Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 27.07.2023
Wie doch die Zeit vorbeirast! Gerade erst noch ist es 2012 und ich veröffentliche meinen Testbericht zum neuen LuSH-101 der D16 GROUP, schwupp, da ist es auch schon 2023 und sein Nachfolger D16 GROUP LUSH-2 steht auf der Matte.
Neustart…
Während viele Hersteller in den letzten Jahren die Mindestanforderungen für den Betrieb ihrer Plugins hochgesetzt haben, scheint man bei D16 GROUP auch an die Besitzer etwas älterer Rechnersysteme zu denken, denn LUSH-2 verträgt sich noch gut mit dem mittlerweile betagten WINDOWS 7 und bietet auf dem PC neben den heutzutage üblichen 64-Bit-Plugins bei Bedarf sogar noch eine 32-Bit-Version.
Auf eine solche müssen APPLE-User verzichten, bei Ihnen läuft LUSH-2 systembedingt in 64-Bit (OS X 10.13 bis macOS 13), was hier aber wohl kaum Anlass zu Klagen bieten dürfte. Die SILICON-Prozessoren von APPLE werden nativ unterstützt.
Bei den Plugin-Formaten hat man bei beiden Plattformen die Auswahl zwischen VST, VST3 und AAX, beim MAC kommt natürlich auch noch AU hinzu.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger kommt LUSH-2 ohne zusätzlich erforderliche Runtime Libraries für MICROSOFT VISUAL STUDIO aus. Diese haben mir schon mal einiges Kopfzerbrechen bereitet, als mutmaßlich die Deinstallationsroutine einer anderen Software sie unbemerkt entfernt hatte und der LuSH-101 danach nicht mehr starten wollte, ja, sogar noch nicht einmal mehr von meinen DAWs erkannt wurde.
Die Installer für die verschiedenen Systeme findet man in seinem D16 GROUP- Account. Dort steht ebenfalls eine herunterladbare Autorisierungsdatei bereit, mit der man das Plugin auf dem Host-Rechner aktivieren kann, ohne dass dieser dazu über einen Internetzugang verfügen muss. Sehr gut! Man muss dies übrigens innerhalb von 72 Stunden nach der Erzeugung besagter Datei erledigen, anderenfalls ist ein erneuter Download notwendig.
Wessen Rechner sowieso immer am Internet hängt, der nimmt die Aktivierung dagegen online vor, was natürlich noch schneller geht. Dennoch begrüße ich es sehr, dass kein unbedingter Zwang dazu besteht, so wie bei manch anderen Anbietern!
LUSH-2 prüft übrigens vor der Aktivierung, ob der Host-Rechner aktuell über eine Internetverbindung verfügt oder eben nicht. Anschließend wird dann automatisch eine der beiden möglichen Aktivierungsoptionen angeboten, während die jeweils andere verborgen bleibt.
Nachdem Start des Plugins begrüßt uns eine in neun Stufen skalierbare Bedienoberfläche (70% bis 200%), die der des LusH-101 sehr ähnelt, aber übersichtlicher und moderner wirkt. Durch den Austausch der alten simulierten LED-Displays und diverser Drehschalter gegen kontrastreichere alphanumerische Anzeigen mit zusätzlichen Symbolen sind viele Parameter-Einstellungen jetzt deutlich besser erkennbar.
Zudem gib es das GUI nun in gleich in vier verschiedenen Geschmacksrichtungen, nämlich hellgrau (Standard), dunkelgrau, rot und blau. Die drei letztgenannten Farben sind einerseits eine Reminiszenz an die damals verfügbaren Farbvarianten des ROLAND SH-101, zum anderen bieten sie bieten beim Einsatz mehrerer paralleler Instanzen innerhalb eines DAW-Projekts den Vorteil einer besseren Unterscheidbarkeit derselben.
Um Platz auf dem Bildschirm zu sparen, lässt sich das virtuelle Keyboard des LUSH-2 auch ausblenden.
Eine weitere Grundeinstellung betrifft die Qualität der Audioausgabe, man hat hierbei die Wahl zwischen den beiden Optionen NORMAL und HIGH, und dies separat für die Echtzeitausgabe und für das Offline-Rendering. Zwar benötigt die Einstellung HIGH mehr CPU-Ressourcen, während des Test habe ich davon aber nicht sonderlich viel gespürt (allerdings auch nicht viel gehört…).
