Nicht die erste Geige – Testbericht Embertone – Blakus Cello

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Testbericht von Klaus Feurich

Nachdem wir uns ja neulich schon mit der Friedlander Violine von Embertone auseinandergesetzt haben (siehe Testbericht), nehmen wir uns diesmal das Cello aus gleichem Hause vor. Wie die „Friedlander Violine“ ist auch das „Blakus Cello“ ein Teil der „Intimate Strings“ Serie. Und so wie auch beim Test der Friedlander Violine stellt sich wiedermal die Frage: womit eigentlich vergleichen?! Das einzige Solo Cello auf dem Markt ist bisher das, ähm…, „Pocket Blakus“ (Cello) des australischen Cellisten und Komponisten Blake („Blakus“) Robinson. Verwirrt?! Nein, nicht nötig. Erklär ich euch gleich 😉

Zunächst: warum eigentlich ein Solo Cello? Braucht man das?

Ja, definitiv. Ich selbst setze, so ich denn auf „klassischen“ Pfaden wandele, gerade das Cello sehr viel lieber als Soloinstrument ein, als zum Beispiel die Violine. Mit seiner „natürlichen“ Traurigkeit und Melancholie und Tonlage lassen sich für meine Ohren immer wieder sehr ansprechende Melodielinien realisieren.

(Beispiel gefällig?! Dann hört mal in meinen Track „Land’s End“ rein. Hier allerdings noch mit dem „Pocket Blakus“ von Robinson selber, da es das „Blakus Cello“ da leider noch nicht gab.)

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Haben wir das also schon mal geklärt!

Ok. Jetzt ist das Wort „Blakus“ schon zweimal gefallen. Wie denn jetzt?! Erklär mal!

Na ganz einfach: Ist das „Pocket Blakus“ von Blake Robinson klanglich schon sehr gut (und eigentlich die einzige Konkurrenz), so hat Embertone definitiv den Vogel abgeschossen. Man hat mal eben besagten Blake Robinson engagiert, ihn ans Cello gesetzt, das Ganze ausführlichst gesampelt und dann noch mit den eigenen, absolut genialen Scripten von Embertone bzw. Andreas Lemke kombiniert zum: „Embertone Blakus Cello“!

Was kommt dabei rum?! Wer Embertone kennt, weiß es sicher schon: ein Cello der Extraklasse!

Aber betrachten wir das Ganze mal in seinen Details. Wobei ich mir es erlauben werde, aufgrund der Ähnlichkeit zur Friedlander Violin Library, immer wieder Querverweise bzw. Vergleiche zu eben diesem Testbericht zu verwenden.

Blakus Cello

Das Blakus Cello im Detail

Das Wichtigste kurz vorweg: auch beim „Blakus Cello“ handelt es sich um eine von Native Instruments lizenzierte Library, auch diese Library lässt sich somit wieder im kostenlosen Kontakt Player unbegrenzt verwenden.

Die Library ist entpackt 3 bis 5 GB groß, abhängig davon, ob man die 16-bit oder die 24-bit Variante erworben hat, umfasst ca. 6000 Samples und 14 nki Files. In der Regel sollte die 16-bit Variante reichen.

Die einzelnen Instrumente (nki) stehen sowohl in Stereo als auch in Mono zur Verfügung. Ebenso gibt es wieder LoRAM Varianten, die sowohl Speicher als auch CPU weniger belasten, wie auch wieder spezielle für den Einsatz von TouchOSC vorbereitete Presets.

Systemvoraussetzung ist mindestens ein Mac G5 mit 1,8GHz oder ein Intel Core Duo mit 1,66GHZ mit mindestens MacOS 10.7 bzw. einen PC mit einem Intel Core 2 Duo oder einem AMD Athlon 64×2 mit Windows 7 oder 8 und mindestens 2 GB RAM, sowie eine aktuelle Version (mindestens 5.4) des Kontakt Samplers / Players.

Die Installation

Wie auch schon bei der Friedlander verwendet Embertone hier wieder die eigene Installationsroutine mit dem Continuata Installer. Also einfach den Installer starten, den Download mittels per Email erhaltener Seriennummer aktivieren und dann startet bereits der Download mit anschließendem Entpacken der Installationsarchive. Jetzt einfach noch die Library in das gewünschte Arbeitsverzeichnis schieben, in Kontakt als Library hinzufügen, im NI Service Center aktivieren und die Library steht zur Verfügung.

Einziger Schönheitsfehler: Verschiebt man die Library nach der Aktivierung in ein anderes Verzeichnis, bekommt Kontakt das leider nicht mit und sucht dann die Samples. Das lässt sich leider auch nicht durch vollständiges Entfernen und erneutes Hinzufügen der Library ändern. Hier hilft nur manuell den Pfad erneut festzulegen oder von Kontakt suchen lassen, und das jeweilige nki einmal neu abzuspeichern.

