Testbericht: STRYMON BIGSKY Plugin – Himmlischer Hall

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 01.11.2022

Was haben Bananen und Gitarrenpedale gemeinsam? Eigentlich gar nichts, wenn man einmal außer Acht lässt, dass sowohl die DOLE FOOD COMPANY als auch der Effekt-Hersteller STRYMON beide ihren Firmensitze im kalifornischen Städtchen Westlake Village haben. Nach diesem ebenso unspannenden wie sinnfreien Fun Fact soll uns im folgenden Testbericht allerdings nur der Letztgenannte interessieren.

Seit mehr als einem Jahrzehnt beschert STRYMON entsprechend betuchten Gitarristen hochwertige Effektpedale, die sich auch bei Synthesizerspielern schon länger großer Beliebtheit erfreuen, insbesondere die drei Reverbs BIGSKY, BLUESKY und NIGHTSKY. Ersteres hat STRYMON nun recht überraschend in die virtuelle Welt überführt und als Plugin veröffentlicht.

Vorweg erwähnt: Inwieweit Plugin und Hardware tatsächlich identische Ergebnisse liefern, vermag ich mangels eines BIGSKY-Pedals nicht zu beurteilen und werde dies daher in diesem Testbericht auch nicht beantworten können.


Startfenster

Das BIGSKY ist ein 64-Bit-Plugin, auf PC-Seite lauten die Mindestvoraussetzungen WINDOWS 10, während bei macOS MONTEREY oder BIG SUR alias 11.6.4 zum Einsatz kommen können. APPLE M1-Prozessoren werden ebenfalls unterstützt, ansonsten sollte die CPU wenigstens ein INTEL i5 sein. In meinem Fall ist der Host-Rechner mit einem i7-4790K (4 x 4,0 GHz) sowie mit 16 GB RAM ausgestattet, darauf läuft WINDOWS 10.

An Plugin-Formaten werden VST3 und AAX angeboten, bei macOS kommt auch noch AU hinzu. Ich persönlich bedaure sehr, dass es keine VST2-Version gibt, da ich dieses Format nach wie vor bevorzuge, ganz einfach, weil es mir im Gegensatz zu VST3 erlaubt, meine eigene Verzeichnisstruktur zu benutzen.

Die fehlende VST2-Version dürfte aber vermutlich nicht STRYMON anzulasten sein, sondern vielmehr dem VST-Erfinder, also die Firma STEINBERG, die neuen Drittanbietern nicht mehr die benötigten Entwicklungswerkzeuge (VST2 SDK) zur Verfügung stellt, weil sie gerne das VST3-Format durchsetzen möchte.

Immerhin habe ich es inzwischen hinbekommen, dass die VST3-Plugins bei mir via Symlink auf eine separate SSD umzuleiten, so dass sie zumindest keinen Platz mehr auf meiner deutlich kleineren Systemdisk belegen.

Das Installationsprogramm spült ungefragt auch das AAX-Plugin auf die Platte, dies lässt sich nicht abwählen. Wer, so wie ich, kein PRO TOOLS verwendet und daher keine AAX-Plugins benötigt, der kann anschließend im Verzeichnis „C:\Program Files\Common Files“ den Ordner namens „Avid“ inklusive seines kompletten Inhalts manuell löschen.

Als Kopierschutz setzt STRYMON auf das bekannte ILOK-Sytem, dessen LICENSE MANAGER-Software ist separat zu installieren, ebenso wie ein entsprechender ILOK-Account vorhanden sein muss.

STRYMON BIGSKY - Autorisierung via ILOK
STRYMON BIGSKY – Autorisierung via ILOK

Leider bietet STRYMON keine rechnergebundene Autorisierung des Plugins an, lediglich die ILOK CLOUD sowie der ILOK USB-Dongle stehen zur Verfügung. Letzterer muss allerdings Version 2 oder 3 sein, mein alter ILOK-Dongle der ersten Generation wurde hingegen nicht akzeptiert. Somit blieb mir einzig die Nutzung der ILOK CLOUD, die jedoch eine permanente Internetverbindung des Host-Rechners voraussetzt.

