mit der Maus ein Loop-Bereich innerhalb der Audiodatei setzen lassen, und man kann per Schalter festlegen, ob das Sample in seiner Originallänge abgespielt oder aber gestretched bzw. gestaucht werden soll, wenn es transponiert wird.

Die verfügbaren Einstellmöglichkeiten zur weiteren Klangformung können sich von Ihrer Anzahl her sicherlich nicht mit einem der ausgewachsenen Synthesemonster auf dem Markt messen, das können die einer TB-303 oder einer ihrer zahlreichen Nachahmungen allerdings ebensowenig. Für den gegebenen Einsatz als Tonerzeuger innerhalb eines Step-Sequencers wiederum ist die Auswahl treffend gewählt und in den meisten Fällen ausreichend. Das oben genannte Vorbild wird hierbei sogar noch leicht an Optionen übertroffen, etwa durch einen flexiblen LFO und durch einen DRIVE-Parameter, der das Filter übersteuert und damit eine ordentliche Portion Pfeffer ins Spiel bringt.

Übrigens, das Filter soll laut LAKESIDE AUDIO zwar ein Analogfilter vom Typ MOOG emulieren, doch zumindest meine Ohren ordnen seinen Klang doch eher in Richtung „digital“ ein (was nun wiederum keine negative Bewertung darstellen soll, sondern lediglich eine Beschreibung!). Dies wird insbesondere bei hohen Resonanzwerten deutlich, die sich hier bis in die Selbstoszillation hinein treiben lassen. Auf dem letzten Stückchen des Regelwegs wird der Klang ziemlich spitz und schrill. Dies lässt sich zwar durchaus für den einen oder anderen „kaputten“ Sound prima einsetzen, wirkt auf mich allerdings nicht unbedingt typisch analog (zumindest nicht im Direktvergleich mit einem echten Analog-Filter und auch nicht mit den „amtlichen“ Analog-Emulationen im Softwarebereich). Nichtsdestotrotz klingt das Filter ansich aber gar nicht übel und kann auch mit gehörig Schmackes zupacken. Das Filter ist in der Voreinstellung bei jedem Slot zunächst ausgeschaltet, aktiviert wird es durch Auswahl eines der beiden angebotenen Filtertypen, wobei SOFT hier eine Flankensteilheit von 18 dB pro Oktave bietet, HARD hingegen eine von 24 dB pro Oktave.

Durch den letzten Absatz dürfte dem aufmerksamen Leser schon offenbar geworden sein, dass GROOVESTAR trotz vieler vorhandener Ähnlichkeiten mitnichten eine akribische 303-Emulation darstellt, die man nicht mehr vom Original zu unterscheiden vermag, ungeachtet dessen ist das Plugin aber sehr wohl in der Lage, typische, schön rotzig klingende Acid-Sequencen zu erzeugen, wie auch einige der Presets überzeugend unter Beweis stellen. Erinnert ihr euch noch an die berühmte Clubszene aus dem ersten Teil von BLADE, die mit einem Acid-Remix von NEW ORDER’s CONFUSION musikalisch unterlegt war…?

Bei Bedarf kann man den Klang noch durch einen eingebauten Reverb- sowie einen Delay-Effekt aufmotzen, und zwar für jeden Slot separat (das macht dann im Extremfall einhundert Reverbs und einhundert Delays…). Die Qualität dieser Effekte und ihre Einstellmöglichkeiten mögen nicht mit der ausschließlich darauf spezialisierter Plugins konkurieren, aber das sollen sie ja auch gar nicht. Als reine Onboard-Mitgift machen sie ihre Sache jedenfalls ordentlich.

GROOVESTAR 3.0 Einzelausgänge
GROOVESTAR 3.0 – 16 Einzelausgänge in 8 Stereo-Paaren

Und Dank der acht frei zuweisbaren Stereo-Ausgangspaare, die LAKESIDE AUDIO dem GROOVESTAR mittels eines zwischenzeitlichen Updates verpasst hat, kann man gegebenenfalls immer noch seine favorisierten Effekte in der DAW hinzufügen.

Übrigens, als kleines „Druckmittel“ befindet sich seit GROOVESTAR 3.0 in der Ausgangssektion eines jeden Slots nun praktischerweise auch noch ein einfacher Brickwall-Limiter, hier BOOST genannt. Dieser kann per PRE/POST EFFECT-Button wahlweise vor oder nach der oben erwähnten Reverb- und Delay-Sektion eingeklinkt werden.

Als Klangbeispiel nachfolgend ein simpler Track mit einem guten Schuss leckerer Batteriesäure, den ich auf die Schnelle mit Groovestar (und auch nur damit, also ohne weitere Plugins) erzeugt habe, wie immer ohne kosmetische Verfälschung durch ein nachträgliches Mastering. Bis auf das kleine Groovestar-Speechie, das ich mittels Sprachsynthese erzeugt habe, entstammen dabei alle verwendeten Samples der mitgelieferten Werks-Library:

Spielbank…

Um nun die ganzen Sequenzen auch zum Laufen zu bewegen, bietet GROOVESTAR zwei verschiedene Möglichkeiten an.

