Testbericht: CHERRY AUDIO GX-80 – Deckard’s Traum?

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 22.11.2022

2022 nähert sich langsam aber sicher seinem unvermeidlichen Ende zu, da schickt CHERRY AUDIO gerade noch rechtzeitig eine neue Produkt-Veröffentlichung ins Rennen. Wenn ich mich nicht verzählt habe, dann dürfte dies bereits die achte in diesem Jahr sein und ich habe damit im selben Zeitraum ebenso viele Testberichte zu CHERRY AUDIO-Plugins verbrochen.

Nach dem kürzlich erfolgten Abstecher in Richtung „Eigenentwicklung ohne reales Vorbild“ namens SINES, hat CHERRY AUDIO nun wieder mal eine Emulation im Gepäck.

Diese nennt sich CHERRY AUDIO GX-80, und wer das Anfang diesen Monats veröffentlichte Teaser-Video mit seinen offenkundigen Verweisen auf „Blade Runner“ dazu gesehen hatte, der konnte sich schon an fünf Fingern abzählen, dass uns damit eine virtuelle Nachbildung des legendären YAMAHA CS-80 erwartet.

Doch halt, nicht ganz, denn die Buchstabenkombination GX im Namen des Neulings deutet auch noch auf ein anderes Vintage-Monster aus dem Hause YAMAHA hin, nämlich auf den GX-1, bei dem CHERRY AUDIO sich noch einige Funktionen ausgeliehen hat, die dem CS-80 fehlten. Herausgekommen ist somit eine Art Schimäre aus GX-1 und CS-80, eben der GX-80…


Elektrische Schafe…

Den YAMAHA CS-80 zählt zu den ältesten polyphonen Synthesizern und war im Jahre 1977 auf der NAMM Show zu bewundern. Er verfügte über acht Stimmen, die mittels diskreter Voice-Boards und nicht etwa durch orgelähnliche Oktavteilerschaltungen realisiert wurden. Darüber hinaus konnte er mit einer gewichteten Tastatur aufwarten, die nicht nur anschlagsdynamisch war, sondern damals bereits polyphonen Aftertouch erzeugen konnte. Mit seinem Gewicht von gut einhundert Kilogramm kann man dem CS-80 nicht gerade eine besondere Handlichkeit bescheinigen.

YAMAHA CS-80
YAMAHA CS-80

Die Klangarchitektur basierte auf zwei separaten Synthesesträngen, die miteinander zu Layern kombiniert und gemischt werden konnten und so für ein überaus volles Klangbild verantwortlich waren, so dass der CS-80 schnell bei entsprechend betuchten Musikern auf der Einkaufsliste landete.

Einer der bekanntesten Anwender war sicherlich Vangelis, auch der von ihm komponierte Soundtrack zum eingangs erwähnten Film „Blade Runner“ macht regen Gebrauch vom CS-80, aber auch in vielen seiner weiteren Stücke ist er zu hören.

Vom CS-80 wurden bis zum Ende seines Produktionszyklus im Jahre 1980 etwa 800 Exemplare hergestellt, von denen heute sicherlich nicht mehr jeder noch existieren, geschweige denn betriebsbereit sein dürfte. Vom verbleibenden Rest wechseln nur noch selten einzelne Geräte ihren Besitzer und die dafür aufgerufenen spekulativen Wunschpreise betragen mittlerweile ein Vielfaches der im Erscheinungsjahr auch schon nicht gerade geringen 6900,- US-Dollar.

YAMAHA GX-1
YAMAHA GX-1

Dass für die Entwicklung des CS-80 ein monströs wirkendes Instrument namens GX-1 Pate stand, war bis dato nicht auf meinem Schirm gewesen. Dieses glich äußerlich einer großen Orgel, wurde bereits einige Jahre zuvor uraufgeführt und kostete 60000,- USD, womit der der Verkaufspreis des CS-80 schon fast wie ein Schnäppchen wirkt. Auch das Gewicht von etwa dreihundert Kilogramm, zu denen sich noch das von Fußpedal und Ständer sowie den vier optional anschließbaren Röhrenlautsprechern gesellen, was dann einem Gesamtgewicht von fast einer Tonne entspricht, lässt den CS-80 mit seinem schlappen Doppelzentner im Vergleich als recht portablen Leichtfuß erscheinen.

Seinem orgelartigen Äußeren zum Trotz besaß der GX-1 eine Tonerzeugung, die eher der eines Synthesizers entsprach, also nicht auf den bei Orgeln damals üblichen Oktavteilern beruhte, sondern vielmehr der des CS-80 ähnlich, wenngleich nicht völlig mit ihr identisch war.

Der GX-1 vermochte mit gleich vier Synthesträngen aufzuwarten, diese konnten allerdings im Gegensatz zum CS-80 nicht am Gerät selbst editiert werden. Stattdessen gab es vorgefertigte Cartridges, deren jeweils enthaltene Widerstände mittels Steuerspannungen ein Preset erzeugten. Alternativ dazu war auch eine Programmiereinheit mit Bedienelementen erhältlich, mit der selbst Klänge erstellt werden konnten.

Der GX-1 ist noch sehr viel seltener als der CS-80, mutmaßlich wurden weniger als einhundert Geräte hergestellt, von denen die meisten ihr Heimatland nie verließen. Den ersten GX-1 soll übrigens ein gewisser Stevie Wonder als eines von zwei Exemplaren erworben haben. Aber auch weitere namhafte Musiker haben den GX-1 eingesetzt bzw. tun dies nach wie vor.


