Website-Icon BuenasIdeas

Testbericht: ARTURIA V COLLECTION 8 – Die neue Winterkollektion ist da!

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 07.01.2021

Alle Jahre wieder, so könnte man fast meinen, wenn es um die V COLLECTION von ARTURIA geht. Kurz vor Weihnachten 2020 haben die Grenobler die inzwischen achte Auflage ihrer umfangreichen Sammlung mit Emulationen klassischer Keyboard-Instrumente veröffentlicht. Wie immer, sind auch heuer wieder einige Neuheiten hinzugekommen, auf die wir uns in dem vorliegenden Testbericht konzentrieren wollen.


Lockdown-Lektüre…

Da ich hier einerseits nicht alle älteren Instrumente der V COLLECTION erneut durchzukauen gedenke, andererseits aber auch nicht voraussetze, dass jeder unserer werten Leser bereits ausgiebige Bekanntschaft mit diesen gemacht hat, verweise ich an dieser Stelle einmal mehr auf unsere früheren Testberichte zu den Vorgängerversionen der V COLLECTION sowie zu einzelnen Plugins daraus:

Viel Spaß beim Lesen!

Und noch eine Kleinigkeit in eigener Sache vorweg: So gerne ich auch zu einem von mir getesteten Synthesizer ein komplettes Stück als Klangbeispiel erstelle, bei der V COLLECTION 8 muss ich mich aufgrund der Anzahl der hier getesteten Instrumente einfach schon aus zeitlichen Gründen darauf beschränken, von diesen jeweils nur einige charakteristische Presets anzuspielen, denn sonst wäre ich wohl noch bis kurz vor Ostern beschäftigt…


Basiscamp…

Wie schon die Vorgängerversion, so ist auch die V COLLECTION 8 nur noch ausschließlich für 64-Bit-Betriebsysteme verfügbar. Das dürfte im Jahre 2021 auch nur noch eine Minderheit tangieren, die nach wie vor mit einem 32-Bit-Host unterwegs ist. Bei der V COLLECTION 7 hatte ich daran ja lediglich bemängelt, dass bei der Installation die alten 32-Bit-Versionen einfach ohne Nachfrage von der Platte geputzt werden. Ob die V COLLECTION 8 das ebenso macht, vermag ich leider nicht zu beantworten, da ich gar keine 32-Bit-Plugins von ARTURIA mehr installiert habe und dies somit auch nicht überprüfen konnte.

ARTURIA V COLLECTION 8

Als Mindestvoraussetzung gibt ARTURIA macOS 10.13 und WINDOWS 8.1 an, wobei ich allerdings an dieser Stelle bestätigen kann, dass die V COLLECTION 8 bei mir auch problemlos unter WINDOWS 7 funktionierte.

Neben einer Standalone-Version gibt es jedes der enthaltenen Plugins auch in den Formaten VST, AAX und AU. Bis auf JUN-6 V, EMULATOR II V, VOCODER V, JUP-8 V4, STAGE-73 V2 sowie ANALOG LAB V sind alle Plugins zudem zum NKS-Standard von NATIVE INSTRUMENTS kompatibel. Bei den gerade genannten Kandidaten dürfte dies sicherlich irgendwann via Update nachgereicht werden.

Wie bei ARTURIA üblich, benötigt man zur Aktivierung der Plugins das sogenannte ARTURIA SOFTWARE CENTER, kurz ASC, über welches auch der Download und die Installation erfolgen kann (aber nicht muss, denn die Setup-Dateien für die einzelnen Plugins lassen sich auch separat bei ARTURIA herunterladen!). Diese Aktivierung kann sowohl online als auch offline erfolgen, ein Internetanschluss am Host-Rechner ist also nicht zwingend vonnöten, sehr löblich!

Die Plugins der V COLLECTION 8 liefen auf meinem Studiorechner (CPU i7-4790K mit 4 x 4,0 GHz und 16 GB RAM) allesamt ohne perfomance-bedingte Auffälligkeiten oder gar Probleme.

Insgesamt sind in der V COLLECTION 8 nun 28 Instrumente enthalten, Hinzu kommen laut ARTURIA über 10000 Presets, die man wohl kaum jemals alle innerhalb einer durchschnittlichen Lebensspanne ausnutzen wird.

ARTURIA V COLLECTION 8 – MIDI-Learn

Die Regler der einzelnen Plugins reagieren (immer noch) nicht auf Mausrad-Bewegungen, den meisten Anwendern dürfte jedoch vermutlich die umfassende MIDI-Learn-Funktion sowieso deutlich wichtiger sein, mit der sich die Regler an eine beliebige Controller-Hardware koppeln lassen.

ARTURIA V COLLECTION 8 – Macro-Regler

Eine Neuerung stellen die vier MACRO-Regler dar, die sich bei allen Plugins jeweils rechts am unteren Rand befinden und die je nach Instrument zum Teil mehrere unterschiedliche Parameter auf einmal zu regeln vermögen.

ARTURIA hat alle seine Plugins bereits mehr oder weniger sinnvoll vorbelegt. So können bei einer typischen Analog-Emulation etwa die Regler für BRIGHTNESS und TIMBRE der Filterfrequenz und der Resonanz zugeordnet sein, während TIME die Decay- und Release-Zeiten der ADSR-Hüllkurven ändert und MOVEMENT für die LFO- zuständig ist. Beim DX7 V oder beim CZ V hingegen werden hiermit völlig andere Parameter beeinflusst, beispielsweise Operator-Frequenzen oder ähnliche Entsprechungen. Bei den (E-)Pianos, Orgeln oder auch dem BUCHLA EASEL V wiederum sind es noch andere Stellschrauben.

ARTURIA V COLLECTION 8 – Macro-Zuweisung

Die gute Nachricht: Diese Belegungen lassen sich recht einfach an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Das funktioniert ähnlich wie bei der MIDI-Learn-Funktion. Man kann dabei jedem MACRO-Regler einem oder viele Parameter zuweisen. Übrigens: Auch die MACRO-Regler selbst lassen sich via MIDI-Learn mit einem externen Controller verbinden.

ARTURIA V COLLECTION 8 – In-App-Turorials

Weiterhin verfügen die Plugins der V COLLECTION 8 nun über integrierte Tutorials (in englischer Sprache), die die einzelnen Funktionen kurz und bündig erklären sowie mit diversen Tipps aufwarten und so einen Blick ins Manual weitgehend überflüssig machen. Gute Idee!

Dann schauen wir uns im Folgenden die Neuzugänge einmal im Detail an.


JUN-6 V: Ernie kauft ein O…

Den ersten Neuzugang, den ARTURIA auf der Produktwebseite zur V COLLECTION 8 auflistet, ist der JUN-6 V. Man muss wohl über keinerlei hellseherischen Fähigkeiten verfügen, um aus diesem Namen abzuleiten, dass es sich dabei um eine virtuelle Nachahmung des ROLANDschen Klassikers JUNO-6 handelt. Letzterer war der direkte Vorgänger des beliebten JUNO-60, von dem er sich hauptsächlich dadurch unterschied, dass er über keinerlei Speicherplätze zum Ablegen von Klangkreationen verfügte, was ihn Anfang der Achtziger dann auch nicht unbedingt zum Favoriten bei den Keyboardern werden ließ. Die rein klanglichen Unterschiede waren aber doch eher geringfügig, so dass es bei einer Emulation eigentlich Jacke wie Hose ist, welches der beiden Modelle man nun zum Vorbild nimmt, denn Klangspeichermöglichkeiten sind einem Plugin ja sowieso immanent.

ROLAND JUNO-6

Die Klangarchitektur der frühen JUNO-Reihe, bestehend aus JUNO-6, JUNO-60 sowie JUNO-106 (die in ihren Namen jeweils auftauchende „6“ weist dabei auf die sechsstimmige Polyphonie der Instrumente hin), ist ausgesprochen übersichtlich, aber dennoch zu einem überraschend breiten Spektrum an typischen Analogklängen fähig. Es gibt pro Stimme nur einen Oszillator (DCO), der gleichzeitig eine Sägezahnwelle sowie eine in ihrer Weite regel- und modulierbare Pulswelle erzeugen kann. Ein Suboszillator mit einer Rechteckwelle und ein Rauschgenerator lassen sich stufenlos zu diesen Grundwellenformen dazumischen.

Diese Klangquellen durchlaufen als erstes ein nicht resonanzfähiges Hochpassfilter, dass nur manuell geregelt werden kann und dass bei Bedarf überflüssige Bassanteile zuverlässig wegschneidet. Das darauf folgende 24dB-Tiefpassfilter verfügt sowohl über einen bis zur Selbstoszillation reichenden Resonanzparameter als auch über Modulationsmöglichkeiten via ADSR-Hüllkurve (auch invertiert) und LFO. Die Hüllkurve kann dabei auch den VCA, also die Lautstärke, gleich mitsteuern, alternativ lässt sich hier aber auch eine simple Orgelhüllkurve verwenden.

Der LFO verfügt nur über eine Sinuswelle, kann dafür aber mittels regelbarer DELAY TIME auch sanft einschwingen. Zu guter Letzt gibt es noch einen zuschaltbaren Chorus mit zwei festen Presets (bei JUNO-6 und JUNO-60 kann man beide auch gleichzeitig anwählen, beim JUNO-106 nur alternativ), um den Klang noch etwas breiter zu gestalten. Dieser rauscht übrigens nicht unerheblich. Einen Arpeggiator findet man bei JUNO-6 und JUNO-60 ebenfalls (beim JUNO-106 hat man diesen leider wegrationalisiert).

ARTURIA JUN-6 V

Soweit die Vorgaben der originalen Hardware. ARTURIA hat es sich (wie andere Hersteller auch) aber nicht nehmen lassen, seiner Emulation hier und da noch einige kleine Beigaben mit auf den Weg zu geben, wenngleich sich die Franzosen hier im Vergleich zu ihren anderen Plugins auffällig zurückgehalten haben. Vielleicht wollte man einfach nur nicht das Prinzip der Simplizität, das der JUNO-Serie zu eigen war, beim JUN-6 V zu sehr aufweichen.

Wie es sich für ein Plugin gehört, sind sowohl der Arpeggiator als auch der LFO zum Host-Tempo synchronisierbar. Beim LFO kann der verzögerte Einschwingvorgang wahlweise linear oder exponentiell erfolgen. Die Kalibrierung der Stimmen lässt sich in drei Stufen anpassen, bei Bedarf erhält man damit ein virtuell gealtertes Instrument. Das Rauschen des Chorus-Effekts wird beim JUN-6 V zwar ebenfalls emuliert, lässt sich erfreulicherweise aber auf Knopfdruck auch komplett abschalten (denn ich brauche es wirklich nicht…).

Wo das Vorbild nur mit sechs Stimmen aufwarten kann, protzt der JUN-6 V mit üppigen 36 Stimmen, das garantiert auch dann keine abreißenden Release-Phasen, wenn man mit beiden Händen zulangt. Es existiert zudem ein CHORD MODE, bei dem man einen der vorgegebenen Akkorde auswählen oder aber auch einen eigenen definieren kann. Dieser lässt sich dann mit nur einer Taste spielen.

