Testbericht: CHERRY AUDIO CHROMA

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 26.05.2024

Nach einem doch überraschenden Abstecher in Richtung virtueller Klopfgeist liefert CHERRY AUDIO wieder gewohnte Kost und präsentiert mit dem CHROMA eine Emulation des gleichnamigen Analogsynthesizers aus dem vergangenen Jahrhundert. Hier ist unser Review!


Etikettenschwindel…

Wer bei dem Namen RHODES eher an elektrische Pianos von FENDER als an Synthesizer denkt, hat keinesfalls Unrecht, denn der RHODES CHROMA stammt in Wirklichkeit von ARP INSTRUMENTS, eine Firma, die man wohl sehr viel eher in Verbindung mit Synthesizer bringen dürfte. Das Instruments wurde bereits in den Jahren 1979 bis 1980 entwickelt, allerdings segnete ARP kurz darauf das Zeitliche und so wurde das Konstruktionsdesign von CBS MUSICAL INSTRUMENTS aufgekauft und in den frühen Achtzigern unter dem Label der Tochterfirma RHODES vermarktet.

RHODES CHROMA mit CHROMA EXPANDER
RHODES CHROMA mit CHROMA EXPANDER

Der je nach Klangmodus acht- oder sechzehnfach polyphone ARP/RHODES CHROMA kann schon als ein Höhepunkt in der Geschichte der analogen Synthesizer angesehen werden. Es gab ihn als anschlagsdynamisches Keyboard (CHROMA) und als tastaturlose Version (CHROMA EXPANDER), im obigen Screenshot seht Ihr beide Varianten aufeinander.

Das Instrument zählt mit zu den ersten Synthesizern, bei denen eine digitale Steuerung zum Einsatz kam, etwa bei den Hüllkurven und den LFOs, während klangbildende Komponenten wie VCO und VCF analog erzeugt wurden. Hinzu kamen modulare Fähigkeiten, die hier aber nicht mit Hilfe von Patchbuchsen und -kabeln, sondern bereits auf digitalem Wege realisiert wurden (und somit auch speicherbar waren!). Ein Klang konnte entweder aus einem oder aus zwei identisch aufgebauten Synthesesträngen zusammengesetzt werden.

Der CHROMA läutete zusammen mit ein paar anderen Synthesizern aber auch ein unrühmliches Bedienkonzept ein, bei dem nicht mehr jeder Parameter über seinen eigenen Regler verfügte, sondern vielmehr über ein einziges gemeinsames Bedienelement editiert werden musste, nicht sonderlich einladend und intuitiv.

Auf MIDI musste man beim CHROMA damals noch verzichten (das gab es erst später zum Nachrüsten von Drittanbietern), dafür ließ er sich jedoch mit einem APPLE II verbinden.

Der RHODES CHROMA und der nach ihm veröffentlichte CHROMA POLARIS sind übrigens zwei verschiedene Instrumente. Letzterer stellt tatsächlich eine Eigenentwicklung von RHODES dar, die heutzutage ebenfalls noch Begehrlichkeiten weckt.


Mehrwegpfand…

Haken wir erst mal wieder die allgemeinen Merkmale des CHROMA ab, die sich mehr oder weniger bei jedem Plugin von CHERRY AUDIO wiederholen.

CHROMA benötigt eine 64-Bit-Umgebung, wahlweise kann dies WINDOWS 7 bis 11 oder macOS ab Version 10.13 sein. APPLE’s SILICON-Prozessoren werden werden nativ unterstützt.

Neben der Standalone-Version werden die Plugin-Formate VST2, VST3, AAX und AU geboten, ich habe wie immer lediglich die VST-Varianten getestet (unter WINDOWS 10).

CHERRY AUDIO CHROMA - schon die Installation benötigt eine Internetverbindung
CHERRY AUDIO CHROMA – schon die Installation benötigt eine Internetverbindung

Für die zwangsweise Internetverbindung, die bereits bei der Installation und nicht nur zur Freischaltung der Lizenz vonnöten ist, gibt es von mir einen obligatorischen Minuspunkt. Eine alternative Offline-Aktivierung bietet CHERRY AUDIO grundsätzlich nicht an.

