Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 11.07.2023
Und fröhlich weiter geht’s mit den Vintage-Synth-Emulationen von CHERRY AUDIO. Immer wenn man meint, dass ja nun schon alles, was es so an alten Synthesizern gibt, virtuell nachgebildet wurde, findet sich doch noch ein Schätzchen, das man bisher nicht auf dem Schirm hatte (und es werden sicherlich noch weitere folgen…).
Dieses Mal dürfen wir uns auf den OCTAVE CAT freuen, der einen Analogsynthesizer gleichen Namens aus der zweiten Hälfte der siebziger Jahre zum Vorbild hat und von CHERRY AUDIO wieder einmal mit allerlei Zusatzfunktionen bedacht wurde, mit denen die Hardware nicht aufzuwarten vermochte.
Katzenbilder…
Der Name OCTAVE ELECTRONICS dürfte nicht jedermann etwas sagen. Diese 1975 vom Ingenieur und Musiker Carmine Bonanno gegründete Firma hat im Laufe der Jahrzehnte allerlei Namensänderungen (OCTAVE-PLATEAU, VOYETRA TECHNOLOGIES, TURTLE BEACH) erfahren und sich dabei jedes Mal neu erfunden. Zunächst wurden verschiedene analoge Synthesizer entwickelt und gebaut, später stieg man auf DOS-basierte Sequencer-Software um, danach auf Soundkarten-Treiber und schließlich auf Audioequipment für Multimedia und Gaming.
Wie dem Manual zum OCTAVE CAT übrigens zu entnehmen ist, hat CHERRY AUDIO von besagtem Carmine Bonanno gewisse Hilfestellung bei der Umsetzung des einen oder anderen Details erhalten. Zudem scheint sich der Markenname OCTAVE-PLATEAU nun in Besitz von CHERRY AUDIO zu befinden.
Das erste Produkt von OCTAVE ELECTRONICS war ein kleiner, mono- und duophon spielbarer analoger Synthesizer namens (the) CAT, der 1976 erschien und auch als Vorlage für die hier besprochene Emulation diente. Dabei stellte das Original ja selbst schon so etwas wie eine Nachahmung dar, denn es zeigte sich stark inspiriert vom seinerzeit populären ARP ODYSSEY.
OCTAVE ELECTRONICS baute jedoch nicht einfach den ODYSSEY eins zu eins nach, sondern überarbeitete das Layout, stattete beide VCOs mit Subsoszillatoren aus und bot nach Ansicht von Kennern auch den besseren Klang. Zudem war der CAT deutlich günstiger als der ODYSSEY zu haben, was seinen Erfolg zum Unwillen von ARP noch vergrößerte. ARP versuchte damals zwar OCTAVE ELECTRONICS wegen Patentrechtsverstoßes zu verklagen, hatte damit aber schlussendlich keinen Erfolg (der CAT war eben kein waschechter Klon).
Ein Jahr nach Erscheinen des CAT brachte OCTAVE ELECTRONICS das leicht erweiterte Modell CAT SRM heraus, der seinerseits noch ein Jahr später durch den CAT SRM II ersetzt wurde. 1977 erblickte auch ein abgespecktes und nochmals günstigeres Geschwisterchen mit nur einem VCO das Licht der Welt und (the) KITTEN, also „das Kätzchen“ getauft, ein typischer Einsteigersynth.
Heutzutage dürfte es vermutlich etwas schwierig werden, einen der mittlerweile selten gewordenen Originale zu ergattern, und falls doch, dann nur wohl nur unter Einsatz einer entsprechend hohen finanziellen Aufwendung.
Da freut es sicherlich den einen oder anderen, dass die Firma BEHRINGER vor einigen Jahren einen passenden Klonkrieger in die Schlacht geschickt hat, der das Thema CAT wieder aufgreift und sich dabei optisch und funktional mehr an der SRM II-Variante orientiert. Ich hatte Gelegenheit, diesen im Rahmen des Tests ebenfalls einmal kurz mit CHERRY AUDIO’s Katze zu vergleichen.
Alles wie gehabt…
Und wieder einmal haben wir es mit einem Plugin zu tun, dessen allgemeinen Merkmale, also jenen abseits von Aussehen und Klangarchitektur, sich identisch zu denen seiner hauseigenen Geschwister präsentieren. Daher entsprechen auch die folgenden Zeilen mehr oder minder den sich damit befassenden Kapiteln in meinen Testberichten zu früheren CHERRY AUDIO-Plugins. Wer das alles schon kennt, darf diesen Abschnitt also getrost überspringen.