ARTURIA JUN-6 V – Chord Selection

Ein Klick auf die ADVANCED-Schaltfläche oben rechts in der Menüleiste klappt ein erweitertes Bedienpanel aus, so wie wir es von ARTURIA ja schon gewohnt sind, wie bereits erwähnt, ist dieses beim JUNO-6 V relativ überschaubar ausgefallen. Ganz links können die drei Spielhilfen Anschlagsdynamik, Aftertouch und Modulationsrad allerlei Parametern zugeordnet werden, jeweils mit regelbarem Einfluss.

Dann folgt ein zusätzlicher LFO mit sechs Schwingungsformen sowie zwei frei wählbaren Zielen. Eine zweite ADSR-Hüllkurve ist ebenfalls vorhanden (aufmerksame Betrachter werden ja auch schon die entsprechende Wahlmöglichkeit in der VCA-Sektion bemerkt haben…), auch diese lässt sich zwei separaten Zielen zuweisen.

Auf der rechten Seite befindet sich eine für ARTURIA-Verhältnisse einfache Effektsektion mit Reverb und Delay. Deren Qualität ist für Onboard-Effekte durchaus in Ordnung, haut mich jetzt aber auch nicht unbedingt aus den Pantoffeln (beim DCO-106 von CHERRY AUDIO etwa gefallen mir diese beiden Effekte besser).

ARTURIA JUN-6 V – Advanced Panel

Was den Klang des JUN-6 V angeht, so ist dieser in der Tat als sehr junoesque zu bezeichnen. Insofern gibt es an dieser Stelle auch ein dickes Lob an ARTURIA. Der mitgelieferte Klangvorrat ist, wie von ARTURIA nicht anders gewohnt, ebenfalls sehr üppig ausgefallen und glänzt mit vielen gut gemachten Werksklängen. Nachfolgend habe ich einmal verschiedene Presets des JUN-6 V angespielt:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2021/01/Klangbeispiel-ARTURIA-JUN-6-V.mp3
KLANGBEISPIEL ARTURIA JUN-6 V
ARTURIA JUN-6 V – Preset-Browser

Als alter JUNO-Fan habe ich das Plugins auch einmal kurz gegen zwei seiner unmittelbaren Mitbewerber antreten lassen, die ich ebenfalls hier installiert habe, nämlich den TAL U-NO-LX und den CHERRY AUDIO DCO-106 (den JUNO-106 aus der ROLAND-Cloud lasse ich hier mal außen vor, der stand mir nämlich nicht zu einem Vergleichstest zur Verfügung), wobei der U-NO-LX ja eigentlich einen JUNO-60 und der DCO-106 einen JUNO-106 emuliert. So gibt es hier bei aller Ähnlichkeit auch hörbare Unterschiede im Klang der drei Kandidaten (genauso wie auch schon bei der Hardware). Der JUN-6 V klingt dabei je nach Einstellung mal mehr in Richtung U-NO-LX und mal mehr in Richtung DCO-106. Der U-NO-LX erscheint mir insgesamt etwas direkter und schärfer im Klang, der DCO-106 wiederum etwas sanfter sowie bei hohen Resonanzeinstellungen metallischer (eben wie ein JUNO-106) und der JUN-6 V liegt irgendwo zwischen beiden. Den Chorus finde ich beim U-NO-LX am fettesten, beim JUN-6 V eiert er übrigens bei Aktivierung beider Stufen gleichzeitig deutlich schneller vor sich hin. Den Chorus von TAL gibt es ja auch als einzeln erhältliches Plugin, sogar kostenlos, und inzwischen hat ARTURIA mit dem CHORUS JUN-6 ein eigenes FX-Plugin herausgebracht, das bis zum 29.12.2020 ebenfalls gratis verfügbar war.

Insgesamt jedoch lassen sich mit allen drei Plugins schon in einem bestimmten Bereich sehr ähnliche Klänge erzeugen, die durchaus vorhandenen Unterschiede zeigen sich in erster Linie bei etwas extremeren Parametereinstellungen (der DCO-106 etwa bekommt für mein Empfinden gewisse glockenartige Sounds besser hin). Im Rahmen einer kompletten Produktion dürften diese Differenzen in den meisten Fällen noch weiter zusammenschrumpfen, und der durchschnittliche Musikkonsument wird sie überhaupt nicht wahrnehmen (schon gar nicht über sein Smartphone…), mal abgesehen davon, dass sie ihm wohl auch völlig schnuppe sein dürften.

Während der reine Grundklang bei allen drei Plugins also sehr gut ist und daher auch nicht unbedingt den letzten Ausschlag für eine Kaufentscheidung geben dürfte, sind die Unterschiede bei den Bedienoberflächen schon relevanter, ebenso wie die erweiterten Features und nicht zuletzt auch der Kaufpreis. Während CHERRY AUDIO und TAL nur wenig von den Vorgaben der Hardware abweichen und damit näher am Vorbild bleiben, bietet der JUN-6 V die meisten zusätzlichen Synthese-Parameter. Jeder muss für sich selbst entscheiden, inwieweit er darauf Wert legt.

Was die Gestaltung der Plugin-Oberfläche angeht, so ist diese bei ARTURIA traditionell mit ihrer fotorealistischen Optik immer sehr sehr an das Original angelehnt. Dahinter stehen sicherlich auch marketing-psychologische Gründe, denn wir kennen wohl alle das Phänomen, dass wir mit einer originalgetreuen Oberfläche fast automatisch auch einen ebenso realistischen Klang verbinden. Eine solche Bedienoberfläche dürfte also bei vielen Kunden schon Begehrlichkeiten wecken, noch bevor sie das Plugin überhaupt gehört haben. Schick sieht der JUN-6 V also aus, doch ist dies letztendlich wieder nur eine reine Geschmacksfrage.

Preislich kann der JUN-6 V seinen Mitbewerbern nicht wirklich das Wasser reichen, insbesondere nicht dem zumindest derzeit noch unverschämt günstigen DCO-106. Den ausgerufenen regulären Preis von 199,- Euro für den JUN-6 V im Einzelverkauf halte ich jedenfalls für deutlich zu hoch angesetzt. Wenn man das Plugin allerdings im Rahmen des V COLLECTION 8 Bundles mitnimmt, bewegt sich das Ganze schon sehr viel eher in akzeptablen Regionen. Wer den JUN-6 V auf diese Weise erwirbt, braucht nicht unbedingt eines der anderen JUNO-Plugins mehr, wer ein solches hingegen schon besitzt, braucht dafür nicht unbedingt auch noch den JUN-6 V. Oder um das Ganze einmal etwas positiver auszudrücken: Der JUN-6 V ist zwar nicht die einzige Wahl, allerdings bei weitem auch nicht die schlechteste, die man treffen kann!


EMULATOR II V: Ferris macht blau…

Front 242 nutzten ihn, Depeche Mode nutzten ihn, New Order nutzten ihn und Ferris Bueller hat damit seinen Husten vorgetäuscht: Die Rede ist vom E-MU SYSTEMS EMULATOR II, einem der ersten und erfolgreichsten Sampling-Keyboards, die uns die Achtziger beschert haben.

Das Teil war damals ein großer Wurf, bot angesagten High-Tech für betuchte Profimusiker und war mit einem nicht unbedingt portokassenfreundlichen Verkaufspreis von rund 8000,- Dollar auch nur für solche erschwinglich. Galten eine Auflösung von 8-Bit und eine Samplingrate von bis zu 27 kHz, ein Speicherausbau von 512 kByte RAM sowie ein Massenspeicher in Form eines 5,25“-Disketten­laufwerks damals als der heiße Scheiß, so können wir aus heutiger Perspektive darüber nur noch milde lächeln, angesichts potenter Software-Sampler á la KONTAKT, HALION oder FALCON mit ihren gigabyteschweren Libraries.

Dennoch stellt der EMULATOR II auch heute noch für so manchen Musiker ein tolles Musikinstrument dar, dar es aufgrund seiner technischen Begrenzungen einerseits eine ganz eigene Klangästhetik fernab jeder Sterilität bietet, andererseits aber auch einen kreativeren Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln erfordert.

E-MU SYSTEMS EMULATOR II

Der EMULATOR II V stellt nach dem CMI V bereits ARTURIAs zweite virtuelle Nachbildung eines Samplers aus den 80er-Jahren dar (beim SYNCLAVIER V hat man ja auf die Samplingmöglichkeiten des Originals verzichtet). Insofern stellt sich natürlich die Frage, ob der Neuling auch tatsächlich einen klanglichen Mehrwert zu liefern vermag, denn eine typische Vintage-Sampling-Ästhetik vermittelt der CMI V ja ebenfalls schon. Wie auch immer, der EMULATOR II V ist nun einmal am Start, schauen und hören wir ihn uns also einmal an.

Dass ARTURIA es versteht, seinen Plugins hübsche Bedienoberflächen zu verpassen, hat die Firma in der Vergangenheit schon hinlänglich bewiesen. Auch der EMULATOR II V macht hiervon keine Ausnahme, denn schick sehr er allemal aus. Ob die ebenfalls emulierte Holztischplatte und die Vintage-Tapete im Hintergrund (übrigens beide sehr ähnlich wie beim CMI V) wie auch die herumliegenden Floppy-Disks allerdings einen wirklichen Nutzwert bieten, lass ich jetzt mal dahingestellt (vielleicht schüttet das nostalgische Flair ja über den einen oder anderen Anwender ein Füllhorn der Inspiration aus…).

ARTURIA EMULATOR II V

Wie auch schon beim CMI V befindet sich im Hintergrund die Nachbildung eines Heimcomputer-Bildschirms nebst Maus. Dies soll wohl zumindest optisch ein wenig an einen APPLE MACINTOSH gemahnen, denn ein solcher konnte damals zum Programmieren des EMULATOR II herangezogen werden, die passende Editier-Software vorausgesetzt.

Die grundlegende Bedienoberfläche orientiert sich von ihrer Gestaltung her zwar sehr am Original, weist aber auch einige signifikante Unterschiede dazu auf, etwa deutlich mehr Regler für einen direkten Zugriff auf die Synthese-Parameter, als da wären ein resonanzfähiges Filter und eine VCA-Sektion, beide jeweils mit eigener zwei ADSR-Hüllkurve, sowie ein LFO. Einen Arpeggiator und eine Effekt-Sektion hat ARTURIA seiner Emulation ebenfalls mit auf den Weg gegeben, da haben wir nix dagegen. Ein Mausklick auf die nachgebildeten Diskettenlaufwerke oder auch auf das kleine LED-Display öffnet übrigens den Preset-Browser, der sich von denen der anderen Plugins in der V COLLECTION 8 nicht unterscheidet (daher schenke ich mir auch einmal einen Screenshot).

ARTURIA EMULATOR II V – Screen-View Edit

Klickt man hingegen auf das Wort SCREEN rechts oben beziehungsweise auf den virtuellen Bildschirm, dann rückt dieser in Großansicht in den Vordergrund (Nutzer von CMI V und SYNCLAVIER V kennen das schon) und bietet zusätzlich zu den schon genannten Parametern der Hauptansicht (MAIN PANEL) noch allerlei weitere Einstellmöglichkeiten, ohne dabei aber unübersichtlich zu werden. Für jedes der acht möglichen Samples eines Presets kann man hier separate Einstellungen vornehme. Es gibt sogar für jedes Multisample eine eigene Effekt-Sektion mit acht verschiedenen Algorithmen.