Das Klangbeispiel, bei dem alle 20 Instanzen mit der hohen Qualitätsstufe liefen, vermochte meinen Host-Rechner (CPU i7-4790K mit 4 x 4,0 GHz und 16 GB RAM, WINDOWS 10 PRO) jedenfalls nicht ins Stolpern zu bringen.
Unterstützte der LuSH-101 übrigens in seiner allerersten Version noch keine Multicore-CPUs (dies wurde erst später via Update nachgereicht) und kam damit schnell an seine Grenzen, so bringt LUSH- 2, niemanden verwundert das wohl, schon von Hause aus einen solchen Multicore-Support mit, der sich bedarfsweise auch deaktivieren lässt.
Die obengenannten Grundeinstellungen und noch einige weitere finden sich in einem gegenüber dem LuSH-101 neugestalteten Menü, das sich über den in der oberen linken Ecke platzierten OPTIONS-Schalter öffnen lässt. Statt eines gesonderten Fensters mit diversen Tabs wie beim Vorgänger gibt es nun ein einfaches Aufklapp-Menü. Ich könnte an dieser Stelle jetzt gar nicht mal sagen, welche Version mir da besser gefällt. Aufgefallen ist mit, dass es beim LUSH-2 keinen Menüeintrag mehr gibt, der es erlaubt, die Einstellung der Audioausgänge gesondert vorzudefinieren
Die Parameter des LUSH-2 lassen sich nicht nur mittels der entsprechenden Bedienelemente, sondern alternativ auch über einen MIDI-CCs einstellen. Ein Rechtsklick auf den gewünschten Parameter öffnet ein Menü, das eine Funktion zum Anlernen eines Controllers bietet.
Außerdem kann hier festlegen, ob dieser Parameter via Host automatisierbar sein soll. Für Letzteres gibt es einen triftigen Grund: Die meisten DAWs weisen eine Limitierung hinsichtlich der Automation auf, häufig ist diese auf maximal 128 Parameter beschränkt. Da es beim LUSH-2 deutlich mehr sind, muss man hier eine Vorauswahl treffen, die in einer Liste mit 128 Slots abgelegt wird und auf die man dann innerhalb der DAW zugreifen kann.
Die Regler des LUSH- 2 reagieren im Übrigen auch auf die Betätigung des Mausrads und damit auch auf Controller, die diese Funktion nachzuahmen vermögen.
Gerne hätte ich es noch gesehen, wenn man exakte Parameterwerte auch über die numerischen Tasten eingeben könnte, etwa durch einen Doppelklick in die Werteanzeige des oben abgebildeten Menüs (das ist tatsächlich nur eine reine Anzeige). Auf meine diesbezügliche Nachfrage hin erklärte mir D16 GROUP aber, dass eine solche numerische Eingabe für die Zukunft schon fest geplant sei (für alle D16 GROUP-Plugins).
Das Preset-Management wurde beim LUSH-2 gegenüber seinem Vorgänger erkennbar überarbeitet und bietet nun auf der linken Seite diverse Filter zur Eingrenzung der Auswahl an, während ganz rechts die Tags des jeweils ausgewählten Presets, der Name des Sound-Designers sowie gegebenenfalls eine zusätzliche Beschreibung angezeigt werden.
In der Mitte befindet sich der eigentliche Preset-Browser, der ein schnelles Wiederfinden von Klängen mittels Suchfunktion, Favoriten- und Pin-Liste erlaubt. Die beiden Letztgenannten dienen der Sammlung von Lieblingspresets und unterscheiden sich nur dadurch, dass Favoriten sowohl instanz- als auch projektübergreifend verfügbar sind, während Pins bloß in der aktuellen Instanz des jeweiligen Projekts bereitstehen. Die alten, zum Teil wirklich sehr gelungenen Factory Presets des LuSH-101 finden sich übrigens ausnahmslos auch im LUSH-2 wieder, man muss bei einem Upgrade also nicht auf sie verzichten.