Das Interface

Deja vu“: Der Mainscreen

Ja, dieses Interface hab ich schon mal gesehen. Wer sich schon mit der Friedlander Violine beschäftigt hat, der findet sich auf Anhieb auch hier wieder zurecht. Embertone verwendet beim „Blakus Cello“ genau das gleiche gefällige und informative Interface wie bei eben der Friedlander. Heißt, auch hier stehen wieder die verschiedenen Taster und Schalter für die jeweiligen Spielstile zur Verfügung.

Embertone - Blakus Cello - MainScreen
Embertone – Blakus Cello – Hauptansicht

Es sind jedoch nicht alle von der Friedlander gewohnten Möglichkeiten vorhanden. Am ehesten sieht man dies daran, dass das beim Cello nur ein x/y-Pad für Vibrato zur Verfügung steht. Das Zweite für Strichstärke und Bogenposition steht hier nicht mehr zur Verfügung.

Die Stile „Sustain“, „Staccato“, „Pizz(icato)“ und „Tremolo“ können auch hier wieder über Keyswitches per Tastatur oder die Bedienoberfläche geschaltet werden. Man hat die Wahl, zwischen einer manuell wählbaren permanenten oder temporären Umschaltung sowie einer Velocity abhängigen. Der Grenzwert für die Umschaltung mittels Velocity ist in den Einstellungen konfigurierbar. Unabhängig davon lässt sich zusätzlich Portamento per Velocity steuern.

Auch „Sordino“, also das Spiel mit aufgesetztem Dämpfer ist wieder vorhanden, an zusätzlichen Bogenpositionen diesmal jedoch nur „sul pont(icello)“.

Hinzu kommen die Schalter „Legato / Poly“ und „Solo / Ensemble“, die per Keyswitch oder Oberfläche schaltbar sind.

Neben dem Logo befinden sich jeweils ein Drehregler für den Anteil des nicht weiter einstellbaren Halls sowie ein Schalter für RoundRobin (RR). Bei aktiviertem RR wird bei jedem spielen einer Note ein anderes Sample verwendet.

Unterhalb des Logos wird wieder in einem Infofeld der jeweilige Spielzustand des Embertone eigenen „True Legato“ Scripts dargestellt. Das „True Legato“ Script ist eine Eigenentwicklung von Embertone und wurde das erste Mal bei der Friedlander Violine verwendet. Durch dieses Script werden bei Legato Spielweise nahe beieinanderliegende Noten mit entsprechenden Transienten und Saitengeräuschen sowie einem leichten Portamento verbunden, wie es entsteht, wenn der Musiker mit den Fingern über die Saiten rutscht, statt sie kurz von den Saiten zu nehmen, um sie dann neu zu setzen. Dadurch erhält man ein sehr naturgetreues Klangbild statt vieler einzelner jeweils neu getriggerter Noten. Hierfür ist es dabei nicht notwendig, wie z.T. bei anderen Libraries, irgendwelche Keyswitches zu betätigen. Beim „True Legato“ Script passiert dies, wie der Name sagt, automatisch scriptgesteuert anhand der Spielweise.

Eins ist nicht genug: Der Ensemble Tab

Embertone - Blakus Cello Ensemble Tab
Embertone – Blakus Cello – Ensemble Modus

Wie auch bei unserem Sologeiger schon, so ist natürlich auch beim Cello die Möglichkeit gegeben, mehr als nur ein Cello zur gleichen Zeit erklingen zulassen. Genauer gesagt, bei einer entsprechend kräftigen CPU lassen sich bis zu 8 Celli gleichzeitig intonieren. Und auch hier besteht wieder die Möglichkeit, sowohl die Intonation als auch das Timing so zu beeinflussen, dass der Eindruck entsteht, nicht einfach nur einen geklonten Cellisten zu haben, sondern dass es sich um mehrere Musiker handelt. Oder eben eine Gruppe Anfänger. Außerdem lässt sich die Breite sowie auch die Position des Stereopanoramas einstellen.

Leider erzeugt jedes weitere Cello auch ordentlich CPU Last, sodass es bei schwächeren Systemen durchaus auch zu Audioaussetzern kommen kann. Im Gegensatz zu Ensemblelibraries haben wir es schließlich nicht mit einem Sample mehrerer Celli zu tun, sondern tatsächlich mit mehreren Instanzen eines einzelnen Cellos.

