Testbericht: Native Instruments Vintage Compressors, 3 Studio Legenden für die Musikproduktion

Eine der bekanntesten Studio Legenden ist sicherlich der Teletronix LA-2A Leveling Amplifier, ein Gerät dem wahre Wunder nachgesagt werden. Gerüchten zufolge sollen sogar einige Tontechniker einfach alles durch den LA-2A laufen lassen, ohne überhaupt die Kompression einzuschalten, einfach deshalb da der LA-2A dem Signal eine wunderschöne warme Klangfarbe hinzugeben soll.

Ich kann das nicht testen, da ich selbst keinen Teletronix hier herumstehen habe, so ein Teil zu besitzen ist heute der pure Reichtum, denn die Originale sind längst vom Markt verschwunden. Universal Audio hat die Herstellung der LA-2A Hardware Geräte übernommen und fertigt diese in Handarbeit an, allerdings gehen die dann auch nur zu einem deftigen Preis von knapp 3.000,- Euro über den Ladentisch.

Alternativ ist es möglich zu Software Emulationen einiger Hersteller zu greifen. Da der Begriff Native Instruments für mich gleichbedeutend ist mit sehr guter Qualität, war ich sofort sehr interessiert an den neuen Vintage Compressors, in diesem Paket aus drei bekannten Studio Kompressoren befindet sich auch der LA-2A, hier heißt er dann allerdings VC 2A. Außerdem im Bundle finden wir die Emulationen des DBX 160 der in der von NI vertriebenen Form nun als VC 160 bezeichnet wird sowie den UREI 1176LN der bei NI nun auf den Namen VC 76 hört.

Diese drei Emulationen der Hardwarelegenden wurden von der Firma Softube aus Schweden im Auftrag von NI entwickelt, Softube ist bekannt für die hochwertigen Umsetzungen analoger Klassiker in Software Plugins. Die Plugins sind nur mit dem in der Playerversion auch kostenlos erhältlichem GuitarRig 4 nutzbar. GuitarRig 4 stellt die für den Betrieb der Vintage Compressors notwendige Technik bereit.

Alte Schandtaten

Ich muss zuallererst zugeben das ich früher in meinem Tonstudio nur einen Kompressor der Firma KORG „herumstehen“ hatte, genutzt habe ich bei dem Teil eigentlich nur die parametrischen Equalizer und die Gates. (OK, was war das für ein Gerät? Es handelt sich um den KORG KEC-42 der aus vier Equalizern (Bass, Höhen, parametrische Mitten) sowie zwei Kompressoren und Noisegate mit Sidechain besteht.)

Damals hat es bei unseren Produktionen auch ohne Kompressor immer schön dynamisch und warm geklungen, was wohl auch an der Verwendung von ausschließlich analogen Equipment gelegen haben wird. Den Punch einer Top Ten Produktion konnte ich jedoch nie erreichen, heute weiß ich auch warum, der Kompressor fehlte.

Was macht ein Kompressor eigentlich?

Der Kompressor ist nichts anderes als ein Regelverstärker, dieser regelt die Dynamik zwischen der leisesten und lautesten Stelle im Audiomaterial. Bedingt durch die Verkleinerung des Dynamikbereich erhöht sich so der Durchschnittspegel. Das Resultat ist ein kompakterer Sound, indem die leisen Signale nach vorne gehoben werden und die lauten, entsprechend der eingestellten Ratio, herabgesetzt werden.

Somit ist der Kompressor im Grunde nichts anderes wie ein äußerst wachsamer Tontechniker, der bei zu lauten Stellen die Lautstärke drosselt und danach wieder zurückregelt. Allerdings macht das der Kompressor viel präziser und schneller als jeder Mensch.

teletronix-LA-2A
Teletronix-LA-2A (Hardwarel)

Der erste im Bunde, der LA-2A jetzt als VC2A von NI.

Wer viele Schalter und Regler liebt, der ist beim LA-2A absolut falsch, hier geht es spartanisch zu. Zwei dicke Drehregler noch mal zwei Kippschalter und ein Wahlschalter das war es auch schon. Auch NI hat sich an diese Konstellation gehalten und der VC2A entspricht dieser weitestgehend, allerdings hat die Software Umsetzung des LA-2A von Softube/NI einen Sidechain- Modus der mit einigen weiteren Reglern aufwartet, dieser kann ein oder ausgeklappt werden.