Wo wir gerade vom Preset-Browser sprechen, es gibt nicht nur einen, sondern gleich mehrere, die alternativ zueinander aufrufbar sind. So gibt es etwa separat verwaltete Layer Presets, Arpeggiator Presets, Reverb Presets, Delay Presets und Chorus Presets sowie die sogenannten Global Presets, welche die vorgenannten Kategorien sowie Mixer-Einstelllungen und weitere Parameter unter einer Haube zusammenfassen.
In diesem Zusammenhang müssen auch die Padlocks erwähnt werden, die durch kleine Vorhängeschlösser symbolisiert werden und die sich sowohl bei der Auswahl der Layers als auch beim Arpeggiator finden. Wird ein solches Padlock via Mausklick geschlossen, so bleiben die jeweiligen Parametereinstellungen auch bei einem Wechsel des Global Presets bzw. des Layer Presets vorhanden (Letzteres gilt nur für den Arpeggiator).
Achtelrunde…
Wie schon der LuSH-101 zeichnet sich auch der LUSH-2 durch Multitimbralität aus, ja kürt diese sogar zu einem wesentlichen Bestandteil seiner Klangarchitektur. Denn wo andere Analog-Emulationen, wenn denn überhaupt, allenfalls einmal mit einfachen Split- und Dual-Sounds aufzuwarten vermögen, schöpft LUSH-2 mit ganzen acht Layers aus dem Vollen. Diese können über- oder nebeneinander auf der Tastatur gelegt werden, ebenso sind Schnittmengen beider Anordnungen möglich. Jedes Layer kann nötigenfalls über seinen eigenen MIDI-Kanal und/oder seinen eigenen Audioausgang verfügen.
Einzelne Layers lassen sich separat voneinander aktivieren bzw. bei Nichtgebrauch wieder deaktivieren (ENABLE), zudem lassen sie sich auch einfach stummschalten (MUTE). Bei gedrückter STRG- bzw. CMD-Taste werden die MUTE- zu SOLO-Schaltern, mit denen man nur das jeweils angewählte Layer zu hören bekommt. Über SELECT wählt man aus, welches der Layer sich aktuell über die zur Verfügung stehenden Bedienelemente editieren lässt.
Wenn man LusH-101 und LUSH-2 miteinander vergleicht, wird man feststellen, dass bei Letzterem der Direktzugriff auf einige Layer-Optionen von der Bildfläche verschwunden ist, etwa die Einstellmöglichkeiten für den Audioausgang, den MIDI-Kanal sowie für die Tastaturzone.
Die letztgenannte Option ist nach wie vor vorhanden, sie ist lediglich in ein eigenes Fenster umgezogen, das sich bei Klick auf das mit GLOBAL PRESET beschriftete Sternchensymbol öffnet. Hier kann man die Tastaturzonen für alle acht Layers überblicken und sie auch festlegen, per Lernfunktion geht dies über ein angeschlossenes MIDI-Keyboard geht dies ganz fix.
Die Klangarchitektur hat sich gegenüber dem Vorgänger nicht wesentlich verändert und orientiert sich sehr stark am ROLAND SH-101, ergänzt um einige sinnvolle Erweiterungen, die beim Vorbild nicht existieren. Wer bereits mit dem LuSH-101 gearbeitet hat, der wird auch mit dem LUSH-2 sofort zurechtkommen, das dürfte gleichermaßen auch für Kenner der ROLAND-Synthesizer aus den frühen 1980ern und deren Nachahmungen gelten, die eine ähnliche Struktur aufweisen.
In jedem Layer gibt es einen virtuellen VCO, der bei Bedarf auch vom Keyboard entkoppelt und mit einer festen Tonhöhe betrieben werden kann und der Pulswelle und Sägezahn gleichzeitig und frei miteinander mischbar erzeugt. Bei der Erstgenannten kann die Pulsweite sowohl manuell eingestellt als auch via LFO oder Hüllkurve moduliert werden, während beim Sägezahn eine Supersaw-Funktion dazukommt. Ein Subsoszillator mit fünf Wellenformen und ein Rauschgenerator mit drei verschiedenen Arten von Rauschen komplettieren die Klangquellen.
