Testbericht: CHERRY AUDIO KR-55C – Neues Leben in der DAW

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 01.04.2025

Nachdem CHERRY AUDIO im vergangenen Jahr mit der CR-78 sein Debüt in Sachen virtueller Drumcomputer hingelegt hat, gibt es heuer eine Emulation der beiden alten KORG-Maschinen KR-55 und KR-55B, vereint in einem einzigen Plugin.


I just can’t get enough

Als eine Schönheit kann man die im Jahre 1979 erschienene KORG RHYTHM 55, kurz KR-55, wohl nicht gerade bezeichnen, wirkt sie doch eher wie ein altes Bürogerät als wie ein Musikinstrument. Und obwohl die KR-55 noch nicht einmal die Programmierung eigener Rhythmen erlaubt, sondern ein reiner Preset-Trommler mit achtundvierzig Patterns ist, wurde sie durchaus auch in professionellen Produktionen eingesetzt und nicht etwa bloß von Alleinunterhaltern genutzt.

KORG KR-55
KORG KR-55

Zu hören ist sie beispielsweise auf „Magnetic Fields“ von Jean-Michel Jarre und auch auf Depeche Mode’s Erstlingswerk „Speak & Spell“ kam sie wiederholt zum Einsatz, zumindest einige ihrer Instrumente wie etwa die Snare, ebenso bei Fad Gadget, der ja im selben Stall produziert wurde.

Den Nachfolger KR-55B brachte KORG 1982 auf den Markt, auch dieser war nicht frei programmierbar, sondern bot im Prinzip bei veränderter Gehäusefarbe lediglich die doppelte Anzahl an Preset-Patterns. Trotz zum Teil identischer Namen der Rhythmen gab es hierbei gewisse Unterschiede zu denen der KR-55.

KORG KR-55B
KORG KR-55B

Kurze Zeit später wollte aber erst einmal kaum noch jemand einen Klopfgeist mit analoger Klangerzeugung, klangen diese nach Erscheinen von samplebasierten Drumcomputern wie etwa der LINNDRUM doch vermeintlich angestaubt und antiquiert. Dass es heute wiederum ganz anders aussieht, wissen wir alle…

Die Klänge von KR-55 und KR-55B unterscheiden sich doch trotz sehr ähnlicher Klangerzeugung deutlich von denen der Mitbewerber aus dem Hause ROLAND, sodass sie sich gut als Alternative bzw. als Ergänzung zu diesen anbieten.


Gebrauchte KORG KR-55 und KR-55B wechseln derzeit für ungefähr 500,- Steine ihren Besitzer, das ist zwar längst noch nicht so abgehoben wie bei den Exemplaren von ROLAND, aber angesichts der ohne nachträgliche Modifikation doch sehr eingeschränkten Möglichkeiten dieser nun schon über vierzig Jahre alten Maschinen nun auch nicht unbedingt ein No-Brainer.


Da kommt uns doch CHERRY AUDIO’s Emulation gerade recht.


Repetition…

Jenseits der Klangerzeugung findet sich eine Reihe von Eigenschaften in allen Plugins von CHERRY AUDIO wieder. Auch die KR-55C stellt hiervon keine Ausnahme dar, weshalb das im folgenden Abschnitt erwähnte für Kenner anderer Plugins dieser Firma keine Neuigkeiten bringen dürfte.

Die KR-55C läuft als 64-Bit-Software auf Computern, die mindestens mit WINDOWS 7 beziehungsweise mit macOS 10.13 ausgestattet sind. SILICON-Prozessoren von APPLE werden nativ unterstützt.

Neben einer Standalone-Version gibt es die Plugin-Formate VST2, VST3, AAX und AU. Ich habe hier auf meinem Studiorechner ( CPU i7-4790K mit 4 x 4,0 GHz, 16 GB RAM und WINDOWS 10) wieder einmal nur die VST-Varianten installiert und getestet.

Wie die CR-78 kommt auch die KR-55C in zwei Ausführungen, als da wären eine reine Stereo-Version und eine Multi-Out-Version, welche über Einzelausgänge verfügt, mit deren Hilfe sich die Drum-Sounds bei Bedarf in der DAW gezielt nachbearbeiten lassen.

