Testbericht: KNIF AUDIO KNIFONIUM – In die Röhre geguckt …ähhh… gehört!

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 11.09.2020

Bei der Emulation analoger Synthesizer ist das Feld mittlerweile ja schon so ziemlich abgegrast. Die meisten Klassiker sind bereits in irgendeiner Form als Plugin erschienen, teilweise sogar in mehrfacher Ausführung von verschiedenen Herstellern. Warum also nicht stattdessen mal einen zeitgenössischen Vertreter in Softwareform nachbilden? Diese oder eine ähnliche Richtung dürfte vermutlich auch der Gedankengang der Programmierer bei BRAINWORX genommen haben, als sie sich KNIFONIUM vorgenommen haben.

KNIF AUDIO KNIFONIUM Hardware
KNIF AUDIO KNIFONIUM Hardware

Das Original ist ein in nur geringen Stückzahlen von Hand gefertigter monophoner Analogsynthie mit Ursprung in Finnland, sein seltsamer Name leitet sich einfach von dem seines Erbauers ab, welcher Jonte Knif heißt. Eine Besonderheit beim KNIFONIUM ist der Einsatz von 26 Vakuumröhren, die ihm zu seinem auffälligen gesättigten Klang verhelfen. Hier sind zwei Videos:

Ebenso besonders ist auch der Verkaufspreis, der in einem fünfstelligen Bereich liegt. Demzufolge ist dies also eher ein Instrument für Elektromusikanten mit adipösen Sparschweinen, zumindest ich persönlich werde wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemals in den Besitz eines solchen Gerätes gelangen (Wo bist Du nur, O verschollener reicher Erbonkel…?).

Die Plugin-Version vom KNIFONIUM hingegen kostet nur einen Bruchteil ihres Vorbilds und dürfte damit Begehrlichkeiten auch bei denjenigen wecken, für sich die Hardware ob ihres Preises außerhalb jeglichen ernsthaften Interesses bewegte (also vermutlich der Mehrheit…). Zudem ist sie der Polyphonie mächtig, kann Klänge speichern und hat auch noch ein paar andere softwareseitige Erweiterungen erfahren, mit der das Original nicht aufzuwarten vermag.


Check-in…

Wie eingangs bereits erwähnt, zeichnet die deutsche Firma BRAINWORX, eine der treibenden Companies hinter der PLUGIN ALLIANCE, für die Programmierung des unter dem Label KNIF AUDIO angebotenen Plugins verantwortlich.

KNIFONIUM existiert ausschließlich als 64-Bit-Software für WINDOWS und macOS, zu den angebotenen Plugin-Formaten gehören VST2 und VST3, AU sowie AAX (Native und AudioSuite). Für diesen Test hatte ich die beiden VST-Varianten unter WINDOWS 7 installiert.

Neben dem von mir verwendeten Installer mit rund 138 MB Umfang gibt es auch einen sogenannten Installation Manager, der mit etwa eineinhalb MB deutlich kleiner ausfällt, und dann wohl die gewünschten Plugins nachträglich vom Server herunterlädt, wie gesagt, diesen habe ich nicht benutzt.

Ein eigener Account bei PLUGIN ALLIANCE wird zur Aktivierung zwingend benötigt. Der schnellste Weg um KNIFONIUM zu aktivieren, führt wie so oft über einen Host-Computer mit (temporärer) Internetverbindung. PLUGIN ALLIANCE bietet aber auch eine Offline-Aktivierung mittels zu kopierender Lizenzdatei an. Beide Aktivierungsvarianten sind jeweils auf einen bestimmten Rechner bezogen. Darüber hinaus kann man alternativ einen nahezu beliebigen USB-Speicherstick zum Dongle umfunktionieren und damit sowohl KNIFONIUM als auch alle anderen Produkte von PLUGIN ALLIANCE unabhängig von einem festen Rechner portabel einsetzbar machen. In meinem Fall habe ich KNIFONIUM einfach via Online-Aktivierung freigeschaltet, indem ich meinen DAW-Rechner kurzzeitig den Zugang zum Internet gestattete.

