Nachdem Magix in den letzten Jahren ja eher selten neue Versionen der DAW (Digital Audio Workstation) Samplitude veröffentlich hatte, legt man scheinbar seit dem Release der Pro X2 ein wenig bei der Schlagzahl zu. Dauerte es nach dem Update von Version 11 auf Pro X einige Jahre, bis die Version Pro X2 veröffentlicht wurde, so schob Magix bereits nach ein wenig mehr als einem Jahr bereits die aktuelle Version Pro X3 nach. Schauen wir uns also an, was die Pro X3 besser kann als der Vorgänger.
Für die, die DAW Samplitude noch nicht kennen, empfehle ich unbedingt einen Blick auf meinen ausführlicheren Testbericht der Vorgängerversion Pro X2 hier: https://www.buenasideas.de/test/musikproduktion/daw/schon-lange-erwachsen-magix-samplitude-pro-x2-ausfuehrlicher-testbericht-zum-update/
Hier sei nur kurz erwähnt, dass es sich bei Samplitude um eine „bandmaschinenbasierte“ DAW handelt, wie das zum Beispiel auch Cubase ist. Und nicht um eine clipbasierte wie Fruity Loops oder Ableton. Samplitude bringt dabei vielfältige Editoren für Audio und Midi mit und eine ausreichende Menge an internen FX, bietet aber auch volle Unterstützung für VST2, VST3 und ReWire. Neben der Standardversion, die mir hier wieder zur Verfügung stand, gibt es auch noch eine Suite, die sich in der Größe der mitgelieferten Samplelibrary für den Sampler Independence und weiteren FX und Audiotools unterscheidet.
Ich werde hier in dem Test zur Version Pro X3 nur auf die Neuerungen im Hinblick auf den Vorgänger Pro X2 eingehen.
Was ist neu?
Wie auch bei der Vorversion Samplitude Pro X2 ist der Sprung in der Version zumindest optisch kaum wahrnehmbar. Dennoch hat sich im Lieferumfang und den Funktionen etwas getan.
Das Wichtigste dürfte dabei die Implementation des ARA VST Protokolls sein, durch das sich das Audiobearbeitungstool Melodyne von Celemony, welches auch in der Essentials Ausführung mitgeliefert wird, jetzt nahtlos in Samplitude integriert und direkt aus den Kontextmenüs heraus aufgerufen werden kann.
Darüber hinaus hat man die Library der mitgelieferten Instrumente der Vita Serie erweitert. Und zwar kommen in der Standard Version fünf weitere Instrumente hinzu, in der Suite Version sind es noch ein paar mehr. Neu sind z.B. ein Konzertflügel, die Cinematic Soundscapes und ein weiteres Drumset, diesmal für Pop. Dabei sind die neuen Instrumente von der Qualität her genau so gut brauchbar wie die bereits bekannten Vertreter der Vita Serie.
Dazu kommen die bereits bekannten Software Synthies und natürlich auch weiterhin der Sampler Independence mit seiner Library. Ansonsten sind die gleichen Instrumente wie auch in der Pro X2 enthalten, so dass man sich um die Abwärtskompatibilität seiner Projekte in Bezug auf fehlende VSTi keine Sorgen machen braucht.
Eine weitere Neuerung ist das Orange Vocoder ME Plugin von Zynaptiq.
Außerdem ist jetzt das Birdline Platinum Pack 6.0 dabei, welches mehrere alternative Designs für die Samplitude Oberfläche mitbringt.
Lediglich in der Suite hingegen bekommt man eine weitere große Neuerung, nämlich eine Vollversion von Sound Forge Pro 11, einem Audioediting und Masteringtool.
Unter der Haube hat sich insbesondere im Bereich Zusammenspiel von Audio und Midi etwas getan. So gibt es jetzt eine Tempoerkennung für Audiotracks. Außerdem bietet Samplitude jetzt eine Audio-to-Midi Funktoin, mit der entsprechendes Audiomaterial in Midinoten konvertiert werden kann, um zum Beispiel einen Basstrack mit einem Midi Instrument, also z.B. einen Basssynth zu doppeln. Das funktioniert sogar überraschend gut.