Der PREVIEW-Modus (so heißt der ab v3.0, vorher nannte er sich LIVE…) ist dabei die konventionellere Variante und dient eigentlich in erster Linie dazu, die kreierten Sequenzen auf die Schnelle vorzuhören, ohne sie erst gezielt via MIDI ansteuern zu müssen. Über einen eigenen Schalter startet oder stoppt man den Sequencer. Das Tempo wird dabei von der DAW vorgegeben. GROOVESTAR spielt dann alle Slots (sofern sie nicht stumm geschaltet wurden), deren eingestellte MIDI-Grundnote der des aktuell selektierten Slots entspricht, in einer Schleife ab, bis entweder der Arzt kommt oder der Strom ausfällt. Im PREVIEW-Modus herrscht stets ein festes Vier/Viertel-Taktraster vor, somit bleiben polyrhythmische Experimente hier auch gezwungenermaßen außen vor.

Die Loop-Länge richtet sich dabei stets nach den Slots mit der höchsten Taktzahl. Wenn man also beispielsweise Slot 1 mit einer viertaktigen Sequenz belegt hat, Slot 2 aber nur mit einer eintaktigen und Slot 3 mit einer zweitaktigen, dann läuft GROOVESTAR vier Takte durch und beginnt dann von vorne. Slot 2 läuft hierbei nur einen Takt lang mit, Slot 3 dementsprechend zwei Takte lang. Da die dabei entstehenden mehrtaktigen Lücken jedoch nicht in allen Fällen gewünscht sein dürften, bietet GROOVESTAR zusätzlich noch zwei weitere Loop-Modi, die sich alternativ mit den entsprechenden Schaltern neben dem Start/Stop-Knopf aktivieren lassen.

Der erste davon nennt sich SLOT-LOOP, ist er eingeschaltet, dann werden die Slots mit einer geringeren Taktanzahl unmittelbar nach ihrem Ende wiederholt. In unserem oben genannten Beispiel würde also der eintaktige Slot 2 nach seinem Ende dreimal wiederholt werden (bis nämlich das Ende von Slot 1 erreicht ist), während der aus zwei Takten bestehende Slot 3 in der gleichen Zeit insgesamt nur zweimal abgespielt wird.

GROOVESTAR 3.0 - in Aktion 2
GROOVESTAR 3.0 – in Aktion

Die zweite Loop-Option trägt den Namen BAR-LOOP, denn bei Aktivierung wird nicht gesammte Slot-Inhalt wiederholt, sondern jeweils nur der aktuelle Takt. In unserem Beispiel würde demnach immer nur ein einziger Takt bei allen drei Slots wiedergeben werden (bei Takt 1 würden wir also alle drei slots hören, bei Takt 2 nur die Slots 1 und 3 und bei Takt 3 und 4 eben nur noch Slot 1). Ich denke mal, ich habe diese Loop-Optionen nun umständlich genug beschrieben… 😉 In der Praxis ist das Ganze nämlich sehr viel einfacher, als es sich hier jetzt lesen mag!

Eine andere, ungleich vielseitigere Variante, die GROOVESTAR bietet, um seine Sequenzen abzufeuern, nennt sich MIDI-Modus. Hierbei reagiert jeder Slot auf ihm zugeordnete MIDI-Noten, sofern sie auch ihn auf dem zugewiesenen Kanal erreichen. Da man mehreren (oder allen) Slots auch die selbe MIDI-Note zuordnen kann, könnte man so prinzipiell auch mit einem einzigen Tastendruck bzw. einem Notenbefehl aus der DAW alle einhundert Slots gleichzeitig erklingen lassen.

Interessanter ist hier allerdings die Möglichkeit, unterschiedliche Notenzuweisungen für die einzelnen Slots vorzunehmen. Im MIDI-Modus lassen sich dann auch „schräge“ Taktmaße und polyrhythmische Sequenzen erstellen, indem man einfach die Länge der MIDI-Noten zum Triggern der Slots entsprechend anpasst.

Da für jeden Slot auch noch ein Oktavbereich oberhalb dieser Grundnote eingestellt werden kann, lassen sich auf diese Weise die Sequenzen des entsprechenden Slots dann sogar innerhalb dieses definierten Bereichs transponieren. Dies funktioniert mit dem eingebauten Oszillator ebenso wie mit geladenen Samples. In der Praxis lassen sich so tonale Sequenzen (Basslines, Chords, Leads etc.) via MIDI in Echtzeit transponieren, während etwa Drum-Tracks unbeeinflusst davon stets auf der selben Tonhöhe verweilen. Wie bereits oben erwähnt, lassen sich ab der Version 3.0 nun sogar einzelne Schritte einer Sequenz von der Transponierung ausschließen, was wiederum die Tür zu ganz neuen Experimenten öffnet.