KNIF AUDIO KNIFONIUM
KNIF AUDIO KNIFONIUM

Die Bedienoberfläche des Plugins orientiert sich weitgehend am originalen KNIFONIUM, wobei ich mir manchmal allerdings gewisse Abweichungen zugunsten eines höheren Kontrasts sowie einer besseren Erkennbarkeit beispielsweise von Kippschalterstellungen gewünscht hätte. Dafür verzichte ich dann auch gerne auf simulierte Schatten oder auf Drehregler, die je nach Stellung teilweise die Panelbeschriftungen überdecken…

Zur Anpassung an den eigenen Monitor lässt sich die Bedienoberfläche in fünf Stufen skalieren, die Werte reichen hierbei von 50% bis hin zu 150%, jeweils in Schritten von 25%.

Die Bedienelemente reagieren auch auf das Drehen des Mausrads und die Drehregler zeigen bei einer Betätigung bzw. beim Draufklicken praktischerweise zusätzlich numerische Werte an. KNIFONIUM beherrscht auch das sogenannte PARAMETER LOCKING, mit dem sich Regler und Schalter wahlweise vor jeglicher Änderung auch bei einem Wechsel des Presets bewahren lassen.

KNIF AUDIO KNIFONIUM - MIDI-Learn
KNIF AUDIO KNIFONIUM – MIDI-Learn

Wer zur Bedienung lieber einen Hardware-Controller verwendet, dem stellt KNIFONIUM eine umfassende MIDI-Learn-Funktion zur Verfügung, die unter anderem auch die Parameter aus dem Options-Menü umfasst. Selbst die integrierten Effekte lassen sich damit bequem via MIDI fernbedienen.

KNIF AUDIO KNIFONIUM - MIDI-Learn in der Effekt-Sektion
KNIF AUDIO KNIFONIUM – MIDI-Learn in der Effekt-Sektion

KNIFONIUM verfügt zudem über einen komfortablen Preset-Browser inklusive Sound-Kategorien, Such- und Filterfunktion. Die Lieblings-Presets können für einen schnelleren Zugriff als Favoriten markiert und damit in eine Extra-Liste kopiert werden.

KNIF AUDIO KNIFONIUM - Preset-Browser
KNIF AUDIO KNIFONIUM – Preset-Browser

Mit dem von NATIVE INSTRUMENTS ins Leben gerufenen Standard NKS kann KNIFONIUM ebenfalls etwas anfangen, wer einen entsprechenden Keyboard-Controller des Herstellers oder die Maschine-Hardware sein Eigen nennt, der kann darüber also auch auf die KNIFONIUM-Presets zugreifen.

Was die mitgelieferten Werks-Presets angeht, empfand ich die Auswahl als etwas durchwachsen. Manche davon waren sehr gelungen, andere klangen eher so, als furze jemand in einen Eimer, und der Rest erschien mir einfach nur mittelmäßig. Doch diese Einschätzung basiert allein auf meinem persönlichen Geschmack, und den muss ja schließlich nicht jeder teilen…

Bezüglich der CPU-Anforderungen war ich beim KNIFONIUM positiv überrascht, vor allem, nachdem das Manual extra ein eigenes Kapitel darüber enthält, was zunächst einen wahren Ressourcenfresser befürchten ließ. Auch bei der Verwendung mehrerer Instanzen gleichzeitig, jeweils mit aktiviertem TMT (siehe unten) sowie mit polyphoner Stimmennutzung hielt sich die Anzeige der Systemauslastung in MIXCRAFT 9 auf einem niedrigen zweistelligen Niveau, zumindest auf meinem Studiorechner (INTEL i7 mit 4 x 4 GHz und 16 GB RAM). Im direkten Vergleich zum kürzlich hier getesteten OBSESSION ist die Rechnerbelastung zwar ein wenig höher, aber immer noch mehr als akzeptabel. Lediglich auf schwachbrüstigeren Rechnern mag man möglicherweise durchaus gewisse Einschränkungen erfahren, so wie bei anderen aufwendigen Analog-Emulationen auch.