Wie von CHERRY AUDIO gewohnt, ist auch OCTAVE CAT nur als 64-Bit-Plugin verfügbar, doch dürfte heutzutage nur eine Minderheit noch 32-Bit-Plugins benötigen. Ab WINDOWS 7 beziehungsweise ab macOS 10.13 ist man dabei, auch die jeweils neuesten Versionen beider Betriebssysteme werden unterstützt. Die native Unterstützung von APPLE’s SILICON-Prozessoren ist ebenfalls gegeben.
Neben einer Standalone-Version werden die Plugin-Formate VST2, VST3, AAX sowie AU angeboten, wie immer habe ich jedoch lediglich die VST-Varianten des OCTAVE CAT installiert und getestet. Meine Testumgebung besteht aus einem stationären Rechner mit i7-4790K-CPU (4 x 4,0 GHz) und 16 GB RAM, als Betriebssystem verwende ich WINDOWS 10. Der OCTAVE CAT lief auf diesem Rechner auch mit mehreren parallelen Instanzen, ohne Probleme zu bereiten.
Einen kleinen Minuspunkt vergebe ich mal wieder dafür, dass die Installations- und Aktivierungs-Prozedur eine aktive Internetverbindung verlangt, welche für mich nicht zwingend bei einem reinen Studio- bzw. Musik-Rechner vorhanden sein muss, auch wenn das in unseren Zeiten für den einen oder anderen überraschend erscheinen mag. Ich selbst erlaube meinem Studiorechner jeweils nur temporär den Zugang zum Netz, eben für solche Aktivierungsgeschichten, und begrüße es immer, wenn ein Hersteller auch zumindest alternativ eine Offline-Aktivierung anbietet.
Bei CHERRY AUDIO ist der Internetzugang nicht nur für die Aktivierung, sondern auch schon für die reine Installation vonnöten, da bei dieser noch irgendwelche Daten nachgeladen werden. Möchte man den OCTAVE CAT anschließend freischalten, so sollte man die Zugangsdaten in Form von E-Mail-Adresse und Passwort bereithalten, mit denen man sich auch in seinen Online-Account bei CHERRY AUDIO anzumelden pflegt. Ohne eine derartige Freischaltung verbleibt OCTAVE CAT in einem dreißig tägigen Demo-Modus, in dem zwar alle Funktionen verfügbar sind, jedoch immer wieder mal ein Rauschen als Störsignal ertönt.
Die Bedienoberfläche des Plugins ist zur Anpassung an die anwenderseitige Bildschirmgröße und -auflösung skalierbar und orientiert sich optisch an sehr eng an seinem Vorbild, natürlich abgesehen von kleineren systembedingten Änderungen am Layout sowie Ergänzungen. Wem das modernere Aussehen der Drehregler beim SRM-Modell und beim BEHRINGER CAT besser gefällt, der kann beim OCTAVE CAT einfach auf das alternative SRM -Thema wechseln.
Auch beim OCTAVE CAT gibt es eine FOCUS-Funktion, mit der sich einzelne Bereiche der Bedienoberfläche fensterfülllend vergrößern lassen, dies dürfte wohl vor allem bei sehr hohen Bildschirmauflösungen ab 4K aufwärts von Vorteil sein. Es gibt dafür übrigens auch einen praktischen Shortcut: Einfach bei gedrückter STRG-Taste (WINDOWS) bzw. CMD-Taste (macOS) ins GUI klicken. Das Zurücksetzen auf die normale Ansicht funktioniert ebenso.
Die Möglichkeiten, seinen bevorzugten MIDI-Controller zur bequemeren Steuerung mit dem OCTAVE CAT zu verbinden, sind ebenfalls wieder vorbildhaft. Man kann sämtliche getätigten Mappings auch im Nachhinein noch anpassen, unter anderem lässt sich für jedes Element getrennt der Regelbereich mit Minimal- und Maximalwerten definieren und sogar invertieren, zudem lässt sich auch seine Regelkurve mit der Maus stufenlos verbiegen, sodass hier neben linearen auch exponentielle und logarithmische Verläufe möglich sind.
Schon vor einiger Zeit hat CHERRY AUDIO die MIDI-LEARN-Funktion um die Möglichkeit erweitert, einzelne oder gleich alle vorgenommenen Einstellungen sowohl global als auch nur für das jeweilige Preset geltend abzuspeichern. Der aktuelle Status lässt sich dabei jederzeit ändern. Auf diese Weise können die Bedienelemente eines MIDI-Controllers bei dem einen Preset etwas völlig anderes regeln als bei dem anderen.
