Testbericht: CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – Hallo Spaceboy

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 17.10.2021

CHERRY AUDIO macht jetzt auch in Effekt-Plugins! Dabei ist diese Tatsache an sich weniger eine Überraschung, als vielmehr der unvermittelte Zeitpunkt, mit dem die erste Kreation dieser neuen Machenschaften aufgetaucht ist.

Denn wenn man es genau nimmt, haben die Kalifornier ja auch vorher schon virtuelle Effekte erschaffen, sei es als Module für das hauseigene VOLTAGE MODULAR oder als Onboard-FX ihrer ganzen Synth-Emulationen der vergangenen Monate.

Somit war es eigentlich auch nur eine Frage der Zeit, bis das erste eigenständige Effekt-Plugin von CHERRY AUDIO auf den Markt kam, und das ist nun mit dem hier zu begutachtenden STARDUST 201 TAPE ECHO endlich geschehen.


Bandsalat…

Wieder einmal stellte ein altes und begehrtes Analoggerät der Firma ROLAND die Vorlage für ein Plugin dar. Im vorliegenden Falle des waren es sogar gleich zwei, nämlich das RE-201 SPACE ECHO sowie sein direkter Nachfolger, das RE-301 CHORUS ECHO. Das STARDUST 201 TAPE ECHO vereint somit Merkmale und Funktionen beider Gerätschaften unter einer Haube.

Damals war die Hardware noch etwas größer und gewichtiger, und so erhielt man auch bei ROLAND ein paar recht klobige und schwere Gerätschaften für sein Geld.

ROLAND RE-201 und RE-301
ROLAND RE-201 und RE-301

Das RE-201 erschien im Jahre 1974 und wurde schnell beliebt für seine analogen Echo-Effekte, die auf dem Prinzip der Bandschleife basieren. Dabei läuft – sehr vereinfacht ausgedrückt – ein freilaufendes Endlostonband im Inneren des Geräts, auf dem die jeweiligen Echowiederholungen mittels dreier Schreib- und Leseköpfen zwischengespeichert werden. Man kann sich vorstellen, dass der auf diese Weise erzeugte Klang sich schon allein aufgrund von mechanischen Einflüssen wie etwa Gleichlaufschwankungen, verstellten Tonköpfen oder Bandabnutzung sehr deutlich von den mittels Digital-Delay produzierten Ergebnissen unterscheidet.

ROLAND RE-201 - Bandschleifentransport
ROLAND RE-201 – Bandschleifentransport

Für die Hall-Effekte, die sich mit dem dem RE-201 ebenfalls erzeugen ließen (separat oder in Kombination mit dem Bandecho), hatte ROLAND das Gerät mit einer zusätzlichen Hallspirale ausgestattet. Auch dieser Federhall unterscheidet sich klanglich recht stark von elektromechanischen Hallplatten oder digitalen Reverberatoren.

Das ab 1977 erhältliche RE-301 hatte ROLAND unter anderem noch um einen Chorus-Effekt auf Basis der sogenannten Eimerkettenspeicherung (alias BBD) ergänzt.

Das RE-201 und seine Geschwister fand im Laufe der Jahre bei so vielen Musikern Anklang, dass es wohl eine sehr lange Liste würde, wenn ich hier alle aufzählte. Auch heutzutage zählt das Gerät für einige noch zu den unverzichtbaren Tools im Studio.

Angesichts des steigenden Alters, des damit verbundenen Wartungsaufwands, aber auch der immer weniger Geräte zu immer höheren Gebrauchtmarktpreisen rücken damit zunehmend moderne Alternativen ins Licht, nicht zuletzt in Form von Emulationen. CHERRY AUDIO ist sicherlich nicht die erste Plugin-Schmiede, die sich des RE-201 angenommen hat, aber das STARDUST 201 TAPE ECHO stellt zumindest den derzeit jüngsten Versuch einer virtuellen Nachbildung dar.


Sternenstaub

Schon anhand seiner grundsätzlichen Eigenschaften lässt sich das STARDUST 201 schon als ein CHERRY AUDIO-Plugin identifizieren.

Der Effekt setzt ein 64-Bit-System voraus, während man bei WINDOWS ab Version 7 dabei ist, benötigen Apfelnutzer beim macOS mindestens die Version 10.9 und können bei Bedarf auch einen aktuellen M1-Prozessor verwenden, dieser wird nativ unterstützt.