Während des Tests ist MIXCRAFT 9 bei der Erstellung des weiter unten zu findenden Klangbeispiels reproduzierbar abgeschmiert, sobald ich mehr als sechs Instanzen geladen und dann eine Note auf meinem MIDI-Keyboard gespielt habe. Ich habe das begonnene Projekt dann kurzerhand in STUDIO ONE 4.6.2 rekonstruiert und dort weitergeführt, mit mehr als der doppelten Anzahl an geladenen Instanzen und ohne jegliche Abstürze, was somit darauf hindeutet, dass das Problem wohl eher bei MIXCRAFT als denn beim KNIFONIUM zu suchen ist. Die Systemauslastung in STUDIO ONE betrug übrigens ungefähr 50 Prozent im Betrieb mit 15 gleichzeitig laufenden Instanzen.

Zum KNIFONIUM existiert auch ein englischsprachiges Manual als PDF-Datei. Dieses ist zwar einigermaßen umfangreich, könnte allerdings an einigen Stellen gerne noch etwas tiefer ins Detail gehen, zudem gibt es darin gravierende Lücken, so etwa bleibt die beim KNIFONIUM vorhandene Feedback-Sektion völlig unerwähnt.


Zutatenliste…

KNIFONIUM besitzt wie die meisten subtraktiven Synthesizer seiner Art eine recht überschaubare Parameterauswahl, den Nutzer erwartet hier also keine unübersichtliche Menüstruktur mit zahlreichen Ebenen und noch mehr Einstellmöglichkeiten. Stattdessen kann der geneigte Synthesist sofort mit dem Klangschrauben beginnen, in den meisten Fällen ohne vorher auch nur einmal ins Manual geschaut zu haben, zumindest was einfache Analogsounds angeht. Denn KNIFONIUM bietet durchaus auchein paar Optionen, die sich dem Anwender auf den ersten Blick nicht gleich erschließen, beispielsweise die externen Eingänge für Modulationszwecke. Einige dieser Möglichkeiten werden in der Bedienungsanleitung hinreichend erklärt, andere werden bloß angedeutet bzw. wird lediglich auf deren Existenz hingewiesen und wieder andere fallen im Manual leider ganz unter den Tisch. Doch der Reihe nach…

Es gibt zwei Oszillatoren, VCO 1 und VCO 2 benannt, welche jeweils eine Sägezahn-, eine Dreieck- oder eine Sinuswelle erzeugen können. VCO 1 vermag darüber hinaus auch noch eine Pulswelle zu generieren, die sich in der Weite regeln und modulieren lässt. VCO 1 lässt sich zudem zu VCO 2 synchronisieren sowie durch dessen Sinuswelle frequenzmodulieren. Beide Oszillatoren besitzen eigene Regler für die Oktavlage (diese kann mit einer Fußlage von 64′ sogar ganz runter in den Keller gehen) sowie für die Grobstimmung in Halbtonschritten und die Feinstimmung in Cents, außerdem lässt sich die Tonhöhe durch verschiedene Modulationsquellen beeinflussen. Ein GLIDE getaufter Regler erlaubt die Einstellung des Portamentos

Mit dem SPREAD-Parameter, der beim Hardware-Vorbild gar nicht existiert und beim Plugin in Form winziger Trimmschrauben dargestellt wird, lässt sich die Stereobreite für jeden Oszillator getrennt regeln.

Bevor die Oszillatorsignale gefiltert werden, laufen sie noch in einer Mixer-Sektion zusammen. Hier wird eine übersteuerbare Röhrenstufe simuliert, die bei Bedarf für eine leichte Sättigung bis hin zu einer ordentlichen Verzerrung sorgt. Zu den beiden Oszillatoren gesellen sich hier auch noch ein Ringmodulator sowie ein Rauschgenerator hinzu. Letzterer vermag nicht nur ein „weißes“, sondern auch ein „rosa“ und ein eher seltener anzutreffendes „rotes“ Rauschen zu erzeugen (siehe dazu auch hier).