Über eine sogenannte VOICE LINK-Funktion kann jeder der acht VOICES mit den Reglern auf dem MAIN PANEL verbunden und dann global durch diese gesteuert werden. Nicht verbundene VOICES hingegen werden individuell in der oben abgebildeten SCREEN-Ansicht editiert. Es existiert zudem eine OFFSET ASSIGN-Funktion, mit welcher für jede verbundene VOICE eine Abweichung von Parameterwerten definiert werden kann, so dass trotz gemeinsamer Steuerung über die MAIN PANEL-Regler Abweichungen zwischen den einzelnen VOICES bestehen. In diesem Zusammenhang ist mit VOICE auch nicht etwa die einzelne Stimme, sondern vielmehr eine komplette Sample-Engine nebst eigenem Filter, VCA, LFO und Effekten. gemeint, die wiederum mehrstimmig spielbar ist. Die tatsächliche Polyphonie des EMULATOR II V kann dabei übrigens auf bis zu 32 Stimmen heraufgesetzt werden.

Auch die Samples selbst lassen sich hier laden, als Wellenform betrachten und bei Bedarf mit einem Abspiel-Loop versehen. Neben den von ARTURIA mitgelieferten Samples lassen sich auch eigene Klänge importieren, als gültige Dateiformate bietet das Auswahlmenü hierbei WAV, AIFF/AIF, EIIWAV (das eigene Format des EMULATOR II) sowie FLAC an. Neben einzelnen Samples lassen sich auch ganze Ordner zum Durchforsten in den Sample-Browser einfügen.

Übrigens gestattet der EMULATOR II V für jedes Sample einzeln den DAC-Modus der Soundausgabe einzustellen, man hat hier die Wahl zwischen VINTAGE und MODERN, wobei ich zugeben muss, dass ich persönlich während meines Tests keine nennenswerten Unterschiede zwischen diesen beiden Modi festzustellen vermochte (vielleicht liegt’s ja auch an meinem zunehmend alternden Gehör…).

ARTURIA EMULATOR II V – Screen-View Assign

Um die Multisamples auf der Klaviatur zu verteilen, bietet sich die ASSIGN-Seite an, welche die jeweiligen Zuordnungen von Grund-Note und Tastaturbereich aller acht Einzelsamples in einer Übersicht darstellt. Neben Multisounds mit getrennten Zonen für jedes Sample lassen sich hier auch fette Schichttorten backen. Auf der rechten Seite findet man die Möglichkeit, die Anschlagsdynamik, das Keyboard-Tracking, den Aftertouch sowie die beiden frei definierbaren Wheels einem beliebigen Synthese- oder Effekt-Parameter zuzuweisen.

ARTURIA EMULATOR II V – Screen-View Effects

Zu guter Letzt gibt auch eine eigene Seite für die globale Effekt-Sektion mit ihren drei separaten Slots. Auf dem MAIN PANEL kann man ja nur für jeden Slot einen von elf unterschiedlichen Effekttypen auswählen und deren Effektstärke regeln, hier dagegen kann man umfassende Einstellungen für jeden Effekt vornehmen und auch bestimmen, ob die drei Slots parallel oder seriell beschickt werden sollen.

Kommen wir zum Wichtigsten, nämlich dem Klang des EMULATOR II V. Beim Durchgehen der Presets stellt sich in der Tat ein sofortiges Retro-Gefühl ein, was nicht zuletzt auch an der Auswahl der mitgelieferten Samples liegt, die ARTURIA getroffen hat. Neben sattsam bekannten Achtziger-Klischees, etwa der japanischen Bambusflöte namens Shakuhachie oder röchelnden Chören, findet man hier auch allerlei synthetische Klänge, diverse Instrumentennachbildungen und zahlreiche Drumkits bekannter Trommelmaschinen, die hier wiederum ihr eigenes, vom jeweiligen Vorbild stark abweichendes Klangbild zu entfalten vermögen. Doch hört einfach selbst:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2021/01/Klangbeispiel-ARTURIA-EMULATOR-II-V.mp3
KLANGBEISPIEL ARTURIA EMULATOR II V

Inwieweit diese Klangästhetik nun tatsächlich mit der eines alten EMULATOR II übereinstimmt, kann ich mangels eines Originalgeräts nicht beurteilen, rein subjektiv ist dieser Eindruck aber durchaus vorhanden. Natürlich kann man auch jedem modernen Sampler mittels entsprechender Bit- und Samplingraten-Reduktion nachträglich ein klangliches Vintage-Kostüm überziehen, aber beim EMULATOR II V ist das quasi schon der Ausgangszustand.

Um abschließend noch einmal zur eingangs aufgekommenen Frage bezüglich der Notwendigkeit eines EMULATOR II V angesichts des hauseigenen CMI V zurückzukehren, nun auch schon der CMI V vermag mit einem authentischen Achtziger-Retro-Sound hinlänglich zu überzeugen und streckenweise ermöglichen EMULATOR II V und CMI V sehr ähnliche Klänge. Ob ARTURIA beim EMULATOR II V möglicherweise einfach die Engine des CMI V recycled hat, entzieht sich meiner Kenntnis.

Was allerdings das Bedienkonzept angeht, hier punktet der EMULATOR II V gegenüber seinem älteren Bruder durch einen etwas schnelleren Workflow, was sicherlich auch in seinem einfacheren Aufbau mit weniger Menüs zusammenhängen dürfte. Hinkender Vergleich: Auch der JUN-6 V hat in bestimmten Bereichen eindeutige Vorteile gegenüber dem umfangreicher ausgestatteten JUP-8 V, weil man damit schneller zu seinem Ziel kommt, das Gleiche gilt auch für das Geschwisterpärchen MINI V und MODULAR V.


VOCODER V: Angriff der Zylonen…

Wenden wir uns nun dem für mich persönlich interessantesten Neuling im ARTURIA-Kosmos zu, dem VOCODER V. Ich mag Vocoder! Warum? Weil ich schon als junger Bengel die damit erzeugten Roboter- und Computer Stimmen in alten Science-Fiction-Filmen cool fand, weil ich gerne Kraftwerk gehört habe und weil dereinst selbst einmal einen KORG VC-10 mein Eigen nennen durfte. Ich finde Vocoder auch weitaus spannender als den inflationär genutzten Autotune-Effekt, denn Letzterer hängt mir schon lange echt zum Halse raus!

Nun denn, der Markt bietet allerdings schon einige Vocoder-Plugins, darunter neben denen von kommerziellen Anbietern wie WALDORF, IMAGE LINE oder XILS-lab auch ein paar empfehlenswerte kostenlose Vertreter, etwa von TAL oder von FULL BUCKET MUSIC, und selbst manche DAW haben auch schon einen entsprechenden Effekt an Bord (ABLETON LIVE, ACOUSTICA MIXCRAFT 9).

Da sollte ARTURIA also dringends die eine oder andere Innovation in sein Produkt eingepflanzt haben, um sich gegen die zahlreiche Konkurrenz behaupten zu können.

Als Objekt der Begierde hat ARTURIA sich für den MOOG 16 CHANNEL VOCODER entschieden, der ursprünglich im Jahre 1979 auf den Markt kam, inzwischen aber wieder neuaufgelegt wurde, dabei allerdings mit einem derzeitigen Verkaufspreis von rund 6000,- Dollar vermutlich nur bei den wenigsten von uns Einzug ins Studio halten dürfte.

MOOG VOCODER

Dieser Vocoder zeichnet sich durch eine Besonderheit aus, bei ihm sind nämlich die jeweiligen Frequenzen der Analyse- und Synthesebänder nicht fest verknüpft, sondern lassen sich bei Bedarf mit Hilfe von Patchkabeln frei miteinander verschalten. So kann beispielsweise die Bassfrequenz des Modulator-Signals die hohen Frequenzen des Carrier-Signals steuern usw.

ARTURIA hat es bei seiner Emulation jedoch nicht dabei belassen, sondern gleich noch einige Extras eingebaut, wobei das eigentlich schon eine massive Untertreibung darstellt. Denn wo beim Vorbild sowohl Modulator (also die menschliche Stimme, ein Drumloop oder ein anderes Signal) wie auch Carrier (in der Regel ein Synthesizersound) die Einspeisung externer Klangquellen bedürfen, bringt der VOCODER V beides schon als integralen Bestandteil mit.

Zwar lässt sich auch der VOCODER V mit externen Mikrofonsignalen oder anderen Audiospuren füttern (sofern die verwendete DAW einem hier keinen Strich durch die Rechnung macht), zwingend notwendig ist dies für den Betrieb jedoch nicht, denn ARTURIA hat dem Plugin einen eigenen Sample-Player für das Modulator-Signal mit auf den Weg gegeben.

ARTURIA VOCODER V

Und auch das Carrier-Signal erzeugt der VOCODER V gleich selbst mit Hilfe einer einfachen, aber dennoch sehr effektiven Synthesizer-Sektion. Um es genauer zu sagen, ausschließlich dieser eingebaute Synthie lässt sich als Carrier verwenden, die Zuführung eines externen Audiosignals wie bei der Hardware ist überhaupt nicht vorgesehen, was ich persönlich etwas schade finde, da es die Flexibilität des Vocoders doch noch deutlich erhöht hätte. Bleibt zu hoffen, dass ARTURIA an dieser Stelle noch einmal mit einem Update nachbessert. Ich kann an dieser Stelle aber schon vorwegnehmen, dass dies bisher aber auch der einzige wirkliche Kritikpunkt ist, der mir beim VOCODER V aufgefallen ist. Doch der Reihe nach…

ARTURIA VOCODER V – Vocoder-Sektion

Die eigentliche Vocoder-Sektion besitzt wie das Vorbild von MOOG sechzehn Bänder mit jeweils eigenen Schiebereglern für den Pegel. Diese Bänder können gemeinsam in der Frequenz nach oben oder nach unten verschoben werden, zudem lässt sich ihre Breite global einstellen. Eine einfache AR-Hüllkurve regelt die Ein- und Ausschwingzeiten für alle Bänder zusammen. Ein mit SAMPLE / HOLD beschrifteter Schalter, friert das aktuell anliegende Frequenzspektrum ein und lässt dieses dann über die Tastatur spielen. Von anderen Vocodern kennt man so etwas auch als FREEZE.

Ganz links lassen sich die Lautstärken von Modulator (VOICE) und Carrier (SYNTH) getrennt voneinander einstellen und diese beiden Signale über den Schalter mit dem Kopfhörersymbol gegebenenfalls auch solo abhören, während sich auf der rechten Seite Pegelkontrollen für die hochfrequenten beziehungsweise für die geräuschhaften Anteile gegenüber den tonalen befinden. Auf diese Weise lässt sich bei Bedarf durch ein Hinzumischen die Sprachverständlichkeit erhöhen oder ein Drumloop prägnanter gestalten. Auch die Balance zwischen dem trockenen und dem vocodierten Signal lässt sich stufenlos regeln, um so hybride Klänge zu erzeugen.

ARTURIA VOCODER V – Vocoder-Sektion mit Patchkabeln

Die Besonderheit des MOOGschen Vorbilds, die Ein- und Ausgänge der einzelnen Frequenzbänder in einer Patchbay frei miteinander zu verknüpfen, hat ARTURIA beim VOCODER V ebenfalls übernommen, hier geschieht das Ganze logischerweise nur mit virtuellen Kabeln. Hier kann man seiner Experimentierlust freien Lauf lassen oder sich auch von den Presets inspirieren und anleiten lassen, die von dieser Funktion Gebrauch machen.