CHERRY AUDIO KR-55C - Installation benötigt Internetzugriff
CHERRY AUDIO KR-55C – Installation benötigt Internetzugriff

Die Freischaltung des Plugins geschieht mit denselben Anmeldedaten, die man auch für seinen zwingend notwendigen Account bei CHERRY AUDIO verwendet. Das bedeutet, dass auch der Host-Rechner Zugang zum Internet haben muss, denn eine alternative Offline-Aktivierung hat CHERRY AUDIO bei seinen Produkten nicht vorgesehen. Besagte Internetverbindung wird außerdem bereits bei der Installation erwartet, da hierbei noch Daten wie etwa Presets nachgeladen und aktualisiert werden. Beim späteren Betrieb des Plugins kann der Rechner aber offline bleiben.

CHERRY AUDIO KR-55C - 55A- und 55B-Modi
CHERRY AUDIO KR-55C – 55A- und 55B-Modi

Die Bedienoberfläche lässt sich frei mit der Maus oder via Zoom-Menü in vorgegebenen Stufen skalieren, es stehen zwei via Umschalter verfügbare Modi bereit: 55A und 55B, diese unterscheiden sich nur durch ihre Farbgebung sowie durch die jeweils im Direktzugriff bereitgestellten Preset-Rhythmen.

Optik und das Layout orientieren sich grob an den Originalen, weisen aber deutlich mehr Parameter auf. Auf die perspektivische Verzerrung der Bedienoberfläche und virtuelle Schattenwürfe mochte CHERRY AUDIO offenbar wieder mal nicht verzichten, ich persönlich könnte dies aus ergonomischen Erwägungen heraus sehr wohl.

CHERRY AUDIO KR-55C - Focus
CHERRY AUDIO KR-55C – Focus

Mit der FOCUS-Funktion kann man einen Ausschnitt der Bedienoberfläche vergrößert und fensterfülllend anzeigen, was insbesondere bei kleineren Bedienelementen auf größeren Bildschirmen hilfreich ist. Es gibt hierfür auch einen Shortcut: Einfach bei gedrückter STRG-Taste (WINDOWS) bzw. CMD-Taste (macOS) ins GUI klicken, ein weiteres Mal, um wieder zur normalen Ansicht zurückzukehren.

CHERRY AUDIO KR-55C - MIDI Learn
CHERRY AUDIO KR-55C – MIDI Learn

Was die Zuweisung von MIDI-Controllern an seine Plugins angeht, gehört CHERRY AUDIO wohl zu den flexibelsten Anbietern am Markt. Alle Bedienelemente der Hardware lassen sich mithilfe einer Lernfunktion bequem mit beliebigen Parametern der KR-55C verbinden. Darüber hinaus können diese Mappings auch nachträglich noch verändert werden, auch lassen sich Minimal- und Maximalwerte für die jeweiligen Regelwege definieren und die Regelkurven selbst ebenfalls abseits linearer Verläufe verbiegen. Diese Zuweisungen und Einstellungen lassen sich wahlweise global oder nur das aktuelle Preset betreffend abspeichern.

Ansonsten erlaubt die KR-55C aber auch eine Kontrolle via Parameter-Automation, und die virtuellen Regler reagieren auf Betätigung des Mausrads. UNDO- und REDO-Funktionen helfen dabei, versehentliche oder ungewollte Änderungen ungeschehen zu machen, aber auch zwei verschiedene Einstellungen mal eben schnell miteinander zu vergleichen.

CHERRY AUDIO KR-55C - QWERTY Keyboard
CHERRY AUDIO KR-55C – QWERTY Keyboard

Das KR-55C-Plugin bietet natürlich auch wieder das für CHERRY AUDIO obligatorische QWERTY KEYBOARD, eine Bildschirm-Klaviatur, die sich mit der Maus, aber auch mit der alphanumerischen Tastatur des Rechners bedienen lässt. Die Sounds der KR-55C können zwar nicht melodisch gespielt werden, lassen sich aber über unterschiedliche MIDI-Noten triggern. Die Zuweisung folgt dabei dem bewährten GM-Standard, ist aber bei Bedarf auch individuell anpassbar.