Über den Fadern in der VCO-Sektion gibt es zwei zusätzliche kleine Schaltflächen. Die mit dem Hüllkurven-Symbol öffnet das sogenannte INDEPENDENT VCA PANEL, in dem eingestellt werden kann, welche vier Klangquellen mittels einer von zwei Hüllkurven oder einem der beiden LFOs in der Lautstärke moduliert werden sollen.
Hinter dem Sinuswellen-Symbol hingegen verbirgt das VCO MODIFIERS PANEL. Hier kann die erwähnte Supersaw-Funktion des Sägezahns aktiviert und in ihrer Stärke sowie ihrer Verstimmung eingestellt werden.
Der Suboszillator bietet folgende Wellenformen zur Auswahl: symmetrischer Rechteck mit einem Pulsweitenverhältnis von 50 Prozent und um eine oder zwei Oktave(n) nach unten versetzter Tonhöhe, asymmetrischer Rechteck mit einem Pulsweitenverhältnis von 25 zu 75 Prozent und um zwei Oktaven nach unten versetzter Tonhöhe sowie Sägezahn mit um eine oder zwei Oktave(n) nach unten versetzter Tonhöhe.
Beim Rauschgenerator stehen die drei Variationen weiß, rosa oder braun zur Verfügung. Der Schalter namens OSC RESET bewirkt, dass die Phase des Oszillators bei jedem neuen Notenanschlag auf ihren Anfang zurückgesetzt wird (außer im Legato-Modus).
Der LUSH-2 bietet darüber hinaus auch Hard Sync an, der dazu eigentlich notwendige zweite Oszillator wird eigens dafür unter der virtuellen Haube erzeugt. Als weitere Besonderheit kann der Sync-VCO stufenlos beigemischt und um bis zu 48 Halbtöne nach oben versetzt werden.
Das Filter bietet die frei Typen Tiefpass, Bandpass und Hochpass zur Auswahl. Des Weiteren kann ein sogenannter 101-Modus aktiviert werden, in dem sich die Filtercharakteristik mehr an das etwas instabilere Verhalten des analogen Vorbilds anlehnt. Insbesondere bei höheren Resonanzwerten bekommt der Klang dadurch deutlich mehr Schmackes mit auf den Weg und klingt dann nicht mehr ganz so brav.
Das folgende kurze Klangbeispiel präsentiert den gleichen Sound zunächst mit deaktiviertem und anschließend mit aktiviertem 101 MODE. Letzterer geht eigentlich auch noch mit einem deutlichen Anstieg der Lautstärke einher, für das Klangbeispiel hatte ich jedoch beide Aufnahmen auf den gleichen Spitzenpegel normalisiert.
Nicht nur die Grenzfrequenz kann mittels Hüllkurven oder LFOs moduliert werden, auch der zur Selbstoszillation fähige Resonanz-Parameter bietet entsprechende Optionen.
Neben diesem Multimodefilter existiert noch ein zusätzliches Hochpassfilter, ähnlich wie bei JUNO-6, -60, und -106, hier jedoch mit stufenlos einstellbarer Grenzfrequenz. Dieses ist bei manchen Arten von Klängen hilfreich zum Ausdünnen des Bassbereichs. Beide Filter arbeiten in serieller Verschaltung
ADSR-Hüllkurve und LFO stehen gegenüber dem Vorbild in jeweils doppelter Ausführung bereit. Alle können verschiedenen Parametern zugewiesen werden. Die Hüllkurven können auch invertiert betrieben und durch eingehende Noten sowie durch LFO-Perioden zurückgesetzt werden. Wie schon beim Vorgänger. Lässt sich in den Optionen auch ein Retrigger-Verhalten der Hüllkurven nach Manier des SH-101 festlegen.
Auch die beiden LFOs bieten im Vergleich zum SH-101 deutlich mehr Möglichkeiten. Es gibt die fünf Schwingungsformen Dreieck, Rechteck, Sägezahn, Random (zufällige Modulation) und Noise. Die Geschwindigkeit kann frei in Hertz oder synchronisiert zum Host-Tempo in Notenwerten (1/32tel Note bis 32 Takte, punktierte Noten und Triolen sind ebenfalls möglich) eingestellt werden. Wie beiden Hüllkurven gibt es auch hier wieder diverse Optionen, um die LFOs zurückzusetzen.