ARTURIA VOCODER V – Carrier-Synthesizer

Wie bereits erwähnt, verfügt der VOCODER V eine integrierte, quasi-analoge Synthese-Sektion zur Erzeugung des Carrier-Signals. Auf den ersten Blick erscheint sie zwar recht simple aufgebaut, bei genauerer Beschäftigung damit stellt man aber schnell fest, dass sie im Grunde alle Bestandteile enthält, die man benötigt, um die klassischen Vododer-Stimmen und einiges mehr zu erschaffen.

Es gibt zwei Oszillatoren, die jeweils die Wellenformen Dreieck, Sägezahn oder Rechteck sowie ein Rauschsignal inklusive eines Wave-Shapers bereitstellen. Sie lassen sich auch zueinander synchronisieren. Außerdem kann der zweite Oszillator den ersten frequenzmodulieren, was einerseits zu einem aggressiveren Klang führt, andererseits aber auch zu einer weiteren Erhöhung der Sprachverständlichkeit beizutragen vermag. Der zweite Oszillator lässt sich zudem gegenüber dem ersten feinstimmen und bei Bedarf auch komplett von der gespielten Tonhöhe entkoppelt werden (FIXED).

Wie auch schon bei der Vocoder-Sektion gibt es auch für den Carrier eine einfache AR-Hüllkurve. Einen ENSEMBLE genannten Chorus-Effekt zur Klanganfettung hat ARTURIA der Synthese-Sektion ebenfalls spendiert. Darüber hinaus existiert eine CHORD-Funktion, wie ich sie auch schon weiter oben beim JUN-6 V beschrieben habe.

Wer jetzt noch ein Filter oder eine vollständige ADSR-Hüllkurve usw. vermissen sollte, der noch einmal daran erinnert, dass es sich hierbei ja nicht um einen eigenständigen Synthesizer handelt, sondern vielmehr um einen Lieferanten für Carrier-Signale, und dafür ist seine Ausstattung mehr als ausreichend.

Der Klang der Synthese-Sektion gefällt mir ausgesprochen gut, das Ganze hört sich ziemlich analog und fett an, wie geschaffen für die klassischen Roboter-Stimmen, aber auch für modernere Varianten. Volle Punktzahl hierfür von mir! Dieser tolle Klang ist allerdings auch essentiell, denn wie ich schon erklärt habe, verfügt der VOCODER V über keinerlei Möglichkeiten zur Einspeisung eines externen Carrier-Signals, jedenfalls habe ich solche auch nach längerer Suche nicht zu entdecken vermocht. Es ist also nicht möglich, beispielsweise einen Wavetable-Synthesizer, ein Chorsample oder was weiß ich als alternative Klangquelle im VOCODER V einzusetzen. Nochmals sei hier mein Bedauern darüber ausgedrückt!

ARTURIA VOCODER V – Voice Input

Was das Modulator-Signal angeht, so ist der VOCODER V deutlich flexibler aufgestellt. Über das obligatorische ADVANCED PANEL erhält man weitere relevante Einstellmöglichkeiten. Das Untermenü VOICE bietet dabei Zugriff auf zwei verschiedene Carrier-Quellen. Für die klassische Methode, einen Vocoder zu füttern, nämlich über ein angeschlossenes Mikrofon, dient der Modus VOICE INPUT.

Voraussetzung zur Nutzung dieser ist allerdings, dass die verwendete DAW hier ebenfalls mitspielt, denn diese muss in der Lage sein, Audioeingänge bei auch Instrumenten-Plugins anzusprechen, denn der VOCODER V ist ja kein FX-Plugin! In meinem Test funktionierte dies lediglich mit den aktuellen Versionen von BITWIG und mit REAPER, während STUDIO ONE 4.6, MIXCRAFT 9 sowie meine rund neun Jahre altes CUBASE 5.5 hier leider passen mussten. Ein ähnliches Phänomen hatte ich ja bereits vor ein paar Monaten bei meinem Test des KNIF AUDIO KNIFONIUM feststellen müssen. Wie es mit anderen DAWs ausschaut, kann ich an dieser Stelle leider nicht beantworten, im Zweifelsfall solltet Ihr dies vor einem Kauf des VOCODER V mit Hilfe der Demoversion abchecken.

ARTURIA VOCODER V – Input-Routing-Tutorials

Das Ganze ist natürlich keinesfalls die Schuld von ARTURIA, sondern die der jeweiligen DAW-Entwickler. Bei den integrierten Turorials des VOCODER V finden sich übrigens auch Anleitungen zum Input-Routings für verschiedene DAWs. Der VOCODER V kann dabei in den meisten Fällen sogar erkennen, in welcher DAW er gerade läuft und bietet dann speziell darauf zugeschnittene Hinweise an (MIXCRAFT 9 wurde übrigens als „Unknown Host“ aufgelistet). Übrigens scheinen neuere Versionen von CUBASE durchaus mit dem VOICE INPUT des VOCODER V arbeiten zu können, denn das Tutorial beschreibt das entsprechende Sidechain-Routing, lediglich meine Uralt-Version kann das halt noch nicht (ich habe hier aber auch nur die VST2-Version ausprobiert, ob es eventuell ja mit der VST3-Version klappt, weiß ich nicht).

Unter BITWIG war der VOICE INPUT schnell konfiguriert, statt eines angeschlossenen Mikrofons habe ich im Test aber einfach die zugewiesene Audiospur mit diversen WAV-Dateien wie Sprachsamples oder Drumloops bestückt. Alles funktionierte hierbei wie erwartet.

ARTURIA VOCODER V – Voice-Parameter

Das Modulator-Signal lässt sich in der Eingangs-Sektion des VOCODER V bei Bedarf noch aufbereiten. Ein mehrbandiger parametrischer Equalizer hilft bei der klanglichen Anpassung, während ein einfacher, aber gut funktionierender Compressor für einen gleichbleibend lauten Eingangspegel sorgt, was insbesondere bei Verwendung eines Mikrofons hilfreich ist. Mit dem zuschaltbaren PITCH TRACKING hat ARTURIA außerdem noch eine Funktion integriert, mit deren Hilfe man die Tonhöhe des eingehenden Signals, also beispielsweise der eigenen Stimme, dazu verwenden kann, um die Synthese-Sektion auch ohne MIDI-Noten zu steuern, auf Wunsch lässt sich dabei auch eine Tonhöhen-Quantisierung aktivieren, damit nur Halbtonschritte erzeugt werden.

ARTURIA VOCODER V – Sample Player

Wer nun aber eine DAW favorisiert, welche eben nicht die für den VOICE INPUT notwendigen Routing-Möglichkeiten mitbringt, der kann zwar nicht via Mikrofon live in den VOCODER V hineinlabern, er muss aber dennoch nicht völlig in die Röhre gucken. Denn dafür gibt es den SAMPLE PLAYER-Modus. Dieser kommt auch ohne Audioeingang aus, stattdessen hat man hier acht Slots zur Verfügung, die mit den von ARTURIA mitgelieferten oder auch mit eigenen Samples gefüttert werden können.

ARTURIA VOCODER V – Sample-Auswahl

ARTURIA hat bereits eine breite Auswahl an Klängen aus unterschiedlichen Bereichen zusammengestellt. Neben Sprachsamples finden sich hier auch Drumloops, Drones und Field Recordings sowie allerlei anderes Material. Eigene Samples lassen sich in den Formaten WAV, AIF/AIFF und FLAC importieren. Die einzelnen Samples können im integrierten Sample-Editor noch rudimentär nachbearbeitet werden, so lässt sich hier etwa ein Sustain-Loop setzen.

ARTURIA VOCODER V – Sample-Editor

Zum Abspielen existieren zwei verschiedene Modi: Während CYCLE die Samples der Reihe nach abfeuert, also bei jedem Tastenanschlag das nächste Sample getriggert wird (mit unterschiedlich einstellbarer Reihenfolge), verteilt KEYBOARD die zwölf möglichen Samples nebeneinander auf der Tastatur, und zwar im Bereich von C1 bis B1, wo sie dann mit den entsprechenden MIDI-Noten ausgelöst werden. Ist die Funktion LEGATO aktiviert, wird das nächste Sample erst dann abgefeuert, wenn alle vorherigen MIDI-Noten verstummt sind, während bei sich überlappenden Noten nur der eingebaute Synthesizer zu hören ist.

ARTURIA VOCODER V – Modulations-Menü

Das nächste Untermenü nennt sich MODS und widmet sich, man mag es sich schon denken, den Modulationsmöglichkeiten des VOCODER V. Zunächst gibt es hier einen Hüllkurvenverfolger (ENVELOPE FOLLOWER), der zwei Ziele gleichzeitig zu modulieren vermag. Dasselbe gilt auch für den LFO, dessen Geschwindigkeit übrigens bis 200 Hz reicht, also bis hinein in den hörbaren Bereich. Als Ziele stehen zahlreiche Parameter der Vocoder-Sektion, der Synthese-Sektion sowie der Effekte zur Verfügung. Dann gibt es schließlich noch eine Modulationsmatrix,die sechs Slots bietet. Die Ziele sind mit denen der anderen beiden Modulatoren identisch, als Quellen kommen hier jedoch die Anschlagsdynamik, der Aftertouch, das Modulationsrad, das MIDI-Keyboard sowie die Hüllkurve des Carriers infrage.

ARTURIA VOCODER V – Effects

Das dritte und letzte Untermenü ist für die integrierten Effekte des VOCODER V zuständig. Drei Slots lassen sich hier jeweils mit einem von zwölf Effekt-Algorithmen belegen, das Routing kann hierbei zwischen parallel oder seriell umgeschaltet werden. Das Ganze entspricht somit weitgehend den Onboard-Effekten anderer ARTURIA-Plugins.

Das der VOCODER V sich durch einen sehr guten Klang auszeichnet, habe ich bereits weiter oben erwähnt. Auch die Sprachverständlichkeit ist dabei durchweg vorbildlich. Das Plugin taugt aber nicht nur für Roboter-Geschwafel, sondern auch für jede Menge andere abgefahrene Sounds.

Klangbeispiele gibt es diesmal gleich zwei. Beim ersten davon habe ich den Voice Input verwendet. Zuerst erfolgt ein Durchlauf des trockenen Ausgangssignals und anschließend diverse Variationen des Vocoder-Signals, die ich on-the-fly durch Herumspielen mit verschiedenen Parametern des Carrier-Synthies erzeugt habe:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2021/01/Klangbeispiel-ARTURIA-VOCODER-V-Voice-Input.mp3
Klangbeispiel ARTURIA VOCODER V – Voice Input

Nachfolgend auch noch ein paar Exempel der mitgelieferten Presets, die allesamt auf den internen Sample Player zurückgreifen:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2021/01/Klangbeispiel-ARTURIA-VOCOCER-V-Sample-Player.mp3
Klangbeispiel ARTURIA VOCODER V – Sample Player

Der VOCODER V zählt für mich eindeutig mit zu den bestklingendsten und flexibelsten Vertretern seiner Art auf dem Markt, kann sich also problemlos mit einem XILS-lab XILS 5000 oder einem WALDORF LECTOR messen. Einfachere Plugins, wie etwa den in MIXCRAFT 9 integrierten Vocoder hängt er sowieso mit Leichtigkeit ab. Wie nun schon mehrfach bemäkelt, fehlt jetzt nur doch die Möglichkeit zur alternativen Verwendung eines externen Carrier-Signals (was allerdings für viele Anwender angesichts des sehr guten integrierten Synthesizers nicht so sonderlich wichtig sein dürfte), dann wäre der VOCODER V für mich das ultimative Vocoder-Plugin. Aber auch so ist der VODODER V bereits mein unbestrittener Favorit in der V COLLECTION 8!