Selbstredend lässt sich der OCTAVE CAT auch mittels Parameter-Automation steuern, wer mag, der kann dazu auch das Mausrad verwenden, und die praktischen UNDO- und REDO-Funktionen der CHERRY AUDIO-Plugins fehlen hier ebenfalls nicht.
Der OCTAVE CAT lässt sich auch ganz ohne MIDI-Eingabegerät spielen, dafür existiert nämlich das sogenannte QWERTY KEYBOARD. Dieses wird wahlweise mit der Maus oder mit der alphanumerischen Tastatur bedient, neben Noten können damit auch diverse Controllerdaten wie etwa Anschlagsdynamik, Pitchbending oder Modulation erzeugt werden.
Das Settings-Menü des OCTAVE CAT folgt ebenfalls dem CHERRY AUDIO-Standard, verteilt sich auf drei Tabs (GENERAL, INTERFACE und ACCOUNT) und ermöglicht diverse Grundeinstellungen, beispielsweise in Bezug auf Darstellung und Bedienung, Zugangsdaten und Updates oder des Verzeichnisses für die Presets usw. Des Weiteren kann man hier zwischen den beiden alternativen GUI-Themen wechseln.
Die Verwaltung eigener oder mitgelieferter Klangkreationen erfolgt wie gewohnt über den Preset-Browser, der dazu über Optionen wie thematische Kategorien, eine Suchfunktion sowie eine vom Anwender bestückbare Favoritenliste verfügt. Die altbekannte Pin-Funktion verhindert bei Aktivierung, dass sich das Browser-Fenster sofort wieder schließt, nachdem man ein Preset ausgewählt hat. Die Presets können innerhalb des Browsers auch mithilfe der Cursortasten ausgewählt werden.
Und schließlich finden wir noch ein kleines Pulldown-Menü, das sich bei Betätigung der Schaltfläche mit dem Q öffnet. Hierin lässt sich der Oversampling-Faktor anpassen, die Voreinstellung beträgt dabei stets 1x. Höhere Werte verbessern die Klangqualität der Audioausgabe und beugen Aliasing-Artefakten vor, stellen aber gleichzeitig auch etwas gehobenere Ansprüche an die CPU.
Kratzbaum…
Funktionell lehnt sich CHERRY AUDIO’s Emulation eher an den CAT SRM II an und hat daher auch dessen Erweiterungen gegenüber dem ursprünglichen CAT-Modell integriert. Das Layout hat CHERRY AUDIO zugunsten einer besseren Bedienbarkeit leicht abgeändert.
So wurden etwa die beiden LFO-Regler sinnvollerweise zusammengelegt, während sie sich beim CAT SRM voneinander entfernt platziert wurden (und beim BEHRINGER CAT sogar noch weiter!). Beim Original mag der Grund wohl darin zu suchen sein, dass bei der ersten Modellreihe des CAT noch gar kein LFO DELAY-Regler vorhanden war und dieser beim CAT SRM einfach an eine freie Stelle auf dem Panel untergebracht wurde.
Wie beim Original befinden sich links oben zunächst die beiden Hüllkurven, hier im OCTAVE ELECTRONICS-Jargon als TRANSIENT GENERATORS bezeichnet. Eine davon ist eine herkömmliche ADRS-Hüllkurve, die andere lediglich eine rudimentäre AR-Hüllkurve, das hatte sich OCTAVE ELECTRONICS offensichtlich beim ARP ODYSSEY abgeschaut. CHERRY AUDIO hat beiden Hüllkurven jeweils noch einen zusätzlichen Regler für die Beeinflussung durch die Anschlagsdynamik spendiert.
Die ADSR-Hüllkurve lässt sich außerdem auf Wunsch zyklisch wiederholen, die Wiederholungsgeschwindigkeit wird dabei durch die eingestellte LFO-Frequenz bestimmt. Man kann per Schalter einstellen, ob diese Wiederholungsfunktion nur bei gehaltener Keyboardtaste erfolgen (GATE) oder aber unabhängig davon durchlaufen sollen (AUTO).
Ebenfalls in der Hüllkurvenabteilung untergebracht, obwohl sie dort eigentlich nichts zu suchen hat, ist die Sample + Hold-Einheit, mit der sich zufallsgesteuerte Modulationen erzeugen lassen. Wo das Original und BEHRINGER’s Nachbau lediglich VCO1 und Rauschen als Spannungsquelle bieten, lässt sich beim OCTAVE CAT auch noch VCO2 auswählen. Den Regler namens S+H GLIDE gibt es nicht bei der Hardware, damit können die erzeugten Werteänderungen von abrupt bis fließend gestaltet werden.