Der besagte Ringmodulator erlaubt die Auswahl verschiedener Eingangs- und Carriersignale, neben VCO 1 und 2 können hier beispielsweise auch externe Quellen und Ziele verwendet werden.

Anschließend geht’s ab in das Filter, genauer gesagt in ein resonanzfähiges Tiefpass-Ladder-Filter mit einer Flankensteilheit von 24 db pro Oktave, der MINIMOOG lässt hier grüßen. Die Resonanz reicht bis in die Selbstoszillation hinein und dünnt bei höheren Einstellungen den Bassbereich auch wahrnehmbar aus, so wie es für diese Art von Filterdesign eben nun mal typisch ist. Fette Bässe sind damit aber dennoch kein Problem.

Die von BRAINWORX kreierten Plugins besitzen üblicherweise zumeist MID/SIDE-Fähigkeiten und auch KNIFONIUM stellt hiervon keine Ausnahme dar, denn hier kann mit einem kleinen Trimmer stufenlos eingestellt werden, wie viel jeweils vom Mitten- und vom Seitensignal das Filter durchlaufen soll. So etwas findet man in einem Synthesizer sicherlich nicht allzu häufig.

Die beiden Hüllkurven orientieren sich wieder einmal am vertrauten ADSR-Aufbau. Sie können nicht nur via MIDI-Note-On getriggert werden, sondern auch durch den LFO sowie durch ein externes Signal (dazu gleich mehr). Zudem können sie auch auf Durchzug geschaltet werden (dauerhaftes Gate-Signal auch ohne gehaltene Keyboardtaste), etwa zur Erzeugung von Drones. Die zeitbezogenen Parameter lassen sich per Schalter auf die fünffache Länge dehnen, was dann auch entsprechend langsame Verläufe ermöglicht (es muss ja schließlich nicht immer nur knackig und schnappend abgehen!). Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass die zweite Hüllkurve stets fest dem VCA zugeordnet ist, während die erste für verschiedene Zwecke herangezogen werden kann.

Ein LFO darf ebenfalls nicht fehlen, beim KNIFONIUM erzeugt er die Grundwellenformen Dreieck, Puls und Sinus, wobei diese mittels SYMMETRY-Parameter noch weiter modifiziert werden können. Somit lässt sich etwa aus der Dreieckswelle auch ein auf- oder ein absteigender Sägezahn erzeugen. Die Geschwindigkeit des LFO kann in drei Bereichen eingestellt werden, von sehr langsamen Verläufen, die von 0,2 Hz bis 3,5 Hz reichen, über mittelschnelle Frequenzen zwischen 2 Hz und 35 Hz, sind mit 20 Hz bis 350 Hz auch sehr schnelle Modulationen möglich, die dann bis in den Audiobereich hinein reichen. Wie für ein Plugin üblich, lässt sich der LFO aber auch zum Host-Tempo synchronisieren. Die LFO-Geschwindigkeit kann übrigens bei Bedarf auch über das Modulationsrad verändert werden.

Zusätzlich zum LFO existiert noch ein separates Sample & Hold-Modul zur Erzeugung zufälliger Modulationen. Sofern man dieses auf die Tonhöhe anwenden möchte, kann man bei Bedarf auch eine Quantisierung einschalten, eine Möglichkeit, die bei der Hardware fehlt.

Die Ausgangssektion lässt sich auf Wunsch ebenfalls übersteuern, außerdem hat man die Wahl zwischen drei verschiedenen Röhren-Modi für den Ausgangsverstärker (Triode, Pentode und Saturated), welche sich klanglich unterscheiden.

Erstaunlicherweise unterschlägt das PDF-Manual völlig die integrierte und regelbare Feedbackschleife, die sich entweder auf den VCO 1, auf den VCO 2, auf die Filterfrequenz oder auf den VCA legen lässt und die eine weitere effektive Möglichkeit darstellt, den Klang anzuzerren oder gar zu zershreddern. Ob die Autoren das wohl ganz einfach vergessen haben…?