CHERRY AUDIO KR-55C - Settings
CHERRY AUDIO KR-55C – Settings

Das aus drei Tabs bestehende Settings-Menü kennen wir ebenfalls bereits aus anderen Plugins von CHERRY AUDIO. Das Verhalten der Bedienoberfläche, der Umgang mit möglichen Updates oder die bevorzugten Verzeichnisse für die Presets sind nur ein paar der Dinge, die sich hier einstellen lassen.

CHERRY AUDIO KR-55C - Preset-Browser
CHERRY AUDIO KR-55C – Preset-Browser

Auch der Preset-Browser dürfte schon hinlänglich bekannt sein. Bei der KR-55C verwaltet er nicht nur die Klangeinstellungen der Drum-Instrumente, sondern zudem auch die Rhythmus-Patterns. Der Browser bietet diverse Kategorien und eine Suchfunktion; ein weiteres Highlight ist die Möglichkeit, persönliche Favoriten mit einem gelben Sternchen zu markieren und in einer eigenen Liste zusammenzufassen.

Mit der sogenannten Pin-Funktion legt man fest, ob der Browser sich nach der Anwahl eines Presets mit der Maus automatisch wieder schließt oder ob er bis zum manuellen Schließen geöffnet bleibt. Durch den Preset-Browser lässt sich übrigens auch mit den Cursortasten navigieren.

CHERRY AUDIO KR-55C - Oversampling Quality
CHERRY AUDIO KR-55C – Oversampling Quality

In der oberen Toolbar finden wir auch ein kleines Q-Symbol, das beim Klicken darauf ein Pulldown-Menü öffnet, in welchem sich die Oversampling-Qualität in vier Stufen (1x bis 4x) anpassen lässt. Vor allem die höchste Stufe erzeugt dabei eine etwas höhere Belastung der CPU. Im Falle der KR-55C ist der Unterschied deutlich hörbar. Mit aktiviertem Oversampling ist der Klang sehr viel höhenreicher, das betrifft nicht nur einzelne Drum-Sounds, sondern auch die integrierten Effekte wie etwa das Reverb. Der beim Oversampling-Faktor 1x etwas dumpfere Klang gefällt mir aber ebenfalls, er wirkt halt etwas weniger Hi-Fi, was je nach angestrebtem Klangbild durchaus seine Reize hat.


Wieder kein Lambada…

Eine neue geladene Instanz des Plugins präsentiert sich im Edit-Modus INST(rument) sowie im Pattern-Modus PRESET. Letzterer ist nicht nur anhand des gedrückten Radio-Buttons erkennbar, sondern auch an der virtuellen Plastikverkleidung unterhalb des Namensschriftzugs. Voreingestellt ist zudem der 55A-Modus, signalisiert durch eine hellere Farbgebung als beim 55B-Modus.

CHERRY AUDIO KR-55C - 55A-Modus
CHERRY AUDIO KR-55C – 55A-Modus

Rhythmustechnisch wird hier das Verhalten der Hardware nachgeahmt, was bedeutet, dass sich erst einmal keine eigenen Patterns erstellen, sondern lediglich fertige Presets abrufen lassen, die allesamt Nachbildungen der Originale aus der KORG KR-55 darstellen. Die sechzehn schwarzen Schalter lösen dabei jeweils eins von insgesamt achtundvierzig Patterns aus, welches genau, wird durch die farbigen Schalter rechts daneben (A, B und C) bestimmt, es stehen. Der jeweilige Name des Rhythmus lässt sich vom Panel ablesen.

CHERRY AUDIO KR-55C - 55B-Modus
CHERRY AUDIO KR-55C – 55B-Modus

Bei Umschaltung zum 55B-Modus ändert sich nicht nur die Farbgebung, sondern auch die im Direktzugriff befindlichen Factory-Patterns entsprechen nun denen der KR-55B. Da diese über doppelt so viele Patterns wie die KR-55 verfügt, kommt in diesem Modus auch der zusätzliche PATTERN GROUP-Schalter zum Zuge, der im 55A-Modus deaktiviert ist und mit dem sich zwischen zwei Sets von Patterns auswählen lässt.

Alle per Schalter erreichbaren Factory-Patterns sind übrigens auch einzeln über den herkömmlichen Preset-Browser verfügbar, womit dieser Preset-Modus wie auch bei der CR-78 wohl in erster Linie der Nostalgie dient und Fans der Hardware-Geräte abholen soll.