Grundlagen: Die Konfigurationsseite

Embertone - Blakus Cello Configure
Embertone – Blakus Cello – Konfiguration

Auf der Konfigurationsseite verfügt das „Blakus Cello“ über Einstellungsmöglichkeiten, um in das Verhalten des Instrumentes einzugreifen. Hier werden den Klang beeinflussende Faktoren, aber auch Einstellungen für die per Script gesteuerte Spielweise festgelegt. Die Lautstärke der Bogengeräusche aber auch die zufällige Abweichung in der Intonation eines bundlosen Instruments lassen sich regeln. Darüber hinaus sind einzelne Features des Scripts ein- und ausschaltbar.

Insgesamt verfügt das Blakus hier über nicht ganz so viele Möglichkeiten, wie die Friedlander, dies dürfte sich aber im Praxisbetrieb nicht bemerkbar machen. Mir persönlich hat hier zumindest nichts gefehlt.

Für Kontrollfreaks: Die Controllerbelegung

Wenn nicht gerade eins der beiden „TouchOSC“ Instrumente ausgewählt ist, dann finden sich auf der „Control“ seite des Instruments die Zuordnungen der Keyswitches und Midicontroller wieder. Die bekanntermaßen farblich auf dem Kontakt Keyboard dargestellten Keys werden, hier natürlich entsprechend angepasst, wenn diese im Interface geändert werden. Welche Parameter alle eingestellt werden können, brauche ich hier wohl nicht weiter erläutern, ich denke die Grafik ist aussagekräftig genug.

Embertone - Blakus Cello Einstellungen
Embertone – Blakus Cello Parameter

Ist eines der „TouchOSC“ Presets gewählt, ist diese Seite nicht bearbeitbar, da die Controller und Keyswitches dann auf das nachfolgend beschriebene Preset für die Controller Software abgestimmt sind.

Was zum Anfassen: TouchOSC Preset

Auch beim „Blakus Cello“ wird wieder ein Layout-Preset für die Midi Controller Software „TouchOSC“ (http://www.hexler.net) mitgeliefert. Man erhält für diese, sowohl für iPad als auch Android erhältliche Software, ein genau auf die Library zugeschnittenes Layout, durch dessen Einsatz sich das gesamte Potenzial der Library eigentlich erst so richtig nutzen lässt.

TouchOSC Blakus Cello
TouchOSC Embertone – Blakus Cello

Im Vergleich mit dem Preset für die Friedlander fällt hier sofort auf, dass die Anzahl der Steuerelemente deutlich geringer ist. Insbesondere fehlt hier das zweite x/y-Pad für die Bogenposition. Stattdessen gibt es jedoch einen „Dynamics“-Regler, mit dem sich die Lautstärke bzw. die Länge der Noten bei Staccato regeln lässt. Einen wirklichen Verlust hat man somit nicht, eher ist es so eher sogar etwas einfacher geworden, die Dynamik zu steuern, als mit 2 Pads.

Edelholz: Der Klang

Es mutet zwar langsam ein wenig komisch an, aber was soll man sagen: Klanglich sind die Libraries von Embertone einfach über jeden Zweifel erhaben. Und natürlich sieht dies auch hier beim „Blakus Cello“ nicht anders aus. Die Länge der verwendeten Samples, die stufenlose Steuerung des Vibratos, sei es per Modwheel oder per TouchOSC, lassen einfach Freude beim Spielen und Hören aufkommen.

Auch die RoundRobin Funktion tut wieder ihr Übriges dazu. Selbst schnell nacheinander gespielte kurze Noten klingen doch jedes Mal minimal unterschiedlich, man hat nie den gefürchteten Maschinengewehreffekt. Die Lautstärke des Bogens bzw. dessen Geräusche lassen sich in der Lautstärke verändern und steuern ebenso ihren Teil zum authentischen Klang dieses Cello dazu.

Im Vergleich mit dem „Pocket Blakus“ haben wir hier jedoch einen wesentlich größeren Oktavumfang zur Verfügung. Somit kann das „Blakus Cello“ auch in höhere Tonregionen vordringen, als es die „Konkurrenz“ kann.

Für die Ohren: Klangbeispiele

Und auch in diesem Test werde ich wieder auf die originalen Klangbeispiele von Embertone zurückgreifen. Das heißt, eigentlich noch besser, lassen wir Blake selber ein paar Takte mit „seinem“ Cello spielen.

Klangbeispiel 1 – Cello Improvisation von Blake Robinson (Blakus)
[soundcloud params=“auto_play=false&show_comments=true“]https://soundcloud.com/embertone/blakus-blakus-cello-improv[/soundcloud]

Klangbeispiel 2 – Bach Suite für Cello (Prelude)
[soundcloud params=“auto_play=false&show_comments=true“]https://soundcloud.com/embertone/bach-embertone-blakus-cello[/soundcloud]

Weitere Beispiele, die den hervorragenden Klang dieser Library wiedergeben, finden sich direkt auf der Produktseite bei Embertone.