OB-Xa V: Der Oberheimwerker…

Klar, in einer Aufzählung klassischer Analogsynthesizer darf selbstverständlich auch kein Synthie von OBERHEIM fehlen. Mit dem SEM V und dem MATRIX-12 V hat ARTURIA zwar seit ein paar Jahren schon auch diesem Hersteller gehuldigt, doch die frühen polyphonen Schlachtschiffe von OBERHEIM blieben bisher außen vor. Aus der Triologie von OB-X, OBXa und OB-8 haben die Franzosen sich für den mittleren Boliden entschieden, dabei aber auch ein wenig auf dessen Vorgänger geschielt.

OBERHEIM OB-Xa

Der OB-Xa stellt heute ein gesuchtes Sammlerstück dar, das für exorbitante Preise seinen Besitzer zu wechseln pflegt, aber auch bei seinem Erscheinen vor rund 40 Jahren war er schon alles andere als günstig und daher nur für Besserverdiener bezahlbar. Sein Klang hat viele Hits dieser Ära geprägt (eigentlich wollte ich es mir an dieser Stelle ja verkneifen, aber jetzt werfe ich doch mal „Jump“ ins Spiel…).

Den OB-Va V hat ARTURIA bereits vor einigen Monaten veröffentlicht, interessanterweise erschien unmittelbar darauf mit dem OBSESSION von SYNAPSE AUDIO SOFTWARE eine weitere Emulation des OB-Xa, die wir bereits getestet haben.

ARTURIA OB-Xa V

Bezüglich der optischen Gestaltung liegt das Plugin von ARTURIA deutlich näher am Original, was allerdings als keinen zwingenden Vorteil ansehe, denn zugegebenermaßen finde ich diesen OBERHEIMschen Nadelstreifenanzug schon bei der Hardware wenig ansprechend und zwar nicht nur aus geschmacklichen Erwägungen, sondern auch deshalb, weil er meiner Meinung nach das Ablesen der Beschriftungen und der Reglermarkierungen unnötig erschwert.

Auch ansonsten hat ARTURIA sich weitgehend am Layout des OB-Xa orientiert, hier und da jedoch die eine oder andere Modifikation vorgenommen. So gibt es etwa einen Regler für die Crossmodulation, welche beim OB-Xa gar nicht vorhanden ist, dafür aber noch bei seinem Vorgänger OB-X. Auch einen Arpeggiator sucht man bei der Hardware vergeblich, während man ihn beim OB-Xa V willkommen heißen darf. Und die Stimmenzahl wurde gegenüber dem OB-Xa verdoppelt, so dass eine bis zu sechzehnfache Polyphonie ermöglicht wird. Achtfache, gegeneinander verstimmte Unisono-Sounds sind ebenfalls möglich. Weggefallen hingegen ist die Möglichkeit des OB-Xa, auch Split- und Layer-Sounds zu erzeugen. Schade eigentlich.

ARTURIA OB-Xa V – Arpeggiator

Die beiden Oszillatoren haben wiederum eine Erweiterung erfahren, denn sie bieten jeweils nicht nur die originalen Wellenformen Sägezahn und Rechteck, sondern auch noch eine Kombination (beide Wahlschalter aktiviert) derselben sowie eine Dreieckswelle (beide Wahlschalter deaktiviert). In der dem Filter vorgeschalteten Mixer-Sektion lassen sich die Signale der Oszillatoren 1 und 2 und des Rauschgenerators nicht lediglich ein und ausschalten, sondern vielmehr stufenlos pegeln. Der LFO verfügt beim OB-Xa V über sieben Wellenformen, statt der bloß drei beim OB-Xa, und auch sonst sind die Modulationsmöglichkeiten gegenüber dem Vorbild erweitert worden.

ARTURIA OB-Xa V – Pan Spread Mode

Unter zwei virtuellen Klappen verbergen sich ebenso virtuelle Trim-Potentiometer, die für die beiden SPREAD-Modi zuständig sind. Mit PAN SPREAD können die acht Stimmen individuell im Panorama verteilt werden, eine Möglichkeit, die auch schon der OB-Xa bot, wenngleich es bei ihm etwas umständlicher war. STEREO SPREAD hingegen erlaubt die Änderung der Basisbreite von Oszillatoren, Filter und LFO im Stereofeld, hierzu steht mit MOVEMENT sogar ein eigener LFO zur Verfügung. Zudem lassen sich diese drei Stellschrauben als Ziele in der Modulationsmatrix definieren.

ARTURIA OB-Xa V – Stereo Spread Mode

Letztere befindet sich zusammen mit weiteren Goodies in der natürlich auch beim OB-Xa V vorhandenen ADVANCED PANEL, und zwar ganz rechts im Untermenü MODULATIONS. Den fünf Quellen Anschlagsdynamik, Keyboard-, Aftertouch, Modulationsrad sowie Filterhüllkurve lassen sich ganze fünfzig Ziele zuweisen.

ARTURIA OB-Xa V – Modulations-Ziele

Den größere Platz in diesem Untermenü nehmen jedoch die vier Funktionsgeneratoren auf der linken Seite ein. Diese kennt man auch schon von einigen der älteren Plugins in der V COLLECTION 8. Sie können wahlweise als aufwendige Hüllkurven, als LFOs oder als Modulations-Sequencer dienen und exakt die gleichen fünfzig Ziele ansteuern, die auch in der Modulationsmatrix verfügbar sind (siehe oben). Die entweder frei oder via Preset erzeugten Verlaufskurven können sich über kurze Notenwerte, aber auch über mehrere Takte erstrecken, sie sind lassen sich zum Host-Tempo synchronisieren, loopen und bei Bedarf auch polyphon abfeuern. Mit Hilfe der Funktionsgeneratoren lassen sich enorm bewegte und dynamische Klänge erzeugen, die so mit dem Hardware-Vorbild niemals möglich sind. Unter anderem kann man damit auch komplette Melodieverläufe realisieren.

ARTURIA OB-Xa V – Modulations

Im ADVANCED PANEL versteckt sich auch die obligatorische Effekt-Sektion, die sich einmal mehr ARTURIA-typisch präsentiert. Es gibt drei Slots, deren Routing wahlweise parallel oder seriell erfolgen kann. Neun Effekt-Algorithmen stehen in jedem Slot zur Auswahl, darunter finden sich wieder die üblichen Verdächtigen.

ARTURIA OB-Xa V – Effekte

Bisher noch nicht erwähnt habe ich den CHORD-Mode des OB-Xa V, mit dem sich ganze Akkorde nur mit einer einzigen Taste spielen lassen. Grundsätzlich entspricht diese der entsprechenden Funktion im JUN-6 V oder im VOCODER V (siehe oben), mit einem einzigen Unterschied: Während bei den beiden genannten Plugins auch mehrere vordefinierte Akkorde zur Auswahl stehen, gibt es beim OB-Xa V derzeit nur einen einzigen, selbst zu bestimmenden Akkord.

ARTURIA OB-Xa V – Chord-Selection

Einen echten OB-Xa habe ich niemals berührt oder gar besessen. Klangliche Vergleiche zum Original kann ich daher lediglich anhand von Beispielen aus dem Netz oder bestehenden Musikstücken (bei denen dann allerdings zumeist auch noch zusätzliche Effekte mit im Spiel sind) anstellen. Danach zu urteilen, ist es ARTURIA durchaus gelungen, den OBERHEIMschen Grundcharakter im OB-Xa V einzufangen, durch die Erweiterungen sind jedoch auch Klänge jenseits des Vorbilds möglich. Andererseits vermag der OB-Xa V aber auch seinen virtuellen Ursprung nicht ganz zu verhehlen, das letzte Quäntchen an analoger Authentizität fehlt ihm meiner Ansicht nach. Zumindest hatte ich hier in einem 1zu1-Vergleich mit seinem direkten Konkurrenten, dem OBSESSION, beim OB-Xa V oftmals den Eindruck, es doch nur mit einem Plugin zu tun zu haben (nun gut, das hatte ich ja schließlich auch…). Insgesamt ist das allerdings schon Meckern auf hohem Niveau, und im Kontext eines fertig abgemischten Musikstücks dürfte sich der wahrgenommene Unterschied wohl noch nivellieren.

Bei den über 400 Presets dürfte sich für jeden Geschmack und für jede Stilrichtung etwas Passendes finden lassen, mir persönlich sagten diverse spacige Pads und einige schräge Effekte am meisten zu. Hier eine kleine Auswahl des Gebotenen:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2021/01/Klangbeispiel-ARTURIA-OB-Xa-V.mp3

Bei einer Gegenüberstellung des OB-Xa V zum gerade erwähnten OBSESSION finde ich Letzteren grundsätzlich etwas lebendiger und stofflicher im Klang. So habe ich bei beiden Plugins das jeweils dort vorhandene JUMP-Preset ausgewählt, alle Effekte und Voice Card-Variationen ausgeschaltet und die Pegel angeglichen. ARTURIAs Emulation wirkte hier auf mich im direkten Vergleich flacher und irgendwie „zweidimensional“. Wir reden hier aber nur von Nuancen, die in einem Mix teilweise untergehen dürften.

Ansonsten gibt es durchaus Überschneidungen im Klang der beiden Instrumente. In einem Bereich gefällt mir der OB-Xa V aber besser als der OBSESSION, nämlich bei der Crossmodulation, die in der ARTURIA-Variante deutlich weiter reicht (ein vollständig aufgedrehter X-MOD-Regler beim OBSESSION entspricht in etwa dem ersten Drittel des Regelweges beim OB-Xa V) und dadurch auch etwas aggressivere Klänge ermöglicht.

Die Bedienoberfläche finde ich beim OBSESSION wiederum etwas ergonomischer, aber auch hier bewegen wir uns im Bereich der persönlichen Vorlieben. Ein weiterer Nachteil ist beim OB-Xa V, dass er keine Split- und Layer-Sounds ermöglicht. Dafür kann er aber gegenüber dem OBSESSION mit einem Arpeggiator punkten. Die Qual der Wahl überlasse ich also einmal mehr Euch… 😉


JUP-8 V4: Fred vom Jupiter…

Die Emulation eines ROLAND JUPITER-8 ist nun sicherlich kein Novum in der V COLLECTION, war eine solche doch bereits von Anfang an darin enthalten. Im Laufe der Zeit hat sie jedoch mehrere Updates erhalten und die nun aktuelle Version 4 stellt laut ARTURIA eine komplette Neuprogrammierung dar. Grund genug also, das Plugin hier noch einmal näher zu betrachten.

