Testbericht: RHIZOMATIC SOFTWARE SYNTHESIS PLASMONIC

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Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 07.01.2023

Bei der überwiegenden Mehrheit der virtuellen Synthesizer, die ich in den den letzten Jahren getestet habe, handelte es sich um Emulationen klassischer Geräte mit subtraktiver Klangarchitektur. Daher freue ich mich umso mehr, mit dem PLASMONIC der kleinen in Frankreich ansässigen Firma RHIZOMATIC SOFTWARE SYNTHESIS endlich wieder mal ein Original mit eigenständiger Klangerzeugung in meinen Testlabor begrüßen zu dürfen.


Erbfolge…

Wer RHIZOMATIC für einen Newcomer auf dem Pluginmarkt hält, der könnte wohl kaum weiter daneben liegen. Denn dahinter verbirgt sich niemand anderes als der aus den USA stammende Brian Clevinger. Eingeweihte wissen, dass es sich dabei um den Entwickler des legendären ABSYNTH handelt, das wiederum eines der ältesten kommerziellen Synthesizer-Plugins überhaupt darstellt und mittlerweile schon über zwanzig Jahre auf dem Buckel hat.

ABSYNTH hat über die Jahre hinweg eine großen Fangemeinde gewonnen und es sogar zu einem eignen WIKIPEDIA-Artikel gebracht, eine Ehre, die wohl nicht allzu vielen Plugins zuteilwird.

Wie Andreas hat in seinem Testbericht zu KOMPLETE 14 erst unlängst mit großem Bedauern feststellen musste, scheint NATIVE INSTRUMENTS, das ABSYNTH seit 2001 exklusiv vertreibt, das Plugin inzwischen aus dem Verkehr gezogen zu haben, anstatt es weiter upzudaten. Was liegt da näher, als sich gleich bei seinem eigentlichen Schöpfer nach einem angemessenen Ersatz umzuschauen.

PLASMONIC ist zwar nicht zuletzt durch seine äußere Gestaltung und insbesondere durch seine toxisch grüne Farbgebung schon optisch als ein Spross von BRIAN CLEVINGER zu erkennen, stellt allerdings mitnichten bloß ein umgelabelter ABSYNTH in neuem Gewand dar. Vielmehr haben wir es hier mit einer kompletten Neuentwicklung zu tun, die über einen durchaus eigenständigen Klang verfügt. Doch der Reihe nach..


Basisvektoren

Der erste große Unterschied zwischen ABSYNTH und PLASMONIC ist bereits an der Dateigröße des Installers erkennbar. Während dieser bei ABSYNTH so im Bereich um einem Gigabyte herum liegt, beträgt sie bei PLASMONIC gerade mal etwas mehr als 30 MB (betrifft die WINDOWS-Version, nur diese habe ich getestet), was auch darin begründet sein mag, dass Letztgenannter ohne umfangreichen Sample-Content auskommt.

Bei der Installation wird übrigens auch eine ausführliche englischsprachige Bedienungsanleitung im PDF-Format auf dem Rechner abgelegt, die auch aus PLASMONIC heraus aufrufbar ist.

PLASMONIC ist eine 64-Bit-Software für WINDOWS und macOS. Neben einer Standalone-Version gibt es für beide Betriebssysteme ausschließlich VST3-Plugins sowie für APPLE-User zusätzlich noch das AU-Format. APPLE SILICON-Prozessoren werden ebenfalls unterstützt.

Nach der Installation ist für eine dauerhafte Nutzung von PLASMONIC noch eine Aktivierung erforderlich. Diese erfolgt mittels der Seriennummer, die man beim Kauf erhalten hat. Dabei (und nur dabei) ist auch eine Internetverbindung vonnöten, eine reine Offline-Aktivierung ist leider nicht möglich. PLASMONIC kann mit einer Lizenz auf bis zu drei Rechnern aktiviert werden, dabei darf das Plugin aber jeweils nur auf einem Computer gleichzeitig benutzt werden, eine etwas merkwürdige Regelung.