Die kleine Schaltfläche mit dem Sinus-Symbol bringt ein Extra-Panel zum Vorschein, in dem die Schwingungsform ausgewählt und bei Bedarf auch invertiert werden kann. Zudem lässt sich hier die LFO-Phase von 0 bis 360 Grad verschieben, was etwa dann praktisch sein kann, wenn man einen Sweep punktgenau platzieren möchte.
Zu den weiteren Einstellmöglichkeiten eines Layers gehören unter anderem auch Transponierung (+/- 2 Oktaven in Halbtonschritten), Polyphonie (1 bis 32 Stimmen), Portamento und Unison. Die letztgenannte Funktion erlaubt das Schichten von 2 bis 16 Stimmen, die zusätzlich gegeneinander verstimmt sowie im Panorama und in der Filterfrequenz auseinandergespreizt werden können. Zu beachten ist hierbei, dass sich die maximale Polyphonie von 32 Stimmen umso weiter reduziert, je mehr Stimmen übereinandergeschichtet werden, ein sechzehnfaches Unisono etwa ist dann nur noch zweistimmig spielbar.
Jedes Layer verfügt über zwei eigene Insert-Effekte, womit die Anzahl beim LUSH-2 gegenüber seinem Vorgänger also verdoppelt wurde. Beide Slots bieten jeweils acht verschiedene Algorithmen zur Auswahl, nämlich Chorus, Flanger, String Ensemble, Phaser, Vowel Filter, Distortion, Bit Crusher und Tremolo. Die Position dieser Effekte in der Signalkette kann bei Bedarf auch vertauscht werden.
Neben der Auswahlmöglichkeit des Effekt-Algorithmus finden wir bei jedem Slot nur einen FX-Regler, der das Mischungsverhältnis zwischen trockenem und effektiertem Signal bestimmt.
Dies ändert sich, wenn wir auf die kleine Sachaltfläche mit den drei Punkten klicken, denn dann öffnet sich das FX RACK PANEL, das Zugriff auf alle verfügbaren Parameter des jeweils ausgewählten Effekts bietet.
Über die Qualität der Effekt-Algorithmen muss man nicht viel Worte verlieren, denn D16 GROUP hat in der Vergangenheit bereits hinlänglich unter Beweis gestellt, dass sie so etwas drauf haben. Und so wissen auch die Effekte im LUSH-2 zu überzeugen. Wem diese trotzdem nicht ausreichen sollten, der hat Dank der Einzelausgänge jedes Layers ja immer noch die Möglichkeit, hier separate Effekte einzusetzen.
Eine Kombination aus Arpeggiator und Step-Sequencer (hier Gater genannt) gehört ebenfalls zur Ausstattung, und zwar nicht etwa nur global, sondern tatsächlich für jedes Layer gesondert. Rein funktionell hat sich hier gegenüber dem LuSH-101 eigentlich nichts verändert, die verfügbaren Parameter und Regelwege sind die gleichen, aufgrund der Umgestaltung einiger Bedienelemente und der Displays erscheint der Arpeggiator aber nun übersichtlicher und augenfreundlicher als bei seinem Vorgänger.
Die Geschwindigkeit richtet sich stets automatisch nach dem Host-Tempo und bietet dabei Teiler und Vielfache von diesem, die von einem Takt bis hin zu 64tel-Noten reichen, Triolen und punktierte Noten inbegriffen. Es stehen diverse Abspielrichtungen inklusive Zufallsmuster für das Arpeggio zur Verfügung, zudem kann es sich über bis zu vier Oktaven erstrecken und sich ebenso oft in jeder Oktave wiederholen.
Der Rhythmus ist nicht wie bei normalen Arpeggiatoren strikt staccatohaft, sondern wird durch das frei einstellbare Abspielmuster im GATE-Bereich definiert. Eine solche Sequenz kann bis zu sechzehn Schritte umfassen und über eine zusätzliche TIE-Reihe auch gebundene Noten beinhalten. Statt eines herkömmlichen Arpeggios können auch komplette Akkorde im Rhythmus der Sequenz wiedergegeben werden.