ROLAND JUPITER-8

Über den JUPITER-8 selbst muss ich hier jetzt wohl nicht allzu viele Worte verlieren, ist er doch einer jener Klassiker aus den Achtzigern, der bis heute eine ungebrochene Anziehungskraft ausübt. Jeder hat ihn bestimmt schon einmal gehört. Ganz spontan kommen mir etwa „Axel F.“ von Harold Faltermeyer und „Unveiling the Secret“ von Psyche mit ihren einprägsamen Melodien in den Sinn. Der originale JUPITER-8 ist – wenn denn überhaupt – nur noch zu horrenden Summen zu bekommen. In den frühen Neunzigern hatte ich mal die Gelegenheit Hand an das Gerät eines Bekannten zu legen, welches dieser zu einem aus heutiger Perspektive geradezu lächerlichen Preis erworben hatte.

Ich erinnere mich allerdings noch gut daran, dass ich damals von diesem Gerät mehr oder weniger unbeeindruckt blieb, denn hatte ich vorher noch geglaubt, dass es sich dabei um eine Art Über-Synthesizer handeln würde, wozu sicherlich auch die eine oder andere Huldigung in den einschlägigen Keyboard-Magazinen beigetragen hatte, so stellte ich in der Praxis fest, dass auch der JUPITER-8 nur mit Wasser kochte, zumal er so ganz ohne Effekte und nur über die Stereoanlage im Wohnzimmer meines Bekannten abgehört schon etwas dröge klang (Meine Güte, was für ein langer Satz!). Nichtsdestotrotz war das schon ein guter Synthesizer, er erschien mir damals einfach nur etwas überschätzt.

Mein Bekannter hatte sich seinerzeit offenbar auch wohl etwas mehr vom JUPITER-8 versprochen, jedoch eher in der Hinsicht, dass er irgendwie dem Irrglauben verfallen war, ein solches Kultgerät würde ihn automatisch und ohne jedwede Anstrengung in höhere musikalische Sphären befördern. Das tat es natürlich nicht, und so stieß er seinen JUPITER-8 nur wenig später wieder ab, um sich mit anderem, vermeintlich kreativitätsförderndem Equipment einzudecken. Ich glaube, man nennt so etwas „Shiny Object Syndrom“…

ARTURIA JUP-8 V3 und V4 im Vergleich

Zurück zum JUP-8 V. Dieser firmierte bei ARTURIA ursprünglich unter der Bezeichnung JUPITER-8 V, doch vermutlich sind die Lizenzverträge zur Nutzung dieses Namens inzwischen ausgelaufen, und ROLAND hat ja bereits längst eine eigene Emulation auf den Markt gebracht, die so wie das Vorbild heißt.

Dass es sich beim JUP-8 V4 um eine Neuentwicklung handelt, ist ihm schon äußerlich anzumerken. Im Vergleich zu seinem Vorgänger ist die Bedienoberfläche deutlich geschrumpft (siehe oben). Die Bedienfreundlichkeit leidet darunter meiner Ansicht nach aber nicht, und mir persönlich gefällt beim Neuen auch besser, dass man diese überflüssige 3D-Optik bei den Bedienelementen etwas reduziert hat, eigentlich könnte ich darauf sogar völlig verzichten.

ARTURIA JUP-8 V4

Bei genauerer Inspektion des Panels fällt ebenfalls auf, das ARTURIA die bei der Vorgängerversion noch vorhandenen Möglichkeiten zu Split- und Layersounds wegrationalisiert hat. Diese verbergen sich nun nicht etwa in irgendwelchen Untermenüs, sondern sind tatsächlich dem Rotstift zum Opfer gefallen. Okay, man kann Layersounds auch problemlos durch das Laden zweier oder mehrerer Instanzen erzeugen, bei Splitsounds wird hier bei aber je nach DAW noch etwas zusätzliches Gefummel notwendig, um die gewünschten Tastaturbereiche zu definieren. Alternativ dazu kann man auch das ANALOG LAB V (siehe weiter unten) nutzen, und sich hier dann die gewünschten Split- und Layersounds zusammenstellen.

Spätestens damit dürfte auch klar sein, das die V4 nicht mehr die Presets und selbsterstellten Patches der V3 zu laden vermag, denn die Sound-Engines der beiden Versionen sind zueinander inkompatibel. Projekte, welche mit der V3 erstellt wurden, können also nicht ersatzweise auf die V4 zurückgreifen. Die V3 kann aber für derartige Eventualitäten ohne Probleme neben der V4 koexistieren.

ARTURIA JUP-8 V4 – Voices Dispersion

Mit VOICES DISPERSION bringt der JUP-8 V4 eine Möglichkeit mit, die einzelnen Stimmen des Instruments mit Abweichungen zu versehen, was in einem lebendigeren Klangbild resultiert. Dabei kann man entweder drei Voreinstellungen (schwach, mittel und stark) direkt aufrufen oder aber via CUSTOM eigene Anpassungen vornehmen. Dazu öffnet sich eine kleine virtuell Klappe unter der sich sechs Stellschrauben verbergen, die individuelle Einstellungen für Tonhöhe, Pulsweite, Hüllkurven, Filterfrequenz und -resonanz und Modulation erlauben.

ARTURIA JUP-8 V4 – Modulations

Das ADVANCED PANEL existiert nach wie vor, stellt sich gegenüber der Vorgängerversion jedoch leicht verändert dar. Der frühere sogenannte GALAXY-Modulator ist einem MODULATIONS-Untermenü gewichen, das mit einem zweiten und dritten LFO sowie einem Mixer für die verschiedenen Modulationsquellen aufwartet. Jeder LFO kann zwei Ziele gleichzeitig modulieren, dabei stehen 53 unterschiedliche Ziel-Parameter zur Auswahl. Im MODULATION MIXER können zwei Modulatoren mittels diverser vordefinierter Rechenoperationen miteinander verknüpft werden.

ARTURIA JUP-8 V4 – Noten-Sequencer

Im Untermenü SEQUENCER sind beim JUP-8 V4 nun gleich zwei Schrittmacher mit jeweils 32 Steps untergebracht. Einer davon dient zur Erzeugung von Notenfolgen, während der andere für Modulationszwecke vorgesehen ist und in diesem Zuge drei unterschiedliche Ziele parallel anvisieren kann. Zahlreiche Einstellmöglichkeiten wie etwa Abspielrichtung, Zufälligkeiten, Swing-Faktor usw. sind natürlich ebenfalls vorhanden.

ARTURIA JUP-8 V4 – Modulations-Sequencer

Das Untermenü KEYBOARD dient der Zuordnung typischer Spielhilfen zu Synthese- und Effekt-Parametern, um dadurch ein ausdrucksstärkeres Spiel des Instruments zu ermöglichen. Für Anschlagsdynamik, Aftertouch, Modulationsrad und Keyboard-Tracking können jeweils drei aus wiederum möglichen 53 Zielen ausgewählt werden. Die Verlaufsform der Kurven kann dabei ebenfalls individuell angepasst werden.

ARTURIA JUP-8 V4 – Keyboard-Menü

Die Effekt-Sektion schließlich präsentiert sich einmal mehr im aktuellen ARTURIA-Standard: Drei Slots mit entweder parallelem oder seriellem Routing, dazu eine Auswahl von elf verschiedenen Effekt-Algorithmen, und fertig ist die Laube!

ARTURIA JUP-8 V4 – Effekte

Die wichtigste Veränderung bei der V4 ist jedoch nicht sichtbar, sondern ausschließlich mit den Ohren zu erfahren, nämlich der Klang. Ein Direktvergleich zwischen V3 und V4 ist mit ein wenig Gefummel verbunden, denn die beiden Versionen sind mit unterschiedlichen Presets bestückt, so dass man manuell nachjustieren muss, um ähnliche Klänge zu erzeugen. Dabei kann man sich aber nicht einfach darauf verlassen, dass gleiche Reglerstellungen auch identische klangliche Ergebnisse hervorbringen.

Auch bei einer größtmöglichen Annäherung sind trotz eines verwandten Grundcharakters beider Plugin-Versionen deutliche Unterschiede wahrzunehmen, abhängig von der Komplexität des jeweiligen Patches. Der Neue erscheint mir hier in den meisten Fällen definierter, solider und lebendiger im Klang. Auch die Crossmodulation klingt bei beiden Instrumenten völlig unterschiedlich, mir persönlich gefällt die vom JUP-8 V4 dabei sehr viel besser. Die Neuentwicklung der Sound-Engine scheint sich also gelohnt zu haben. Hier dürft Ihr einigen Presets des JUP-8 V4 lauschen:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2021/01/Klangbeispiel-ARTURIA-JUP-8-V4.mp3
Klangbeispiel ARTURIA JUP-8 V4

Die Konkurrenz des JUP-8 V4 ist schnell eingegrenzt, hier kommen nur die von ROLAND selbst angebotenen JUPITER-8-Plugins, die es in gleich zwei Geschmacksrichtungen (ACB und ZENOLOGY) gibt sowie der brandneue TAL-J-8.

Die ACB-Version von ROLAND habe ich bereits einmal angespielt, die klang wirklich ganz ordentlich, nur die Bedienoberfläche erschien mir etwas zu fummelig. Wer allerdings über ein SYSTEM-8-verfügt, kann dieses ebenfalls zur Bedienung der sogenannten Plug-Out-Version des virtuellen JUPITER-8 verwenden. Ansonsten mag ich persönlich aber weder diese Cloud-Abo-Politik von ROLAND, noch den Zwang zu einer regelmäßigen Neuaktivierung auch einzeln erworbener Plugins via Internet (alle sieben Tage oder so…).

Die Emulation von TAL hingegen hatte ich bisher noch nicht selbst unter den Fingern, sondern lediglich ein paar Demos davon gehört, die sich recht vielversprechend anhörten. Auch das GUI gefällt mir persönlich ziemlich gut, soweit die Screenshots auf der Webseite eine Beurteilung zulassen. Der TAL-J-8 ist übrigens auch als einziges der drei genannten Plugins für LINUX erhältlich, falls dies für jemanden eine Rolle spielen sollte. Zudem ist er am günstigsten.

Was ich bisher anhand der noch wenigen Klangvergleiche im Netz (JUP-8 V4 und TAL-J-8 sind ja schließlich erst kürzlich erschienen) vernehmen konnte, so scheinen die drei Emulationen zumindest vom Klang her zwar ebenbürtig zu sein, aber trotzdem gewisse Differenzen aufzuweisen. Insofern gilt hier wohl das Gleiche, was ich schon zum JUN-6 V geschrieben habe: Wenn man schon eines der anderen beiden Plugins besitzt, braucht man den JUP-8 V4 vielleicht nicht unbedingt auch noch, wer den JUP-8 V4 aber bereits sein Eigen nennt, der kann damit durchaus zufrieden sein und die anderen beiden Plugins einfach links liegen lassen. Meine Meinung…


STAGE-73 V2: Rhodes of Destiny…

Tja, bevor ich fortfahre, muss ich mich zu Beginn gleich einmal outen: Das nächste Instrument zählt ebenso wie die anderen (E-)Pianos und die Orgeln in der V COLLECTION nicht unbedingt zu meinen Favoriten, und wenn ich es nicht in diesem Testbericht erwähnen müsste, dann hätte ich es noch nicht einmal auf meinem Rechner installiert! Und das hat jetzt rein gar nichts mit der Qualität des Plugins zu tun, sondern ganz allein mit meinem persönlichen Geschmack!