Ich habe PLASMONIC wie üblich auf meinem Studiorechner mit i7-4790K-CPU (4 x 4,0 GHz) und 16 GB RAM unter WINDOWS 10 getestet. Fabei erwies er sich als ausgesprochen genügsam im Umgang mit den Rechner-Ressourcen. Auch mein Klangbeispiel mit 18 parallelen Instanzen erzeugte nur einen geringen Ausschlag im CPU-Meter von STUDIO ONE.

RHYZOMATIC PLASMONIC
RHYZOMATIC PLASMONIC

Die Bedienoberfläche von PLASMONIC wird vermutlich keine Schönheitspreise abräumen. Auf den ersten Blick sieht man nicht unbedingt, dass es sich dabei um einen Synthesizer handeln soll, es könnte auch die Steuerkonsole aus einem zeitgenössischen Sci-Fi-Film sein.

Wenn man allerdings ein wenig mit PLASMONIC arbeitet, wird man schnell feststellen, dass es gar nicht immer die üblichen fotorealistischen virtuellen Drehregler und Fader sein müssen, PLASMONIC ist ja schließlich keine Vintage-Emulation. Der größte Teil der Parameter wird über sogenannte Slider eingestellt und RHIZOMAZIC hat dafür gesorgt, dass diese sich sehr schnell und präzise bedienen lassen.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Slider
RHYZOMATIC PLASMONIC – Slider

Die Slider erlauben nämlich sowohl recht grobe als auch fein abgestufte Parameter-Änderungen, abhängig davon in welchen ihrer Bereiche man klickt. Grobe Einstellungen lassen sich durch Anklicken, Ziehen des Sliders in der linken (bei einem horizontalen Slider) bzw. in der unteren (bei einem vertikalen Slider) Hälfte vornehmen, während das Finetuning über die rechte bzw. die obere Hälfte erfolgt.

Darüber hinaus können auch das Mausrad und die Pfeiltasten für die Parameter-Einstellung verwendet werden, zudem können Werte auch direkt über die alphanumerische Computertastatur eingegeben werden. Übrigens sind Sliders, die Audioparameter verändern, blau eingefärbt und Sliders, die der Kontrolle von Modulationsparametern dienen, grün. Aktive Modulationen werden mittels kleiner Animationen am Sliderrand dargestellt.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Macro Setup
RHYZOMATIC PLASMONIC – Macro Setup

PLASMONIC erlaubt zwar nicht die volle Kontrolle aller Parameter via MIDI-Controller, immerhin befinden sich am unteren Rand aber acht Macro-Slider, die jeweils mehrere Parameter auf einmal zu steuern vermögen und die über ein eigenes Setup-Menü verfügen, in dem auch eine MIDI-Learn-Funktion zur Anbindung an einen Controller existiert.

MPE wird bei PLASMONIC ebenfalls großgeschrieben und ermöglicht die Steuerung zahlreicher Parameter. Die Werkspreset sind daher auch allesamt darauf ausgelegt. Leider verfüge ich über keinen entsprechenden MPE-Controller, gerne hätte ich PLASMONIC einmal mit einem solchen getestet.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Grundeinstellungen
RHYZOMATIC PLASMONIC – Grundeinstellungen

Wie heutzutage üblich, lässt sich die Bedienoberfläche auch skalieren, PLASMONIC bietet dafür in einem Einstellungsmenü mehrere Stufen an. Weitere Grundeinstellungen lassen sich bei den sogenannten Performance Settings vornehmen, so etwa die maximal verfügbare Anzahl an Stimmen (vier bis sechzehn Stimmen), ein monofoner Modus oder der Import von Micro-Tuning-Dateien.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Performance Settings
RHYZOMATIC PLASMONIC – Performance Settings

In der Standalone-Version lassen sich hier auch noch das Audio- und das MIDI-Interface konfigurieren.