CHERRY AUDIO CHROMA
CHERRY AUDIO CHROMA

Bei der (skalierbaren) Bedienoberfläche hat sich CHERRY AUDIO wieder einmal sehr stark am Vorbild orientiert, sie jedoch hier und da um weitere Funktionen ergänzt, die bei der Hardware nicht zu finden sind. Die simulierten Folientaster dienen hier zum Teil auch als Parameter-Regler bzw. -Displays.

Zwar weisen die die virtuellen Schieberegler wieder einmal eine leichte perspektivische Verzerrung in Richtung Pseudo-3D-Optik auf, doch finde ich das diesmal längst nicht so störend wie bei manch anderen Plugins, da sich die Reglerstellungen aufgrund der weißen Markierungsstriche weiterhin gut ablesen lassen und die Bedienung so nicht unnötig erschwert wird.

CHERRY AUDIO CHROMA - ausgeblendetes Keyboard
CHERRY AUDIO CHROMA – ausgeblendetes Keyboard

Sehr löblich finde ich die Funktion, mit der sich die eigentlich unnötige virtuelle Klaviatur ausblenden lässt, sehr gerne mache ich davon Gebrauch, um auf dem Bildschirm mehr Platz für wichtigere Dinge freizubekommen.

CHERRY AUDIO CHROMA - Focus
CHERRY AUDIO CHROMA – Focus

CHERRY AUDIO’s FOCUS-Funktion gibt es auch beim CHROMA. Mit einem Mausklick lässt sich dadurch ein Ausschnitt der Bedienoberfläche auf die volle Fenstergröße maximieren. Statt die dedizierte FOCUS-Schaltfläche zu benutzen, kann man dazu auch bei gedrückter STRG-Taste (WINDOWS) bzw. CMD-Taste (macOS) ins GUI klicken. Das funktioniert auch zur Wiederherstellung der normalen Ansicht.

CHERRY AUDIO CHROMA - MIDI Learn
CHERRY AUDIO CHROMA – MIDI Learn

Wer mit einem MIDI-Controller arbeiten möchte, der findet entsprechende Möglichkeiten zur Anbindung inklusive einer Funktion zum Anlernen von Bedienelementen. Diese Zuweisungen können jederzeit nachträglich abgeändert werden, auch lassen sich die Regelwege einzelner oder aller Parameter begrenzen bzw. invertieren und exponentielle oder logarithmische Regelkurven einstellen. Für jede vorgenommene Zuweisung lässt sich separat festlegen, ob diese global oder nur für das aktuelle Preset gelten soll.

Eine weitere Möglichkeit der Fernsteuerung stellt die Parameter-Automation dar, die der CHROMA natürlich ebenfalls beherrscht. Auch das Mausrad lässt sich zur Veränderung von Parameterwerten heranziehen.

Mit den gleichfalls vorhandenen UNDO- und REDO-Funktionen lassen sich ganz schnell irrtümliche oder ungewollte Parameteränderungen ungeschehen zu machen oder zwei verschiedene Einstellungen miteinander zu vergleichen.

CHERRY AUDIO CHROMA - QWERTY Keyboard
CHERRY AUDIO CHROMA – QWERTY Keyboard

Klar, dass auch das sogenannte QWERTY KEYBOARD nicht fehlen darf. Wer gerade kein richtiges MIDI-Keyboard zur Hand hat, der kann den CHROMA mit der Maus und sogar mit der alphanumerischen Tastatur seines Rechners spielen.

CHERRY AUDIO CHROMA - Settings
CHERRY AUDIO CHROMA – Settings

Das drei Sektionen aufgeteilte Settings-Menü, in dem sich diverse Grundeinstellungen vornehmen lassen, ist ebenfalls kein Unbekannter. Hier kann man etwa seine Accountdaten eingeben und ändern, verschiedene Einstellungen bezüglich der Bedienoberfläche tätigen, die Verzeichnisse für die Presets festlegen oder bestimmen, wie mit eventuell verfügbaren Updates verfahren werden soll.

CHERRY AUDIO CHROMA - Preset-Browser
CHERRY AUDIO CHROMA – Preset-Browser

Der Preset-Browser dient der Verwaltung von, na…? Genau, von Presets! Er bietet diverse Kategorien, eine Suchfunktion und eine Favoritenliste. Mittels der Pin-Funktion lässt sich das Browser-Fenster dauerhaft geöffnet halten, ansonsten schließt es sich automatisch nach der Auswahl eines Presets. Die Presets lassen sich übrigens auch schnell mit Hilfe der vier Cursortasten durchforsten.