KNIF AUDIO KNIFONIUM - Optionsmenü
KNIF AUDIO KNIFONIUM – Optionsmenü

Bei der Bedienoberfläche lässt sich nach oben hin noch ein Optionsmenü ausklappen, in dem sich ein paar grundlegende Einstellungen für das jeweilige Preset vornehmen lassen. So kann man hier einen Unisono-Modus aktivieren, die Anzahl der verfügbaren Stimmen festlegen (eine, zwei, vier oder acht), diverse Optionen für Anschlagsdynamik und Aftertouch festlegen sowie TMT aktivieren. Letzteres steht für „Tolerance Modeling Technology“ und meint eine Simulation der bauartbedingten Abweichungen, die reale analoge Audioschaltkreise und Bauteile aufweisen und die für leichte Variationen im Klangbild verantwortlich sind. Auch wenn das Manual etwas vollmundig angibt, dass andere Synthesizer-Plugins ohne TMT einfach nicht in der Lage seien, einen derart lebendigen Klang zu reproduzieren, so sei hier festgestellt, dass einige andere Hersteller durchaus ebenfalls ähnliche Verfahren bei ihren Analog-Emulationen einsetzen, sie heißen dann dort bloß anders…

Ach ja, bezüglich einer monophonen Spielweise lässt sich noch vermelden, dass beim KNIFONIUM stets die höchste Note Priorität hat. Hier folgt die Software strikt der Hardware, auch wenn sich so mancher Anwender dabei wohl etwas mehr Flexibilität wünschen dürfte, etwa auch die Umschaltmöglichkeit auf eine Last Note Priority.


Aussendienstmitarbeiter…

Bisher nur kurz angedeutet hatte ich die Möglichkeit des KNIFONIUM, auch externe Signale zur Modulation verschiedener Parameter heranzuziehen. Wenngleich in Anlehnung an das Hardware-Vorbild auf der Bedienoberfläche eine Sektion mit der Bezeichnung EXT CV zu finden ist, so handelt es sich hierbei mitnichten um Kontrollspannungen. Vielmehr verfügt die Plugin-Version des KNIFONIUM über zwei Audioaingänge, EXT 1 und EXT 2, über welche Sidechain-Signale eingespeist werden können, eine Ausstattung die bei Instrumenten-Plugins im Gegensatz zu Effekt-Plugins eher selten anzutreffen ist.

Und hier liegt in der Praxis auch die Krux verborgen: Noch lange nicht jede DAW ist in der Lage, diese Audioeingänge auch zu nutzen. Je flexibler hier die Routingmöglichkeiten ausfallen, umso größer ist auch die Chance, dass das tatsächlich funktioniert.

So ist es mir im Test trotz längerer Versuche weder mit STUDIO ONE 4.6.2 noch mit MIXCRAFT 9 gelungen, die Eingänge beim KNIFONIUM anzusprechen.

Mit REAPER funktionierte das dann zwar endlich, allerdings wurde dort das eingespeiste Audiosignal einfach durchgeschliffen und war somit permanent zu hören, auch wenn KNIFONIUM selbst gar nicht angespielt wurde (eine Einstellungs- bzw. Routing-Sache in REAPER?). Der Klang des KNIFONIUMS wurde also immer überlagert und war nicht mehr solo zu vernehmen, was den realen Nutzwert dieser Eingänge hier deutlich schmälerte.

Einzig in meinem letzten Versuch mit BITWIG, dass die Eingänge beim KNIFONIUM ebenfalls anzusprechen vermochte, funktionierte es dann tatsächlich auf Anhieb wie gedacht, das externe Audiosignal ließ sich zu Modulationszwecken verwenden, war aber selbst nicht zu hören, außer wenn es explizit als Signalquelle im Ringmodulator ausgewählt wurde.