Fazit

Ich bleibe dabei: In Sachen Soloinstrumente stellt Embertone für mich mit ihren Libraries derzeit das Nonplusultra dar. War schon die Friedlander wirklich genial, so steht ihr das Blakus in keiner Weise nach. Und das sowohl klanglich als auch in der Nutzung der Möglichkeiten der Kontakt Scriptengine*.

Sicherlich ist das Blakus Cello nicht ganz so ausgefeilt und detailverliebt, wie die Friedlander, aber davon merkt man in klanglicher Hinsicht definitiv nichts. (Zumindest ich nicht.)

Klanglich ist die Library wieder über jeden Zweifel erhaben. Die Abstriche in Sachen Details betreffen hier eher die Bedienoberfläche und die Möglichkeiten zur Konfiguration über die Bedienoberfläche. Aber, ganz im Ernst: z.B. die Position des Bogens ist sicherlich etwas, was natürlich zur vollständigen Virtualisierung eines Streichinstruments dazugehört. Nur, wer greift im Normalfall auf so ein Feature auch wirklich zurück? Von daher fällt das Fehlen hier beim Blakus nicht wirklich auf.

Das Einzige, was mir persönlich beim Blakus fehlt, ist die bei der Friedlander lieb gewonnene Möglichkeit des automatischen Retriggerns von gehaltenen Tasten. Also dass Tasten, die gedrückt bleiben, automatisch nach dem Loslassen aller anderen Tasten erneut gespielt werden. Einmal daran gewöhnt fehlt das hier dann doch ein wenig. Vielleicht kann das ja noch in einem späteren Update nachgeliefert werden.

Ansonsten gilt auch hier wieder: Das einzige Konkurrenzprodukt kommt vom gleichen Cellisten, der die Library eingespielt hat. Wie auch schon beider Friedlander fehlt ein Solocello (und somit eine echte Vergleichsmöglichkeit) bei allen anderen Konkurrenten gänzlich.

Das Einzige, was man immer im Kopf haben sollte: Wie die Friedlander, ist auch das Blakus nur bedingt als Ersatz für eine „echte“ Stringlibrary zu verwenden. Auch nicht im Zusammenspiel mit der Friedlander und der demnächst erscheinenden Bratsche.

Dafür ist es in meinen Augen zu CPU und speicherintensiv und andererseits viel zu sehr als Soloinstrument ausgelegt. Sicherlich lässt sich mit ihm ein kleines Celloensemble oder im Zusammenspiel mit der Friedlander ein kleines Streichquartett klanglich hervorragend darstellen, aber als Ersatz für ein ganzes Orchester oder eine -sektion kann es nicht, und ich denke soll es auch nicht, dienen.

Plus

+ lizenzierte Kontaktlibrary, läuft uneingeschränkt im Kontakt Player

+ stufenloses Vibrato (Geschwindigkeit und Intensität)

+ TouchOSC Preset für nuanciertes Vibrato
(inklusive entsprechendem Layoutpreset für die TouchOSC Software)

+ konkurrenzlos

Minus

– hohe CPU Last bei Verwendung des Ensemblemodus

– (gehaltene Noten müssen neu getriggert werden)

Aussicht

Wie vor Kurzem auf der NAMM angekündigt, wird das Cello nicht der letzte Teil der „Intimate Strings“ Reihe sein. In Kürze wird die Serie um eine Bratsche (Viola) ergänzt werden. Wann genau steht leider noch nicht fest. Die beiden Jungs von Embertone arbeiten derzeit an der Fertigstellung der Skripte.

Und wer weiß, evtl. kommt da ja noch was mehr. Aber das dürfen wir hier leider noch nicht verraten 😉

Bezugsquellen

Die Sample Library „Blakus Cello“ ist über die Webseite des Herstellers Embertone erhältlich
und über Best Service: http://www.bestservice.de/blakus_cello.html

Link zur Herstellerseite:

http://www.embertone.com

* Wer einmal das volle Potenzial der Scriptengine erleben möchte, dem kann ich nur die Arcane Library von Embertone empfehlen. Diese ist kostenlos über die Webseite von Embertone zu beziehen und zeigt, was diese Engine wirklich alles kann, wenn auch vielleicht nicht unbedingt im musikalischen Sinne. Und eine Demo der Friedlander enthält sie auch noch.

Klaus Feurich Über Klaus:
Musiker und Techniker: Keyboards, Gitarre, Sounddesign, Ton- und Studiotechnik, Computertechnik

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