Der Arpeggiator verfügt über ein separates Preset-Management, seine Eingestellungen werden aber auch zusammen mit dem Layer Preset und natürlich auch mit dem Global Preset abgespeichert.
Wenn man die Arpeggiatoren mehrerer Layers kombiniert, lassen sich auch ganz leicht polyrhythmische Muster erstellen.
Matrix Reloaded…
Ein Klick auf den orangen Schalter im oberen Bereich des LUSH-2 befördert die Modulationsmatrix in den Vordergrund. Auch diese wurde gegenüber ihrem Pendant im LusH-101 gehörig umgekrempelt. Die vormals zeilenweise Anordnung ist nun einer spaltenweisen gewichen.
Wo früher noch Modulationsquelle und -ziel separat ausgewählt werden mussten und die Intensität dann mit einer linealähnlichen Skala eingestellt wurde, sind heute alle neun verfügbaren Modulationquellen stets in der obersten Reihe sichtbar, in den Spalten darunter werden dann die gewünschten Ziele hinzugefügt und die Intensität mittels kreisförmiger bipolarer Regler eingestellt. Auf mich persönlich wirkt das wiederum sehr viel übersichtlicher und besser ablesbar, insbesondere was die Zuordnung von einer Quelle zu mehreren Zielen angeht.
Dem LUSH-2 wurden hier gegenüber seinem Vorgänger noch einige weitere Extras spendiert. So lässt sich für die Anschlagsdynamik eine von sieben Verlaufskurven auswählen (linear sowie jeweils drei verschieden starke konvexe und konkave Kurven).
Da auch ein eventuell angeschlossenes Sustainpedal als Modualtionsquelle dienen kann, lässt sich via Schalter festlegen, ob es ausschließlich in der Modulationsmatrix oder auch in seiner normalen Funktion, also zum Halten von gespielten Noten, arbeiten soll.
Ebenfalls neu ist der PITCH TABLE EDITOR. Hier lässt sich mit der Maus für jede MIDI-Note ein eigener Wert im Bereich von 0 bis 100 Prozent einzeichnen, so dass man individuelle Modulationen über das Keyboard (oder die Piano-Roll der DAW) spielen kann.
Das Einzeichnen geht dabei auf zwei verschiedene Weisen: Hält man die linke Maustaste gedrückt, kann man einfach wild drauflos malen (und natürlich auch nur einzelne Werte bearbeiten), bei Betätigung der rechten Maustaste hingegen lässt sich eine rote Linie zwischen zwei Punkten aufziehen, bei der alle dazwischen befindlichen Werte gleichmäßig interpoliert werden, um so lineare An- und Abstiege zu erzeugen.
Es muss an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass auch diese Einstellungen alle für jedes Layer getrennt gelten. Es gibt somit also auch acht separate Modulationsmatrizen, Velocity-Kurven und Pitch-Tabellen.
Mischkalkulation…
Ein weiterer Schalter, diesmal in Gelb gehalten, führt uns zum integrierten MIXER. Dieser biet nicht nur für jeden der acht Layers einen eigenen Kanal, sondern auch noch jeweils einen für die drei globalen Send-Effekte REVERB, DELAY und CHORUS, die für alle Layers gleichzeitig zur Verfügung stehen. Die Audioausgänge für jedes Layer sowie die drei Send-Effekte lassen sich hier (und im Unterschied zum LuSH-101 nur noch hier!) einstellen, was insgesamt auf bis zu elf Stereo-Einzelausgänge hinausläuft.
Alle Kanäle bieten Regler für Lautstärke und Panorama, bei den Layers kommen noch drei Send-Regler für die Effekte hinzu. Darüber hinaus bietet jeder Kanal einen einfachen Compressor mit jeweils drei festen Ratios (1:2, 1:4 und 1:10) und ebenso vielen Geschwindigkeitseinstellungen (FAST, MID und SLOW) sowie einen Dreiband-Equalizer mit semiparametrischem Mittenband. Beide sind getrennt zuschaltbar und können auch in ihrer Reihenfolge vertauscht werden, das heißt, entweder durchläuft das Audiosignal zunächst den Compressor und dann den EQ oder eben umgekehrt.