An Plugin-Formaten werden VST2, VST3, AAX sowie AU geboten, wie üblich habe ich in meinem Test wieder einmal nur die VST-Plugins für WINDOWS berücksichtigt. Getestet habe ich STARDUST 201 auf meinem stationären Studiorechner (CPU i7-4790K mit 4 x 4,0 GHz, 16 GB RAM) sowie auf unserem Allround-Laptop (CPU i5-4200m mit 2 x 2,50 GHz, 4 GB RAM), auf beiden läuft WINDOWS 10 PRO in der zum Testzeitpunkt aktuellsten Version.

Das STARDUST 201 TAPE ECHO CHERRY AUDIO möchte vor der ersten Benutzung nach der Installation gerne Kontakt zum CHERRY AUDIO-Server aufnehmen, um von dort noch einige Daten herunterzuladen (aktuelle Presets?). Daher wird auf dem Host-Rechner auch eine Internetverbindung benötigt, nicht alleine nur dafür, sondern auch für die obligatorische Freischaltung der gekauften Lizenz (eine Möglichkeit zur Offline-Aktivierung existiert nicht) mit Hilfe der Account-Zugangsdaten. Ansonsten läuft das Plugin nämlich nur im Demo-Modus, der hier übrigens lediglich sieben Tage währt und bei dem der Nutzwert durch ein periodisches Störsignal eingeschränkt wird.

CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO
CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO

Die Bedienoberfläche des STARDUST 201 ist frei skalierbar und bietet eine Auswahl zwischen vier verschiedenen Farbgebungen, hier THEMES genannt. Neben der grünen, dem RE-201 nachempfundenen Variante gibt es auch eine blaue, eine silberne sowie eine schwarz-orange, welche an das ROLAND RE-501 erinnert, einem der Nachfolger des RE-201.

CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO - Farbvarianten
CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – Farbvarianten

Eine FOCUS-Funktion, wie CHERRY AUDIO sie in seinen jüngsten Synthesizer-Plugins integriert hat, gibt es beim STARDUST 201 nicht, denn die vergleichsweise überschaubare Anzahl an Parametern macht eine solche einfach überflüssig.

Die sogenannte TOP TOOLBAR, die sich auch in den früheren Plugins der Firma wiederfindet bietet Zugriff auf diverse Funktionen und Einstellungen. So finden wir hier etwa Schaltsymbole für UNDO und REDO, aber auch für die MIDI-Learn-Funktion. Letztere präsentiert sich in gewohnt umfangreicher Ausstattung, die unter anderem auch eine Feinjustierung der vorgenommenen Mappings ermöglicht, inklusive bestimmbarer minimaler und maximaler Regelwerte sowie non-linerarer Verläufe bei den Regelkurven.

CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO - MIDI-Learn
CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – MIDI-Learn

Noch ein paar Worte zur MIDI-Steuerung der Parameter beim STARDUST 201: Wie bei allen Effekt-Plugins hat hierbei der verwendete Host einen großen Einfluss auf die Nutzbarkeit dieser Funktion. Während einige DAW-Programme (etwa STEINBERG CUBASE oder ACOUSTICA MIXCRAFT) eingehende MIDI-Daten ohne Umschweife auch an Effekte weiterleiten und damit eine sofortige Nutzung von Controllern erlauben, benötigen andere (so auch PRESONUS STUDIO ONE) dazu noch eine gesondert eingerichtete MIDI-Spur, die auf das Effekt-Plugin verweist, und wieder andere (APPLE LOGIC) ermöglichen eine Steuerung von Effekt-Parametern via MIDI gar nicht direkt, sondern nur „von hinten durch die Brust ins Auge“. Im letzten Fall, also für LOGIC, erklärt das Manual zum STARDUST 201 aber die beiden möglichen Lösungswege.

CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO - Settings
CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – Settings

Im dreiteiligen Settings-Menü werden globale Einstellungen vorgenommen, beispielsweise kann hier festgelegt werden, ob sich die Parameter auch mit dem Mausrad ändern lassen, wo die Presets abgelegt werden sollen, welches THEME aktiv ist oder wie mit möglichen Updates umgegangen werden soll. Die persönlichen Zugangsdaten zur Aktivierung der Lizenz finden sich ebenfalls hier.

CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO - Oversampling-Einstellungen
CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – Oversampling-Einstellungen

Beim STARDUST 201 TAPE ECHO lässt sich über die TOP TOOLBAR auch den Faktor für das interne Oversampling festlegen, die möglichen Optionen reichen von der Default-Einstellung 1x bis hin zu 4x, was der höchsten Klangqualität entspricht. Auch bei einem vierfachen Oversampling bewegte sich der Ressourcenhunger des Plugins in einem moderaten Rahmen, womit dem STARDUST 201 also durchaus eine CPU-Freundlichkeit bescheinigt werden kann.

CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO - Preset-Browser
CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – Preset-Browser

Das STARDUST 201 verfügt auch über einen Preset-Browser, der Kennern anderer CHERRY AUDIO-Plugins sicherlich sehr bekannt vorkommen dürfte. Die Presets finden Unterschlupf in verschiedenen Kategorien, lassen sich über ihren Namen suchen oder in einer persönlichen Favoritenliste zusammenfassen. Der Browser schließt sich normalerweise nach der Auswahl eines Presets sofort wieder, wen das stört, der kann dieses Verhalten mit einem Klick auf das Pin-Symbol auch unterbinden.


Sonnenwind

Der Signalfluss innerhalb des STARDUST 201 TAPE ECHO verläuft exakt so, wie er er sich auf der Bedienoberfläche von links nach rechts darstellt. Nach dem Passieren der Eingangsektion durchläuft das Audiosignal zunächst den Chorus, anschließend das Delay und danach das Reverb sowie die Klangregelung.

Das Plugin lässt sich zwischen Mono- oder Stereobetrieb umschalten, wobei diese beiden Optionen ausschließlich den Effektweg betreffen, während das trockene Signal stets unangetastet bleibt, eingehende Stereosignale also auch in der Monobetriebsart nicht etwa auf nur einen Kanal reduziert werden.

Der Eingangspegel lässt sich regeln und kann bei Bedarf auch bis in die Übersteuerung gefahren werden, um dem Audiosignal noch eine analogartige Verzerrung mit auf den Weg zu geben. Das virtuelle VU-Meter nebst simulierter Overload-LED informiert über den Gesamtausgangspegel des Plugins.

Die danach folgende CHORUS-Sektion lässt sich wie auch das Delay und das Reverb separat zuschalten und kommt mit den zwei Reglern RATE (Modulationsgeschwindigkeit) und INTENSITY (Modulationsstärke) aus. Die Geschwindigkeit lässt sich in einem Bereich von 0,10 Hz bis 0,53 Hz einstellen.

Der Chorus-Effekt wurde nach dem Vorbild eines Bucket Brigade Device (BBD) modelliert, also nach dem Verfahren einer Eimerkettenspeicherung. In der Stereobetriebsart des STARTDUST 201 kommen zwei voneinander unabhängige und phaseninvertierte Chorus-Einheiten zum Einsatz, jeweils eine pro Kanal.

CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO - Theme Blue
CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – Theme Blue

Nach dem Chorus wandert das Audiosignal in die namensgebende ECHO-Abteilung des STARTDUST 201 TAPE ECHO. Diese wurde gegenüber der Hardware noch um ein paar Funktionen erweitert.

Am auffälligsten präsentiert sich der große mit MODE betitelte Drehwahlregler (der beim RE-201 übrigens MODE SELECTOR heißt und als Namensgeber für ein bekanntes Elektromusik-Duo diente…). Kenner der Hardware oder anderer Emulationen des RE-201 dürften sofort bemerken, dass es hier lediglich sieben statt elf Auswahlmöglichkeiten gibt (beim RE-301 sind es bloß sechs).

Dies stellt jedoch nur auf den ersten Blick eine Einschränkung dar, denn während sich beim RE-201 vier reine Echo-Modi, sieben kombinierte Reverb/Echo-Modi und ein Reverb Only-Modus finden, lässt sich beim STARDUST 201 das Reverb bei allen sieben Echo-Modi dazuschalten (oder unabhängig davon benutzen), was laut somit Adam Riese ganze fünfzehn verschiedene Betriebsarten ergibt.

MODE bestimmt hier, welche der drei simulierten Tonköpfe (HEADS) bzw. Kombinationen davon jeweils zum Einsatz kommen, was auch durch die entsprechenden virtuellen LEDs angezeigt wird (also 1, 2, 3, 1+2, 2+3, 1+3 und 1+2+3). Die Tonköpfe unterscheiden sich dabei in den Delayzeiten. Während HEAD 1 der mittels REPEAT RATE eingestellten Basiszeit entspricht, multipliziert HEAD 2 diese mit dem Faktor 1,94 und HEAD 3 mit dem Faktor 2,85.