Tannhäuser Tor…

Einmal mehr mache ich mir den Umstand zunutze, dass die grundlegenden Eigenschaften der Synthesizer-Plugins aus dem Hause CHERRY AUDIO mehr oder weniger identisch ausfallen. Daher dürften die nachfolgenden Worte auch dem einen oder anderen geneigten Leser bekannt vorkommen, denn ich spare mir wieder eine komplette Neuformulierung der immer gleichen Aspekte, sondern bediene mich an vielen Stellen des Wortlauts aus vergangenen Testberichten.

Wie schon seine Geschwister, ist auch GX-80 nur als 64-Bit-Plugin verfügbar, das dürfte heutzutage aber wohl kaum jemand mehr enttäuschen. Ab WINDOWS 7 beziehungsweise ab macOS 10.9 ist man dabei, auch die neuesten Versionen dieser beiden Betriebssysteme werden unterstützt. Auf M1-Prozessoren läuft GX-80 ebenfalls, und zwar nativ.

Es existiert wieder eine Standalone-Version, darüber hinaus werden die Plugin-Formate VST2, VST3, AAX sowie AU angeboten, ich habe jedoch lediglich die VST-Plugins des GX-80 installiert und getestet. Meine Testumgebung besteht aus einem stationären Rechner mit i7-4790K-CPU (4 x 4,0 GHz) und 16 GB RAM, der wahlweise mit WINDOWS 7 oder WINDOWS 10 läuft. Der GX-80 lief darauf auch mit mehreren parallelen Instanzen ohne zu murren.

Einmal mehr muss ich einen kleinen Minuspunkt bezüglich der Installations- und Aktivierungs-Prozedur vergeben, denn CHERRY AUDIO besteht dabei auch beim GX-80 auf eine Internetverbindung, und die ist nun mal nicht unbedingt in jedem Studio vorhanden, auch wenn das in unseren Zeiten für den einen oder anderen überraschend erscheinen mag. Ich selbst erlaube meinem Studiorechner jeweils nur temporär den Zugang zum Netz, eben für solche Aktivierungsgeschichten, und begrüße es immer, wenn ein Hersteller auch zumindest alternativ eine Offline-Aktivierung anbietet.

CHERRY AUDIO GX-80 - Installation benötigt Internetverbindung
CHERRY AUDIO GX-80 – Installation benötigt Internetverbindung

Bei CHERRY AUDIO ist der Internetzugang allerdings auch bereits für die reine Installation vonnöten, da hierbei noch diverse Daten nachgeladen werden. Möchte man den GX-80 anschließend freischalten, so sollte man die Zugangsdaten in Form von Email-Adresse und Passwort bereithalten, mit denen man sich auch in seinen Online-Account bei CHERRY AUDIO anzumelden pflegt. Ohne eine derartige Freischaltung verbleibt GX-80 in einem dreißigtägigen Demo-Modus, in dem zwar alle Funktionen verfügbar sind, jedoch immer wieder mal ein Rauschen als Störsignal ertönt.

CHERRY AUDIO GX-80 - Theme CS
CHERRY AUDIO GX-80 – Theme CS

Die Bedienoberfläche des Plugins ist skalierbar und bietet zwei verschiedene Skins, hier THEMES genannt, zur Auswahl, die sich allerdings lediglich in ihrer Zier-Umrahmung unterscheiden. Das mag vielleicht noch nützlich sein, wenn man zwei Instanzen des GX-80 parallel verwendet, diese lassen sich dann optisch einfacher auseinanderhalten, ansonsten ist das aber eigentlich nur reine Kosmetik.

Auch die nachgeahmten Lüftungsgitter am oberen Rand weisen übrigens keinerlei Funktion auf (beim ARTURIA CS-80 V etwa verbergen sich darunter weitere Parameter), daher hätte man sie meinetwegen gerne aus Gründen der Platzersparnis weglassen können, aber so ist das halt mit den Emulationen von Vintage-Gear…

CHERRY AUDIO GX-80 - Theme GX
CHERRY AUDIO GX-80 – Theme GX

Hinsichtlich des Layouts, der Farbgestaltung sowie der Form und Anordnung der Bedienelemente orientiert sich das GUI deutlich erkennbar am CS-80, ohne diesem jedoch völlig zu gleichen, was aufgrund der zahlreichen zusätzlichen Funktionen auch nicht möglich wäre. Die Parameter, die CHERRY AUDIO vom GX-1 übernommen und dem GX-80 eingepflanzt hat, wurden zur besseren Erkennbarkeit orange eingefärbt.

Ich gestehe an dieser Stelle, dass die Bedienoberfläche meinen Geschmack nicht wirklich trifft, das ist allerdings nicht etwa die Schuld von CHERRY AUDIO, denn bereits die Optik des Originals (und damit auch aller Emulationen, die sich ebenfalls daran orientieren) sagt mir nicht zu. Ich finde den CS-80 mit seinem altbackenen Charme einer alten Heimorgel einfach nicht hübsch und auch nicht sonderlich übersichtlich. Das hat also eigentlich YAMAHA verbockt. Seltsamerweise finde ich den noch älteren GX-1 mit seinem Space-Age-Design dagegen schon fast wieder kultig…

CHERRY AUDIO GX-80 - Focus
CHERRY AUDIO GX-80 – Focus

Auch beim GX-80 gibt es eine FOCUS-Funktion, mit der sich einzelne Bereiche der Bedienoberfläche fensterfülllend vergrößern lassen, im Gegensatz zu so manch anderem CHERRY AUDIO-Plugin ist diese bei GX-80 auch sehr sinnvoll, da hier doch schon viele Bedienelemente auf den Anwender warten.