CHERRY AUDIO CHROMA - Oversampling Quality
CHERRY AUDIO CHROMA – Oversampling Quality

Das kleine Q-Symbol in der oberen Leiste gewährt Zugriff auf ein Pulldown-Menü, in dem man den Oversampling-Faktor in vier Stufen einstellen kann. 1x entspricht dabei normaler Qualität (Standardeinstellung beim Laden des Plugins) und 4x stellt die höchstmögliche Qualität dar.

Letztere bewirkt auch eine stärkere Belastung der CPU-Ressourcen, was allerdings wohl erst bei der Benutzung vieler Instanzen gleichzeitig zum Tragen kommen dürfte. So hat mein schon etwas betagter Testrechner (CPU i7-4790K mit 4 x 4,0 GHz, 16 GB RAM) die Wiedergabe meines Klangbeispiels, an dem 19 Instanzen des CHROMA beteiligt waren, bei einem Oversampling-Faktor von 1x mühelos und mit noch sehr viel Luft nach oben bewältigt, während es bei einem Faktor von 4x dann doch etwas eng wurde und schließlich Audioaussetzer die Folge waren.

Das englischsprachige Manual zum CHROMA lässt sich entweder online bei CHERRY AUDIO einsehen oder von dort als PDF herunterladen. Neben allerlei nützlichen Informationen ist es auch wieder von dem typischen Humor seines Verfassers Mitchell Sigman durchsetzt, was das Lesen zumindest für Anglophile deutlich kurzweiliger gestaltet. Ich mag es jedenfalls. Hier mal nur zwei Beispiele:

The original Chroma filter made use of CEM3350 chips, which were dual 12 dB/octave state-variable filters („state-variable“ meaning they could be configured as a lowpass filter, a highpass filter, or Maine or Delaware).“

A variable-speed pool filter is the thing that some scumbag stole from outside my house in Las Vegas, and this is a not-uncommon example of why I moved very far away from Vegas.“


Geschäftsübernahme…

Die Klangarchitektur des CHERRY AUDIO CHROMA entspricht genau der seines Vorbilds, und zwar so exakt, dass sich sogar dessen Klänge in Form von SyxEx-Daten ohne vorhergehende Konvertierung in das Plugin laden und dort reproduzieren lassen.

Einzelne Patches sowie ganze Soundbänke à 50 Presets lassen sich einfach importieren, indem die jeweiligen Dateien mittels Drag & Drop auf der Bedienoberfläche des CHROMA abgelegt werden. Allerlei Presets für den RHODES CHROMA im passenden Format findet man etwa hier: https://rhodeschroma.com/?id=patchdownloads

CHERRY AUDIO CHROMA - Sys-Ex-Import von RHODES CHROMA-Soundbänken
CHERRY AUDIO CHROMA – Sys-Ex-Import von RHODES CHROMA-Soundbänken

Wer einen echten, mit einem MIDI-Nachrüstsatz ausgestatteten RHODES CHROMA bzw. CHROMA EXPANDER sein Eigen nennt, der kann seine Sounds auch via SysEX-Dump direkt zum Plugin schicken, das diesen automatisch erkennt und empfängt.

Während ich noch an diesem Testbericht saß, erschien das Update 1.0.9, mit dem CHROMA nun sogar die mittels des Tape-Interface gesicherten Soundbänke zu laden vermag, dabei muss man diese nicht unbedingt von einer Kassette einspielen, es reicht auch eine entsprechende WAV-Datei.


Über die Stränge…

Die auf den ersten Blick simpel wirkende Bedienoberfläche täuscht darüber hinweg, dass es sich hier in Wirklichkeit um ein sehr komplexes Instrument mit zahlreichen modularen Synthesekomponenten handelt. Der CHROMA ist zwar nicht grundsätzlich schwierig zu durchschauen, benötigt aber dennoch eine gewisse Einarbeitungszeit, um damit zielgerichtet Klänge erstellen zu können. Ist halt keine einfache JUNO-Emulation…

CHERRY AUDIO CHROMA - einzelner Synthesestrang
CHERRY AUDIO CHROMA – einzelner Synthesestrang

Jedes Patch kann aus einem (Single Layer) oder zwei (Dual Layers) identisch ausgestatteten Synthesesträngen (als A und B bezeichnet) bestehen.