Ich habe nämlich mit einem Großteil der Musik, die für gewöhnlich mit den originalen Instrumenten verbroch… ähhh… fabriziert wurde, nicht allzu viel an der Brause, abgesehen von Ausnahmen in einer homöopathischen Größenordnung. Vermutlich tue ich mit meiner diesbezüglichen Ignoranz jetzt zahlreichen Musikern wirklich Unrecht, also sorry! Dabei halte ich weder die Vorbilder noch ihre virtuellen Nachbildungen für schlechte Instrumente, aber ich kann damit im Allgemeinen genauso wenig anfangen wie mit Gitarren, Akkordions oder Saxophonen, ich habe nun mal eben einfach andere Vorlieben.

Bei unseren Testberichten zu den früheren Versionen der V COLLECTION war es mir bisher immer erfolgreich gelungen, diese ganzen „Nicht-Synthesizer“ an meine werten Kollegen abzuschieben, doch dieses Mal testen und schreiben wir nicht im Verbund, so dass ich mich nun leider nicht zu drücken vermag. Okay, dann muss ich da jetzt wohl durch…

RHODES MARK I SEVENTY THREE – Stage-Version

Das RHODES E-Piano zählt zu den elektromechanischen Instrumenten und war von seinem Entwickler einst als ein besser zu transportierender Ersatz für das herkömmliche Klavier ersonnen worden. Wie wir alle wissen, wurde daraus jedoch nichts, denn das E-Piano zeichnete sich durch einen gegenüber seinem akustischen Vorbild völlig unterschiedlichen Klang aus, so es sich sehr bald als ein eigenständiges Instrument durchzusetzen vermochte und seitdem in friedlicher Koexistenz neben dem klassischen Piano fortbesteht.

Der Name STAGE-73 V deutet darauf hin, dass ARTURIA mit seinem Plugin das beliebte RHODES MARK I SEVENTYTHREE nachzuahmen gedenkt, welches seinerzeit in zwei Varianten erhältlich war, nämlich als leichtere und günstigere Stage-Version sowie als Suitcase-Version, die zusätzlich auch noch einen eigenen Verstärker beinhaltete und daher auch deutlich mehr Gewicht auf die Waage brachte. Das SeventyThree beziehungsweise die 73 im Namen bezieht sich übrigens auf die Anzahl der Keyboardtasten. Gleichwohl betont ARTURIA aber, dass das STAGE-73 V sieben unterschiedliche Klangmodi und damit auch eine größere Spannbreite an RHODES-Modellen abbildet, als es auf den ersten Blick den Anschein haben mag.

RHODES MARK I SEVENTYTHREE – Suitcase-Version

Wie auch schon der JUP-8 V, stellt das STAGE-73 V kein völliges Novum in der V COLLECTION dar, vielmehr hat ARTURIA diese Emulation eines RHODES E-Pianos bereits seit der V COLLECTION 5 im Portfolio. Das Plugin wurde inzwischen aber einer gründlichen Auffrischung unterzogen, bei dem ihm unter der Haube auch gleich eine neue Physical Modeling-Engine verpasst wurde.

ARTURIA STAGE-73 V2 – Stage-View

Gemäß seinem Vorbild existiert beim STAGE-73 V sowohl eine STAGE- als auch eine SUITCASE-View, beide sind jeweils über die entsprechend beschrifteten Schaltflächen aufrufbar. Beim Start des Plugins ist die STAGE-View sichtbar, die sich mehr als überschaubar darstellt, was die zur Verfügung stehenden Bedienelemente angeht. Ein kleiner Umschalter bietet hier die beiden Positionen ’73 und ’74, mit denen zwischen zwei verschiedenen Models gewechselt werden kann, die klanglich differieren. Das ’73 besitzt dabei einen TONE-Regler, der beim ’74-Modell zum BASS BOOST-Regler mutiert.

ARTURIA STAGE-73 V2 – Suitcase-View

Die STAGE-View wiederum bietet neben der Höhen- und Bass-Regleung weitere klangliche Möglichkeiten, etwa die Nachahmung eines Pre-Amps und eines Power-Amps sowie ein in Intensität und Geschwindigkeit regelbarer Vibrato-Effekt. Um den Power-Amp zu aktivieren beziehungsweise zu deaktivieren, muss man übrigens das virtuelle Kabel auf der linken Seite ein- oder ausstöpseln (die beiden anderen Kabel dienen lediglich dekorativen Zwecken).

ARTURIA STAGE-73 V2 – Advanced Panel

Das auch beim STAGE-73 V vorhandene ADVANCED PANEL wurde bei der V2 gegenüber seinem Vorgänger optisch aufgebohrt. Hier lassen sich allerlei Feineinstellungen am Instrument vornehmen, um es detailliert an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. So ist etwa die Velocity-Kurve frei definierbar, es existieren dafür auch vorgefertigte Presets. Neben verschiedenen weiteren Parametern hat man hier auch Zugriff auf eines von sieben E-Piano-Modellings (Classic A, Classic B, High Tines, Main, Mark V A, Mark V B und Modern) und selbst für die virtuellen Nebengeräusche sind hier diverse Fine-Tuning-Optionen vorhanden.

ARTURIA STAGE-73 V2 – Effekte

Auch beim Thema Effekte hat ARTURIA das STAGE-73 V2 auf Vordermann gebracht. Die ehemals etwas verspielt daherkommende 3D-Optik von Verstärker und Bodentreter-Effekten wurde zugunsten einer augenfreundlicheren und professioneller wirkenden Ansicht entsorgt, die mir persönlich besser gefällt.

Das STAGE-73 V2 besitzt vier Slots für Effekte, die ihrerseits ebenfalls wieder klassischen Tretminen nachempfunden wurden. Man kann jeden Slot nach Belieben mit einem von 13 verschiedenen Effekten belegen Des Weiteren steht auch der aus der Vorgängerversion bereits bekannte TWIN AMP hier wieder bereit. Alternativ zu diesem kann man aber an dieser Stelle auch ein ROTARY SPEAKER-Kabinett einsetzen. Schließlich gibt es mit ROOM noch ein Reverb-Modul, das neun unterschiedliche Algorithmen zur Auswahl bereitstellt.

Was nun den Klang des STAGE-73 V2 betrifft, so kann ich diesen mangels adäquater Fachkenntnisse auch nur sehr Laienhaft beurteilen. Das einzige E-Piano, mit dem tatsächlich jemals persönlich zu tun hatte, war das eines Musiklehrers damals in der Schule, und was dieser darauf zurechtgeklimperte, habe ich in der Zwischenzeit erfolgreich zu verdrängen mögen.

Daher kann ich auch nur sagen, dass das STAGE-73 V in meinen Ohren sehr authentisch klingt. Das Klangspekrum ist für ein derartiges Instrument ausgesprochen breit, was nicht zuletzt an den zahlreichen Möglichkeiten liegt, die ARTURIA für die Anpassung des Sounds zur Verfügung stellt.

Für das Klangbeispiel habe ich ein Medley mit Ausschnitten aus drei mehr oder minder bekannten alten Stücken zusammengestellt, die zwar in keiner Weise meinem eigenen Musikgeschmack entsprechen, die sich meiner Meinung aber recht gut für die Präsentation von E-Piano-Klängen eignen (bretternde Techno- und EBM-Sequenzen tun dies ja wohl eher weniger…). Ich habe die erneute Lockdown-Deprivation und die langen Winterabende einmal dazu genutzt, um die Fingerfertigkeit meines Keyboardspiels ein wenig zu verbessern:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2021/01/Klangbeispiel-ARTURIA-STAGE-73-V2.mp3
Klangbeispiel ARTURIA STAGE-73 V2

Okay, den letzten Satz hattet Ihr jetzt nicht tatsächlich für bare Münze genommen, oder? Das war natürlich nicht handgespielt, sondern lediglich eine Zusammenstellung von MIDI-Files, die ich kostenlos im Netz gefunden, von irrelevanten Spuren befreit und entsprechend gekürzt habe… 😉

Inwieweit das STAGE-73 V2 besser oder schlechter als seine Mitbewerber ist, kann und möchte ich nicht beurteilen, ganz einfach deshalb, weil ich hier keinen davon zum Vergleich habe. Auf Anhieb fallen mir hier etwa das ebenfalls mit Physical Modelling arbeitende AAS LOUNGE LIZARD oder auch das kostenlose, auf Samples basierende SWEETCASE ELECTRIC PIANO von NOISEASH ein, es gibt aber noch allerlei andere Plugins und Libraries, die sich des Themas E-Piano angenommen haben. So Ihr also Freunde des klassischen RHODES-Klangs seid und den Erwerb einer entsprechenden Emulation in Betracht zieht, solltet Ihr Euch unbedingt auch einmal die Demo-Version des STAGE-73 V2 zu Gemüte führen.


ANALOG LAB V: High Five…

Ein Plugin darf natürlich in dieser Sammlung auch nicht fehlen: ANALOG LAB, das Universal-Instrument, das die Sound-Engines aller in der V COLLECTION vorhandenen Plugins beinhaltet, ebenso wie ihre Presets. ANALOG LAB V (das „V“ steht hier einmal nicht für „virtual“, vielmehr handelt es sich hierbei um die römische Zahl 5 und gibt damit lediglich die aktuelle Versionsnummer an…) legt sogar noch einen drauf und hat auch die Engine und Presets des PIGMENTS von ARTURIA an Bord, welcher ja nicht Bestandteil der V COLLECTION 8 ist.

ARTURIA ANALOG LAB V

Von allen Software-Instrumenten, die ARTURIA zu bieten hat, ist hier die Klangvielfalt also am größten. Dafür sind die Editiermöglichkeiten lange nicht so tiefgreifend wie bei den einzelnen Instrumenten selbst, sondern nur auf das Wesentlichste beschränkt. Dem Kenner der Vorgängerversion dürfte auffallen, dass die direkten Eingriffsmöglichkeiten in den Klang deutlich eingedampft wurden.

Wo man früher bei einzelnen Instrumenten beispielsweise noch vollen Zugriff auf dessen Hüllkurve(n) hatte, gibt es beim ANALOG LAB V nur noch die auch bei den anderen Plugins vorhandenen vier MACRO-Regler sowie weitere fünf Regler für die Effekte beziehungsweise für die Gesamtlautstärke. Je nach dahinterstehendem Instrument regeln die MACROS unterschiedliche Parameter. Bei den meisten subtraktiven Synthesizern zum Beispiel verändert der TIME-Regler Decay- und Release-Zeiten der Hüllkurven gleichzeitig, während die Attack-Zeit nun nicht mehr direkt beeinflusst werden kann. Für nicht wenige Anwender dürfte dies wohl eher einen gewissen Rückschritt darstellen.

ARTURIA ANALOG LAB V – Editier-Modus

Damit ist das ANALOG LAB V noch mehr als zuvor in erster Linie eine Presetschleuder, zumindest dann, wenn man keine weiteren Plugins der V COLLECTION 8 beziehungsweise PIGMENTS auf der Festplatte hat. Hat man diese hingegen ebenfalls installiert, dann lässt sich deren Bedienoberfläche innerhalb des ANALOG LAB aufrufen und bietet somit vollständige Editiermöglichkeiten. In diesem Fall lassen sich dann auch endlich die MACRO-Regler mit den gewünschten Funktionen belegen (ansonsten liegt nämlich die auch im ANALOG LAB V vorhandene Zuweisungsfunktion brach, da sich ja ohne die Bedienoberflächen gar keine Parameter anwählen lassen). Wenn das jeweilige Instrument nicht vorhanden ist, erhält man eine entsprechende Fehlermeldung.