Der Preset-Browser bietet verschiedene Klangkategorien und das schnelle Anlegen von Favoriten mittels Sternchen-Symbol. Anzeigen lassen sich wahlweise die Factory Presets, eigene Presets sowie die erwähnten Favoriten.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Preset-Browser
RHYZOMATIC PLASMONIC – Preset-Browser

Zu jedem Preset kann auch der Name des Erstellers sowie gegebenenfalls eine weitere Beschreibung hinzugefügt werden. RHIZOMATIC liefert eine große Anzahl an Klängen mit, die verschiedene Bereiche abdecken und als sehr gelungen bezeichnet werden können.


Quellenangabe…

Die Soundarchitektur von PLASMONIC greift auf vier Klangquellen zurück: Zwei identisch ausgestattete Wavetable-Oszillatoren (A und B), ein Impulsgenerator sowie ein Rauschgenerator.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Oszillatoren
RHYZOMATIC PLASMONIC – Oszillatoren

Jeder Oszillator lässt sich in Halbtonschritten transponieren. Neben der Auswahl des gewünschten Wavetables gibt es Einstellmöglichkeiten für Shape (Position innerhalb des Wavetables), Symmetry (entspricht der Pulsweite, ist hier jedoch für alle Wellenformen verfügbar) und Fold (erzeugt klangliche Effekte ähnlich denen einer Oszillatorsynchronistation). Kleine Displays zeigen die aktuelle Wellenform in Echtzeit an. Zudem ist der Ausgangspegel der Oszillatoren regelbar und ihre Phasenlage lässt sich bei Bedarf mit jedem erneuten Tastenanschlag auf null zurücksetzen.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Wavetables
RHYZOMATIC PLASMONIC – Wavetables

Die Anzahl der mitgelieferten Wavetables erscheint mit gerade mal 13 Exemplaren vielleicht nicht allzu hoch, zumindest im Vergleich mit den etablierten Wavetable-Synths auf dem Markt, und ist von Anwenderseite auch nicht erweiterbar, mithilfe der oben erwähnten Waveshaper lassen sich daraus aber ein weitaus größeres Spektrum an Klängen formen, als man zunächst annehmen möchte.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Impulsgenerator
RHYZOMATIC PLASMONIC – Impulsgenerator

Der Impulsgenerator dient dazu, das eingebaute Resonator-Modul „anzupingen“. Dazu verfügt er über eine Auswahl an transientenreichen kurzen Samples. Genauer gesagt handelt es sich dabei um in Keygroups angeordnete Multisamples. Über den Tone-Regler lässt sich zwischen den einzelnen Samples einer Keygroup überblenden, dies lässt sich auch via Anschlagsdynamik kontrollieren. Eigene Samples zur Erweiterung lassen sich zwar nicht laden, ich habe eine derartige Möglichkeit im Testverlauf allerdings auch nicht vermisst.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Impulse-Modi
RHYZOMATIC PLASMONIC – Impulse-Modi

Neben einer Transposition in Halbtonschritten lässt sich auch festlegen, ob das ausgewählte Sample der jeweils gespielten MIDI-Note folgen soll (Pitch Track). Das Sample kann sowohl mit einer festen Tonhöhe abgespielt werden als auch mit den üblichen zwölf Halbtönen pro Oktave gespielt werden, aber auch irgendwelche krummen Wertebereiche dazwischen können eingestellt werden, zum Beispiel 5,73 Halbtöne pro Oktave. Die Lautstärke ist auch hier wieder frei regelbar.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Trigger Sources
RHYZOMATIC PLASMONIC – Trigger Sources

Die Impulse lassen sich durch verschiedene Quellen auslösen, bei Bedarf auch durch mehrere gleichzeitig. Die Auswahl erfolgt über ein eigenes Menü namens Trigger Sources, welches sich hinter dem T-Symbol verbirgt. Auch an einigen anderen Stellen von PLASMONIC, etwa bei Hüllkurven oder den LFOs finden wir vergleichbare Menüs zur Definition von Auslösern.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Rauschgenerator
RHYZOMATIC PLASMONIC – Rauschgenerator

Der Rauschgenerator schließlich stellt rosa Rauschen zur Verfügung und kombiniert dieses mit einem eigenen, resonanzfähigen (keine Selbstoszillation) Tiefpassfilter mit einer Flankensteilheit von 12 dB pro Oktave. Außer Grenzfrequenz und Resonanz lässt sich auch das Keytracking und der Pegel einstellen.