Der REPEAT RATE-Regler lässt sich auch im laufenden Betrieb drehen und erzeugt dann die damit einhergehenden bekannten Tonhöhenänderungen. Der RATE RANGE-Schalter ermöglicht eine Ausweitung des Regelbereichs auf das Vierfache gegenüber dem Original. In konkreten Zahlen bedeutet dies, dass HEAD 3 im Normalbetrieb eine maximale Delayzeit von 500 Millisekunden aufweist, während es in der WIDE-Stellung bis zu 2000 Millisekunden (also ganze zwei Sekunden) sind. Ein Synchronisierung der Delayzeit zum Host-Tempo ist bei Bedarf ebenfalls möglich.

Mit dem INTENSITY-Regler lässt sich das Feedback einstellen, also die Anzahl der Echo-Wiederholungen. Dreht man diesen Regler auf „volle Kanne“, dann schaukelt sich das Echo schnell zu einer unendlichen Übersteuerung auf, drum Obacht! Dieser Effekt lässt sich aber auch kreativ nutzen.

Die Lautstärke des Echos lässt sich separat regeln, und wer das STARDUST 201 gerne als Send-Effekt in der DAW einsetzen möchte, der wird den Schalter begrüßen, mit dem sich das trockene Direktsignal komplett ausschalten lässt.

CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO - Theme Silver
CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – Theme Silver

Das STARDUST 201 wartet noch mit ein paar Extras auf, mit denen sich die Wiedergabegeschwindigkeit und damit auch die Tonhöhe manipulieren lässt.

Der MOTOR-Schalter etwa bildet die markanten Tonhöhenwechsel nach, die durch Abbremsen und Anlaufen des Bandtransports entstehen, indem das Aus- und Einschalten des Antriebs simuliert wird. Damit kann dann auch der bekannte Tape Stop-Effekt erzielt werden.

Die MOD-Sektion generiert ebenfalls Tonhöhenänderungen, hier allerdings automatisiert mit Hilfe eines Sinus-LFO, dessen Geschwindigkeit von 0,1 Hz bis 10 Hz reicht. Die Mosdulationsintensität ist ebenfalls einstellbar. Kennt von Euch noch jemand die alte Sci-Fi-Hörspielserie „Commander Perkins“ aus den 1970ern und kann sich an diese telepatische Stimme erinnern, die ganz zu Beginn der ersten Folge zu hören ist und Ralph in den Dimensionsbrecher lockt? Genau so etwas lässt sich sich unter anderem mit eben diesem LFO erzeugen.

WOW/FLUTTER schließlich ahmt sowohl die langsamen als auch die unvermittelten Gleichlaufschwankungen nach, mit denen analoge Tonbandgeräte nicht selten zu kämpfen haben. Dadurch entstehen ebenfalls Tonhöhenvariationen, jedoch auf eine viel subtilere Weise, die dem Audiosignal zu mehr Lebendigkeit verhelfen können. Die Stärke dieses Effekts lässt sich stufenlos regeln.

CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO - Theme Orange
CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – Theme Orange

Die REVERB-Abteilung ist sehr einfach ausgestattet und bietet neben seinem Ein-/Ausschalter lediglich einen Regler für den Hallpegel. Emuliert wird hier ein Federhall, logisch, denn ein solcher findet sich ja auch schon beim Original.

Die zweibandige Klangregelung (TONE) umfasst je einen Regler für die tiefen und für die hohen Frequenzen, auch dies entspricht den Möglichkeiten bei der Hardware. Beeinflusst wird davon beim STARDUST 201 ausschließlich das Echo bzw. der Hall, weder das trockene Signal, noch die Chorus-Sektion erfahren eine Klangbearbeitung durch diese beiden Regler. Ein zusätzlicher Schalter bietet die Wahl, ob die Klangregelung das Echo und das Reverb gemeinsam oder lediglich das Echo alleine betrifft.

Damit haben wir die editierbaren Parameter des STARDUST 201 auch schon abgehandelt.