Im direkt Zugriff stehen immer nur die Parameter eines einzelnes Layers. Zum Editieren wird entweder zwischen den Layers umgeschaltet (EDIT A oder EDIT B) oder man bearbeitet sie gleichzeitig, dann aber mit identischen Einstellungen (EDIT A+B).

Während die Verwendung zweier Layers bei der Hardware die Anzahl der verfügbaren Stimmen halbiert, hat dies beim Plugin keine Auswirkungen, hier lässt sich stets die eingestellte Stimmenanzahl verwenden, die maximal sechzehn Stimmen betragen kann.

CHERRY AUDIO CHROMA - Patch Configuration
CHERRY AUDIO CHROMA – Patch Configuration

Sofern zwei Layers zum Einsatz kommen, können diese auf unterschiedlichste Art und Weise miteinander verknüpft werden und interagieren. Neben diversen Filterroutings stehen hier unter anderem auch Oszillator-Synchronisation, Ringmodulation und Filter-FM zur Verfügung.

CHERRY AUDIO CHROMA - einige Konfigurationsschemata
CHERRY AUDIO CHROMA – einige Konfigurationsschemata

Jede der sechzehn möglichen Konfigurationen wird praktischerweise mittels eines kleinen Schemas dargestellt, das Auskunft über die genaue Verschaltung der beteiligten Komponenten gibt. Hier kann das Original in puncto Übersichtlichkeit wohl nicht mithalten. Gleiches gilt auch für die Bedienung insgesamt, die der am Gerät selbst deutlich überlegen ist, was ja bei Plugins längst nicht immer der Fall ist.

CHERRY AUDIO CHROMA - Syntheseparameter Teil 1
CHERRY AUDIO CHROMA – Syntheseparameter Teil 1

Die obere Parameter-Reihe beinhaltet in erster Linie globale Einstellungen und die Modulatoren. In der Sektion CONTROL ist neben der gerade angesprochenen PATCH CONFIG(uration) insbesondere KEYB(oard) ALG(orithm) interessant, versteckt sich hier doch neben diversen Auswahlmöglichkeiten hinsichtlich Mono- und Polyphonie, Unisono sowie Chord Memory auch die verschiedenen Abspielmodi des integrierten Arpeggiators.

CHERRY AUDIO CHROMA - KEYB ALG Menü mit Arpeggiator
CHERRY AUDIO CHROMA – KEYB ALG Menü mit Arpeggiator

Besagter Arpeggiator weist einige Besonderheiten auf: Er reagiert auf die Anschlagsdynamik und gibt die Noten entsprechend ihres jeweiligen Wertes wieder. Den bei anderen Arpeggiatoren häufig fest einstellbaren Oktavumfang gibt es hier nicht, dieser wird vom Anwender allein durch die gespielten Noten auf dem Keyboard bestimmt. Die Wiedergabegeschwindigkeit des Arpeggios ist vom Parameter RATE in der Sektion SWEEP A abhängig.

GLIDE ermöglicht Portamento- und Glissando-Effekte, während SWEEP nichts anderes als eine eigenwillige Bezeichnung für einen LFO darstellt. Dieser verfügt über sechzehn Schwingungsformen und kann sowohl frei durchlaufen oder aber bei jedem Tastenanschlag neu starten. Seine Geschwindigkeit lässt sich in Hertz einstellen (0,12 bis 11,91 Hz) oder zum Host-Tempo synchronisieren. Wie gerade schon erwähnt, gibt der erste LFO (SWEEP A) auch das Tempo des Arpeggiators an, inklusive der Synchronisation.

Jedes Layer besitzt zwei Hüllkurven, von denen die zweite jeweils über einen zusätzlichen DELAY-Parameter verfügt (ansonsten sind beide gleich aufgebaut). Sowohl ATTACK- als auch DECAY-Zeiten lassen sich bei Bedarf modulieren, die RELEASE-Zeit ist unabhängig vom DECAY einstellbar.