Dazu kommen noch ein paar weitere „Kleinigkeiten“. So hat man die Kommentarfunktionen für die einzelnen Spuren erweitert und den Startdialog ein wenig gefälliger gestaltet. Außerdem, und das gefällt mir besonders gut, hat man jetzt für den Mixer einige neue Optionenfürs Layout, bei denen man insbesondere (wesentlich) längere Fader auswählen kann, was natürlich gerade beim Abmischen ohne zusätzliche Controller und lediglich mit Maus oder Trackball extrem hilfreich ist.
Ansonsten hat man insbesondere an der Stabilität der DAW gearbeitet und dabei offensichtlich auch gerade die Einbindung von VST3 verbessert.
Die Installer und die Lizenzen für die nicht Magix eigenen Produkte wie Melodyne und die Birdlineskins werden bei den Discversionen übrigens auf den DVDs mitgeliefert. Bei den Downloadversionen werden die Lizenzen nach der Registrierung, die weiterhin zum Glück ohne Hardwaredongles auskommt, per Mail zugeschickt und die benötigte Software über den integrierten Installer zur Verfügung gestellt.
Was hat sich nicht geändert?
Ich gebe zu, dass klingt im ersten Moment in einem Update Test ein wenig seltsam, ist es aber eigentlich gar nicht. Allerdings sowohl im positiven als auch im negativen Sinne.
Fangen wir dabei mit dem Positiven an:
Sehr beruhigend, wie bereits erwähnt, auch weil das eben nicht so selbstverständlich ist, wie man meint, Samplitude Pro X3 bleibt komplett abwärtskompatibel. Zumindest bis zur Pro X Version. Mit Pro X und Pro X2 erstellte Projekte (.vip) bleiben auch mit Pro X3 weiterhin ohne Einschränkungen bearbeitbar.Das betrifft wie erwähnt auch die integrierten Vita Instrumente und auch die Independence Libraries. Und auch die integrierten Presets für Hardwarecontroller. Alles weiterhin ohne Einschränkungen vorhanden und nutzbar. Zu den Versionen bis 11 gibt es ein paar Einschränkungen, insbesondere beim FX Routing.
Das ist schön.
Auch hat man die Oberfläche und die Tastaturbefehle nicht verändert, so dass der bekannt gute Workflow von Samplitude Pro X3 erhalten bleibt. Und man sich nicht im Geringsten umgewöhnen muss. Außer, dass es jetzt mit Melodyne ein weiteres gutes Tool für die Audiomanipulation gibt.
Das ist richtig schön.
Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Und so gibt es eben auch die negativen Seiten:
Dazu gehört dann, dass nicht eins der von mir bereits im letzten Test der Pro X2 bemängelten altbacken aussehenden internen FX Fenster angepasst wurde, sondern die immer noch nach, sri, Windows XP aussehen. Da helfen, soweit ich das beurteilen kann, auch die Birdlineskins nicht weiter. (Leider konnte ich das nicht testen, da mir die Skins nicht zur Verfügung standen.)
Außerdem ist der in einigen Fällen auftretende Speicherbug mit Native Instruments Kontakt nicht behoben worden. Berichten zumindest etliche Tester. Bei mir auf dem System konnte ich das allerdings nicht nachvollziehen. Bei diesem Bug bleibt Native Instruments Kontakt 5 inklusive geladener Libraries nach beenden von Samplitude im Speicher erhalten und belegt dort weiterhin RAM.
Das ist nicht so schön.