Die Möglichkeiten, seinen bevorzugten MIDI-Controller zur bequemeren Steuerung mit dem GX-80 zu verbinden, sind ebenfalls wieder vorbildhaft. Man kann sämtliche getätigten Mappings auch im Nachhinein noch anpassen, unter anderem lässt sich für jedes Element getrennt der Regelbereich mit Minimal- und Maximalwerten definieren und sogar invertieren, zudem lässt sich auch seine Regelkurve mit der Maus stufenlos verbiegen, so dass hier neben linearen auch exponentielle und logarithmische Verläufe möglich sind.

CHERRY AUDIO GX-80 - MIDI Learn
CHERRY AUDIO GX-80 – MIDI Learn

Schon vor einiger Zeit hat CHERRY AUDIO die MIDI-LEARN-Funktion um die Möglichkeit erweitert, einzelne oder gleich alle vorgenommenen Einstellungen sowohl global als auch nur für das jeweilige Preset geltend abzuspeichern. Der aktuelle Status lässt sich dabei jederzeit ändern. Auf diese Weise können die Bedienelemente eines MIDI-Controllers bei dem einen Preset etwas völlig anderes regeln als bei dem anderen.

Selbstredend lässt sich der GX-80 auch mittels Parameter-Automation steuern, wer mag, der kann dazu auch das Mausrad verwenden, und die praktischen UNDO- und REDO-Funktionen fehlen ebenfalls nicht. Besitzer eines MPE-fähigen Controllers können diesen zusammen mit GX-80 verwenden.

CHERRY AUDIO GX-80 - QWERTY Keyboard
CHERRY AUDIO GX-80 – QWERTY Keyboard

Aber auch ganz ohne MIDI-Eingabegerät lässt sich der GX-80 spielen, dem sogenannten QWERTY KEYBOARD sei Dank. Dieses wird wahlweise mit der Maus oder der alphanumerischen Tastatur bedient, neben Noten können damit auch diverse Kontrollwerte wie etwa Anschlagsdynamik, Pitch Bender oder Modulationsrad erzeugt werden.

CHERRY AUDIO GX-80 - Settings
CHERRY AUDIO GX-80 – Settings

Das Settings-Menü des GX-80 folgt ebenfalls dem CHERRY AUDIO-Standard, verteilt sich auf drei Tabs (GENERAL, INTERFACE und ACCOUNT) und ermöglicht diverse Grundeinstellungen, beispielsweise in Bezug auf Darstellung und Bedienung, Zugangsdaten und Updates oder des Verzeichnisses für die Presets. Das favorisierte GUI-Theme kann hier ebenfalls ausgewählt werden.

CHERRY AUDIO GX-80 - Preset-Browser
CHERRY AUDIO GX-80 – Preset-Browser

Die Verwaltung der Klangkreationen erfolgt wie gewohnt über den Preset-Browser, der dazu über Optionen wie thematische Kategorien, eine Suchfunktion sowie eine vom Anwender bestückbare Favoritenliste verfügt. Die altbekannte Pin-Funktion verhindert bei Aktivierung, dass sich das Browser-Fenster sofort wieder schließt, nachdem man ein Preset ausgewählt hat. Die Presets können innerhalb des Browsers auch mit Hilfe der Cursortasten ausgewählt werden.

CHERRY AUDIO GX-80 - Oversampling Quality
CHERRY AUDIO GX-80 – Oversampling Quality

Zu guter Letzt finden wir noch ein kleines Pulldown-Menü, das sich bei Betätigung der Schaltfläche mit dem Q öffnet. Hierin lässt sich der Oversampling-Faktor anpassen, die Voreinstellung beträgt dabei stets 1x. Höhere Werte verbessern die Klangqualität und beugen Aliasing-Artefakten vor, stellen aber gleichzeitig auch etwas höhere Ansprüche an die CPU.


Replikant…

Gemäß seinem hauptsächlichen Vorbild CS-80 verfügt auch der GX-80 über zwei identisch ausgestattete Synthesestränge, die sinnigerweise auch RANK I und RANK II heißen. Diese können unabhängig voneinander ein- und ausgeschaltet (ein deaktivierter Rank ist dabei an seinen abgedunkelten Reglerfarben erkennbar) sowie stufenlos miteinander gemischt werden.

Der Stimmenaufbau unterscheidet sich etwas von denen herkömmlicher subtraktiver Synthesizer, denn hier verfügt jeder Rank über separate Oszillator-, Filter und Verstärker-Sektionen nebst LFOs und Hüllkurven, nicht etwa nur zwei Oszillatoren, die sich gemeinsam ein VCF und einen VCA usw. teilen müssen.

CHERRY AUDIO GX-80 - Layer Mode- und Panel-Auswahl
CHERRY AUDIO GX-80 – Layer Mode- und Panel-Auswahl

Das Ganze verdoppelt sich beim GX-80 dann noch einmal, indem CHERRY AUDIO ihm im Gegensatz zum CS-80 auch noch die Fähigkeit zur Erzeugung von Dual- und Split-Sounds zu erzeugen, mitgegeben hat.