Wer nun noch einen SUSTAIN-Parameter vermisst, dieser ist an DECAY gekoppelt und sozusagen nur binär einstellbar: Wenn der DECAY-Wert auf 100 steht, gilt SUSTAIN = 100%, bei allen anderen Werten hingegen (also 0 bis 99) steht SUSTAIN auf 0%, dazwischen gibt’s nichts.

CHERRY AUDIO CHROMA - Syntheseparameter Teil 2
CHERRY AUDIO CHROMA – Syntheseparameter Teil 2

In der unteren Parameter-Reihe finden wir Einstellmöglichkeiten für die Tonhöhe der Oszillatoren und deren Modulation (PITCH). Übrigens, bei allen Parametern, die eine Modulation erlauben, erfolgt die Zuweisung der Modulationsquelle aus einem Menü, welches sich bei einem Klick auf die entsprechende Schaltfläche (die in der Regel mit MOD SELECT beschriftet ist) öffnet.

CHERRY AUDIO CHROMA - Modulationszuweisung
CHERRY AUDIO CHROMA – Modulationszuweisung

Die Anzahl und die Art der zur Verfügung stehenden Modulationsquellen ist dabei abhängig vom jeweiligen Parameter. Eine gesonderte Modulationsmatrix existiert beim CHROMA nicht.

In der Sektion WAVE SHAPE finden wir Einstellmöglichkeiten für die Oszillator-Schwingungsform, ihre Pulsweite sowie deren Modulation. An Schwingungsformen stehen Sawteeth, Pulse, rosa und weißes Rauschen zur Verfügung. Bei Sawteeth handelt es sich um eine Kombination aus Sägezahn und Pulswelle, deren Obertongehalt über WIDTH (= Pulsweite) variabel eingestellt werden kann (ein Wert von 0 erzeugt dabei einen herkömmlichen Sägezahn).

Das bis zur Selbstozillation resonanzfähige 12dB-Filter eines jeden Layers lässt sich entweder als Tiefpass oder als Hochpass einsetzen. Abhängig von den Einstellungen in PATCH CONFIGURATION lassen sich bei Verwendung zweier Layers deren beide Filter auch zu einem Bandpass oder zu einem 24dB-Filter koppeln. Ein eigener Keytracking-Parameter existiert zwar nicht, kann jedoch auf dem Umweg erzeugt werden, indem man KEYBOARD GLIDE als Modulationsquelle für die Grenzfrequenz (CUTOFF) verwendet.

Was mir an diesem Filterdesign gefällt, ist die Tatsache, dass der Klang hier auch bei hohen Resonanzwerten nicht an Fülle und an Bass verliert!

Die letzte Sektion nennt sich VOLUME und ist für die Lautstärkesteuerung durch den VCA verantwortlich. Drei Modulationsziele lassen sich hier mit Quellen verbinden, wobei den ersten beiden ausschließlich eine der vier Hüllkurven (1A, 2A, AB und 2B) mit einstellbarer Modulationsintensität zugewiesen werden kann, während dem dritten andere Quellen zu Verfügung stehen (etwa Aftertouch oder Sweep usw.), dafür aber stets mit voller Intensität.


Doppeldecker…

Hatte ich weiter oben erwähnt, dass sich ein Patch beim CHROMA aus bis zu zwei Layers zusammensetzen kann, so ist das tatsächlich nur die halbe Wahrheit, denn dies bezieht sich darauf, dass man bei LAYER MODE auf der linken Seite S(i)NGL(e) ausgewählt hat.

CHERRY AUDIO CHROMA - Layer Mode
CHERRY AUDIO CHROMA – Layer Mode

Ganz anders sieht es aus, wenn man an dieser Stelle D(ou)BL(e) oder SPLIT auswählt, in diesem Fall wird nämlich ein zusätzliches Bedienfeld namens EXPANDER eingeblendet. Die Klangerzeugung verdoppelt sich damit, so als habe man bei der Hardware-Vorlage zusätzlich zum RHODES CHROMA auch noch den optionalen CHROMA EXPANDER obendrauf gestellt, nur mit dem Unterschied, dass bei der Software keine Extrakosten entstehen, hier gibt’s zwei zum Preis von einem.