Ansonsten präsentiert sich das ANALOG LAB V stellenweise etwas bunter und übersichtlicher als sein Vorgänger. In der beim Start sichtbaren HOME-Page der LIBRARY-Ansicht etwa gibt es allerlei nette Bildchen zur Auswahl nach Instrumenten, Klang-Kategorie oder dem verantwortlichen Sound-Designer. Über EXPLORE kann man dann jeweils die gewünschte Sektion in den Vordergrund bringen, also beispielsweise die Instrumenten-Auswahl.

ARTURIA ANALOG LAB V – Instrumenten-Auswahl

Auch komplette Soundbänke und natürlich die einzelnen Presets selbst lassen sich auf diese Weise in der LIBRARY-Ansicht durchforsten. Presets lassen sich dabei anhand zahlreicher Filter-Tags etwa in ihrem grundsätzlichen Stil, dem musikalischen Genre oder ihrer klanglicher Charakteristik eingrenzen, um die Suche nach einem bestimmten Sound zu vereinfachen und zu beschleunigen. Seine persönlichen Lieblings-Presets kann man mit Hilfe der Favoriten-Funktion markieren und so anschließend schnell wiederfinden.

ARTURIA ANALOG LAB V – Preset-Browser

Darüber hinaus hat man die Möglichkeit, sich ganze Playlisten aus Presets anzulegen, die man später in der STAGE-Ansicht nutzen kann. Man kann übrigens auch zwei Presets miteinander kombinieren und dann als Split- oder Layersound spielen. Dies stellt dann auch einen möglichen Workaround für den JUP-8 V4 dar, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger keine plugin-internen Möglichkeiten für derartige Kombinationen mehr verfügt.

ARTURIA ANALOG LAB V – Studio-View

Neben der LIBARAY-Ansicht existeren auch noch die beiden Seiten STUDIO und STAGE. STUDIO dient dabei der Zusammenstellung von Presets und Effekten. Kombinationen aus bis zu zwei (gleichen oder unterschiedlichen) Instrumenten können hier aneinander angepasst und mit Effekten in Form virtueller Pedale versehen werden. EFFECT A und EFFECT B können dabei frei aus einer Liste mit acht Algorithmen ausgewählt werden, während die letzten beiden Effekte stets Delay und Reverb darstellen.

ARTURIA ANALOG LAB V – Stage-View

In der STAGE-Ansicht schließlich kann man die in der LIBRARY zusammengestellten Playlisten abrufen. Sie präsentiert sich übersichtlich mit besonders großer Schrift sowie weiteren Zeilenabständen und eignet sich daher insbesondere für den Live-Einsatz, wo der Keyboarder dann die erforderlichen Presets und deren Kombinationen für den jeweiligen Song einfach in der gewünschten Reihenfolge abrufen kann, ohne sich dabei zu verzetteln.

ARTURIA ANALOG LAB V -Soundbank-Auswahl

ANALOG LAB V bringt über 2000 Presets mit, das ist zwar auch so schon enorm, lässt sich aber jederzeit noch über zusätzliche Soundbänke erweitern. ARTURIA bietet hier bereits ein großes Angebot an derartigen Preset-Packs an, die sich bei einem entsprechenden Bedarf (und bei bestehender Internetverbindung!) sogar direkt aus dem Plugin heraus via In-App-Kauf erwerben und installieren lassen. Selbstverständlich können diese Soundbänke aber auch auf dem traditionellen Wege über einen normalen Browser im ARTURIA-Webshop erstanden werden.

Für das Klangbeispiel habe ich mich dafür entschieden, nur Presets aus einer einzigen Soundbank anzuspielen, nämlich aus PIGMENTS 2.0. Der Grund dafür ist einfach der, dass der die meisten anderen im ANALOG LAB V integrierten Instrumente bereits sowieso in den weiteren Klangbeispielen beziehungsweise in unseren früheren Testberichten zu hören sind, PIGMENTS als einziges Instrument, dass nicht in der V COLLECTION zu finden ist, hingegen nicht.

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2021/01/Klangbeispiel-ARTURIA-ANALOG-LAB-V-PIGMENTS-2.0.mp3
Klangbeispiel ARTURIA ANALOG LAB V – PIGMENTS 2.0

Alles in allem mag ANALOG LAB V ja weniger einen kreativen Synthesizer als vielmehr ein Katapult zum Abfeuern von Presets darstellen, doch genau darin dürfte für eine Vielzahl an Anwendern der Vorteil liegen. Zum einen möchte vielleicht nicht jeder unbedingt seine eigenen Sounds von Grund auf selbst erstellen, sondern sich damit begnügen, aus einem riesigen Fundus an guten Klängen einfach die auszuwählen, die ihm gefallen. Zum anderen gibt es die Musiker, die gerne alle erdenklichen Klangkategorien, die sie so für eine Produktion benötigen, unter einem Dach haben möchten, ohne sich erstmal um das jeweils dahinter stehende Instrument zu kümmern. Bei Bedarf können sie für’s Finetuning dann immer noch das entsprechende Plugin separat aufrufen und Hand daran legen. Nur wer sowieso schon aus Prinzip jeden Klang selbst schnitzt und daher von anderen gefertigte Presets grundsätzlich meidet, der wird mit dem ANALOG LAB V nicht wirklich etwas anfangen können…


PATCHWORKS: Flickenteppichhandel…

Bei Patchworks handelt es sich nicht um ein Plugin, sondern um eine Soundbank, die auch separat für 99,- Euronen feilgeboten wird. ARTURIA spricht auf der Produktwebseite mal von 700 und mal von 750 Presets. Ich hatte jetzt nicht genügend Langeweile, um die ganzen Presets wirklich alle durchzuzählen, aber wenn man die Zahlenangaben bei den einzelnen Kategorien addiert, so kommt man tatsächlich auf 750.

ARTURIA PATCHWORKS

Die Presets PATCHWORKS wurden von verschiedenen Sound-Designern erschaffen und umfassen die zehn Kategorien Bass, Holz- und Blechbläser, Drums, Electric Piano, Keys, Orgel, Pad, Sound-Effekte, Streicher sowie Synth Lead.

Dabei wurden aber nicht alle in der V COLLECTION 8 vorhandenen Instrumente berücksichtigt, die ganz neuen Plugins (abgesehen von ANALOG LAB V) etwa sind alle außen vor geblieben. Nach der Installation findet man somit die komplette PATCHWORKS -Soundbank im ANALOG LAB V und entsprechende Teilmengen davon in fünfzehn anderen Instrumenten.

ARTURIA PATCHWORKS im ANALOG LAB V

Das Spektrum des Gebotenen fällt sehr breit aus, und wie immer wird nicht jedem alles gefallen, was bei der schieren Masse an Presets aber auch völlig normal ist. Es sollte sich bestimmt für jeden Geschmack passendes Klanggut finden lassen. Die Qualität reiht sich nahtlos in die der anderen Soundbänke von ARTURIA ein, dürfte also in den meisten Fällen auch professionelle Ansprüche zufriedenstellen.

Das folgende, aus lediglich einem Dutzend bestehende Klangbeispiel ist aufgrund der enormen Anzahl an Presets in PATCHWORKS sicherlich nicht repräsentativ, sondern stellt bloß eine rein willkürliche Auswahl meinerseits dar, die wirkliche Bandbreite ist natürlich deutlich größer:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2021/01/Klangbeispiel-ARTURIA-PATCHWORKS.mp3
Klangbeispiel ARTURIA PATCHWORKS

Ich muss allerdings auch zugeben, dass ich nicht alle der 750 Presets ausprobiert habe, denn sonst wäre damit jetzt wohl immer noch nicht fertig…


Fazit:

Ich gebe es zu: Auch wenn mich die Ankündigung der neuen V COLLECTION 8 zunächst kalt ließ (brauche ich wirklich noch einen JUNO, noch einen OBERHEIM, noch einen Vintage-Sampler…?), so ist es ARTURIA letztendlich doch gelungen, mich wieder einmal zu überraschen.

Das liegt in erster Linie am VOCODER V, den ich bis auf die genannte Einschränkung (kein externes Carrier-Signal möglich) wirklich gelungen finde und der für mich persönlich das Highlight in diesem Bundle darstellt.. Seine Möglichkeiten sind vielfältig, nicht zuletzt auch Dank des eingebauten Sample-Players, und sein Klang ist wirklich toll.

Aber auch die anderen Neuzugänge können sich hören lassen. Der JUN-6 V ist eine gelungene JUNO-Emulation mit ansprechendem Sound, der komplett überarbeitete JUP-8 V4 hat nun auch klanglich zu seinen Mitbewerbern aufgeholt und zeigt, dass ARTURIA hier nicht bloß alten Wein in neuen Schläuchen präsentiert, und auch die anderen neuen Plugins werden sicherlich ihre Liebhaber finden.

Darüber hinaus hat ARTURIA seiner V COLLECTION auch allgemeine Produktpflege angedeihen lassen. Insbesondere Neueinsteiger (aber nicht nur die) dürften zum Beispiel die nun hinzugekommenen In-App-Tutorials zu schätzen wissen.

Die V COLLECTION 8 ist im derzeit Webstore von ARTURIA zu einem Einführungspreis von 499,- Euro erhältlich, der reguläre Preis beträgt 599,- Euro. Als Bestandskunde erhält man bei ARTURIA noch einen zusätzlichen Rabatt, so wurde mir in unserem Account etwa ein Preis von 399,- Euro angezeigt, dies mag aber von Kunde zu Kunde variieren, je nachdem welche Produkte von ARTURIA man in der Vergangenheit bereits erworben hat. Als Gegenwert bekommt man dafür ganze 28 Instrumenten-Plugins sowie eine Legion an professionellen Presets. Selbst wenn man den vollen Kaufpreis dafür zahlt, sind dies umgerechnet nur etwa 21,- Euro pro Instrument. Okay, nicht jedermann braucht vielleicht auch wirklich alle in der V COLLECTION 8 enthaltenen Plugins , aber man kann sich leicht selbst ausrechnen, wie teuer beziehungsweise wie günstig man wegkommt, wenn man lediglich seine persönlichen Wunschkandidaten zu Grunde legt und den Kaufpreis dann durch deren Gesamtzahl teilt.


Positives:
+ sehr gut klingender und flexibler VOCODER V
+ gelungene JUNO-6-Emulation
+ verbesserte JUPITER-8-Emulation
+ emulierter EMULATOR II 😉
+ viele weitere brauchbare Klassiker
+ PIGMENTS-Engine im ANALOG LAB V
+ jede Menge gute Presets
+ leicht erlernbare Bedienung
+ praktische In-App-Tutorials
+ umfangreiche MIDI-Learn-Sektion
+ CPU-freundlich
+ Offline-Aktivierung möglich

Negatives:
– nur VOCODER V: kein externes Carrier-Signal möglich
– nur ANALOG LAB V: weniger Echtzeit-Kontrollregler
– nur JUP-8 V4: keine Split- und Layersounds mehr


Produktwebseite: https://www.arturia.com/products/analog-classics/v-collection/overview#de

Die mobile Version verlassen