STRYMON BIGSKY - ILOK CLOUD nur mit permanter Internetverbindung
STRYMON BIGSKY – ILOK CLOUD nur mit permanter Internetverbindung

Es reicht übrigens nicht aus, den Rechner erst dann online zu schalten, wenn man das Plugin laden möchte. In meinem Fall erschien die oben stehende Fehlermeldung bereits beim Programmstart von STUDIO ONE, wenn die Plugins durchgezählt werden, also zu einem Zeitpunkt, an dem ja noch gar nicht feststeht, ob man das entsprechende Plugin im aktuellen Projekt überhaupt einzusetzen gedenkt…

Mag ja sein, dass es Nutzer gibt, die so etwas nicht stört, ich zähle mich aber nicht zu diesen. Meinen Studio-Rechner lasse ich allenfalls temporär ins Internet, etwa zum Zwecke einer Software-Aktivierung, doch ein Host, der ständig online sein muss, nur damit ich ein bestimmtes Plugin nutzen kann, ist für mich persönlich keine akzeptable Option.

Im Zweifel würde ich da also lieber auf einen kompatiblen Dongle zurückgreifen, der allerdings mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Für diesen Testbericht musste ich jedoch gezwungenermaßen in den sauren Apfel beißen…


Über den Wolken

Wenn man derlei Hürden erst einmal bewältigt hat, dann präsentiert sich BIGSKY als recht unkompliziert in der Anwendung. Die skalierbare Bedienoberfläche ist übersichtlich gestaltet und gibt keine Rätsel auf.

STRYMON BIGSKY - Bedienoberfläche mit Skalierungs-Stufen
STRYMON BIGSKY – Bedienoberfläche mit Skalierungs-Stufen

In der oberen Leiste, HEADER genannt, finden wir zwei virtuelle Drehregler nebst Übersteuerungsanzeige für Ein- und Ausgangspegel, beide bieten einen Regelweg von +/- 36 dB.

Ein BYPASS-Schalter lässt bei Bedarf nur das trockene Originalsignal ertönen (die Bedienoberfläche wird dann abgedunkelt) und das mit SIZE beschriftete Menü auf der rechten Seite bietet Zugriff auf die vier Skalierungsstufen (50%, 75%, 100% und 150%) zur Anpassung an die Bildschirmgröße und -auflösung.

Das kleine Symbol in Form eines Auges erlaubt ein Ausblenden der numerischen Parameterwerte, die jeweils über den virtuellen Drehreglern angezeigt werden. Diese Werte können wahlweise permanent ein- bzw. ausgeblendet oder nur beim Darüberfahren mit dem Mauszeiger angezeigt werden.

STRYMON BIGSKY - Preset-Manager
STRYMON BIGSKY – Preset-Manager

Auch das Preset-Management befindet sich im Header. Es ist längst nicht so komfortabel ausgestattet, wie wir es etwa von ARTURIA oder von CHERRY AUDIO gewohnt sind, erfüllt aber dennoch seinen Zweck.

Das Hauptbedienfeld ist wie beim Hardware-Pendant in Blau gehalten. Linksseitig befindet sich ein großer Drehschalters zur Auswahl des Reverb-Algorithmus. In der oberen Hälfte finden wir die Regler für die grundlegenden Parameter, diese fallen bei den meisten Algorithmen identisch aus, bei ein paar der Reverb-Typen existieren aber auch Abweichungen (auf die ich weiter unten jeweils eingehen werde).

STRYMON BIGSKY - grundlegende Parameter
STRYMON BIGSKY – grundlegende Parameter

Diese Standardparameter beinhalten DECAY (Abklingzeit), PRE-DELAY (Vorverzögerungszeit, 0 bis 1,5 Sekunden), TONE (regelt den Höhenanteil), MOD(ulation), LOW END (regelt den tieffrequenten Anteil) sowie MIX (Mischungsverhältnis zwischen trockenem und verhalltem Audiosignal).

Der Letztgenannte ist stets vorhanden und verfügt praktischerweise über eine Lock-Funktion (Vorhängeschloss-Symbol), die bei Aktivierung dafür sorgt, dass die Reglerstellung auch bei einem Wechsel des Presets erhalten bleibt.

Das schwarze Feld darunter beherbergt für jeden Reverb-Typus weitere, individuelle zusätzliche Parameter, so dass die Einstellmöglichkeiten sich hier auch jeweils unterscheiden. Rechts davon finden wir noch die sogenannte HOLD-Funktion (ein Klangbeispiel dazu folgt weiter unten) nebst Kippschalter zur Auswahl zwischen den zwei Modi INFINITE und FREEZE.