Egal, ob nun 55A oder 55B, den Lambada wird man auch in der KR-55C vergeblich suchen, denn KORG hatte diesen damals bei seinen beiden Geräten ebenso wenig im Programm wie ROLAND bei seiner CR-78… 😉

Rhythmische Variationen mit einer Länge von jeweils einem Takt lassen sich mit dem Taster INTRO/FILL In einfügen, ansonsten hat man im PRESET-Modus noch Zugriff auf den Swing-Faktor und auf die Abspielgeschwindigkeit, die sich wahlweise frei oder zum Host-Tempo synchronisiert verändern lässt. Bei letzterer Option folgen Start und Stop des KR-55C-Sequencers automatisch der Transportkontrolle der DAW, in welcher das Plugin läuft,

Unsynchronisiert reicht das Tempo von langsamen 30 bis hin zu beinebrechenden 350 BPM. Letzteres begründet CHERRY AUDIO damit, dass einige der Factory-Presets, namentlich aus den Gruppen WALTZ und BALLAD, sowie der USER-Modus bei Schalterstellung 3 eine andere Schrittauflösung beinhalten (nur 12 oder 24 statt 16 oder 32 Schritte), was in deutlich langsamere Tempi dieser Rhythmen resultiert und dann mit dem erhöhten „Headroom“ des Tempo-Reglers wieder kompensiert werden kann.


Trommelrevolver…

Wenn man beim PATTERN MODE die Option USER auswählt, erscheint anstelle der leeren Fläche unter dem Namen eine kleine PROGRAMMER-Sektion. Zudem verändern sich die beiden Schalterreihen der Pattern-Auswahl zu einem Step-Sequencer mit Lauflicht-Programmierung nach Art der TR-Reihe und aus dem schwarzen Taster INTRO/FILL IN wird ein Trigger zum Ansteuern des jeweils ausgewählten Drum-Instruments.

CHERRY AUDIO KR-55C - User Mode
CHERRY AUDIO KR-55C – User Mode

Der Step-Sequencer zur besseren Übersicht in vier verschiedenfarbige Segmente aufgeteilt, je nach eingestellter Schrittauflösung bzw. Taktart umfasst ein Segment dabei jeweils drei (12er-Auflösung, Dreivierteltakt) oder vier (16er-Auflösung, Viervierteltakt) Schritte.

CHERRY AUDIO KR-55C - 12er-Schrittauflösung
CHERRY AUDIO KR-55C – 12er-Schrittauflösung

Auch die maximale Schrittlänge eines Patterns ist abhängig von dieser Schrittauflösung, bei einem Dreivierteltakt beträgt diese vierundzwanzig und bei einem Viervierteltakt zweiunddreißig. Werden im PROGRAMMER mehr als zwölf bzw. sechzehn Schritte eingestellt, so erfolgt der Zugriff auf die Schritte 13 bis 24 bzw. 17 bis 32 über den entsprechenden Auswahlschalter bei den STEP EDIT GROUPS. IST darüber hinaus der Schalter AUTO ALT(e)RN(a)T(e) aktiviert, so erfolgt bei laufendem Sequencer die Umschaltung automatisch. Es sind übrigens auch ungerade Schrittzahlen möglich.

CHERRY AUDIO KR-55C - Programmer
CHERRY AUDIO KR-55C – Programmer

Die Programmierung von Patterns geschieht genauso wie beim Schwester-Plugin CR-78 und gibt keine Rätsel auf. Man wählt im PROGRAMMER mit dem Drehschalter das gewünschte Drum-Instrument aus und drückt dann die Tasten der Schritte, auf denen es im Pattern erklingen soll.

Es gibt Funktionen zum Kopieren und Einfügen von einzelnen Instrumentenspuren, Step Edit Groups und ganzen Patterns, auch ein gezieltes Löschen ist möglich. Fertige Patterns können auch via Drag-Export ganz einfach mit der Maus auf eine MIDI-Spur in der DAW gezogen werden, um sie dort weiterzuverarbeiten (die KR-55C kann ja auch als reiner Klangerzeuger unter Umgehung ihres internen Sequencers angesteuert werden).