Ich muss diesbezügliche Erwartungen hier aber gleich wieder etwas dämpfen, denn der praktische Nutzen war zumindest bei meinen kurzen Versuchen nicht allzu groß. Zwar vermochte ich mit einem externen Audiosignal, sei es von einem Drumloop oder auch von einem anderen Synthesizer-Plugin, das Filter zu beeinflussen und konnte damit auch die Oszillatoren frequenzmodulieren, jedoch erwiesen sich die klanglichen Ergebnisse nur in den wenigsten Fällen auch tatsächlich als musikalisch verwendbar (es sei denn, man steht ausschließlich auf lärmige Noise-Geschichten…), hier muss man sicherlich einige Zeit mit der Auswahl geeigneter Quellen verbringen und ein wenig experimentieren.

KNIF AUDIO KNIFONIUM EXT-In: Drumloop moduliert VCO und VCF

Exemplarisch könnt Ihr im obigen Beispiel einen Techno-Drumloop hören, der zuerst die beiden Oszillatoren und danach das Filter moduliert, im ersten Fall klingt es nach ernsthaften Verdauungsproblemen, im zweiten eher nach einer zünftigen Flatulenz…

KNIF AUDIO KNIFONIUM EXT-In: Drumloops im Ringmodulator

Das Sandstrahlen von in den Ringmodulator eingespeister Drumloops erzeugte hingegen teilweise ganz annehmbare Ergebnisse mit recht viel Edeldreck. Ich habe das mal mit zwei verschiedenen Loops ausprobiert. Zerst hört jeweils Ihr vier Takte lang das Original, anschließend folgt die Bearbeitung durch den Ringmodulator.


Tretminen…

Während das Hardware-KNIFONIUM keinerlei Effekte beherbergt, stellt sein Software-Pendant gleich eine ganze Kette davon bereit, die optisch ein wenig an Effektpedale für Gitarristen erinnern. Die Effekte lassen sich bei Bedarf mittels eigenem Schalter wie schon das Optionsmenü ebenfalls nach oben aus dem Bedienpanel klappen und setzen sich aus abgespeckten Versionen diverser FX-Plugins aus dem Portfolio von PLUGIN ALLIANCE bzw. BRAINWORX zusammen.

KNIF AUDIO KNIFONIUM - Effekte
KNIF AUDIO KNIFONIUM – Effekte

Die Reihenfolge der insgesamt neun Effekte ist nicht fest vorgegeben, sondern kann bequem durch Ziehen mit der Maus an die eigenen Wünsche und Klangvorstellungen angepasst werden. Der Signalfluss innerhalb der Effektkette verläuft dabei immer seriell von links nach rechts. Einzelne Effekte können deaktiviert und damit aus der Kette entfernt werden.

Darüber hinaus lässt sich auch die gesamte FX-Sektion komplett abschalten, was diejenigen begrüßen werden, die lieber ihre bevorzugten externen Effekte verwenden möchten oder die einfach nur ein trockenes Signal wünschen. Allerdings wird dieser Zustand leider nicht mit einem Preset abgespeichert, so dass man gegebenenfalls nicht umhin kommt, darauf zu achten, das die einzelnen Effektmodule tatsächlich deaktiviert sind. Darüber hinaus verkündet das Manual, dass das vollständige Deaktivieren der FX-Sektion presetübergreifend erfolge, man somit also auch ohne jeglichen Effekteinsatz durch die verschiedenen Presets steppen könne. In meinem Test war dies jedoch nicht der Fall, denn ein Presetwechsel schaltete die FX-Sektion stets wieder ein, wenn das betreffende Preset Gebrauch davon machte.

Folgende Einzeleffekte stehen in der Effektkette zur Verfügung: Digital Delay, MÄAG AIR BAND (EQ/Filter), Reverb, Flanger, Chorus, Verzerrer, Phaser, SPL EQ RANGER (Grafik-Equalizer) und Wavefolder. Wie so oft bei Onboard-Effekten in Synthesizer-Plugins gilt auch hier, dass die Qualität für eine derartige Beigabe meines Erachtens ganz in Ordnung ist, jedoch naturgemäß guten externen Spezialisten nicht das Wasser reichen kann. Dies gilt insbesondere für das Reverb, das für meinen Geschmack viel zu blechern ausfällt, aber auch Phaser und Flanger habe ich schon in gefälligerer Ausführung gehört.