STRYMON BIGSKY - HOLD-Funktion
STRYMON BIGSKY – HOLD-Funktion

Beide lassen bei aktiviertem HOLD die Hallfahne unendlich lange (bzw. bis zur Deaktivierung von HOLD) erklingen. Im Modus INFINITE werden dabei weitere dem BIGSKY zugeführte Audiosignale ebenfalls dem aktuellen Reverb-Prozess hinzugefügt. In der Schalterstellung FREEZE hingegen bleiben die nach Aktivierung von HOLD eingehenden Signale unbearbeitet und liegen somit trocken über der stehenden Hallfahne.

Alle Bedienelemente mit Ausnahme des Drehschalters für die Reverb-Typen lassen sich auch mit dem Mausrad bedienen. Eine direkte Steuerung via MIDI hingegen ist leider nicht vorgesehen. Da aber natürlich eine Automation sämtlicher Parameter möglich ist, lässt sich je nach den Optionen der eingesetzten DAW gegebenenfalls dennoch die Anbindung an einen MIDI-Controller realisieren (sogenannte „Quick-Controls“ oder ähnliches).


Himmelsrichtungen…

BIGSKY stellt zwölf verschiedene Reverb-Typen bereit, diese entsprechen den auch als REVERB MACHINES bezeichneten Algorithmen in der Hardware. Die Anwahl geschieht entweder reihum mit dem oben erwähnten Drehschalter oder aber direkt mittels Mausklick auf einer der rundherum angeordneten Bezeichnungen.

STRYMON BIGSKY - Reverb-Typen
STRYMON BIGSKY – Reverb-Typen

Gehen wir im Folgenden die einzelnen Algorithmen einmal im Uhrzeigersinn durch und fangen dabei einfach mal (aus reiner Willkür meinerseits) links unten an, also mit ROOM. Auf diese Weise beginnen wir zunächst mit den herkömmlicheren Reverb-Typen und bewegen uns dann anschließend in Richtung der ungewöhnlicheren Algorithmen.

Ich habe zu jedem Reverb-Typ mindestens ein Klangbeispiel erstellt und mich dabei für eine bessere Vergleichsmöglichkeit auf lediglich drei sehr einfache Ausgangssignale beschränkt, die nachfolgend jeweils in einer unbearbeiteten Version zu hören sind.

Da haben wir zunächst eine etwas einfältige Melodie, die mit einem E-Piano-Sample aus der Factory Library von NI KONTAKT gespielt wurde:

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – Dry – E-Piano

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – Dry – E-Piano

Ebenfalls aus KONTAKT stammt diese Gesangsstimme, die ich der einstmals kostenlos verfügbaren CLARA’S VOCAL LIBRARY von Stefano Maccarelli entnommen habe:

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – Dry – E-Piano

Und an ein paar Stellen habe ich einen Analogsynthesizer verwendet, genauer gesagt meinen BEHRINGER MS-101, der eine simple aufsteigende Notenfolge wiedergibt:

STRYMON BIGSKY - ROOM
STRYMON BIGSKY – ROOM

ROOM simuliert wahlweise die akustischen Gegebenheiten einer Studioumgebung oder eines Nachtclubs. Die Abklingzeit reicht dabei von 200 Millisekunden bis hin zu 20 Sekunden. Neben den oben beschriebenen Standardparametern weist ROOM zusätzlich noch einen Regler für die Auflösung (DIFFUSION) und einen Auswahlschalter für die Raumgröße (SIZE) auf.

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – Dry – E-Piano

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – Dry – E-Piano

STRYMON BIGSKY - HALL
STRYMON BIGSKY – HALL

HALL bietet deutlich größere Räume, nämlich ARENA und CONCERT, die wieder via SIZE-Kippschalter ausgewählt werden können. Die Abklingzeit umfasst hier den Bereich von 500 Millisekunden bis 20 Sekunden. Die zusätzliche Klangregelung in Form des MID EQ erlaubt auch eine Beeinflussung der Mittenfrequenzen.

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

STRYMON BIGSKY - PLATE
STRYMON BIGSKY – PLATE

PLATE stellt die Emulation eines klassischen Plattenhalls dar. Dieser nach wie vor beliebte Effekt wurde ursprünglich mittels einer elektromechanischen Hallplatte erzeugt, heutzutage geschieht dies platzsparend auf digitale Weise. Die Abklingzeit reicht auch hier von 500 Millisekunden bis 20 Sekunden. Der einzige Zusatzparameter besteht aus einem zweistufigen Kippschalter (SIZE), mit dem die Plattengröße ausgewählt werden kann. SMALL soll eine Hallplatte der Größe 1,5 Fuß mal 2,25 Fuß nachahmen, bei LARGE sind es 4 Fuß mal 6 Fuß.