Der LA-2A im Original wurde für seine damals einzigartige „Electro-Optical Attenuator“- Technik, die eine unbegrenzte Pegelreduktion erlaubt ohne einen Anstieg der harmonischen Verzerrungen zu verursachen, bekannt und sehr beliebt. Diese Technik funktionierte wie folgt: Klassische elektro-optischer Kompressoren arbeiten mit einer Glühbirne oder einer LED. Diese reagieren auf das Eingangssignal, so lässt ein starkes Signal die Birne glühen und Signalspitzen lassen die Glühbirne heller scheinen. Die Änderungen in der Helligkeit der “Lampe” wird durch eine Fotozelle verfolgt.

Diese regelt den Lautstärke-Wert entsprechend der Helligkeit. Durch die relativ langsame Reaktionszeit der Fotozelle kommt es zu einer beabsichtigen Zeitverzögerung, der Attack- und Release-Zeiten. Die Elektro-optischen Kompressoren bieten einen warmen und natürlichen Klang, sind aber auch bei Bedarf in der Lage bei hohen Eingangspegeln eine harmonische Übersteuerung erzeugen. (Saturation)

Native Instrument Vintage Compressors VC 2A
Native Instrument Vintage Compressors VC 2A

Wie klingt denn nun die Software Umsetzung von Softube/ NI? Es ist tatsächlich was Magisches daran, an analoger Technik kann es ja bei einer nur digital arbeitenden Software wohl nicht liegen. Tatsächlich zaubert der VC2A harmonische Verzerrungen in das Audiomaterial, ich musste mehrmals den An/Aus Test machen, um den Klangunterschied wahrzunehmen.

Getestet habe ich mit einem Saxofon Sound, dieser wurde bei Einsatz des VC2A wärmer, runder und durchsetzungsfähiger. Auch in der Summe macht der Einsatz des VC2A durchaus Sinn, hier kann dem Mastersignal noch ein wenig digital emulierte analoge Wärme, (an der Definition habe ich jetzt lange gebastelt….), hinzugefüt werden. Der VC2A pumpt nicht, selbst bei extremen Einstellungen konnte ich kein pumpen vernehmen, dafür pumpt es gleich, wenn wir uns dem nächsten Vertreter aus der Vintage Compressors Serie zuwenden, dem VC160.

dbx 160 Compressor
dbx 160 Compressor

Der DBX160 als Softwareemulation VC160 von NI.

Das Teil hat sein eigenes Leben, er atmet irgendwie. Dies ist ein Effekt der durchaus erwünscht sein kann, zum Beispiel um die Beats lebendiger klingen zu lassen, der Effekt gepaart mit der Sidechain Technik, die alle drei Kompressoren aus dem Vintage Compressors Bundle aufweisen, kann die Basspur und/oder die Flächen im Rhythmus der Beats mit schwingen lassen. Kommen wir aber erstmal zum Original dem DBX160, auch eine begehrte Studio Legende.

Der DBX 160 gilt als der beste VCA Kompressor, der jemals gebaut wurde. VCA ist die Abkürzung für „Voltage Controlled Amplifier“. Ein VCA nutzt mehrere Detektoren, um dem Eingangssignal zu folgen und schnell reagieren zu können. VCA- Kompressoren gelten als besonders vielseitig und sind selbst in kritischen Situationen, die eine harte Kompression erfordern, äußerst zuverlässig. Auch hier wurde von Softube/NI die Umsetzung sehr liebevoll und detailreich gestaltet. Der VC160 hat genau wie das Hardware Original eine kontinuierlich regelbare Ratio von 1:1 bis unendlich:1, zudem ist er in der Lage die Transienten eines Audiosignals zu verstärken um damit mit zusätzlichem Attack und einer subtilen Übersteuerung flache Sounds zu beleben.

Native Instrument Vintage Compressors VC 160
Native Instrument Vintage Compressors VC 160

Wie klingt das ganze? Nun auch der VC160 addiert etwas zum Originalsound, er klingt fett und kann es ordentlich atmen lassen, das ist natürlich Einstellungssache. Die Magie des VC2A zaubert dieser Kompressor allerdings nicht in das Audiomaterial, dafür ist er für klassische Kompressionsaufgaben besser geeignet. Wer viel mit Drums arbeitet, wird den VC160 lieben.