So unkompliziert diese Art der an Hardware-Geräten (wo sie aufgrund der begrenzten Anzahl an Bedienelementen entstand) angelehnten Pattern-Programmierung auch sein mag, wie schon bei der CR-78 hätte ich mir von CHERRY AUDIO auch bei der KR-55C einen kleinen Blick über den Tellerrand gewünscht, etwa in Richtung D16 GROUP, deren Emulationen klassischer Drumcomputer inzwischen alle über einen Grid-Sequencer verfügen, der eine gleichzeitige Ansicht aller Instrumentenspuren bietet, was der Beat-Programmierung sehr zugutekommt. Daher an dieser Stelle noch einmal mein Vorschlag für ein Update: Eine zusätzliche, via Schalter aufrufbare „Grid View“, die alle Drumspuren untereinander anzeigt. Man kann dann ja selbst entscheiden, welche Art der Programmierung man bevorzugt.

Und wo wir gerade bei den Wünschen sind: Auch bei der KR-55C fände ich eine Pattern-Shift-Funktion zum schrittweisen Verschieben einer Sequenz nach vorn oder nach hinten im Raster bei gleichzeitigem Erhalt der rhythmischen Struktur praktisch.

Die KR-55C besitzt auch einen Song-Modus, in welchem sich bis zu 99 User-Patterns zu einem fortlaufenden Track zusammenstellen lassen (wer dennoch gerne Factory-Patterns in solch einen Song integrieren möchte, der kann sich ja der entsprechenden Duplikate im Preset-Browser bedienen). Wie schon bei der hauseigenen CR-78, bietet auch der Song-Modus der KR-55C zwei spezielle Events: Der im PATTERN SELECT-Display durch zwei simple Striche dargestellte END STEP, der einen Song sofort anhält, sowie der LOOP STEP (Kürzel: LP), mit dem der Song unterbrechungsfrei zurück zu seinem Anfang springt und wieder von vorn beginnt.


Drehbank…

Im Gegensatz zur CR-78 stehen die einzelnen Drum-Sounds der KR-55C ohne erst umschalten zu müssen in der Hauptansicht zum Editieren bereit. Wo die Originale von KORG lediglich über Lautstärkeregler verfügten, hat CHERRY AUDIO seiner Emulation eine Handvoll an zusätzlichen Parametern spendiert, mit denen sich die Klänge effektiv verbiegen lassen. Zudem besitzt hier jedes Instrument seinen eigenen Kanal und muss ihn sich nicht wie bei der Hardware mit anderen teilen.

CHERRY AUDIO KR-55C - Instrument Edit
CHERRY AUDIO KR-55C – Instrument Edit

Zunächst einmal gibt es für jedes Instrument einen semiparametrischen Equalizer, mit dem sich in einem auswählbaren Frequenzbereich von 50 Hz bis 12 kHz eine Anhebung oder eine Absenkung von bis zu 15 dB vornehmen lässt.

Darunter befindet sich der TONE-Regler, mit dem sich der Grundklang eines jeden Instruments individuell verändern lässt. Bei der Bassdrum, den beiden Toms und den beiden Congas sowie Rim Shot und Claves, kann man frei zwischen Click und Body überblenden, bei der Snare zwischen Attack und Noise-Anteil, bei Cymbal und Hi-Hat zwischen Attack und Body und bei der Cowbell schließlich zwischen Low und High, was sich in meinen Ohren nach einem Hochpassfilter anhört.

Als Nächstes folgen TUNE zum Stimmen der Instrumente in einem weiten Bereich sowie DECAY zum Verändern der Ausklingzeit. Letzterer wirkt bei der Hi-Hat ausschließlich auf die geöffnete Variante (Closed Hi-Hat und Open Hi-Hat werden tatsächlich durch dieselbe Klangquelle erzeugt und teilen sich daher auch eine einzige Stimme, was hier auch absolut sinnvoll erscheint, damit sie sich wie bei echten Hi-Hats gegenseitig abschneiden können).

Diese wenigen Klangparameter übertreffen die Möglichkeiten der KORGschen Originale bei weitem, was angesichts eines völligen Fehlens bei jenen natürlich auch keine Kunst darstellt.

Während CHERRY AUDIO bei der CR-78 die Drum-Instrumente komplett durch virtuell-analoge Synthese erzeugt werden, stieß ich im Manual zur KR-55C auf den kleinen Hinweis, dass hier zumindest die Cymbal auf Sampling basiert (die restlichen Instrumente aber wie erwartet synthetisch erzeugt werden).