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

STRYMON BIGSKY - SPRING
STRYMON BIGSKY – SPRING

SPRING erzeugt den frischen Klang des Frühlings. Quatsch, es handelt sich dabei natürlich um die Nachbildung eines typischen Federhalls, der normalerweise mit Hilfe einer Hallspirale erzeugt wird. Der Regelbereich der Abklingzeit ist diesmal etwas eingeschränkter und reicht von 800 Millisekunden bis zu 10 Sekunden.

Die zusätzlichen Parameter fallen hier schon etwas umfangreicher aus. So lässt sich über einen dreistufigen Kippschalter festlegen, ob eine, zwei oder drei virtuelle Hallspiralen zum Einsatz kommen sollen. Der Drehschalter links daneben (DWELL) bietet die Auswahl zwischen vier Vorverstärkermodi (CLEAN, COMBO, TUBE und OVERDRIVE) mit einem jeweils unterschiedlich starken Übersteuerungsgrad.

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

STRYMON BIGSKY - SWELL
STRYMON BIGSKY – SWELL

SWELL ist in unserer Aufzählung der erste der weniger gewöhnlichen Reverb-Typen. Der Hallanteil wird hierbei mit einstellbarer Zeit (RISE TIME) eingeblendet. Zwei Modi stehen zur Auswahl: DRY lässt das gesamte Audiosignal von trocken bis hin zu völlig verhallt anschwellen, während WET den Hallanteil hinter dem trockenen Signal einblendet. Die Abklingzeit umfasst wieder den Bereich von 500 Millisekunden bis 20 Sekunden. Selbst perkussive Klänge lassen sich auf diese Weise in Flächen mit langer Attack-Phase verwandeln. Aus unserem E-Piano beispielsweise wird ein eher flötenähnlicher Sound:

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

STRYMON BIGSKY - BLOOM
STRYMON BIGSKY – BLOOM

BLOOM bietet, vergleichbar mit den Hardware-Reverbs der 1990er, eine höhere Diffusion, was bewirkt, dass der Halleffekt sozusagen über dem trockenen Signal „aufblüht“. Die zusätzlichen Parameter sind LENGTH und FEEDBACK. Ersterer regelt die Länge der „Aufbühzeit“, letzterer hingegen die Stärke der Rückkopplung des Bloom-Anteils. Die Abklingzeit reicht von 500 Millisekunden bis hin zu 20 Sekunden.

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

STRYMON BIGSKY - CLOUD
STRYMON BIGSKY – CLOUD

CLOUD erzeugt einen übergroßen, epischen und unweltlichen Hall, der ideal für spacige Ambientklänge oder Spezialeffekte erscheint. Die Abklingzeit fällt hier besonders lang aus und reicht von 1 Sekunde bis hin zu satten 50 Sekunden. Der einzige Zusatzparameter ist DIFFUSION, je weiter dieser Regler aufgedreht wird, desto dichter und weicher wird der Hall.

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

STRYMON BIGSKY - CHORALE
STRYMON BIGSKY – CHORALE

CHORALE stellt einen sehr speziellen Halleffekt dar (wobei man hier eigentlich schon gar nicht mehr von Hall sprechen kann), da es dem Audiosignal einen vokalartigen Charakter aufprägt. Die Abklingzeit umfasst einmal mehr den Bereich von 500 Millisekunden bis 20 Sekunden. Bei den Standardparametern fällt der LOW END-Regler weg, dafür gibt es die beiden zusätzlichen Parameter RESONANCE und VOWEL.

Der Erstgenannte regelt die Intensität des Chorklanges, indem der Q-Faktor (alias Resonanz) des dahinterstehenden Vokalfilters in drei Stufen angehoben wird. VOWEL bestimmt, welcher Formant durch das Filter erzeugt wird. Neben den drei Vokalen A (AAHH), O (OH) und U (OOOO) gibt es auch Kombinationen (AAHHOO, AAHHOH und OOOHOH) sowie eine Zufallsfunktion (RANDOM)

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Diese Klangkombination bietet sich auch gut zur Vorführung der HOLD-Funktion an. Zunächst die tiefste Note einzeln gespielt, anschließend wird HOLD via Automation ein- und nach ein paar Sekunden wieder ausgeschaltet:

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

STRYMON BIGSKY - SHIMMER
STRYMON BIGSKY – SHIMMER

SHIMMER ist ein Effekt, der sich vor allem seit jüngerer Vergangenheit recht großer Beliebtheit erfreut. Die Hallfahne wird hier mittels Pitch Shifter gegenüber dem Originalsignal transponiert, in der Regel um eine Oktave nach oben. Das klingt dann so ähnlich, als laufe über dem Originalsignal noch ein hohes String-Pad mit.