UREI 1176 LN (UA Version)
UREI 1176 LN (UA Version)

Der Dritte im Bunde, der UREI 1176 LN als Software Emulation VC176 von NI.

Jeder der drei Kompressoren basiert auf einer anderen Technik, beim UREI 1176 LN ist dies die FET Technologie, die einen druckvollen und klaren Sound ermöglicht. Beliebt ist der 1176LN auch aufgrund seines einzigartigen All Button Modus der es erlaubt eine Kombination aus Attack-, Release-, Knee- und Ratio-Einstellungen vorzunehmen. Dazu werden entweder die Buttons 4:1 und 20:1 zusammen auf ON gestellt oder eben alle Buttons gleichzeitig aktiviert, der resultierende Sound ist aus vielen Produktionen bekannt und wird gerne bei Gesangsaufnahmen eingesetzt.

Beim NI VC176 gibt es dazu die Einstellung ALL, da im Plugin das gleichzeitige Betätigen der unterschiedlichen Kompressionsstärken nicht möglich ist. (Keine Taster, sondern ein entweder/oder Schalter.) Die FET Technologie nutzt mit dem Field Effect“-Transistor einen speziellen Transistor-Typ. Die Transistoren emulieren hier das Klangverhalten und die Arbeitsweise von Röhren. FET- Kompressoren zeichnen sich durch Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit aus, sie klingen dabei relativ sauber.

Native Instrument Vintage Compressors VC 76
Native Instrument Vintage Compressors VC 76

Auch die Umsetzung des 1176 LN ist Softube/ NI gut gelungen, der All Button Mode eignet sich auch hervorragend für den Einsatz auf Drumspuren. Der VC176 klingt klar und macht ordentlich Druck. Auch hier finden wir wieder die Sidechain Möglichkeit, die bei allen Hardware Originalen nicht vorgesehen war. In der Summe kann der VC176 dem Audiosignal noch das gewisse Etwas beifügen, der Vintage Charakter dieses Plugins verleiht der Aufnahme zusätzlichen Glanz.

FAZIT: Wenn man den Preis und die Verfügbarkeit der Hardware Originale bedenkt, dann haben wir es hier durchaus mit einem sehr fairen Preis zu tun, die Modelle kosten einzeln jeweils 99,- Euro und im Bundle, also alle drei zusammen, 199,- Euro. Wer GuitarRig 4 schon auf dem Rechner hat, kann die Vintage Compressors direkt unter diesem, in der neuen Version nun nicht mehr nur auf Gitarristen ausgelegte, installieren. Eine kostenlose Version von GuitarRig 4 wird mitgeliefert, diese erlaubt nicht nur den Einsatz der Vintage Compressors in Eurer DAW, sondern kommt auch noch mit vielen Gitarrensounds und Effekten wie Reverb, Delay, Phaser, Flanger usw. die auch alle in Euren Produktionen eingesetzt werden könne.

Selbst dann, wenn Ihr diese Effekte nicht in Verbindung mit einer Gitarre einsetzen wollt. GuitarRig 4 ist im Grunde der Effekt Host von NI geworden, der auch schon für TRAKTORS 12 und REFLEKTOR genutzt wird.

Wer auf der Suche nach gut klingenden Audio-Kompressor Legenden ist, der wird bei Native Instruments  fündig, alle Plugins beruhen auf unterschiedlichen Technologien und weisen einen eigenständigen Sound auf. Es macht Spaß damit zu arbeiten und so mancher Sound, den wir schon immer einmal genauso erreichen, wollten ist damit machbar. Der Preis geht in Ordnung, es macht Sinn sich direkt das Bundle zuzulegen, immerhin spart Ihr damit knapp 100,- Euro.

Wertung:

  • Klang: ausgezeichnet
  • Design: Einfach und ansprechend
  • Preis: Fair
  • Negatives: Mir ist nichts aufgefallen.
  • Installation: Vorbildlich einfach

Weitere Informationen und Videos sowie auch Klangbeispiele findet Ihr bei Native Instruments

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