Wer den Mixer mit seinem Gegenstück im LuSH-101 vergleicht, wird sofort erkennen, dass der Neue längst nicht mehr so überladen wirkt, was vor allem daran liegt, dass sich nun nicht mehr alle Bedienelemente zusammengequetscht im Direktzugriff befinden. Stattdessen wurde ein Teil der Einstellmöglichkeiten der Übersichtlichkeit halber in sogenannte EDIT PANELS verlegt, die sich bei Klick auf den gleichnamigen Schalter öffnen. Erst dann erhält man Zugriff auf die Bedienelemente des Compressors und des EQs bzw. auf alle Parameter der drei Send-Effekte (die übrigens ebenfalls durch einen guten Klang zu überzeugen wissen).
Vibrator…
Im Rahmen der Klangbeispiele hatte ich eigentlich auch geplant, hier einen Vergleich von LUSH-2 mit seinem Vorgänger LuSH-101 zu präsentieren, was sich aufgrund der teilweise identischen Factory Presets ja anbietet. Letztendlich habe ich mir diesen Aufwand aber gespart, nicht etwa aus Faulheit, sondern weil ich im direkten Hörvergleich absolut keinen Klangunterschied zwischen beiden Plugins festzustellen vermochte. Laut D16 GROUP sollen zwar VCO- und Filter-Modelle im LUSH-2 überarbeitet worden sein, zumindest bei den vom LuSH-101 übernommenen Presets ist dies für mich aber nicht wahrnehmbar.
Das ist jetzt allerdings nicht als Kritik zu werten, denn ich fand bereits beim LuSH-101, dass dieser sich hier auf einem hohen Niveau bewegte, und daran hat sich auch heute nichts geändert.
Insofern könnt Ihr Euch auch noch gerne mein damaliges Klangbeispiel zum LuSH-101 antun, um weitere Eindrücke zu gewinnen.
Man kann also mit dem LUSH-2 alle Klänge des Vorgängers nachbilden, nicht jedoch umgekehrt, denn der kleine, aber feine Unterschied des dazugekommenen zweiten Insert-Efffekts erlaubt einige zusätzliche Klänge, die mit dem LuSH-101 so nicht möglich sind.
Was die Authentizität des LUSH-2 in puncto SH-101-Emulation angeht, so kann ich zwar nicht mit einem Original von ROLAND zum Vergleich aufwarten (ich hatte im Gegensatz zu Kollege Andreas nie ein solches, jedoch vor vielen Jahren mal eine Zeit lang den klanglich doch sehr ähnlichen MC-202), immerhin jedoch mit dem Nachbau von BEHRINGER namens MS-101 (heißt mittlerweile MS-1). Und auch wenn dieser möglicherweise doch nicht zu einhundert Prozent wie der SH-101 klingen sollte, so ist er zumindest sehr nahe dran und ebenfalls ein echter Analoger.
Ich habe daher einmal einen einfachen Klang auf beiden Synthesizern eingestellt und dabei alle Zusatz-Parameter ignoriert, die der jeweilige andere Synth nicht aufzuweisen hat (beispielsweise zusätzliche Wellenformen oder Hüllkurven, Supersaw, Unison, Hard Sync, FM-Funktionen etc.). Bei meinem Versuch ist ein halbwegs ähnlich, jedoch – bedingt durch die teils recht unterschiedlich kalibrierten Regelwege – nicht völlig identisch klingendes Patch herausgekommen. Für die Beurteilung des Grundklanges beider Synthies sollte dies jedoch ausreichen.
Der Klang wird nachfolgend von jedem Synthesizer in sechs Oktavlagen gespielt. Ratet einmal selbst, was davon der LUSH-2 und was der MS-101 ist. Die Auflösung zu diesem Blindtest erfahrt Ihr erst am Ende des Testberichts.
Ich finde, man kann hier, auch unabhängig davon, dass nicht alle Parameter hundertprozentig identisch eingestellt sind, ganz gut einen Unterschied heraushören, gleichwohl ist bei beiden durchaus eine rolandesque Verwandtschaft vorhanden.
Aber alle Vergleiche mal ganz außer Acht gelassen, geht die klangliche Vielfalt des LUSH-2 deutlich über das Vorbild hinaus. Es sind Sounds möglich, die man mit dem SH-101 entweder gar nicht oder nur über Umwege und allerlei Zusatz-Equipment hinbekommen würde.