Wem die von CHERRY AUDIO vorgenommene Notenzuweisung der einzelnen Instrumente gefällt, der kann diese auch einfach abändern. Dazu klickt man beim betreffenden Instrument auf das in der Nähe des DECAY-Reglers befindliche kleine Dreieck, woraufhin sich ein Popup-Menü öffnet, in dem man entweder die gewünschte Notennummer aus einer Liste oder die Option MIDI LEARN auswählen kann. Letztere erlaubt eine Zuweisung via Keyboard oder Pad-Controller (auch das QWERTY Keyboard funktioniert hierzu). Derartige Notenzuweisungen werden übrigens immer mit dem jeweiligen Patch und nicht global gespeichert.


Mischbatterie…

Per Knopfdruck lässt sich der Edit-Modus MIX aufrufen, der seinerseits aus einem Mischpult für die Instrumente sowie einer Routing-Matrix für die ebenfalls integrierten Effekte besteht.

CHERRY AUDIO KR-55C - Edit Mode Mix
CHERRY AUDIO KR-55C – Edit Mode Mix

Das Mischpult ist einfach gehalten und bietet pro Instrument Lautstärke- und Panoramaregler sowie Mute- und Solo-Buttons. Zu beachten ist, dass die im Mixer vorgenommenen Einstellungen sich lediglich auf die Stereosumme auswirken.

Wenn man die Multi-Out-Version der KR-55C geladen hat, werden deren Einzelausgänge am Mixer vorbeigeleitet. Gleichwohl steht der Stereoausgang der KR-55C noch weiterhin in der DAW bereit und sollte dort dann im Regelfall stumm geschaltet werden.

Übrigens, auch wenn die Einzelausgänge als Stereokanäle in der DAW erscheinen, die Instrumente der KR-55C sind wie beim Original allesamt nur in mono ausgeführt.

CHERRY AUDIO KR-55C - Mixer
CHERRY AUDIO KR-55C – Mixer

Die sogenannte EFFECTS ROUTING MATRIX bietet jeweils vier Schalter pro Instrumentenkanal, mit denen jedes Instrument unabhängig von den anderen in die vier integrierten Send-Effekte (dazu gleich mehr) der KR-55C geleitet werden können, und zwar separat in Overdrive, Modulationseffekte, Echo und Reverb.

CHERRY AUDIO KR-55C - Effects Routing Matrix
CHERRY AUDIO KR-55C – Effects Routing Matrix

Da es sich um Schalter und nicht um Regler handelt, wird jeder Send-Effekt ohne weitere Eingriffsmöglichkeit immer volle Kanne angefahren. Andererseits erfolgt die Zuweisung so deutlich schneller als etwa mitttels vierundvierzig separat einzustellender Drehregler.

Auch hier gilt wieder, dass die Einzelausgänge der Multi-Out-Version nicht davon betroffen sind, diese werden stets trocken nach außen geleitet.


Duschkabine…

Besagte Effekte erreicht man durch eine Betätigung des Schalters FX im Bereich EDIT MODE. Hierdurch erhält man Zugriff auf die Parameter der eben erwähnten vier Send-Effekte sowie auf die der globalen Dynamikeffekte Kompressor und Limiter. Bei der CR-78 waren Mixer und Effektsektion noch zusammengefasst, bei der KR-55C hat man beides auf zwei Ansichten verteilt, zugunsten eines immer zugriffsbereiten Sequencers.

CHERRY AUDIO KR-55C - Edit Mode FX
CHERRY AUDIO KR-55C – Edit Mode FX

Die vier Send-Effekte entsprechen im Großen und Ganzen denen in der CR-78, mit zwei kleinen Ausnahmen: Die Modulationsabteilung bietet bei der KR-55C auch einen Chorus, dafür hat man beim Reverb den Modus SPRING wegfallen lassen, warum auch immer. Jeder Effekt lässt sich separat ein- und ausschalten.