Filtrationslager…

PLASMONIC bietet zwei verschiedene Filter-Module, den oben bereits erwähnten Resonator sowie ein Multimode-Filter, das eine klassische Ladder-Schaltung mit einer Reihe an unterschiedlichen Typen emuliert.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Filter-Input
RHYZOMATIC PLASMONIC – Filter-Input

Bei beiden Modulen lässt sich für jede der eben beschriebenen vier Klangquellen festlegen, ob sie das jeweilige Filter durchlaufen soll oder nicht. Darüber hinaus kann man auch das Signal-Routing zwischen Resonator und Ladder-Filter einstellen, neben einem Parallelbetrieb kann auch das Ausgangssignal des Ladder-Filters in den Resonator geleitet werden oder aber das des Resonators in das Ladder-Filter.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Filter-Routings
RHYZOMATIC PLASMONIC – Filter-Routings

RHIZOMATIVC bezeichnet den Resonator als das Herz von Plasmonic und in der Tat trägt dieser sehr viel zu dem ungewöhnlichen Charakter dieses Synthesizers bei, indem er selbst zu einer Klangquelle wird. Dies wird unter anderem auch daran erkennbar, dass der Resonator sich wie die Oszillatoren in Halbtonschritten stimmen lässt.

Über die beiden Parameter Input Position und Output Position kann das Anschlagen einer Saite bzw. die Lage des Pickups bei einer elektrischen Gitarre nachgeahmt werden, und in der Tat eignet sich PLASMONIC unter anderem auch hervorragend zur Erzeugung von Klängen, die stark an Saiteninstrumente erinnern.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Resonator
RHYZOMATIC PLASMONIC – Resonator

Über den Frequency Shifter wiederum lassen sich eher glockenartige und andere metallisch anmutende Klänge erzielen. Die Stärke der Resonanz reicht bis hinein in die Selbstoszillation. Weitere Parameter umfassen eine Höhendämpfung, eine Sättigungsstufe sowie eine Selbstmodulation.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Filtertypen
RHYZOMATIC PLASMONIC – Filtertypen

Das Ladder-Filter ist herkömmlicher, aber nichtsdestotrotz sehr umfangreich ausgestattet. Neben Tiefpass-, Hochpass- und Bandpasstypen mit unterschiedlicher Flankensteilheit gibt es auch serielle und parallele Kombinationen von Tiefpass und Hochpass (mit jeweils zwei Resonanzfrequenzen) sowie ein Formant-Filter. Letzteres ist als einziges nicht zur Selbstoszillation fähig.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Ladder-Filter
RHYZOMATIC PLASMONIC – Ladder-Filter

Je nach ausgewähltem Filtertyp stehen auch unterschiedliche Parameter zur Verfügung. So lassen sich etwa beim Formant-Filter statt der Grenzfrequenz die beiden Parameter Shape X und Shape Y einstellen, mit denen sich die Vokale und deren Tonhöhe auswählen lassen. Viele der Filtertypen besitzen die Möglichkeit, durch Oszillator A frequenzmoduliert zu werden.


Modulationsverfahren…

Auf der rechten Seite finden wir die Modulatoren, deren einzelne Sektionen sich aus Platzgründen hinter Tabs verbergen. Da wären zunächst die frei zuweisbaren ADSR-Hüllkurven, von denen PLASMONIC fünf Exemplare (A bis E) mitbringt. Hüllkurve A steuert dabei normalerweise die Lautstärke, ist stets aktiv, da durch sie auch die Stimmenzuordnung erfolgt (eine Stimme, die Release-Phase durchlaufen hat, wird stummgeschaltet und verbraucht dann auch keine CPU-Ressourcen mehr.)

RHYZOMATIC PLASMONIC - Hüllkurven
RHYZOMATIC PLASMONIC – Hüllkurven

Die Hüllkurven B bis E können bei Bedarf aktiviert werden. Die einzelnen Segmente der Hüllkurven, also Attack, Decay, sustain und Release, lassen sich getrennt voneinander grafisch mit der Maus editieren und zudem selbst durch andere Quellen modulieren. Auch der Kurvensteigung (Slope) lässt sich anpassen. Wie weiter oben schon erwähnt, besitzt jede Hüllkurve auch ein Menü zur Auswahl der Trigger-Quellen.