Der schon erwähnte LFO besitzt je einen Regler für die Geschwindigkeit (0,03 Hz bis 30 Hz bzw. 8 Schläge bis 1/64 Triole) und für die Einschwingverzögerung (0 bis 5 Sekunden), zudem lässt er sich bei Bedarf zum Host-Tempo synchronisieren. Als Schwingungsformen stehen Sinus und Rechteck bereit, die Auswahl erfolgt bei den jeweiligen Modulationszielen.
Der OCTAVE CAT kann im Gegensatz zu seinem Vorbild auch polyfon gespielt werden, besitzt aber dennoch nur einen LFO für alle Stimmen, was dann auch bei der Einschwingverzögerung auffällt, die dann stets auf alle gespielten Stimmen gleichzeitig einwirkt.
Links neben der LFO-Sektion lässt sich die Modulationsintensität des Pitch Benders (0 bis 12 Halbtöne) einstellen, bei der Hardware hingegen stellt dieser Regler bereits den eigentlichen Pitch Bender dar. Die Oktavlage lässt sich in fünf Stufen (-2, -1, 0, +1, +2) festlegen, während es bei der Hardware nur drei sind (-2, 0 und +2). Und mit GLIDE schließlich dient der Einstellung der Portamento-Geschwindigkeit.
Der OCTAVE CAT verfügt über zwei Oszillatoren (VCO 1 und VCO 2). VCO 1 kann die Wellenformen absteigender Sägezahn (Ramp), Dreieck sowie variabler Puls erzeugen, bei VCO 2 sind es nur Rechteck und absteigender Sägezahn. Jeder VCO besitzt seinen eigenen Suboszillator, der eine Rechteckwelle erzeugt und eine Oktave tiefer als der ihm zugeordnete Hauptoszillator schwingt. Alle Wellenformen und die Suboszillatoren können gleichzeitig wiedergegeben und dabei stufenlos miteinander gemischt werden. Darüber hinaus steht noch ein zusätzlicher Rauschgenerator als Klangquelle zur Verfügung.
Bei VCO 1 lässt sich die Grob- und die Feinstimmung einstellen, bei VCO 2 nur die Feinstimmung. Der Regelbereich der Grobstimmung von VCO 1 beträgt 1 Hz bis 9 kHz, bei der Hardware hingegen sind es 0,2 Hz bis 2 kHz, was dazu führt, dass man Klänge von Hard- zur Software und umgekehrt nicht einfach anhand der Reglerstellungen übertragen kann.
Der zu VCO 1 gehörende Schalter namens KEYBOARD CONTROL unterscheidet sich bei echter und virtueller Katze ebenfalls etwas. Bei der Hardware kann damit zwischen monofoner und duofoner Ansteuerung gewechselt werden, außerdem lässt sich VCO 1 auch ganz von einer Steuerung durch Keyboard entkoppeln und dann als sehr schneller FM-Modulator dienen. Beim Plugin ist Letzteres gleichfalls möglich, ansonsten lässt sich damit die Grobstimmung entweder stufenlos oder in diskreten Halbtonschritten regeln.
Der Schalter für die Synchronisation von VCO 1 zu VCO 2 bietet zwei Modi, so wie es auch beim CAT SRM II und beim BEHRINGER-Klon der Fall ist. MODE A entspricht dabei dem Verhalten des originalen CAT und wurde nach Anleitung von Carmine Bonanno realisiert, während MODE B dem typischen Verhalten, wie es sich auch bei anderen Analog-Synths findet, nachempfunden wurde.
Beide VCOs lassen sich sowohl durch den LFO oder durch Sample + Hold als auch durch eine der beiden Hüllkurven oder den jeweils anderen VCO modulieren (durch Letzteres ist dann FM- und Cross-Modulation möglich), VCO 1 bietet zudem eine Pulsweitenmodulation der entsprechenden Wellenform via LFO (nur Sinus-Welle) oder ADSR-Hüllkurve. DC entspricht hier einer manuellen Einstellung mittels des Drehreglers.
Das Filter wurde dem im CAT (und übrigens auch in den ersten beiden Revisionen des PROPHET-5) verbauten SSM2040-Chip nachempfunden. Es bietet eine Flankensteilheit von 24 dB pro Oktave und ist resonanzfähig bis zur Selbstoszillation.