Faktisch haben wir es hier also eigentlich wie beim GX-1 mit bis zu vier Ranks zu tun. Es sind aber immer nur zwei Stränge gleichzeitig sicht- und bedienbar (I und II oder III und IV bzw. UPPER oder LOWER), zwischen diesen kann per Knopfdruck gewechselt werden (bei Anwahl von LOWER verfärben sich die dünnen weißen Linien, die die einzelnen Sektionen umrahmen, zu orange).

Auf den ersten Blick ist der GX-80 also etwas weniger leicht zu durchschauen als beispielsweise ein Synthesizer der JUNO-Reihe und daher auch nicht ganz so intuitiv bedienbar. Dafür belohnt er allerdings auch mit deutlich flexibleren Klangmöglichkeiten.

CHERRY AUDIO GX-80 - Syntheseparameter
CHERRY AUDIO GX-80 – Syntheseparameter

Jeder Rank besitzt einen VCO, der eine Puls- und eine Sägezahnwelle erzeugen kann, dies sogar gleichzeitig. Bei der Pulswelle kann die Weite sowohl manuell als auch via eigenem LFO verändert werden. Zudem verfügt sie über einen zusätzlichen Hochpassfilter nach Art des GX-1. Das gefilterte Pulswellensignal ist unabhängig vom ungefilterten und kann diesem stufenlos zugemischt werden.

Auch die Sägezahnwelle hat vom GX-1 einen eigenen Filter geerbt, diesmal ist es ein Bandpass, dessen Ausgangssignal ebenfalls dem ungefilterten Sägezahn zugemischt wird. Darüber hinaus gibt es noch einen Regler, mit dem eine Dreieckswelle, deren Tonhöhe eine Oktave über dem Hauptoszillator liegt, stufenlos hinzugefügt werden kann, sozusagen ein Superoszillator. Auch dieser entstammt eigentlich dem GX-1.

Zu guter Letzt wird die VCO-Sektion noch durch einen Rauschgenerator komplettiert, der weißes Rauschen erzeugt.

CHERRY AUDIO GX-80 - Lower Layer mit Rank IV deaktiviert
CHERRY AUDIO GX-80 – Lower Layer mit Rank IV deaktiviert

Die VCF-Sektion kann mit Hochpass- und Tiefpassfilter aufwarten, die seriell angeordnet sind und daher gemeinsam auch als Bandpass fungieren. Beide sind resonanzfähig und ihre Flankensteilheit beträgt jeweils 12 dB pro Oktave.

Da die sich Filterschaltkreise bei GX-1 und CS-80 leicht unterschieden und dadurch auch nicht identisch klangen, hat CHERRY AUDIO dem GX-80 einen Schalter spendiert, mit dem man zwischen beiden Typen wählen kann.

Die Filterhüllkurve weicht etwas vom Üblichen ab. Die Parameter ATTACK, DECAY und RELEASE sind durchaus noch wie gewohnt, SUSTAIN fehlt jedoch. Stattdessen finden wir allerdings Regler für IL sowie AL, die im Zusammenspiel den Regelweg der Attack-Phase bestimmen. IL steht dabei für INITIAL LEVEL und ATTACK LEVEL.

Mit INITIAL LEVEL lässt sich die Grenzfrequenz beim Start der Hüllkurve in Abhängigkeit zu den CUTOFF-Reglern der Filter definieren. Bei Nullstellung hat er keine Funktion, bewegt man ihn hoch, werden bis zu maximal virtuelle 5 Volt von den aktuellen CUTOFF-Werten abgezogen, die Hüllkurve setzt demzufolge bei einer niedrigeren Grenzfrequenz an.

Sobald dann der Grenzfrequenz die der aktuellen Position der CUTOFF-Regler entspricht, steigt die Hüllkurve weiter bis zu dem mit AL eingestellten Wert, um dann dort zur Decay-Phase zu wechseln. Sollte ATTACK LEVEL auf null stehen, dann wird die Grenzfrequenz ausschließlich durch die CUTOFF-Regler definiert und der DECAY-Regler bleibt somit ohne Auswirkung. In der Release-Phase sinkt die Grenzfrequenz schließlich wieder zurück auf den mit IL eingestellten Ausgangswert. Klingt kompliziert? Ausprobieren hilft!

Die Filterhüllkurve kann auch invertiert werden. Anzumerken ist noch, dass Hoch- und Tiefpassfilter stets gleichzeitig beeinflusst werden, wobei jedoch die Modulationsintensität beim Tiefpassfilter etwas höher als beim Hochpassfilter ausfällt,

In der VCA-Sektion finden wir neben einer herkömmlichen ADSR-Hüllkurve sowie Einstellmöglichkeiten für den Gesamtpegel und das Panorama auch je einen Regler für den Anteil des Filterpegels, der in den Verstärker eingespeist wird und für die Lautstärke der zusätzlichen Sinuswelle.

Wer sich fragt, warum der letztgenannte Regler beim VCA und nicht etwa beim Oszillator und damit VOR der Filtersektion untergebracht ist, dem sei erklärt, dass die Sinuswelle das VCF umgeht, weil sie dadurch lediglich in ihrer Lautstärke reduziert würde (eine Sinuswelle besitzt ja schließlich keine Obertöne, die man wegfiltern könnte…). Daher macht die Platzierung dieses Reglers nach dem VCF offenkundig mehr Sinn (oder nicht…?).

Regelt man übrigens VCF LEVEL herunter und den Sinuspegel hoch, dann hört man ausschließlich die Sinuswelle.