Oortsche Wolke…

Ein echtes RE-201 oder RE-301 ist mir niemals persönlich untergekommen, ich kenne ausschließlich einige Emulationen anderer Hersteller. Insofern ist meine klangliche Bewertung wieder einmal ausschließlich subjektiver Natur und nicht durch irgendwelche analytischen Messwerte untermauert (ist ja eigentlich fast immer so…).

Letztendlich erzeugt das STARDUST 201 so ziemlich genau den Effekt, den man mit einem analogen Bandecho aus den 1970ern in Verbindung bringen dürfte, einen etwas außerweltlichen Klang, der manchmal ausgesprochen stark an alte Science Fiction-Filme und -Hörspiele erinnert. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass mit dem Plugin lediglich Vintage- und Retro-Sounds von anno Tobak möglich sind, es macht sich durchaus auch in modernen Produktionen und in aktuellen Musikstilen gut.

Das Spring-Reverb wäre für den reinen Solo-Einsatz jetzt nicht unbedingt meine erste Wahl, zumindest nicht für Drums und dergleichen, auf andersgearteten Signalen und im Zusammenspiel mit den anderen Sektionen ist es jedoch durchaus brauchbar. Den Chorus finde ich wiederum recht gelungen, er ist nicht so eine übertriebene Eiermaschine, sondern eher dezent, so dass er besonders dann auffällt, wenn man er nach dem Abschalten plötzlich fehlt, eigentlich ein gutes Zeichen!

Für das erste Klangbeispiel habe ich exakt denselben viertaktigen Drumloop verwendet, den ich seinerzeit bereits beim Test der ARTURIA FX COLLECTION 2 im Einsatz hatte, ganz einfach deshalb, damit der geneigte Interessent bei Bedarf einen direkten Vergleich mit dem dort begutachteten DELAY TAPE-201 anstellen kann, obgleich bei beiden natürlich jeweils unterschiedliche Presets und Einstellungen Verwendung fanden. Der erste Durchlauf dieses Drumloops ist trocken, anschließend folgt nach jeweils vier Takten ein Preset-Wechsel. Zunächst hört Ihr nur den Chorus, dann nur das Reverb und in den letzten sieben Durchläufen das Tape Echo bzw. diverse Kombinationen aller Sektionen.

Klangbeispiel CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – Drumloop

Als Kontrast dazu habe ich auch noch mal ein kleines Sprachsample aus der Retorte durch das STARDUST 201 gejagt, auch hier ist wieder der erste Durchlauf unbearbeitet, der zweite nur mit Chorus und der dritte nur mit Reverb bearbeitet.

Klangbeispiel CHERRY AUDIO STARDUST 201 TAPE ECHO – Vox

Beim STARDUST 201 ist mir noch aufgefallen, dass die Echo-Sektion dem Signal einen leichten Rauschteppich hinzufügt. Wenn man nur den Chorus und/oder das Reverb verwendet, dann fällt dieses Rauschen komplett unter den Tisch, es ist jedoch hörbar, sobald das Echo aktiviert wird. Mag ja sein, dass ein solches Rauschen zur authentischen Emulation eines Bandechos dazugehört, hier fände ich es allerdings sinnvoller, wenn es sich nur bei entsprechendem Bedarf hinzublenden ließe, so wie es etwa beim ARTURIA DELAY TAPE-201 der Fall ist.


Kuipergürtel

Das STARDUST 201 TAPE ECHO steht nun nicht gerade auf weiter Flur allein dar, gab und gibt es doch bereits zahlreiche andere Plugins, die sich dem Thema RE-201-Emulation verschrieben haben, beispielsweise von UAD, IK MULTIMEDIA, AUDIOTHING, GSI oder ARTURIA.

Die Mitbewerber bieten zum Teil noch ein paar mehr Stellschrauben als das STARDUST 201, bei manchen lassen sich sogar das Alter der Bandschleife definieren oder die einzelnen Tonköpfe justieren, natürlich nur virtuell. Ob man derartige Feineinstellungen auch tatsächlich benötigt, muss jeder für sich selbst entscheiden, ich persönlich kann auf so etwas durchaus verzichten. Auf jeden Fall hat das STARDUST 201 gegenüber der Konkurrenz den Vorteil, dass es deutlich günstiger in der Anschaffung ist.

Klanglich scheint es durchaus gewisse Unterschiede zwischen den einzelnen Vertretern zu geben, die sich vielleicht zumindest auch dadurch erklären lassen, dass die verschiedenen Software-Schmieden ja nicht ein und dasselbe Hardwaregerät als Referenz benutzt haben und somit auch nicht identisch klingendes Ausgangsmaterial die Basis aller Emulationen darstellt.