VCO 1 kann das Filter auch umgehen, damit er nicht hörbar wird, wenn er als reiner Modulationsgenerator eingesetzt wird.
Grenzfrequenz (Fc) und Resonanz (Q) lassen sich ebenso regeln wie das Keyboard-Tracking und Modulationsquellen – und intensität. Hierbei können die gleichen Quellen ausgewählt werden, wie VCO 2, natürlich unabhängig von diesem.
Wer von der Hardware kommt, den dürfte es zunächst etwas irritieren, dass die Regler für die Modulationintensität sowohl bei den VCOs als auch beim Filter allesamt bipolar arbeiten, während sie beim Original und beim BEHRINGER CAT unipolar ausgeführt sind. Das ist ein weiterer Grund dafür, warum sich Panel-Einstellungen nicht einfach eins zu eins übertragen lassen.
Der VCA sitzt ganz rechts und kann gleichermaßen manuell geregelt und durch eine der beiden Hüllkurven angesteuert werden. Im BYPASS-Modus gibt er auch ohne Tastenanschlag ein kontinuierliches Signal aus, jedoch nur dann, wenn der KEYBOARD MODE auf MONO oder auf DUO steht.
Unterhalb des VCA findet sich ein stufenlos einblendbarer Rauschgenerator, der weißes Rauschen erzeugt. Eigentlich eine komische Platzierung, aber bei den Hardware-Boliden ist das ganz genauso.
Oberhalb des VCA, also dort, wo bei den Originalen der Ein-/Aus-Schalter sitzt, hat CHERRY AUDIO noch einen einfachen Limiter integriert, der sich lediglich hinzuschalten, aber ansonsten nicht weiter einstellen lässt. Eine virtuelle LED-Kette komplettiert diese Master-Sektion.
Links neben der virtuellen Klaviatur gibt es noch einige Einstellmöglichkeiten, die die Stimmenzuweisung betreffen, darunter befindet sich auch der gerade schon erwähnte KEYBOARD MODE, der die drei Modi POLY, DUO und MONO bietet. Bei der Hardware existieren lediglich die beiden Modi POLY und MONO.
Um Verwechslungen vorzubeugen: Beim OCTAVE CAT entspricht DUO korrekterweise dem, was bei der Hardware nicht ganz exakt als POLY bezeichnet wird, nämlich Duofonie (die beiden VCOs lassen sich zwar getrennt voneinander ansteuern, teilen sich ansonsten aber einen gemeinsamen Signalpfad), während POLY beim Plugin tatsächlich ein polyfones (ganz korrekt ausgedrückt eigentlich ein homofones) Spiel ermöglicht, wahlweise mit zwei, vier, acht oder sechzehn Stimmen.
Daneben gibt es auch noch einen UNISON(o)-Modus, der die zusätzlich verfügbaren Stimmen, auf Wunsch stufenlos gegeneinander verstimmt, für besonders fette Klänge übereinander schichtet. Bei der Hardware entfällt dies mangels weiterer Stimmen.
B-Seite…
Bei der ersten Begutachtung des OCTAVE CAT dachte ich mir noch, dass CHERRY AUDIO hier nach dem MINIVERSE und dem LOWDOWN erstmals wieder eine Emulation ohne zusätzlich integrierte Effekte präsentiert. Da hatte ich bloß noch nicht die unauffälligen kleinen Schalter rechts oben entdeckt, der mit MAIN und FX/SEQ beschriftet ist. Folgerichtig bringt uns ein Klick auf FX/SEQ zu einer alternativen Bildschirmseite, auf der sich die zuvor vermissten Effekte sowie ein Step-Sequencer verbergen.
Fünf Effekt-Module stehen hier bereit, die sich aus den nun schon hinlänglich bekannten Algorithmen zusammensetzen, mit denen fast alle Synthesizer-Plugins von CHERRY AUDIO in der einen oder anderen Variation ausgestattet sind: DISTORT, PHASER, FLANGER/CHORUS, ECHO und REVERB. Jedes Effekt-Modul lässt sich separat von den anderen ein- oder ausschalten. Das Effekt-Routing erfolgt stets parallel.
Beim Verzerrer (DISTORT) hat man die Wahl zwischen den zwei Geschmacksrichtungen TUBE und FUZZ, ansonsten gibt es noch Einstellmöglichkeiten für den Verzerrungsgrad (DRIVE), die Höhenregelung (TONE) und den Ausgangspegel (LEVEL).