So gibt es hier also einen OVERDRIVE mit den beiden Betriebsarten TAPE und FUZZ, einen Modulationseffekt, der wahlweise als FLANGER oder als CHORUS arbeiten kann (in beiden Modi mit der Möglichkeit, die Modulationsgeschwindigkeit zum Host-Tempo zu synchronisieren), ein ECHO mit den drei Algorithmen DIGITAL, TAPE und PING-PONG sowie ein REVERB, das über die drei Betriebsarten ROOM, PLATE und GALACTIC verfügt.

CHERRY AUDIO KR-55C - Effekt-Sektion
CHERRY AUDIO KR-55C – Effekt-Sektion

Wie schon bei der CR-78, hätte man sich auch hier vielleicht noch einen Phaser wünschen können, dazu muss man dann halt die Multi-Out-Version des Plugins sowie einen externen Effekt bemühen.

Als globale Effekte, die stets auf die gemeinsame Summe aller Instrumentenkanäle gemeinsam einwirken, stehen der BUS COMPRESSOR und der BUS LIMITER bereit.

Beim BUS COMPRESSOR wird die Kompressionsstärke einfach über den via INPUT-Regler zugeführten Eingangspegel verändert (und an der virtuellen Analog-Anzeige abgelesen), auf separate Threshold- und Ratio-Parameter verzichtet CHERRY AUDIO hier. Dafür gibt es jedoch einen Hochpassfilter im Detektorregelkreis, mit dem man basslastiges Audiomaterial von der Kompression ausschließen kann, um ein ungewolltes Pumpen zu verhindern (dieses Filter wirkt also nicht auf das eigentliche Audiosignal ein).

Der BUS LIMITER hat den Zweck, zu hohe Pegel abzufangen und verfügt lediglich über einen Threshold-Parameter zum Festlegen der Einsatzschwelle. Eine virtuelle LED informiert über die Aktivität des Limiters bei Überschreitung des Höchstpegels.

Qualitativ gibt wieder mal nichts an der Effektsektion zu bemängeln, alles klingt so, wie man es von CHERY AUDIO gewohnt ist. Ähnlich wie bei der CR-78 vermögen die integrierten Effekte auch bei der KR-55C den ursprünglichen Grundklang in eine völlig andere Richtung zu verbiegen, die dann nicht mehr sonderlich viel mit dem etwas angestaubten Sound der Originale zu tun hat.


Polterabend…

KORG KR-55 und KR-55B kenne ich persönlich nur aus einigen fertigen Produktionen, in denen sie zumindest teilweise zum Einsatz kamen (und dass sie es dort taten, habe ich auch erst im Nachhinein erfahren…), sowie aus Klangbeispielen im Netz und aus einigen Sample-Packs, nicht jedoch aus persönlicher Erfahrung.

Daran orientiert erscheint mir CHERRY AUDIO’s KR-55C als ziemlich gelungen, die typischen Drum-Sounds aus der Frühzeit des New Waves und des Synth-Pops reproduziert sie jedenfalls für meine Ohren in hinreichend authentischer Qualität.

Und wenn ich dann noch das beliebte Totschlagargument „In einem Mix hört das doch sowieso niemand heraus…“ nachschiebe, dann bleibt wenig übrig, das gegen die Verwendung der KR-55C anstelle der Originale spricht.

Wie auch immer, das erste der beiden nachfolgenden Klangbeispiele präsentiert die nackten Drumsounds der KR-55C ohne jegliche Effekte sowie eine kleine Auswahl der originalen Preset-Patterns beider Maschinen.

Klangbeispiel CHERRY AUDIO KR-55C – Factory Presets KR-55A und KR-55B

Wie oben schon angedeutet, bietet die KR-55C aufgrund ihrer Editiermöglichkeiten und ihrer integrierten Effekte jede Menge Klänge und Patterns, die die ihrer zwei Vorbilder in puncto Flexibilität und Modernität weit hinter sich lassen. Die von CHERRY AUDIO angeheuerten Sounddesigner haben hier wieder mal ganze Arbeit geleistet und allerhand aus dem Plugin herausgeholt, das man bei den Originalen – falls überhaupt – wohl nur mit riesigem Aufwand und Bergen an Equipment annähernd hinbekommen könnte. Beispiele gefällig? Bitte sehr:

Klangbeispiel CHERRY AUDIO KR-55C – Mixed Presets

Das hat nun zum großen Teil wirklich nicht mehr allzu viel mit dem originalen Klang gemein, was ich hier allerdings ausdrücklich als positiv verstanden wissen will, da es die tatsächlichen Möglichkeiten der KR-55C aufzeigt, die sich eben nicht nur auf die Nachahmung etwas altbackener Drumsounds von vorgestern beschränken, sondern auch in modern klingenden Produktionen verschiedener Stilrichtungen eine gute Figur machen.