Rechts vom VCA befindet sich noch eine kleine Sektion namens TOUCH RESPONSE. Dort lässt sich festlegen, welchen Einfluss die Anschlagsdynamik (INITIAL) und der Aftertouch (AFTER) auf Filterfrequenz (BRILLIANCE) und Lautstärke (LEVEL) des jeweiligen Rank ausüben sollen.


Nexus-6…

Unmittelbar unterhalb des Rank-Panels befindet sich ein Bereich, den CHERRY AUDIO als PERFORMANCE CONTROLS bezeichnet und der unter anderem noch weitere Syntheseparameter beherbergt.

Ganz links lässt sich sowohl die Gesamtstimmung als auch die Oszillatorstimmung für jeden Rank in einem Bereich von jeweils +/- einem Halbton verändern.

CHERRY AUDIO GX-80 - Performance Controls
CHERRY AUDIO GX-80 – Performance Controls

Direkt daneben finden wir einen RING MODULATOR, der die Summe von RANK I und RANK II entweder mit einem internen Oszillator oder mit der Summe von RANK II und RANK IV (sofern DUAL- oder der SPLIT-Modus aktiv ist) moduliert. Die Modulationsgeschwindigkeit kann manuell oder mittels einer einfachen AD-Hüllkurve mit einstellbarer Intensität geregelt werden. Hinzu kommt noch ein Regler für die Intensität der Ringmodulation selbst.

CHERRY AUDIO GX-80 - Ring Modulator
CHERRY AUDIO GX-80 – Ring Modulator

Als nächstes folgt der SUB OSCILLATOR, wobei diese Bezeichnung bereits beim CS-80 etwas unglücklich gewählt wurde. Während man darunter nämlich normalerweise ein via Teilerschaltung vom Hauptoszillator abgeleitetes (Rechteck-)Signal versteht, das für einen volleren Klang meist eine Oktave oder noch tiefer unterhalb der Oszillator-Fußlage ertönt, ist beim CS-80 (und damit auch beim GX-80) schlichtweg ein LFO gemeint.

CHERRY AUDIO GX-80 - Sub Oszillator aka LFO
CHERRY AUDIO GX-80 – Sub Oszillator aka LFO

Dieser verfügt über die Wellenformen bzw. Funktionen Sinus, ab- und aufsteigender Sägezahn, Rechteck sowie Sample & Hold und Noise. Der LFO kann permanent aktiv sein oder über das Modulationsrad eingeblendet werden. Seine Geschwindigkeit reicht für FM- und AM-Experimente bis hinein in den Audiobereich und lässt sich frei oder auf Wunsch synchronisiert zum Host-Tempo einstellen. Als Modulationsziele können VCO, VCF und VCA (auch parallel) dienen, die Modulationsintensität ist für diese drei Ziele separat regelbar.

Der LFO beeinflusst übrigens immer die beiden Ranks von UPPER oder LOWER gleichzeitig.

Mit FEET lassen sich die Oszillator-Fußlagen getrennt für jeden Rank einstellen. Neben den originalen Einstellmöglichkeiten des CS-80 finden wir hier auch auch orgeltypische Fußlagen, die nur beim GX-1 vorhanden waren (3 1/5′ und 2 2/7′).

CHERRY AUDIO GX-80 - Tone Selector
CHERRY AUDIO GX-80 – Tone Selector

In der Mitte finden wir den TONE SELECTOR mit seinen auffälligen Druckschaltern, damit kann man Nachbildungen der 22 Werksklänge, mit denen YAMAHA den CS-80 ausgestattet hatte, aufrufen. Alle Presets machen jeweils von nur einem einzigen Rank Gebrauch, die obere Reihe wird dabei RANK I bzw. RANK III zugewiesen, die untere Reihe dementsprechend RANK II bzw. RANK IV.

Man sollte sich von diesen Presets übrigens nicht versprechen, dass sie auch tatsächlich so klingen, wie ihre Namen uns Glauben machen sollen. Ähnlichkeiten zu den aufgelisteten Instrumenten bestehen allenfalls rudimentär. Alle diese im TONE SELECTOR vorhandenen Werksklänge sind übrigens auch zusätzlich über den normalen Preset-Browser verfügbar.

CHERRY AUDIO GX-80 - User Presets
CHERRY AUDIO GX-80 – User Presets

Darüber hinaus gibt es noch vier weitere Druckschalter. Die beiden PANEL-Schalter bewirken bei ihrer Aktivierung, dass der der jeweilige Rank die aktuellen Parameter-Einstellungen des Panels verwendet. Der USER-Button stellt 22 Speicherplätze für eigene Kreationen bereit. Die Slots 1 bis 11 sind dabei zwar für die Ranks I und III, die Slots 12 bis 22 für die Ranks II und IV vorgesehen, es lässt sich aber problemlos auch ein Sound von beispielsweise RANK I auf Slot 17 speichern etc.

CHERRY AUDIO GX-80 - Utility-Menü
CHERRY AUDIO GX-80 – Utility-Menü

Der mit UTIL(ity) beschriftete Druckschalter schließlich ruft ein Menü mit verschiedenen praktischen Funktionen zum Kopieren und Austauschen von Rank- und Layer-Einstellungen auf.

Rechts vom TONE SELECTOR finden wir noch allerlei virtuelle Schieberegler. MIX regelt das Mischungsverhältnis zwischen den beiden aktuell ausgewählten Ranks, also entweder zwischen I und II oder zwischen III und IV.

Die daneben liegenden Regler namens BRILL. und RESON. stellen so etwas wie globale Filterkontrollen für den aktuellen Layer (UPPER oder LOWER) dar und wirken stets auf die beiden Ranks eines Layers gleichzeitig. BRILL.(iance) verändert die Grenzfrequenz und RESON.(ance) na, was wohl…?