Außerdem ist es nach wie vor weiterhin nicht möglich MC oder MTC auf mehr als einem Output auszugeben oder mehr als ein VSTi pro Spur zu verwenden. Auch das hatte ich bereits bei meinem letzten Test schwer bemängelt und auch das ist leider weiterhin nicht möglich. Dabei kann ich mit dem „nur ein VSTi pro Spur“ ja durchaus leben. Aber das MTC nur auf einem Output ausgegeben werden kann, ist mir in einer Zeit, in der man mit multi-output Midi Interfaces (z.B. MotU Midi Express 128) arbeitet, leider unverständlich. Da hatte ich mir wirklich gewünscht, dass sich das endlich ändert. So muss man sich mit einer Hardwareschleife am Midiinterface und extra Tools wie Midi-OX helfen, um MTC wirklich an alle Geräte übertragen zu bekommen.
Und das ist leider richtig unschön.
Und ja, ich weiß, dass hatte ich auch schon im letzten Test mit fast den gleichen Worten bemängelt. Aber ich hoffe halt, dass diese Kritik auch mal bei Magix ankommt und das dann in einem weiteren Upgrade oder Update auch mal geändert wird. Also zumindest die letzten beiden Punkte. Weil die finde ich halt schon sehr störend.
Was sollte sonst nicht unerwähnt bleiben?
Die Installation von Samplitude Pro X3 läuft wie auch bei den Vorgängern bekannt einfach und flüssig. Nach Installation der Downloadversion sorgt der integrierte Installationsmanager dafür, dass auch alle zusätzlichen Programmteile wie die Vita Instrumente automatisch heruntergeladen und installiert werden. Aktiviert wird Samplitude wie gehabt online und ohne lästigen Tools wie Hardwaredongles oder –licenser.
Lediglich die Erweiterungen der Dritthersteller wollen bei erster Verwendung dann noch einmal extra mit ihrem gesonderten Produktkey registriert und freigeschaltet werden. Dafür ist dann zumindest bei Meldoyne auch ein Account bei Celemony notwendig.
Apropos Melodyne: wenn ihr natürlich bereits eine größere Version von Melodyne besitzt, wird diese automatisch von Samplitude erkannt und verwendet. Samplitude nimmt dafür das dann bereits vorhandene VST3 Plugin der Software.
Wichtig bei der ersten Einrichtung von Samplitude Pro X3:
Es sollten alle, wirklich ausnahmslos alle VST Erweiterungen und Licenser anderer Hersteller auf dem absolut aktuellsten Stand sein. Sonst stürzt Samplitude bei der Erkennung der VST kommentarlos jedes Mal ab. Bei mir war es ein (minimal) veraltetes „Waves Central“, weswegen es jedes Mal zum Absturz kam. Da half auch kein Löschen der vst.ini mehr. Weil es an der ja gar nicht lag. Also achtet da bitte drauf, sonst gibt’s Frust.
Fazit
Das Fazit fällt mir diesmal ein wenig schwerer als sonst. Was sich nicht ändert, ist, dass Samplitude weiterhin meine DAW der Wahl bleibt. Aber darum geht es hier ja eigentlich nicht. Hier geht es darum, ob sich das Update auf Pro X3 lohnt. Und da bin ich einerseits ein wenig zwiespältig und andererseits doch sehr eindeutig. Also:
Für User, die den Schritt von Pro X auf die X2 nicht gemacht haben, lohnt sich das Upgrade auf alle Fälle! Die Pro X3 bringt die Vorteile, die die X2 schon gehabt hat, wie eine echte hybride 64-bit Engine, VST3 Unterstützung und VCA Gruppen, um nur einige wenige zu nennen, und baut diese sogar noch ein wenig aus. Dabei kostet das Update auch gerade mal schmale 199,- € für die Standardversion.
Hat man bereits die X2 und ist mit dieser eigentlich zufrieden, arbeitet evtl. ohne Melodyne und ist auch nicht auf die zusätzlichen Instrumente der Vita Reihe angewiesen, dann muss man das Update nicht unbedingt zwangsläufig machen, denn auch die X2 läuft schließlich sehr gut und stabil. Aufgrund der etwas höheren Stabilität und gerade auch der besseren Bedienung des Mixers durch die längeren Fader würde ich aber trotzdem das Upgrade empfehlen. Nur erwartet bitte nicht den Sprung wie von der Pro wie auf die Pro X2. Arbeitet man hingegen mit Melodyne, dann sollte man alleine aufgrund der Integration der ARA Engine das Update durchaus in Erwägung ziehen, wird das Arbeiten dadurch schließlich noch reibungsloser.