Ich würde mich daher beim LUSH-2 auch gar nicht so sehr auf das Thema SH-101 versteifen, sondern ihn vielmehr als das nehmen, was er ist, nämlich ein gut klingender Softsynth mit breitem Klangspektrum, das von butterweich bis hin zu knarzig und gemein mit allen möglichen Nuancen reicht.
Wie schon seinerzeit beim LuSH-101 angemerkt, gehören Drum- und Percussionsounds verschiedenster Couleur ebenfalls zu seiner Spezialität. Diese gelingen im ausgesprochen knackig und druckvoll, was längst nicht bei jedem virtuell-analogen Synth-Plugin der Fall ist, nicht selten klingen solche Sounds woanders eher muffig und fade.
Der folgende Track wurde mit Hilfe von 20 Instanzen des LUSH-2 erstellt, wobei ich aber eher verschwenderisch vorgangen bin. So habe ich etwa für die ganzen Drumsounds jeweils eigene Instanzen verwendet, obwohl sie meist lediglich aus einem einzigen Layer bestehen. Hier hätte ich natürlich auch mehrere Einzelklänge zu einem Multi-Preset zusammenstellen und dann mit nur einer Plugin-Instanz wiedergeben können, allein die Bequemlichkeit hatte mich davon abgehalten (die Drums stammen allesamt aus verschiedenen Multi-Presets, da ging es schneller, einfach für jeden Sound eine neue Instanz zu laden…).
Es wurden keine anderen Klangerzeuger und auch nur die internen Effekte des LUSH-2 verwendet, dafür aber hin und wieder Parameter-Automation auf einzelnen Spuren. Neben diversen, zum Teil abgeänderten Factory Presets kamen auch ein paar Eigenkreationen zum Einsatz.
Fazit:
LUSH-2 stellt einen würdigen Nachfolger für den früheren LuSH-101 dar, der durch seine vielen kleinen kosmetischen Veränderungen mit einem verbesserten Workflow aufzuwarten vermag. Hinzu kommen noch etwas erweitere Klangmöglichkeiten durch den zweiten Insert-Effekt.
Oszillator und Filter sollen ebenfalls verbessert worden sein, rein subjektiv konnte ich jedoch keinen signifikanten Unterschied zum Vorgänger feststellen (ich betreibe aber auch kein Messlabor…), die kann natürlich auch meinen langsam in die Jahre gekommenen Ohren geschuldet sein.
Insbesondere für Apfel-Musikanten dürfte allein die native Unterstützung von SILIKON-Prozessoren und aktuellen macOS-Versionen das Upgrade wert sein, mit der sich der LUSH-2 auf der Höhe der Zeit befindet.
LUSH-2 zählt zweifellos zu den besseren Analog-Emulationen auf dem Markt, der Klang ist nach wie vor sehr gut und bietet durch die ganzen zusätzlichen Möglichkeiten ein sehr viel breiteres Spektrum als das ursprüngliche Vorbild SH-101.
Sicherlich wir kein SH-101-Besitzer nun seine Hardware wegen dem LUSH-2 entsorgen, man wird dem Plugin meiner Meinung nach auch eher gerecht, wenn man es als eigenständigen Synthesizer betrachtet und weniger als Nachahmung.
Nachdem die Phase der vergünstigten Einführungs- und Upgradeangebote inzwischen vorbei ist, bietet D16 GROUP den LUSH-2 zum regulären Verkaufspreis von 169,- Euro an. Dank der Demoversion kann das Plugin vor einem Kauf in Ruhe angetestet werden.
Positives:
+ sehr guter Grundklang
+ Multitimbralität
+ verbesserter Workflow
+ gute Onboard-FX
+ MIDI Learn
+ zugänglicher Arpeggiator/Sequencer
+ einfache Offline-Aktivierung möglich
+ CPU-freundlich
Negatives:
– keine numerische Parametereingabe über die Tastatur (ist für ein Update geplant)
Produktwebseite: https://d16.pl/lush2
Auflösung Klangvergleich: 1. BEHRINGER MS-101, 2. D16 GROUP LUSH-2