TOUCH RESPONSE ermöglicht die Einstellung der Intensität, mit der die Anschlagsdynamik ein Pitch Bending bewirkt und der Aftertouch diverse LFO-Parameter beeinflusst.

Die Regler bei KEY CONTROL erlauben ein Keyboard-Tracking für Filterfrequenz und Lautstärke, und zwar für tiefe und für hohe Notennummern separat.

Wenn beim Layer-Modus DUAL oder SPLIT ausgewählt wurde, kann man mit LAYER LEVEL das Mischungsverhältnis zwischen den beiden Layern einstellen.

Ganz rechts gibt es dann noch einen Drehregler für die Gesamtlautstärke nebst virtueller LED-Kette und zuschaltbarem Limiter zur Vermeidung von Übersteuerungen.


Spinners…

Links der beiden Synthesestränge befindet sich die Effekt-Sektion, die wiederum vier einzelne Module beinhaltet, nämlich CHORUS/ROTARY, FLANGE/PHASE, DELAY und REVERB.

Wenn sich der GX-80 im im DUAL- oder SPLIT-Modus befindet, kann man den beiden Layern UPPER und LOWER mittels des EFFECT MODE-Schalters wahlweise jeweils ein eigenes Set an Effekten zuweisen (DUAL LAYER) oder sie gemeinsam durch die selben Effekte schicken (GLOBAL). Im SINGLE -Modus ist dieser Schalter logischerweise nicht verfügbar und daher auch ausgegraut.

Zunächst war ich etwas irritiert, weil auch die Bedienelemente der einzelnen Effekte ausgegraut waren und nicht auf meine Versuche reagierten, sie mit dem Mauszeiger zu bewegen. Die Lösung dafür findet sich links unten in der Sektion neben dem virtuellen Keyboard. Dort existieren vier entsprechend beschriftete Schalter, mit denen die einzelnen Effekt-Module separat voneinander ein- oder ausgeschaltet werden können. Warum befinden die sich denn nicht an Ort und Stelle bei den Effekten, wo sie eigentlich hingehören…?

CHERRY AUDIO GX-80 - Effekt-Sektion
CHERRY AUDIO GX-80 – Effekt-Sektion

Der Chorus und der Rotary-Effekt (Letzterer ist auch als LESLIE bekannt) lassen sich bloß alternativ zueinander nutzen und arbeiten beide in Stereo. Der Chorus bildet übrigens nicht den originalen im CS-80 nach, da CHERRY AUDIO diesen nicht als sonderlich hochwertig befand. Die Regler für SPEED und DEPTH sind im Rotary-Modus deaktiviert, da hier lediglich zwei umschaltbare Geschwindigkeiten existieren und dieser Effekt sowieso immer zu 100% auf „wet“ steht.

Flanger und Phaser lassen sich ebenfalls nur alternativ zueinander aktivieren, arbeiten in mono und verfügen beide über Regelmöglichkeiten für Geschwindigkeit (0,1 Hz bis 10 Hz), Intensität und Rückkopplung.

Beim DELAY hat man die Auswahl zwischen den beiden Typen DIGITAL und TAPE. Die Verzögerungszeit reicht von 1 Millisekunde bis hin zu 2 Sekunden, lässt sich bei Bedarf aber auch zum Host-Tempo synchronisieren und bietet dann Werte zwischen 1/64tel Triole und 8 Schlägen. Die Anzahl der Wiederholungen lässt sich ebenso einstellen wie ihre Höhendämpfung und auch das Mischungsverhältnis zwischen trockenem und verzögertem Signal ist regelbar.

Das REVERB wartet mit zwei Typen auf. Neben einer Plattenhall-Emulation (PLATE) ist auch wieder der mit dem hauseigenen DREAMSYNTH DS1 eingeführte und später als eigenes Effekt-Plugin veröffentlichte GALACTIC-Algorithmus an Bord. Neben der Abklingzeit lassen sich auch hier die Höhendämpfung und das Mischungsverhältnis einstellen.

Die Klangqualität der Effekte ist durchweg gefällig und entspricht dem, was man von CHERRY AUDIO in diesem Bereich gewohnt ist, etwas anderes hätte ich aber nun auch nicht erwartet.


Esper Machine…

Den Bereich unmittelbar über dem virtuellen Keyboard bezeichnet CHERRY AUDIO als GLOBAL CONTROLS. Linksseitig lässt sich mittels VOICE ASSIGN festlegen, ob der GX-80 einstimmig, mehrstimmig oder unisono gespielt werden soll. Im letztgenannten Fall lassen sich geschichteten Stimmen für einen fetteren Klang stufenlos gegeneinander verstimmen.

Die Anzahl der maximal zur Verfügung stehenden Stimmen lässt sich in vier Stufen umschalten (2, 4, 8 oder 16). Der GX-80 kennt wie schon der CS-80 keinen „Stimmenklau“. Das bedeutet, wenn die eingestellte Höchstzahl der Stimmen erreicht ist, werden neu angeschlagene Noten einfach ignoriert und nicht etwa ihnen zugunsten zuvor ausgelöste Stimmen wieder freigegeben.

CHERRY AUDIO GX-80 - Global Controls
CHERRY AUDIO GX-80 – Global Controls

Den meisten Platz in dieser Sektion nimmt der PITCH RIBBON ein. Beim Original handelt es sich um einen berührungsempfindlichen Streifen, der mit dem Finger bedient wird und der eine kontinuierliche Tonhöhenbeugung nach Art eines Pitch Benders ermöglicht.