RHYZOMATIC PLASMONIC - LFOs
RHYZOMATIC PLASMONIC – LFOs

Im nächsten Tab hält PLASMONIC vier LFOs bereit, die sowohl monofon als auch polyfon zu arbeiten vermögen, wobei im polyfonen Modus. Die Trigger-Quellen lassen sich ebenfalls via T-Menü auswählen. Die LFOs bieten die vier Wellenformen Sinus, Dreieck, Sägezahn und Rechteck, hinzu kommen noch Funktionen für Sample & Hold.

Die Geschwindigkeitseinstellung erfolgt bei jedem LFO entweder absolut in Hz oder synchron zum Host-Tempo in BPM. Im absoluten Modus können mithilfe der Chaos-Funktion mehr oder minder starke Variationen erzeugt werden, was für weniger Statik im Klanggeschehen sorgt. Im BPM-Modus hat man die Auswahl auf verschiedene Quantisierungen in Form von Taktlängen und Notenwerten inklusive Triolen.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Expression
RHYZOMATIC PLASMONIC – Expression

Expression erlaubt verschiedene Einstellungen bezüglich eingehender MIDI-Befehle. Das Portamento kann hier angepasst werden, aber auch die Auswirkungen von Anschlagsdynamik, Aftertouch, Pitch- und Modulationrad sowie weiterer Spielhilfen. Wer einen MPE-kompatiblen Controller verwendet, findet dazu ebenfalls Einstellmöglichkeiten. Darüber hinaus ist eine regelbare Zufallsfunktion vorhanden.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Trigger
RHYZOMATIC PLASMONIC – Trigger

Im letzten Tab schließlich finden wir drei Generatoren (Pulse A, B und C) zur Erzeugung fortlaufender Trigger-Impulse. Diese können dann in den entsprechenden Trigger Source-Menüs als mögliche Quelle ausgewählt werden. Die Geschwindigkeit der Impulse kann wahlweise in Sekunden (Absolute Mode) oder synchron zum Host-Tempo in quantisierten Werten (BPM Mode) festgelegt werden.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Modulationszuweisung
RHYZOMATIC PLASMONIC – Modulationszuweisung

Die Zuweisung der Modulationsquellen zu ihren -zielen erfolgt mittels Rechtsklick auf den gewünschten Parameter. Daraufhin öffnet sich jeweils ein Menü, in dem sich die Modulationsintensität jeder möglichen Quelle, die Polarität sowie die Richtung einstellen lässt. Für die ADRS-Hüllkurven können wir die Verlaufskurven für Attack und Decay/Release anpassen und für die LFOs steht die Option zur Verfügung, das Offset der Schwingungsphase zu verändern.

Kaum ein Parameter, der sich nicht auf diese Weise modulieren lässt, und mit all diesen Möglichkeiten in Kombination lassen sich überaus verschachtelte Modulationen erzeugen, die bisweilen auch sehr rhythmische, loopartige Verläufe annehmen können. Und das, obwohl PLASMONIC ja eigentlich gar nicht über einen internen Step-Sequencer verfügt.


Effektivverzinsung…

Auch im Bereich der eingebauten Effekte geht PLASMONIC seine eigenen Wege. Neben einem Saturation-Modul und einem Equalizer finden wir noch zwei sogenannte Spaces-Module (A und B), die verschiedene Verzögerungseffekte zu produzieren vermögen. Die Tatsache, dass auch die Effektparameter als Modulationsziele dienen können, lässt die Effektsektion zu einem vollwertigen Bestandteil der Klangerzeugung werden und nicht nur zu einem reinen Anhängsel an den Synthese-Part.