Sollbruchstelle…

Das Plugin hat gegenüber seinem Vorbild einen weiteren Zusatz vorzuweisen, nämlich einen Arpeggiator, welcher ja immer wieder gern gesehen wird. Neben diversen Abspielmodi, die anhand anschaulicher Symbol-Schaltflächen ausgewählt werden und zu denen unter anderem auch Akkord- und Zufallswiedergabe zählen, lässt sich auch der Oktavumfang des Arpeggios definieren.

KNIF AUDIO KNIFONIUM - Arpeggiator
KNIF AUDIO KNIFONIUM – Arpeggiator

Eine Hold-Funktion, die das Arpeggio auch nach Loslassen der Keyboardtasten weiterspielt, lässt sich bei Bedarf auch via eines an das Keyboard angeschlossenen Sustain-Pedals aktivieren.

Der Arpeggiator läuft wie üblich synchron zum Host-Tempo, lässt sich aber durch verschiedene Noten-Teiler und mittels einer Swing-Funktion rhythmisch anpassen.

Eine Besonderheit, die sicherlich nicht zur üblichen Ausstattung eines Arpeggiators zählt, stellt der Panning-Modus dar, mit dem die Noten des Arpgeggios im Stereo-Panorama verteilt werden können. Gute Idee! Auch hierbei sind verschiedene Optionen inklusive Zufallsverteilung möglich.


Serviervorschlag…

Wie sehr sich Original und Emulation klanglich tatsächlich ähneln, werde ich euch nicht beantworten können. Es ist wohl keine sonderlich gewagte Annahme, dass meine Hände das Hardwarevorbild niemals berühren werden, es sei denn, ein gewisser Uli B. bringt irgendwann mal einen Klon davon heraus und vertickt diesen dann zum derzeitigen Verkaufspreis des Plugins…

Auch die im Netz verfügbaren Videos mit Darbietungen des Originals sind eher rar gesät, so dass ich auf Grundlage dieser eine enge klangliche Verwandtschaft zum Plugin zwar erkennen kann, mir jedoch keine Mutmaßungen über die tatsächliche Klangtreue zutraue.

Laut Produktbeschreibung auf der PLUGIN ALLIANCE-Webseite bestätigt Jonte Knif, der Erschaffer der Hardware, dass die Emulation vom Klang und vom Verhalten her dem Vorbild entspreche, aber was soll der auch anderes sagen, schließlich wird er wohl kaum ein Plugin schlechtreden, an dem er etwas mitverdient… 😉

Auf jeden Fall können sowohl Hard- als auch Software einen eigenständigen Charakter aufweisen, nicht zuletzt durch die verbauten bzw, emulierten Röhren, wenngleich mich die klanglichen Ergebnisse bisweilen an einen MINIMOOG oder einen POLIVOKS mit einer Überdosis radioaktiver Isotope erinnerten. Zarte, vom audiophilen Schöngeist beflügelte Klanggebilde scheinen also eher weniger das Metier des KNIFONIUM zu sein, das Motto geht hier vielmehr in die Richtung „rau, aber schmerzlich“.

Satte Bässe und Leadsounds mit einer nicht zu knappen Portion Edeldreck gehören zweifellos zu den Stärken, ebenso Drones, stark angezerrte Geschichten sowie allerlei schräge Effekte. Sogar gewisse Chiptune-Anleihen lassen sich hier finden. Im Soundtrack zu „Westworld“ o. ä. könnte ich mir KNIFONIUM ebenfalls gut vorstellen. Für junoesque Streicher, oberheimsche Bläser und sanfte Pads hingegen würde ich persönlich vorzugsweise auf andere Klangquellen zurückgreifen.