Beim virtuellen Pendant des GX-80 benutzt man dazu den Mauszeiger, was das Ganze natürlich deutlich weniger intuitiv und haptisch erfahrbar gestaltet. Ich persönlich brauche so etwas nicht unbedingt, weder hier noch bei den Mitbewerbern, bei denen es vergleichbar implementiert wurde, aber was soll’s, frisst ja kein Brot… 😉

Dem PITCH RIBBON zugeordnet sind zwei Schalter, mit denen zwischen einem linearen Verhalten wie beim Original oder einem in Halbtönen einstellbaren Tonbeugungs-Bereich gewählt werden kann. Im zweiten Fall lässt sich der gewünschte Bereich mittels Drehregler festlegen.

Rechts davon befinden sich die bereits weiter oben erwähnten und abgebildeten Schalter zur Auswahl der drei Layer-Betriebsarten SINGLE, DUAL und SPLIT sowie zum Umschalten der Bedienoberfläche zwischen UPPER (RANK I und II) und LOWER (RANK III und IV). In der man DUAL oder SPLIT gewählt hat, lässt sich der aktuell aktive Layer bei Bedarf auch solo abhören.

Während ich den DUAL-Modus sehr begrüße, muss ich gestehen, dass ich persönlich mit solchen SPLIT-Modi in Software-Synthesizern wenig anzufangen weiß (bei Hardware-Synths schon viel eher), was daran liegt, dass ich unterschiedliche Klänge aus einem Plugin lieber mit zwei separaten Instanzen innerhalb der DAW realisiere. Wer jedoch als versierter Keyboarder gerne live spielt oder einfach nur herumjammen möchte, der mag sich über derartige SPLIT-Sounds sehr wohl freuen.

CHERRY AUDIO GX-80 - Performance-Parameter
CHERRY AUDIO GX-80 – Performance-Parameter

Unten links neben dem virtuellen Keyboard des GX-80 finden sich schließlich noch einige weitere Einstellmöglichkeiten globaler Natur. CHERRY AUDIO nennt diese Sektion wegen ihrer Platzierung LEFT-HAND CONTROLS.

Hier finden sich auch die oben schon erwähnten vier Schalter zur Aktivierung der einzelnen Effekte des GX-80, dies wohl weniger aus praktischen Erwägungen als vielmehr aus nostalgischen Gründen. Beim CS-80 befanden sich dort nämlich ebenfalls die Schalter für Tremolo- und Chorus-Effekt…

Auch ein zusätzlicher WAH-Effekt wurde hier untergebracht. Wie schon beim Chorus, hat CHERRY AUDIO auch hier auf eine Emulation des offenbar nicht so berauschenden Originals verzichtet, sondern stattdessen eine Eigenentwicklung implementiert. Dieser Wah oder wahlweise auch die Lautstärke können über ein Expression-Pedal oder auch jeden anderen MIDI-Controller angesteuert werden.

An die Einbindung eines Sustain-Pedals wurde ebenfalls gedacht. Es stehen zwei Sustain-Modi zur Verfügung, die Abklingzeit zusätzlich zur Release-Phase der Hüllkurven kann eingestellt werden und das Pedal kann bedarfsweise auch die PORTAMENTO– bzw. GLISSANDO-Funktion aktivieren.

Letztere besitzt einen eigenen Regler zur Einstellung der Dauer. Während PORTAMENTO den bekannten Glide-Effekt erzeugt, bei der die Tonhöhe sich von einer gespielten Note zur nächsten nicht sprunghaft, sondern stufenlos ändert, geschieht dies bei GLISSANDO in diskreten Halbtonschritten, so als streife man mit den Fingern alle dazwischenliegen Tasten des Keyboards.

Zu guter Letzt lässt sich auch noch das Verhalten in Bezug auf Aftertouch einstellen. Der CS-80 konnte bereits seinerzeit schon polyphonen Aftertouch verarbeiten, während selbst heutzutage viele MIDI-Keyboards, falls überhaupt, lediglich mit monophonem Aftertouch aufzuwarten vermögen (auch als Channel Aftertouch bekannt, weil immer alle Noten auf dem gewählten MIDI-Kanal gleichzeitig beeinflusst werden).

Der GX-80 trägt diesem Umstand Rechnung und erlaubt daher nicht nur den Empfang von wahlweise mono- und polyphonen Aftertouch, sondern bietet zusätzlich einen LAST-Modus an, bei dem ausschließlich die zuletzt gespielte Note durch den Aftertouch beeinflusst wird, wozu dann auch ein Controller ausreicht, welcher bloß monophonen Aftertouch erzeugen kann.


Voight-Kampff-Test…

Zum Zwecke eines klanglichen Vergleichs bin ich flugs mal runter in den Keller gegangen und habe mir meinen alten CS-80 unter den Arm geklemmt… ähhh… Nee, das habe ich wohl doch nur geträumt!

Ich kenne den CS-80 nur aus den einschlägigen Musikproduktionen, allen voran natürlich denen von Vangelis, aber auch von ein paar anderen, etwa Michael Jackson oder Jörg Strawe. Daher kann ich auf die Frage nach der Authentizität des GX-80 auch lediglich mein subjektives Empfinden kundtun: Der GX-80 kann tatsächlich sehr voll und breit klingen, so wie ich dies auch mit dem CS-80 verbinde.