Der Phaser kann mit zwei, vier, acht oder sogar zwölf Allpassfilter-Stufen laufen. Die Geschwindigkeit (FREQ) kann manuell eingestellt oder zum Host-Tempo synchronisiert werden. Effektintensität (DEPTH) und Rückkopplung (hier als RES(onance) bezeichnet) lassen sich ebenfalls einstellen.
Flanger und Chorus können nur alternativ zueinander genutzt werden, da sie sich eine gemeinsame Effekteinheit teilen müssen. Einstellbar sind Geschwindigkeit (FREQ), Intensität (DEPTH) Verzögerungszeit (DELAY, nur im Flanger-Modus verfügbar), Rückkopplung (RES, ebenfalls nur im Flanger-Modus verfügbar) sowie das Mischungsverhältnis zwischen trockenem und bearbeitetem Signal (MIX). Es gibt vier Schwingungsformen (Sinus, Dreieck, absteigender und aufsteigender Sägezahn), eine Funktion, die die eben diese bei jedem Tastendruck neu startet (Trigger) sowie eine Synchronisationsmöglichkeit.
Das ECHO bietet drei Delay-Modi (DIGITAL, TAPE und PING-PONG), von denen der erste eine Digitaldelay (ach, wirklich…?) und der zweite ein Bandecho nachbildet. Die Verzögerungszeit (TIME) kann entweder manuell von 1 bis 2000 Millisekunden eingestellt werden oder zum Host-Tempo synchronisiert werden, im letzteren Fall lassen sich dann musikalische Notenwerte auswählen, die wieder von 1/64 Triole bis zu 8 Grundschlägen reichen. Darüber hinaus gibt es jeweils einen Regler für die Rückkopplung (FEEDBACK), die Höhendämpfung (DAMP), den Stereoversatz (SPREAD) und das Mischungsverhältnis (MIX).
Wie ich an anderer Stelle auch schon einmal bezüglich des Tape-Modus angemerkt habe: Dieser erzeugt stets einen leisen Rauschteppich, selbst wenn der Synthesizer gerade gar keine Note spielt. Wie mir CHERRY AUDIO einst bestätigte, ist dies nicht etwa ein Bug, sondern ein Feature, soll damit doch das Verhalten eines originalen analogen Tape Delays nachgeahmt werden. Persönlich fände ich es besser, wenn so etwas nur bei Bedarf zuschaltbar und nicht permanent aktiv wäre.
Denn wenn man mehrere parallele Instanzen des OCTAVE CAT mit aktivem Tape-Modus in einem Projekt einsetzt, dann summiert sich das daraus resultierende Rauschen natürlich, es wird allerdings in der Regel vom Nutzsignal verdeckt und ist tatsächlich nur in ansonsten stillen Passagen eines Tracks zu hören (gegebenenfalls lässt sich hier aber mit entsprechender Parameter-Automation Abhilfe schaffen).
Das Reverb wartet mit fünf recht unterschiedlich klingenden Algorithmen auf, als da wären SPRING (Federhall), PLATE (Hallplatte) ROOM, HALL und GALACTIC. Letztgenannter ist bekanntlich auch als eigenständiges Effekt-Plugin von CHERRY AUDIO erhältlich (siehe hier). Neben der Abklingzeit (DECAY) und dem Mischungsverhältnis (MIX) lassen sich auch ein Hochpass- und ein Tiefpassfilter einstellen (diese beeinflussen jeweils nur den verhallten Signalanteil, nicht aber den trockenen).
Qualitativ entsprechen die Effekte im OCTAVE CAT denen, die man auch in anderen Synthesizern von CHERRY AUDIO vorfindet. Anlass zur Klage besteht also nicht (mal abgesehen vom erwähnten Rauschen beim Tape Delay…). In vielen Fällen machen sie den Einsatz entsprechender externer FX-Plugins überflüssig, können sich jedoch anderseits auch nicht ganz mit den jeweiligen Top-Referenzen in diesem Bereich messen.
Eine Frage stelle ich mir allerdings: Warum verzichtet CHERRY AUDIO nicht zugunsten einer höheren Konsistenz darauf, bei neuen Plugins immer wieder mal die Bezeichnungen ansonsten identischer Parameter zu ändern (etwa FREQ statt RATE, RES statt FEEDBACK usw.)…?
Direkt unterhalb der Effektsektion hat CHERRY AUDIO dem OCTAVE CAT einen Step-Sequencer verpasst, den man bei der Hardware vergeblich suchen wird. Er bietet zwei parallele Sequenzen (SEQ A und SEQ B), die zwei bis acht Schritte umfassen können.