Das Saturation-Modul arbeitet polyfon, jede einzelne Stimme von PLASMONIC wird also separat verzerrt, was klanglich einen deutlichen Unterschied gegenüber einer gemeinsamen Verzerrung der summierten Stimmen ausmacht. Drei Modi mit fantasievollen Bezeichnungen und unterschiedlich starken Verzerrungsgraden stehen zur Verfügung: Warm, Flamed Maple und Krytron.

Neben dem regelbaren Gain mit einer automatischen Kompensation des Ausgangspegels gibt es auch eine Frequenzweiche, mit der sich nur die Frequenzbereiche unterhalb des eingestellten Grenzwertes verzerren lassen, während die höheren Frequenzen zugunsten eines saubereren Klanges unbearbeitet bleiben.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Saturation und EQ
RHYZOMATIC PLASMONIC – Saturation und EQ

Der EQ bietet drei Bänder mit einer recht sanften Flankensteilheit von jeweils 6 dB pro Oktave. Er ist monofon ausgelegt, bearbeitet also stets alle Stimmen gemeinsam. Low Band (20 Hz bis 500 Zz) und Hi Band (1000 Hz bis 20000 Hz) arbeiten als semiparametrische Shelf-Filter (hierzulande auch als Kuhschwanzfilter bekannt…), das Mid Band (50 Hz bis 9999 Hz) ist vollparametrisch, hier lässt sich zusätzlich auch die Bandweite regeln. Alle drei Bänder können um bis zu 36 dB abgesenkt und um bis zu 24 dB angehoben werden.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Spaces-Modi
RHYZOMATIC PLASMONIC – Spaces-Modi

Spaces A und B sind identisch aufgebaut. Jedes Modul kann in einem von insgesamt fünf Modi arbeiten, die, abgesehen von den stets vorhandenen Wet- und Dry-Reglern, jeweils ihre eigenen Parameter-Sets bereitstellen. Die verschiedenen Modi tragen die Bezeichnungen Single Delay, Dual Delay, FDN, FDN Formant sowie Sympathetic.

Single Delay und Dual Delay erzeugen Echo-Effekte und unterscheiden sich eigentlich nur darin, dass Letzteres über getrennte Verzögerungszeiten und Tiefpassfilter für jeden der beiden Stereokanäle verfügt. Die Verzögerungszeiten lasse n sich wahlweise in Sekunden oder in BPM (zum Host-Tempo synchronisierte Notenwerte) einstellen. Die restlichen Parameter, wie Feedback, Filterresonanz, Sättigung und Panorama sind bei beiden gleich.

RHYZOMATIC PLASMONIC - Spaces A und B
RHYZOMATIC PLASMONIC – Spaces A und B

FDN ist die Abkürzung von „Feedback Delay Networks“ und bezeichnet ein Netzwerk von Verzögerungseinheiten, die sich gegenseitig rückkoppeln und auf diese Weise Effekte erzeugen, die je nach Einstellung von kurzen, diskreten Echos bis hin zu diffusen, hallartigen Gebilden reicht. Zur Vorsicht sei hier übrigens beim Einsatz des Feedback-Parameters geraten, in Maximalstellung schaukelt sich das Signal leicht bis zur kompletten Übersteuerung auf, nicht gut für die Ohren und für die Lautsprecher…

FDN Formant stellt eine Variante des oben beschriebenen Verzögerungsnetzwerks dar. Anstelle einer Sättigungsstufe finden wir hier die beiden Parameter Formants X und Formants Y, die die Frequenzen eines Formantfilters steuern und damit vokalartige Echoklänge erzeugen. Das Ganze ist schwer in Worte zu fassen, klingt aber ziemlich cool. Bei gleichzeitiger Verwendung des Formantfilters in der Ladder-Filter-Sektion lässt sich dieser Klangeindruck noch verstärken.