Der Algorithmus von BIGSKY präsentiert sich flexibler als bei den meisten Mitbewerbern, denn hier lassen sich gleich zwei Stimmen generieren. Diese können unabhängig voneinander gestimmt werden, so dass sich auch Harmonien, Akkorde und schräge Cluster erzeugen lassen. Der Transpositionsbereich beider Stimmen (SHIFT 1 und SHIFT 2) reicht von 1 Oktave nach unten bis hin zu 2 Oktaven nach oben mit diversen Zwischenwerten. Die zweite Stimme lässt sich auch komplett deaktivieren. AMOUNT legt die Lautstärke der Extrastimme(n) fest.

Mit dem dreistufigen MODE-Kippschalter wird ausgewählt, ob das Pitch Shifting nur auf das Eingangssignal, nur auf die Feedback-Schleife des Hall-Tanks oder auf beide angewendet wird. Die letzten beiden Modi erlauben bei entsprechenden SHIFT-Einstellungen auch fließende Tonhöhenänderungen à la Pitch Bend. Die Abklingzeit liegt wieder zwischen 500 Millisekunden und 20 Sekunden.

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Auf dem Synth macht sich SHIMMER ebenfalls gut, insbesondere die zusätzliche Sub-Oktave verleiht hier dem Klang noch mehr Gewicht:

STRYMON BIGSKY - MAGNETO
STRYMON BIGSKY – MAGNETO

MAGNETO hat nichts mit dem gleichnamigen X-Men-Antagonisten zu tun, vielmehr emuliert dieser Algorithmus ein Bandecho mit mehreren Tonköpfen. Laut STRYMON soll sich dieser Effekt unter anderem für den typischen Gitarrenklang der späten 1950 eignen. Die Abklingzeit liegt dieses Mal zwischen 200 Millisekunden und 1,5 Sekunden.

Die Standardparameter weichen von der üblichen Belegung ab, anstelle der Regler für DECAY, PRE-DELAY und MOD gibt es hier welche für Verzögerungszeit (DELAY TIME), FEEDBACK sowie WOW & FLUTTER.

Die Zusatzparameter umfassen DIFFUSION (bei höheren Reglerwerten klingen die Wiederholungen des Echos zunehmend verwaschener), HEADS (Anzahl der Tonköpfe, entweder 3, 4 oder 6) und SPACING (bei EVEN sind die virtuellen Tonköpfe alle gleich weit voneinander entfernt, bei UNEVEN differieren die Distanzen zwischen ihnen).

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

STRYMON BIGSKY - NON-LINEAR
STRYMON BIGSKY – NON-LINEAR

NON-LINEAR beherbergt gleich sechs Reverb-Modi unter seiner Haube, denen allen gemein ist, dass ihr jeweiliger Hallverlauf der Physik zu trotzen scheint. Anstatt eines DECAY-Reglers gibt hier einen TIME-Parameter und PRE-DELAY wird durch FEEDBACK ersetzt. Damit können Dauer und Rückkopplung des nichtlinearen Hallanteils bestimmt werden. Erstere kann zwischen 500 Millisekunden und 2 Sekunden betragen.

Mittels SHAPE wählt man einen der sechs zur Verfügung stehenden Modi aus. SWOOSH, REVERSE und RAMP erzeugen einen Rückwärtshall mit jeweils unterschiedlichem Steigungsverlauf. GATE steht für das in den 1908ern berühmt gewordene Gated Reverb, bei dem die Hallfahne vor ihrem Ausklingen abrupt abgeschnitten wird. GAUSS wartet mit einer glockenförmigen Verlaufskurve auf, während BOUNCE das genaue Gegenteil davon erzeugt.

Die weiteren Zusatzparameter sind DIFFUSION (damit lässt sich der Effekt zwischen eher körnig und verwaschen einstellen), DECAY und LEVEL (beeinflussen beide die späten Reflexionen) sowie MOD SPEED (Geschwindigkeit des LFOs).