GROOVESTAR reagiert MIDI-seitig nicht nur auf Notenbefehle, sondern auch auf die Anschlagsdynamik. Damit können neben diversen Parametern der Klangerzeugung u.a. auch die Effektlautstärken oder das Panorama beeinflusst werden. Die Modulationstiefe lässt sich hierbei für alle zur Verfügung stehenden alle Ziele getrennt einstellen. Bei Version 2.0 von GROOVESTAR ließ sich lediglich noch das Modulationsrad zur Steuerung einer Handvoll an Parametern einsetzen, ebenfalls mit einstellbarer Intensität, und das war’s dann auch schon. GROOVESTAR 3.0 hingegen hat diese letztgenannte Option nebst ihren Drehreglern unter den Tisch fallen lassen und bietet dafür jetzt ein komplettes MIDI-Learn-System an, bei dem jeder Regler über beliebige MIDI-CCs und damit auch über Hardware-Controller gesteuert werden kann. Diese Belegungen lassen sich sogar ex- und importieren. Zudem lässt sich ab Version 3.0 nun endlich auch die Automation von Parametern innerhalb der DAW aktivieren.

Ach ja, auch das Pitchwheel kann bei GROVESTAR übrigens zur Tonhöhenbeugung eingesetzt werden.

Hatte ich in der ursprünglichen Fassung dieses Testberichts an dieser Stelle noch die lediglich rudimentären MIDI-Funktionen sowie die Abwesenheit einer Parameterautomation bemängelt, so kann und muss ich diese einstigen Kritikpunkte inzwischen ersatzlos streichen! Also beide Daumen nach oben!

Fazit:

LAKESIDE AUDIO hat mit dem GROOVESTAR jetzt sicher nicht das Rad komplett neu erfunden, aber ein Step-Sequencer, pardon, Step-Synthesizer, der mit gleich einhundert unabhängigen Spuren aufwarten kann, ist mir vorher auch noch nicht begegnet (wenn man jetzt mal die Möglichkeiten einiger DAWs beiseite lässt, die ihre eigenen Step-Sequencer bereits mitbringen). Damit wird GROOVESTAR schon fast so etwas wie eine kleine „DAW in der DAW“.

Die Frage, ob man eine derartige Gigantomanie tatsächlich benötigt, muss sich jeder wohl selbst beantworten, denn dies hängt vom beabsichtigten Einsatzzweck, aber natürlich auch von den persönlichen Vorlieben und den Arbeitsgewohnheiten beim Produzieren ab.

Insbesondere aber bei komplexen Live-Anwendungen und umfangreichen Jam-Sessions kann GROOVESTAR mit einer solchen Spuren-Ausstattung punkten. Und mit der neuen Version lässt sich GROOVESTAR dazu auch noch wesentlich umfangreicher durch MIDI-Controller steuern als bisher.

Vermutlich würde sich wohl so mancher Anwender aber noch sehr darüber freuen, wenn man mit GROOVESTAR nicht nur die interne Tonerzeugung, sondern ebenfalls externe Plugins und Hardware ansteuern könnte. Aber vielleicht kommt das ja mal in der Version 4.0…? 😉

Ansonsten lassen sich aber schon auch nur mit dem eingebauten Klangwerk durchaus umfangreiche Tracks erstellen, welche dann auch amtlich klingen und überaus druckvoll aus der Abhöre zu knallen vernögen, und man ist dabei trotz der Nennung von Rebirth-338 als vager Inspirationsquelle oder den gewissen Ähnlichkeiten des eingebauten Synths zur TB-303 keineswegs lediglich auf Acid und Co beschränkt, denn spätestens durch den Import eigener Samples wird ein derartiges Schubladendenken sowieso völlig obsolet.

GROOVESTAR lässt sich direkt über die Webseite von LAKESIDE AUDIO beziehen, und die Vollversion wird dort für 89,- Euro feilgeboten. Nachtrag vom 27.10.2018: LAKESIDE AUDIO hat den Preis für GROOVESTAR inzwischen deutlich gesenkt, das Plugin kostet nun nur noch 49,- Euronen, was ich angesichts der Vielzahl an gebotenen Möglichkeiten in der Tat als günstig einstufe!

Positives:
+ komplexer, aber leicht handhabbarer Stepsequencer
+ einhundert Spuren inklusive Tonerzeugung verfügbar
+ guter Grundklang der Tonerzeugung
+ eigene Samples und MIDI-Files importierbar
+ logisch strukturierte Bedienoberfläche
+ umfangreiche MIDI-Steuerungsmöglichkeiten
+ Einzelausgänge
+ geringe Ressourcen-Anforderungen

Negatives:
Keine Offline-Aktivierung möglich
keine MIDI-Ausgänge zur Ansteuerung externer Klangerzeuger

Produktwebseite: http://www.lakeside-audio.de/groovestar.php

GROOVESTAR wird wiederkehren! Demächst in Teil 2 des Testberichts von Regisseur Stefan Federspiel…