Hat man allerdings noch nie mit Samplitude gearbeitet, dann ist gerade der Umfang von Samplitude Pro X3 eines der besten Argumente, endlich auf Samplitude zu wechseln, sind schließlich mit Melodyne und einer noch größeren integrierten Instrumentenpalette weitere gewichtige Argumente für Samplitude dazu gekommen. Abgesehen von allen anderen, die ich ja bereits im letzten Test der Pro X2 aufgezählt habe. Mit gerade einmal 399,- € ist man für die Vollversion dabei, erhält aber in meinen Augen ein weitaus umfangreicheres und vollständigeres Gesamtpaket als bei der Konkurrenz. Und das zum Teil sogar noch günstiger, denn für viele Features, die bei der Standardversion von Samplitude Pro X3 bereits enthalten sind, muss man bei der Konkurrenz entweder zusätzliche Add-ons oder wesentlich größere Versionen kaufen.
Insgesamt möchte ich allerdings hoffen, dass man bei Magix jetzt nicht den Weg einschlägt, den auch Steinberg mit Cubase bereits geht, indem man beinahe jährlich neue Versionen auf den Markt bringt, die aber dabei eigentlich keinen echten Mehrwert mehr bringen. Bugfixes gehören für mich eigentlich eher zur Produktpflege und nicht in ein kostenpflichtiges Update. Auch sehe ich mit ein bisschen Sorge, dass der Großteil des Updates von X2 auf X3 auf Produkten von Drittherstellern beruht und nicht auf Verbesserungen und Erweiterungen des eigentlichen Produkts. Natürlich gibt es auch Verbesserungen in Samplitude selber, diese fallen aber weder so ins Gewicht noch so auf, wie das die Erweiterungen der Dritthersteller halt tun. Das irritiert mich schon ein wenig.
Alles in allem also doch ein durchaus positives Fazit, wenn auch nicht ganz so strahlend wie seinerzeit bei dem Update von Pro X auf Pro X2.
(Die Plus/Minus Wertung bezieht sich diesmal nur auf das Upgrade von Pro X2 auf Pro X3.)
Plus:
+ noch etwas stabilere Engine als vorher
+ VST3 Support verbessert
+ ARA VST Engine integriert
+ Mixerübrsicht nochmal verbessert
Minus:
– die Kritikpunkte an der X2 sind leider erhalten geblieben
Bezugsquellen
Magix „Samplitude Pro X3“ ist als Download oder DVD Version direkt über die Herstellerseite von Magix erhältlich: http://www.magix-audio.com/de/samplitude/
Der Preis liegt aktuell für:
die „Samplitude Pro X3“ Standard Edition bei 399,- € inkl. MWSt.
die „Samplitude Pro X3“ Suite bei 599,- € inkl. MWSt.
Außerdem gibt es auf der Herstellerseite diverse Upgrade- und Crossgrademöglichkeiten ab 199,- € / 299,- € inkl. MWSt. (Standard/Suite) für Besitzer von Vorversionen.
Und wie bei den Vorversionen von Samplitude gibt es auch für die Pro X3 wieder eine auf 30 Tage Nutzung begrenzte Trialversion.
Auch hier wieder die Vollversion der Software, die lediglich in der Nutzungsdauer auf 30 Tage begrenzt ist und die Erweiterungen der Dritthersteller nicht mitbringt. Danach kann die Software durch die Eingabe einer Seriennummer für die weitere Nutzung aktiviert werden. Alle Einstellungen und Projekte, die mit der Trialversion erstellt wurden, können dabei weiter verwendet werden.
Link zur Herstellerseite: http://www.samplitude.com/
Über Klaus: Musiker und Techniker: Keyboards, Gitarre, Sounddesign, Ton- und Studiotechnik, Computertechnik http://lunymarmusic.com |