Bei meinen Synthesizer-Tests fabriziere ich ja, sofern ich genügend Zeit dafür habe, üblicherweise einen kurzen Track, in dem ausschließlich der jeweilige Testkandidat zum Einsatz kommt. Auch in diesem Fall habe ich keine Ausnahme gemacht, alles was Ihr im folgenden Klangbeispiel zu hören bekommt, stammt allein vom KNIFONIUM, genauer gesagt von insgesamt 15 Instanzen.

Klangbeispiel KNIF AUDIO KNIFONIUM

Fazit:

KNIFONIUM stellt einerseits eine grundsolide Analog-Emulation dar, setzt andererseits für mein Empfinden jedoch keine wirklich neuen Maßstäbe auf diesem Gebiet, was jetzt nicht einmal abwertend gemeint, sondern eher der überstarken Konkurrenz geschuldet ist. Man sollte sich beim Kauf dieses Plugins nicht der Illusion hingeben, dass man sich damit nun einen Synthesizer für 16000,- Dollar auf den Rechner holt, denn auch hier wird nur mit Wasser gekocht… 😉

Vorausgesetzt, dass man sich mit dem bisweilen ein wenig knorrigen und herzhaften Klangbild anfreunden kann, das zwar mal nicht unbedingt etwas für zartbesaitete Gemüter ist, dafür aber im richtigen Kontext genau auf den Punkt kommt, stellt KNIFONIUM durchaus eine Bereicherung für den Plugin-Ordner dar. Als ein absolutes Must-have möchte ich es allerdings jetzt auch nicht bezeichnen, denn dazu gibt es einfach zu viele Alternativen, denen man mit ein wenig zusätzlicher Saturation bzw. Verzerrung nachträglich zu einem halbwegs ähnlichen Klang verhelfen kann.

Die beiden Audioeingänge sehe ich als eine nette Ergänzung, die aber nur bei DAWs mit entsprechend flexiblen Routingmöglichkeiten auch tatsächlich nutzbar sind.

KNIFIONIUM in der Plugin-Version gibt es direkt bei PLUGIN ALLIANCE für 299,- US-Dollar, was ich persönlich für zu hoch angesetzt halte, insbesondere angesichts teilweise deutlich günstigerer potenter Mitbewerber im Bereich der Analog-Emulationen (auch wenn diese keine KNIFONIUM-Hardware nachbilden). Das Warten auf eine der üblichen Rabattaktionen könnte dem Geduldigen hier zugute kommen.

Etwas realistischer finde ich hier schon eher den Preis, den man zahlt, wenn man bereits irgendeinen anderen Synthesizer aus dem dem Portfolio der PLUGIN ALLIANCE erworben hat, namentlich den BRAINWORX bx_oberhausen, den UNFILTERED AUDIO LION oder den DS AUDIO THORN, denn dann werden für KNIFONIUM lediglich 99,99 USD fällig (mehr sollte das Teil meiner Meinung nach eigentlich auch regulär nicht kosten).

PLUGIN ALLIANCE vertreibt auch diverse Abo-Modelle mit monatlicher oder jährlicher Zahlweise, in denen KNIFONIUM bereits ohne Aufpreis enthalten ist, namentlich sind dies das MUSICIAN BUNDLE und das MEGA BUNDLE. Wer, so wie der Verfasser dieser Zeilen ebenfalls, kein sonderlicher Freund derartiger Abonnements ist, der kann das MEGA BUNDLE mit allen Produkten von PLUGIN ALLIANCE übrigens auch dauerhaft erwerben, dieses wird derzeit als „Angebot“ für 8499,99 US-Dollar feilgeboten, der reguläre Verkaufspreis wird mit 19723,- USD angegeben, vielleicht, um die Abos so attraktiver erscheinen zu lassen… 😉

Positives:
+ Analog-Emulation mit solidem Klang
+ einfache Bedienung
+ Audioeingänge (Nutzbarkeit von der DAW abhängig!)
+ Arpeggiator
+ CPU-freundlich
+ Offline-Aktivierung möglich

Negatives:
– relativ hoher regulärer Verkaufspreis


Produktwebseite: https://www.plugin-alliance.com/en/products/knif_audio_knifonium.html