Übrigens gibt es noch 100 weitere Klänge und Patterns in Form des separat angebotenen PATTERN THEORY FOR KR-55C PRESET PACK. Dieses stand mir zwar nicht für den Test zur Verfügung, jedoch ist der dafür verantwortlich zeichnende JAMES DYSON für die Qualität seiner Arbeit mittlerweile hinlänglich bekannt.


Fazit:

Auch CHERRY AUDIO’s zweiter virtueller Drumcomputer macht Spaß und klingt dabei solide. Wie schon die hauseigene CR-78 bietet das Plugin sowohl klassische, aber immer noch gefragte Drumsounds sowie Patterns mit hohem Nostalgiefaktor als auch ausgesprochen moderne Rhythmusklänge, die man aus den Originalen nur schwerlich herausbekommen dürfte.

Wer sich an den bekannten Klängen der ROLAND-Klassiker langsam satt gehört hat, für den stellt die KR-55C eine interessante Alternative dar, aber eigentlich ergänzt sie das TR-Arsenal auch hervorragend zum gemeinsamen Spiel.

Die Bedienung der KR-55C ist durchaus einfach, dennoch wiederhole ich hier noch einmal meine beiden auch schon anlässlich der CR-78 geäußerten Kritikpunkte bezüglich des Step-Sequencers: Neben der an Hardwaregeräten orientierten Bedienung würde ich mir auch noch eine Grid-View zugunsten eines schnelleren und übersichtlicheren Workflows wünschen. Unabhängig davon fände ich zudem eine Pattern-Shift-Funktion sehr praktisch.

Wiederum sehr lobenswert finde ich die Möglichkeit, Patterns mit der Maus aus dem Plugin hinüber in die DAW zu ziehen und die dort zumeist deutlich umfangreicheren Editier- und Arrangieroptionen nutzen zu können.

Außer der KR-55C von CHERRY AUDIO kenne ich kein weiteres Plugin, das diese alten KORG-Maschinen emuliert, lediglich diverse einfache Sample-Packs. Im Gegensatz zu Letztgenannten, die in der Regel erst aufwendig nachbearbeitet werden müssen, bekommt man bei der KR-55C bereits weitgehend produktionsfertige Sounds, die ziemlich druckvoll und knallig aus den Boxen ertönen.

Ich persönlich wüsste jetzt wirklich nicht, warum ich lieber nach einem alten, gebrauchten Original Ausschau halten sollte, das derzeit etwa für den zehnfachen Preis weggeht als die KR-55C, Platz im Studio wegfrisst und dabei auch noch weniger auf dem Kasten hat. Der bei Hardware oftmals angeführte Punkt der besseren Haptik dürfte im Falle dieser beiden KORG-Geräte ja eher nicht ins Gewicht fallen.

CHERRY AUDIO bietet die KR-55C für 49,- US-Dollar an (regulärer Preis), das optionale PATTERN THEORY FOR KR-55C PRESET PACK kann man für 9,99 USD erwerben. Die Demoversion der KR-55C läuft 30 Tage lang ohne Einschränkungen, abgesehen von einem in periodischen Abständen eingeblendeten Störsignal.


Auch wenn es von meiner Seite aus noch den einen oder anderen Verbesserungsvorschlag gibt, so ist das derzeit Gebotene mir bereits einen BuenasIdeas-Tipp wert.

BuenasIdeas-Tipp

Positives:
+ sehr guter Grundklang
+ flexible Klangformung
+ einfache Bedienung
+ brauchbare Effekt-Sektion
+ Lauflicht-Sequencer
+ umfangreiche MIDI-Learn-Sektion
+ Drag-Export von Patterns
+ vergleichsweise geringe CPU-Anforderungen
+ fairer Preis

Negatives:
– keine Offline-Aktivierung bzw. -Installation möglich
– kein Grid-Sequencer


Produktwebseite: https://cherryaudio.com/products/KR-55C

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