Hier in meinem Testlabor habe ich mangels Verfügbarkeit aller Konkurrenten nur einen kleinen, nicht repräsentativen Klangvergleich zwischen dem STARDUST 201 TAPE ECHO, dem ARTURIA DELAY TAPE-201 und der inzwischen längst durch einen verbesserten Nachfolger ersetzten ersten Version des GSI GS-201 angestellt, lediglich zur Befriedigung meiner persönlichen Neugier. Dazu habe ich die drei Kandidaten einmal mit einzelnen perkussiven TR-808-Klängen gefüttert.

Zunächst einmal musste ich feststellen, dass identische Reglerstellungen bei allen drei Plugins keineswegs zu denselben Ergebnissen führten, hier war noch etwas Feinjustierung nach Gehör angesagt, zumal die alte Version des GS-201 auch noch über keinen Tempo-Sync verfügte.

Bei der Emulation des reinen Bandechos fielen die klanglichen Unterschiede gar nicht mal so groß aus, sie waren zwar vorhanden, aber bewegten sich eher im Bereich einzelner Nuancen. Zu einem großen Teil erhielt ich bei entsprechend angepassten Einstellungen sogar nahezu identische Ergebnisse, wobei sich das STARDUST 201 hier bisweilen durch seinen immanenten Rauschteppich ein klein wenig von den anderen Plugins abhob.

Was hingegen die einzelnen Federhallnachahmungen angeht, so waren die klanglichen Differenzen zwischen den drei Vertretern doch ungleich höher und stets deutlich vernehmbar. Das Spring-Reverb des STARDUST 201 erschien mir hier körniger im Sound. Welches Klangverhalten jetzt mit Bezug auf das RE-201 am authentischsten ausfällt, vermag ich leider nicht zu sagen, ich habe hier ja schließlich nicht das Original für einen Vergleich zur Verfügung.


Fazit:

CHERRY AUDIOs Einstand in der Welt der Effekt-Plugins kann als gelungen angesehen werden. Für nur wenig Taler erhält man hier die Emulation eines beliebten analogen Bandechos, das eine gehörige Portion Vintage-Flair in den Mix bringt.

Das Plugin wurde an den meiner Meinung nach richtigen Stellen gegenüber dem Vorbild aufgebohrt, ohne dabei mit einem übertrieben wirkenden Feature-Set zu verwirren und den Workflow auszubremsen. Ich vermisse lediglich eine Option zum Abstellen des Rauschteppichs in der Echo-Sektion.

Klar, wer nun schon eine ähnliche Emulation eines anderen Hersteller sein Eigen nennt, und damit prinzipiell zufrieden ist, der benötigt CHERRY AUDIOs Neuling nicht unbedingt, andererseits schadet ein Test der Demoversion ja schließlich nicht, und in wessen Plugin-Ordner noch gar kein Space Echo residiert, der findet mit mit dem STARDUST 201 eine recht ansprechend klingende Lösung, die auch zu einem schmalen Geldbeutel kompatibel ist.

Das STARDUST 201 TAPE ECHO wird sowohl bei CHERRY AUDIO als auch bei anderen Online-Shops zum Einführungspreis von 19,- US-Dollar (aktuell ca. 16,40 Euro) feilgeboten, der reguläre Verkaufspreis, wenn er denn jemals kommt, soll 29,- USD betragen (etwa 25,- Euro).

Wer bereits den kürzlich erschienenen MERCURY-4 erworben hat (in dem ja schon die selben Effekt-Algorithmen werkeln), erhält das STARDUST 201 TAPE ECHO sogar zu einem Extrapreis von gerade mal 10,- USD angeboten, das ist dann schon wirklich ein No-Brainer!


Positives:
+ guter Grundklang
+ leicht erlernbare Bedienung
+ Oversampling-Funktion zur Klangverbesserung
+ umfangreiche MIDI-Learn-Sektion
+ CPU-freundlich (bei einfachem Oversampling)
+ günstiger Verkaufspreis

Negatives:
– keine Offline-Aktivierung bzw. -Installation möglich
– leichter, nicht deaktivierbarer Rauschteppich in der Echo-Sektion


Produktwebseite: https://cherryaudio.com/products/stardust-201