Die Geschwindigkeit kann manuell in einem Bereich von 0,15 Hz bis 30 Hz eingestellt werden und selbstverständlich auch zum Host-Tempo synchronisiert werden, dann einmal mehr in einem Bereich zwischen 18 Grundschlägen und 1/64 Triole.
Der Sequencer kann via START/STOP-Schalter oder eingehender MIDI-Note (KEYBOARD GATE) abgefeuert werden. Im angehaltenen Zustand kann mittels STEP-Taster nacheinander durch die einzelnen Schritte geschaltet werden, um so besser die gewünschten Tonhöhen einstellen zu können.
Jede Sequenz verfügt über acht Drehregler, mit welcher die virtuellen Steuerspannungen eingestellt werden, bei Bedarf auch quantisiert (Halbtonschritte). Über die RANGE-Schalter lässt sich der Regelbereich zudem über mehrere Oktaven ausdehnen.
Doch nicht nur die Tonhöhe (unabhängig für die beiden VCOs) kann mit dem Sequencer gesteuert werden, ebenso die Filterfrequenz (VCF) und die Lautstärke (VCA), sogar alles gleichzeitig. Die bipolar arbeitenden Drehregler können die Modulationsintensität des Sequencer sowohl im negativen als auch im positiven Wertebereich eingrenzen.
Übrigens passt sich auch die Optik der FX/SEQ-Ansicht entsprechend an, wenn man den OCTAVE CAT in den Settings auf das SRM-Thema umstellt. Mir persönlich gefällt dieses sogar besser als das Standard-Thema, aber das ist natürlich eine reine Geschmacksfrage, die keinerlei Einfluss auf die Funktion ausübt.
Katzenjammer…
So simpel die Klangarchitektur des OCTAVE CAT zunächst auch wirken mag, die Bandbreite an möglichen Klängen ist erstaunlich hoch und umfasst so ziemlich alle typischen Analog-Klischees und auch noch einiges darüber hinaus.
Im richtigen Maße eingesetzt vermag die FM- und Cross-Modulation recht coole Sounds für Techno und dergleichen zu erzeugen und bei stärkerem Einsatz auch die üblichen Effektsounds. Nur wenn man es damit übertreibt, wird es schnell nervig und liegt dann irgendwo zwischen furzender Mücke und Warpkernbruch (aber auch das mag die eine oder andere Randgruppe als nützlich empfinden…).
Das nachfolgende Klangbeispiel wurde in aller Eile an einem halben Nachmittag zusammengeklöppelt, statt des an dieser Stelle bei mir üblichen kompletten Stücks habe ich dieses Mal nur schnell ein paar Ideen skizziert und diese zu einem Mini-Track verwurstet, daher auch der etwas halbfertig wirkende Charakter.
Schuld daran ist aber nicht etwa der OCTAVE CAT, sondern vielmehr die klimatischen Bedingungen in meinem kleinen Studio, welches in der Sommerzeit eher einer Heißluftfritteuse gleicht, sodass dort selbst geringfügiges Betätigen meines Trackballs massive Schweißausbrüche generiert.
Ganze 17 Instanzen des OCTAVE CAT waren an dem Demo beteiligt, alle übrigens mit höchstmöglicher Oversampling-Qualität (mein Rechner blieb davon trotzdem ziemlich unbeeindruckt). Andere Klangerzeuger und Effekte blieben wieder mal außen vor.
Klangbeispiel CHERRY AUDIO OCTAVE CAT
Ich hatte bisher noch die das Vergnügen, einen originalen CAT von OCTAVE ELECTRONICS zu befingern, dafür jedoch den Nachbau von BEHRINGER. Ich vermag zwar nicht zu sagen, wie genau dieser sein Vorbild vom Klang her trifft, aber ich kann zumindest einen gewissen Unterschied zwischen ihm und dem OCTAVE CAT von CHERRY AUDIO heraushören.
Wie ich weiter oben schon erwähnte, ist es aufgrund unterschiedlicher Regelwege nur recht schwer möglich, Einstellungen zwischen Plugin und Hardware auszutauschen, so dass man hier nur überwiegend nach Gehör arbeiten kann.
Für diesen Testbericht habe ich einen nicht repräsentativen Vergleich mit einem einzigen Patch gemacht, bei dem ich versucht habe, den aktuell am BEHRINGER CAT eingestellten Klang auf den OCTAVE CAT zu übertragen, was mir nur annäherungsweise gelungen ist.