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Unsere Stimme habe ich dieses Mal in gleich drei Variationen bearbeitet:

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

STRYMON BIGSKY - REFLECTIONS
STRYMON BIGSKY – REFLECTIONS

REFLECTIONS schließlich ist der letzte Reverb-Typ in dieser Aufzählung und erzeugt einen kleinen virtuellen Raum, bei dem die Schallquelle frei positioniert werden kann. Die Raumgröße kann dabei via ROOM SIZE (ersetzt den DECAY-Regler und regelt die Abklingzeit zwischen 133 und 400 Millisekunden gleich mit) zwischen 100 und 1000 Quadratfuß eingestellt werden. Anstelle des TONE-Reglers gibt es hier DAMPING zur Höhendämpfung und MOD wird zu PRE-DELAY MOD für chorusartige Effekte.

Zusätzlich lässt sich Form des Raum wählen, neben quadratisch (SQUARE) stehen hier auch kurze, breite (RECTANGLE) und lange, schmale (OBLONG) Rechtecke zur Verfügung. Mit X verschiebt man die Schallquelle von links nach rechts und mit Y von hinten nach vorne (bzw. jeweils umgekehrt). Das kleine Display zwischen diesen beiden Reglern veranschaulicht die aktuelle Position.

Klangbeispiel STRYMON BIGSKY – HALL – E-Piano

Die Positionsveränderung der Stimme wurde hierbei wieder mittels Automation erzeugt, allerdings ist an dieser Stelle anzumerken, dass sich dazu lediglich sprunghafte Werteänderungen eignen, denn fließende Automationsverläufe der beiden Parameter X und Y quittiert das BIGSKY mit unerwünschten Knacksern.


Fazit STYMON BIGSKY:

Kein Frage, das virtuelle BIGSKY verfügt über eine zweifellos exzellente Klangqualität und reiht sich damit ohne Mühe in die aktuelle Top-Riege der Reverb-Plugins ein. Die zwölf Reverb-Typen bieten einen hinreichenden Variationsspielraum, um sehr unterschiedlich klingende Raum- und Hall-Effekte zu kreieren, dabei bleibt die Übersichtlichkeit und Bedienfreundlichkeit jedoch stets gewahrt. BIGSKY hat somit durchaus das Zeug, sich zu einer neuen Referenz in puncto Reverb-Plugin zu mausern.

Ich persönlich bedauere eigentlich nur, dass STRYMON beim verwendeten ILOK-Kopierschutz keine rechnergebundene Autorisierung anbietet, sodass man zum Betrieb entweder einen Dongle der neueren Generationen oder aber eine permanente Internetverbindung benötigt.

Das BIGSKY Plugin kann für 199,- US-Dollar zwar direkt über den Online-Shop auf STRYMON’sWebseite erworben werden, dies gilt allerdings nur für Kunden in den USA. Der Rest der Welt muss den Umweg über einen der lokalen Händler gehen, in Deutschland etwa ist dies die Firma THOMANN GmbH, die BIGSKY für 239,- Euro anbietet.

Das ist sicherlich ein gehobenes Preissegment, nicht jeder möchte oder kann so viel Geld für ein einzelnes Reverb-Plugin ausgeben, andererseits bewegt sich die Konkurrenz teilweise auf einem vergleichbaren Niveau, wenngleich die Tendenz in den heutigen Zeiten zunehmend in Richtung niedrigerer Verkaufspreise geht, weil der Markt einfach übersättigt erscheint.

Zudem möchte STRYMON sich mit dem Plugin vermutlich auch nicht beim Verkauf der höherpreisigen Hardware selbst das Wasser abgraben, was ja auch nachvollziehbar erscheint.

Übrigens, eine Demoversion des Plugins, die sieben Tage lang lauffähig ist, kann bei STRYMON ebenfalls heruntergeladen werden, niemand muss daher also die sprichwörtliche „Katze im Sack“ kaufen.


Positives:

+ sehr hohe Klangqualität
+ vielseitige Algorithmen
+ leicht erlernbare Bedienung
+ FREEZE-Funktion
+ relativ CPU-freundlich

Negatives:

– keine rechnerbasierte ILOK- Autorisierung möglich
– gehobener Verkaufspreis


Produktwebseite:

https://www.strymon.net/product/bigsky-plugin/

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