CHERRY AUDIO CHROMA mit aktivem EXPANDER
CHERRY AUDIO CHROMA mit aktivem EXPANDER

Der Expander weist die gleichen Möglichkeiten und Bedienelemente auf, lässt man einmal wenige globale Regler außen vor, die stets CHROMA und EXPANDER gleichzeitig betreffen, etwa MASTER VOLUME und TUNE sowie die Auswahl des LAYER MODE.

Beim EXPANDER werden die beiden Synthesestränge zur besseren Unterscheidung C und D genannt. Diese können als DUAL LAYERS nur untereinander interagieren, nicht jedoch mit den Layers A und B. Eine Kombination der beiden Paare A/B und C/D kann entweder als Schichttorte (DBL) oder als Keyboard-Split-Sound mit frei wählbarem Split-Punkt erfolgen. Alle vier Layers können dabei separat in ihrer Lautstärke eingestellt werden.

Über das UTIL(ity)-Menü lassen sich die Parametereinstellungen von CHROMA und EXPANDER vertauschen, ebenso gibt es Optionen um die Einstellungen des einen auf den jeweils anderen zu kopieren. Ähnliche Möglichkeiten existieren auch innerhalb der Layer-Paare A und B sowie C und D. Mittels Copy & Paste lassen sich aus den vorhandenen Presets auch neue Double- und Split-Kombinationen für CHROMA und EXPANDER zusammenstellen.


Schminktisch…

Unter EDIT MODE finden wir einen Schalter namens FX, den man leicht übersehen kann. Dieser schaltet die Ansicht des Bedienpanels auf die integrierte Effektsektion um. Wenngleich diese prinzipiell mehr oder weniger denen anderer Plugins aus dem Hause CHERRY AUDIO entspricht, so mag hier die ebenfalls auf simulierte Folienschalter setzende Optik etwas ungewohnt wirken. Die Bedienung wird dadurch aber nicht eingeschränkt.

CHERRY AUDIO CHROMA - Effektsektion
CHERRY AUDIO CHROMA – Effektsektion

An Effekten stehen Distortion (TUBE oder FUZZ), Phaser (mit zwei, vier, sechs oder acht Stages), Flanger und Chorus (nur alternativ nutzbar), Delay (DIGITAL, TAPE oder PING-PONG) und Reverb (SPRING, PLATE, ROOM, HALL oder GALACTIC) zur Verfügung. Die Geschwindigkeiten von Phaser, Flanger/Chorus und Delay lassen sich dabei auch zum Host-Tempo synchronisieren.

Über FX MODE lässt sich einstellen, ob die Effektsektion bei Double- und Splitsounds jeweils für CHROMA und EXPANDER separat oder aber global für beide zusammen verfügbar ist. Im zweiten Fall werden die Bedienelemente im Panel des Expanders ausgeblendet. Effekteinstellungen lassen sich auch sich auch vom CHROMA auf den EXPANDER und umgekehrt kopieren.

Komplettiert wird die Effektsektion noch durch eine einfache Klangregelung in Form eines Dreiband-Equalizers sowie durch einen zuschaltbaren Limiter ohne weitere Einstellmöglichkeiten. Diese beiden wirken global, ihre Einstellungen gelten also stets für CHROMA und EXPANDER gemeinsam, sofern DBL oder SPLIT aktiviert ist..

Wer die Plugins von CHERRY AUDIO kennt, der weiß, was ihn bei den den Effekten qualitativ erwartet, nämlich solide Kost, die den schon guten Grundklang des Instruments oftmals noch weiter aufzuwerten vermag und den Einsatz zusätzlicher Plugins nicht immer notwendig erscheinen lässt.