Der Sound wird jeweils vier Takte lang in vier verschiedenen Oktavlagen gespielt. Es gibt ein Beispiel ohne jegliche Effekte sowie eines, bei dem ich beide Synths mit einem externen Reverb-Plugin angefeuchtet habe. Damit es mehr Spaß macht, sage ich hier nicht, in welcher Reihenfolge die beiden Synths gespielt werden. Die Auflösung findet Ihr ganz unten, am Ende dieses Testberichts.
Klangvergleich CAT dry
Klangvergleich CAT wet
Aus reiner Neugier habe ich mich auch noch mal umgeschaut, welche anderen CAT-Emulationen es noch so gibt. Neben dem SYNTRONIK CATO von IK MULTIMEDIA, der auf Samples basiert, dessen sonstige Klangarchitektur inklusive Filter aber ein gar nichts mit einem CAT zu tun hat, habe ich nur drei alte Freeware-Plugins aus der SynthEdit/SynthMaker-Ecke gefunden, die noch aus der VST-Steinzeit stammen und nur in 32-Bit verfügbar sind (siehe hier).
Zwei davon, nämlich OCII von EFM und MODCAT von MINISOFTMUSIK weisen zwar strukturell die gleiche Architektur wie der originale CAT auf, klanglich haben die beiden jedoch eher nichts mit ihrem Vorbild gemein. Die Ergebnisse meiner Versuche, damit das im Klangvergleich präsentierte Patch nachzubilden, erspare ich Euch lieber…
Der Dritte im Bunde, mOdyCat von KBPLUGS ist keine reine CAT-Emulation, sondern vereint diverse Merkmale von CAT, ARP ODYSSEY und anderen Synths in einem Plugin. Dennoch ist es mir damit überraschend gut gelungen, das eher einfach gestrickte Patch aus dem Klangvergleich nachzubauen:
Klangbeispiel KBPLUGS mOdyCat
Sobald es aber ans Eingemachte geht, Stichwort FM- und Cross-Modulation, muss auch dieses Plugin passen und kann im Vergleich mit dem hier eindeutig überlegenen OCTAVE CAT einpacken.
Fazit:
Wieder mal durfte ein Vintage-Synth herhalten, von dem es noch keine ernstzunehmende Emulation gab, lediglich einige betagte Freeware-Plugins, die sich klanglich kaum bis gar nicht mit dem OCTAVE CAT messen können (insbesondere nicht im Bereich der Modulationen), und einen Sampleplayer mit ansonsten gänzlich unterschiedlichem Signalweg.
Der OCTAVE CAT klingt grundsätzlich gut, ist einfach zu bedienen und bietet ein gutes Spektrum an quasi-analogen Sounds. Der Klang ist zwar nicht ganz identisch zur Hardware, zumindest nicht zu der von BEHRINGER, kann aber für sich allein gesehen durchaus bestehen und macht den OCTAVE CAT damit für ITB-Produktionen tauglich.
Das einzige Problem, das sich hier für CHERRY AUDIO vielleicht auftun mag, ist das mittlerweile völlig übersättigte Angebot an ähnlichen Plugins, die zwar nicht den CAT emulieren, aber vergleichbare Klänge bieten. Insofern trifft der OCTAVE CAT auf eine große Schar von Mitbewerbern, einige davon auch von CHERRY AUDIO selbst. Aber damit dürfte jede neue Analog-Emulation zu kämpfen haben, gleich welchen Herstellers.
Den (mutmaßlich permanente) Einführungspreis des OCTAVE CAT gibt CHERRY AUDIO mit 49,- US-Dollar an, den regulären Listenpreis hingen mit 69,- US-Dollar. Dank einer 30 Tage lang lauffähigen Demoversion kann man das Plugin vor einem Kauf in aller Ruhe ausprobieren und sich von seinen Qualitäten überzeugen.
Positives:
+ guter Grundklang
+ einfache Bedienung
+ brauchbare Effekt-Sektion
+ Step-Sequencer
+ umfangreiche MIDI-Learn-Sektion
+ vergleichsweise geringe CPU-Anforderungen
+ fairer Preis
Negatives:
– keine Offline-Aktivierung bzw. -Installation möglich
Produktwebseite:
https://cherryaudio.com/products/octave-cat
Auflösung:
Klangvergleich CAT dry: 1. BEHRINGER CAT, 2. CHERRY AUDIO OCTAVE CAT
Klangvergleich CAT wet: 1. CHERRY AUDIO OCTAVE CAT, 2. BEHRINGER CAT