Sympathetic bedeutet eigentlich soviel wie „wohlwollend“, „verständnisvoll“, „mitfühlend“, bei PLASMONIC ist damit aber eher „mitschwingend“ im Sinne des Resonanzverhaltens akustischer Instrumente, etwa bei Klaviersaiten, gemeint. Auch hier kommen wieder zahlreiche Verzögerungseinheiten zum Einsatz, die entsprechend der Frequenzen des zugeführten Signals resonieren. Die Grundnote kann ebenso definiert werden wie die Intervalle, mit denen die einzelnen Verzögerungseinheiten gegeneinander verstimmt sind. Auch dieser Effekt ist mit Worten nur schwerlich zu beschreiben, in einigen Teilbereichen erinnert er mich an spezielle Reverb-Algorithmen und dann doch wieder nicht…

Alles in allem fügt sich diese eher ungewöhnliche Effekt-Sektion sehr gut in das ebenfalls nicht gewöhnliche Klangbild von PLASMONIC ein und ergänzt es auf eine Weise, die es „normale“ Effekte wohl nicht ermöglichen würden (diese kann man ja bei Bedarf immer noch in Form von separaten Plugins hinten dran hängen).


Plasmonischer Wellenleiter…

Ich habe ja nun schon verschiedentlich angedeutet, dass PLASMONIC eher ungewöhnliches Klanggut zu bieten hat, will sagen, dass er mit typischen Brot-und-Butter-Sounds nicht allzu viel an der Brause hat. Analogartiges kann man hier lange suchen, aber dafür gibt’s ja inzwischen hinreichend Alternativen. Der grundsätzliche Charakter ist digital, aber mit einer gehörigen Portion an organischen Komponenten. Merkwürdige Drones und Atmosphären gelingen im Handumdrehen, sehr drahtige Sounds ebenfalls und auch die vor allem in der zeitgenössischen Filmmusik beliebten Hybridklänge stellen eine der besonderen Stärken von PLASMONIC dar.

So finden sich unter den Presets neben reinen Fantasieklängen viele Exemplare, die eher an nicht immer genau definierbare akustische Instrumente erinnern, seien sie gezupft, gestrichen, geschlagen oder angeblasen. Teilweise meint man schon, eine teure Kontakt-Library mit exotischem Musikinstrumentarium aus nah- und fernöstlichen Ländern vor sich zu haben, allerdings ohne deren Platzbedarf und auch mit einer weitaus dynamischeren Spielbarkeit.

Für das Klangbeispiel habe ich insgesamt 18 Instanzen von PLASMONIC verwendet:

Klangbeispiel RHIZOMATIC PLASMONIC

Auf einzelnen Spuren kam dabei ein wenig Lautstärke-Automation zur Anwendung, wie üblich jedoch keine anderen Plugins als der Testkandidat.


Fazit:

PLASMONIC nimmt unter den aktuellen Software-Synthesizern eine Ausnahmerolle ein. Dies ist nicht der x-te Aufguss irgendeines Analog-, FM- oder ROMpler-Synths, vielmehr steht das Plugin fest auf eigenen Füßen. Der Grundklang wirkt dabei teuer und noch weitgehend unverbraucht.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir PLASMONIC in dem einen oder anderen Soundtrack wiederhören werden, für derartige Aufgaben ist das Plugin geradezu prädestiniert.

Einmal mehr hat Brian Clevinger damit also einen hervorragenden Synthesizer abgeliefert, und ein Antesten sei an dieser Stelle wärmstens empfohlen!

PLASMONIC kann über die Webseite von RHIZOMATIC SOFTWARE SYNTHESIS erworben werden. Der reguläre Verkaufspreis beträgt 149,- Euro, angesichts der gebotenen Klangqualität halte ich dies für akzeptabel.

Bisweilen ist das Plugin aber auch schon mal im Angebot erhältlich, so wurde es etwa Ende des vergangenen Jahres für 99,- Euro feilgeboten. Eine Demoversion mit einigen Einschränkungen (unter anderem keine Speichermöglichkeit, auf 30 Minuten beschränkte Laufzeit und weniger Presets) ist ebenfalls verfügbar.


Positives:

+ sehr guter Grundklang
+ frische Sounds abseits des Gewohnten
+ umfangreiche Modulationsmöglichkeiten
+ interessante Effekt-Sektion
+ geringe CPU-Anforderungen

Negatives:

– keine Offline-Aktivierung möglich


Produktwebseite:

https://rhizomatic.fr

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