CHERRY AUDIO liefert wieder zahlreiche sehr gute Presets mit. Die klangliche Bandbreite dabei erstaunlich hoch und deckt nahezu alle Kategorien ab, wenn man einmal von den Drumsounds absieht, die der GX-80 nur in Teilbereichen beherrscht. Neben den Drones, Leads, Pads und Effektklängen fand ich vor allem die die mitgelieferten Bässe bemerkenswert, die ausgesprochen satt daherkommen und problemlos den Putz von der Wand bröckeln lassen. Daumen hoch!

Aus reiner Neugier habe ich den GX-80 auch einmal gegen seine direkten Mitbewerber antreten lassen, sprich ARTURIA CS-80 V4 und MEMORYMOON ME80 (nur für WINDOWS). Für einen besseren Vergleich hatte ich dabei die internen Effekte sowie alle sonstigen über das Original hinausreichenden Optionen der Plugins deaktiviert. Daher ließ ich den GX-80 der Fairness halber zunächst auch nur im Single-Layer-Modus laufen.

Wenngleich man den typischen Grundcharakter des CS-80 mehr oder minder aus allen drei Plugins herausholen kann, ist der Unterschied zwischen den Emulationen bisweilen größer als gedacht. Das zeigt sich insbesondere beim Vergleich der über den TONE SELECTOR erreichbaren originalen Werks-Preset. Mal liegen hier GX-80 und ME80 näher beieinander, mal CS-80 V4 und ME80 und mal GX-80 und CS-80 V4, aber immer gibt es hörbare Klangunterschiede, zum Teil sogar erhebliche, die kaum eine Ähnlichkeit erkennen lassen.

Das mag sicherlich auch an den nicht ganz identischen Originalgeräten liegen, die den jeweiligen Entwicklern zur Verfügung standen. Bei CHERRY AUDIO etwa dienten nach eigenen Angaben gleich zwei Exemplare des CS-80 als Vorbild.

Außer Konkurrenz habe ich auch noch einmal das Freeware-VST ARMINATOR 2 (nur für WINDOWS und nur in 32-Bit) von KRAKLI mitlaufen lassen, das sich als Hommage an den CS-80 betrachtet, ohne dessen Struktur exakt zu kopieren, und war etwas überrascht, wie gut dieses sich klanglich gegen die kommerziellen Vertreter zu behaupten wusste, zumindest hinsichtlich der Fülle, weniger in Bezug auf die Authentizität.

Sobald man beim GX-80 allerdings den Dual-Layer-Modus aktiviert, gibt er eine fette Breitseite ab und föhnt mit einer einzigen Instanz die anderen Plugins locker an die Wand. Meiner persönlichen Meinung nach hat er dann klar die Nase vorn.

Als Klangbeispiel soll diesmal passend zum Monat ein fröhliches Stimmungslied dienen, das zum geselligen Mitschunkeln einlädt. Es setzt sich aus insgesamt 17 Instanzen des GX-80 zusammen, dazu gehören auch die Drumsounds, von denen ich allerdings insbesondere die Kick etwas schlapp auf der Brust finde:

Klangbeispiel CHERRY AUDIO GX-80

Außer dem GX-80 habe ich keine weiteren Plugins verwendet, ebenso wenig die integrierten Equalizer des DAW-Mixers, bei einigen Spuren kam aber Lautstärke- und/oder Panorama-Automation zum Einsatz.


Fazit CHERRY AUDIO GX-80:

Ob wir tatsächlich noch eine weitere Emulation des CS-80 benötigen, lasse ich jetzt einfach mal dahingestellt. Wenn dem nicht so wäre, würde ja einfach niemand so etwas kaufen…

Mir persönlich ist es eigentlich auch schnuppe, ob der GX-80 seinem Vorbild klanglich nun bis aufs allerletzte Mü gleichkommt, ich werde mir schließlich keinen CS-80 in die Bude stellen, um die beiden dann akribisch miteinander zu vergleichen. Mal ganz abgesehen davon, dass in dem Plugin ja auch noch etwas zusätzliche DNA vom GX-1 steckt (beide Instrumente zusammen dürften wohl die Tragfähigkeit des Holzfußbodens in meinem Studio vor eine Herausforderung stellen…).

Keineswegs ist es mir allerdings egal, ob der der Klang des GX-80 mich auch losgelöst von allen Vintage-Vorlagen abzuholen vermag, und das tut er allemal! Der GX-80 entpuppt sich hier als regelrechte Kalorienbombe, vor allem die Leads und Bässe sind ballaststoffreiche Dickmacher und keine diätische Kost. Gefällt mir gut!

Der GX-80 wird zu einem Einführungspreis von 59,- US-Dollar angeboten (was für CHERRY AUDIO-Verhältnisse ja schon gehoben wirkt), während als regulärer Listenpreis 79,- US-Dollar vorgeschoben werden (dieses Spielchen kennen wir ja nun schon zur Genüge…). Mit der Demoversion, die 30 Tage lang lauffähig ist, kann der GX-80 vor dem Kauf ausgiebig getestet werden.


Positives:

+ guter Grundklang
+ kraftvolle Dual-Klänge
+ brauchbare Effekt-Sektion
+ raffinierte Aftertouch-Funktionen
+ umfangreiche MIDI-Learn-Sektion
+ vergleichsweise geringe CPU-Anforderungen

Negatives:

– keine Offline-Aktivierung bzw. -Installation möglich


Produktwebseite:

https://cherryaudio.com/products/gx-80