Chromatographie…

Bei vielen Emulationen klassischer Synthesizer muss ich immer dann, wenn es um eine Beurteilung der Klangtreue geht, darauf hinweisen, dass ich das Original niemals persönlich kennenlernen durfte und somit nicht mit einem Vergleich aus erster Hand (bzw. Ohr) aufzuwarten vermag, so schön und wünschenswert es wäre. Das ist hier leider auch wieder der Fall. Vermutlich dürfte es der Mehrheit der geneigten Leser aber ähnlich gehen. Sei’s drum…

Darum beschränke ich mich einmal mehr auf meine subjektive Empfindung der Klangqualität, losgelöst vom nachgeeiferten Vorbild. In dieser Hinsicht kann ich beim CHROMA den Daumen nach oben strecken. Das Plugin kann sehr druckvoll klingen und deckt viele analoge Standards ab. Insbesondere das Filter und sein Verhalten bei aufgedrehter Resonanz gefällt mir gut. Einige Male fühlte ich mich dabei an den QUADRA aus eigenem Hause erinnert, was aber nicht weiter verwunderlich sein sollte, da ja beide Plugins ARP-Geräte zum Vorbild haben. Der CHROMA bietet in puncto Klang aber die vielfältigeren Möglichkeiten.

Für das nachfolgende Klangbeispiel habe ich einen kleinen Track aus insgesamt 19 Plugin-Instanzen gebastelt. Dabei verwendete ich eine Mixtur aus Werksklängen, Sounds aus dem separat angebotenen CHROMA CLASSICS PRESET PACK von James Terris, Eigenkreationen und sogar einem Klang aus einer importierten Soundbank für den RHODES CHROMA.

Klangbeispiel CHERRY AUDIO CHROMA

Es kamen ansonsten keinerlei weitere Plugins oder DAW-EQs etc. zum Einsatz.

Wie weiter oben schon erwähnt, kam es auf meinem System zu Audioaussetzern bei Verwendung eines Oversampling-Faktors von 4x bei allen 19 Instanzen. Nachdem ich bei zwei Effekt-Sounds im Mittelteil den Faktor auf 1x reduziert hatte (die restlichen 17 Instanzen verblieben weiterhin alle auf Stufe 4x), lief der Track dann aber völlig ohne Probleme durch.


Fazit:

Mit dem CHROMA liefert CHERRY AUDIO ein ziemlich gut klingendes und vielseitiges Synthesizer-Plugin ab. Inwieweit es klanglich dem Original entspricht kann und will ich nicht beurteilen, der typische ARP-Klang ist für zumindest für mein Ohr unüberhörbar. CHROMA unterscheidet sich auch hinreichend von den früheren Emulationen der Kalifornier und ist somit nicht bloß alter Wein in neuen Schläuchen.

Hinsichtlich des Workflows bei der Bedienung dürfte das Plugin sein dahingehend etwas umständliches und wenig intuitives Vorbild vermutlich locker übertreffen. Und den CHROMA EXPANDER bekommt beim Plugin ebenfalls gleich mitgeliefert.

Sehr schön und willkommen ist auch die Importmöglichkeit von Presets und Soundbänken, die mit der Hardware erstellt wurden, so etwas ist in der Plugin-Welt ja eher die Ausnahme als die Regel.

Natürlich muss jeder für sich selbst abwägen, ob er tatsächlich noch eine Analog-Emulation benötigt, doch vielen dürfte sich ein solche Frage wohl gar nicht stellen, Platz für ein neues Plugin ist ja irgendwie immer auf der Platte frei… 😉 Entscheidet hier einfach nach Gehör und Gefühl!

CHROMA ist bei CHERRY AUDIO zu einem Preis von 69,- US-Dollar verfügbar, zwar soll das nur ein Einführungspreis sein, aber dieses Spielchen kennen wir ja schon zur Genüge (ist eigentlich jemals schon ein ein Plugin von CHERRY AUDIO tatsächlich zu seinem angeblichen regulären Preis verkauft worden…?)

Das oben kurz erwähnte optionale CHROMA CLASSICS PRESET PACK mit weiteren 100 Presets wird für 9,99 USD angeboten.

Ebenfalls erhältlich ist eine Demoversion des Plugins, diese ist 30 Tage lang voll funktionsfähig und blendet lediglich in sporadischen Abständen ein Störsignal ein.


Positives:
+ sehr guter Grundklang
+ flexible Klangformung
+ einfache Bedienung
+ brauchbare Effekt-Sektion
+ Arpeggiator
+ umfangreiche MIDI-Learn-Sektion
+ Importmöglichkeit von Klängen des Originals
+ fairer Preis

Negatives:
– keine Offline-Aktivierung bzw. -Installation möglich


Produktwebseite: https://cherryaudio.com/products/chroma

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