Testbericht: UVI SPARKVERB – Reverb-Plugin

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 28.10.2013

Rauminformationen, egal ob natürlichen oder künstlichen Ursprungs, sind seit jeher ein nicht zu unterschätzendes psychoakustisches Medium in der Musik. Während man dafür früher zunächst noch erheblichen baulichen Aufwand (etwa für Konzertsäle und Kirchen) betreiben oder entsprechende Örtlichkeiten (wie beispielsweise alte Öltanks oder Gewölbe) aufsuchen musste, erfand man bereits im vergangenen Jahrhundert analoge technische Hilfsmittel wie Hallplatten oder -spiralen, die zumindest in der professionellen Musikproduktion schon sehr bald von digitalen Raumklangerzeugern abgelöst wurden.

Der nächste Sprung war dann die Virtualisierung in Form von Software-Plugins, wie wir sie heutzutage benutzen. Inzwischen haben auch neue Technologien Einzug gehalten, wie etwa die rechenintensiven Faltungsverfahren. Reverb-Plugins sind inzwischen in allen Preis- und Qualitätskategorien verfügbar, für die teuersten Vertreter der Profi-Klasse zahlt man locker einige hundert Euronen.

Der Verfasser dieser Zeilen selbst hat Halleffekte zumeist nach der Regel „So viel wie nötig und so wenig wie möglich“ eingesetzt. Das ist eine Arbeitsweise, die sich in erster Linie deshalb bei mir herausgebildet hat, weil Hardware-Geräte in meiner musikalischen Anfangszeit eben teuer waren und mein Homerecording-Budget als Schüler mir damals gerade mal ein ALESIS QUADRAVERB erlaubte, zwar kein schlechtes Teil, aber auch nicht gerade ein High-End-Produkt, vor allem aber eben nur ein einzelnes Gerät. Zum Abmischen lieh ich mir dann gelegentlich noch ein MICROVERB von einem Bekannten aus, welches über ein gutes Plate-Preset für Drums verfügte. Heute ist diese Arbeitsweise angesichts vielfach ladbarer Plugin-Instanzen zwar eigentlich obsolet, aber alte Gewohnheiten legt man eben nicht so schnell ab… 😉

Die französische Firma UVI, die vielen Computermusikanten noch durch die gleichnamige Sample-Workstation bekannt sein dürfte, schickt nun mit dem SPARKVERB ebenfalls einen dezidierten Hall-Erzeuger ins Rennen. Dieses basiert auf einer algorithmischen Generierung der Rauminformationen, benötigt also keine sogenannten Impulse-Antworten und soll laut UVI hochwertige Hall-Effekte bei gleichzeitig niedrigem CPU-Bedarf ermöglichen. Zudem sollen eine intuitive Bedienung sowie ein innovatives Preset-Management auch für einen schnelleren Workflow sorgen.

Besitzer des MOTU MACH3 Samplers haben die Algorithmen des SPARKVERB übrigens ebenfalls mit an Bord, können diese allerdings nur für interne Signale verwenden.

Formalitäten

UVI-Sparkverb-1
SPARKVERB ist sowohl für Windows als auch für Mac OS erhältlich, es liegt in den Formaten VST, AU sowie AAX vor, wobei aus technischen Gründen lediglich die VST-Version auch über MIDI-Fähigkeiten verfügt. Die Systemanforderungen des SPARKVERB sind – gemessen an heutigen Verhältnissen – noch relativ moderat, so dass selbst mein alter Rechner noch mit von der Partie ist und nicht aus der Puste gerät (Mac OS X v10.7 und 10.8 (32 und 64-bit), Intel Core Duo, 2 GB RAM Minimum, bzw. Windows 7 und Windows 8 (32 und 64-bit), Intel Core Duo / AMD Athlon 64 X2, 2 GB RAM Minimum).

Was bei mir allerdings gleich einmal für eine gewisse Irritation sorgte, war die Tatsache, dass die Setup-Datei auf meiner DAW unter Windows XP meckerte, dass diese Windows-Version nicht geeignet sei. Ich hätte die Systemanforderungen wohl besser vorher lesen sollen… Liebes UVI-Team, wäre es denn wirklich so aufwendig, weiterhin die Kompatibilität zum guten alten XP zu gewährleisten…?!

Nun gut, also kurzerhand zu Plan B gewechselt, eine alte Festplatte mit einer frischen Windows 7-Installation darauf aus dem Regal gegrapscht und davon gebootet. Da ich keine Böcke hatte, vorab noch erst langwierig Cubase, Automap und Ähnliches zu installieren, musste zum Test wieder mal EnergyXT herhalten, das sich als portable Version einfach via USB-Stick auf den Rechner kopieren und sofort starten lässt. Leider kann EnergyXT nicht mit mehreren CPU-Kernen umgehen, daher musste ich SPARKVERB mit nur einem Kern testen, was in der Praxis aber keinerlei Problem darstellte.

Während die Installation des SPARKVERB selbst recht unkompliziert und zügig verläuft, ist der Kopierschutz deutlich umständlicher. UVI setzt nämlich auf das PACE/iLok-System, das ähnlich wie der SYNCHROSOFT eLicenser funktioniert, mit dem etwa Produkte von STEINBERG oder ARTURIA geschützt sind. Das Ganze ist nun zwar nicht kompliziert, bedeutet für den Anwender aber einen administrativen Mehraufwand.

Zudem kann ich mich nicht wirklich darüber freuen, dass nun neben den ganzen Lizenz-Managern von SYNCHROSOFT, NATIVE INSTRUMENTS, FXPANSION und anderen noch so eine (aus Musikersicht eigentlich überflüssige…) Software auf meiner Festplatte landet (die alten PACE-Treiber der ersten UVI-Workstation etwa liefen noch unauffällig im Hintergrund).

Okay, auf meiner Windows 7-Installation verlief aber schließlich alles reibungslos, drum also genug gemeckert.

Übrigens, zum Betrieb des SPARKVERB ist ein iLok-Dongle nicht zwingend notwendig, kann aber verwendet werden, sofern vorhanden. Eine auf einem Dongle registrierte Installation hat den Vorteil, dass man eben diesen Dongle auch an anderen Rechnern benutzen kann. Hat man keinen Dongle, dann wird die SPARKVERB-Lizenz an den vorhandenen Rechner gebunden und kann auch nur dort verwendet werden. Man kann im Lizenz-Manager aber zum Glück jederzeit zwischen diesen beiden Möglichkeiten wechseln, muss sich also nicht dauerhaft festlegen. Ich hatte noch einen Dongle im Schrank, den ich mir für solche Fälle mal billig bei eBay besorgt hatte, also darauf mit der Lizenz, ich wollte das SPARKVERB ja schließlich nicht auf diese „Reserve-Installation“ festnageln…

Das Manual zum SPARKVERB kann auch vorab von UVI heruntergeladen werden, es ist in Englisch gehalten und beschreibt detailliert die notwendigen Installationsschritte sowie alle Funktionen.

Die Bedienoberfläche des SPARKVERB kommt modern und übersichtlich daher und ist in zwei Auflösungen für unterschiedlich große Monitore verfügbar. Zwischen den beiden GUI- Auflösungen kann im laufenden Betrieb mittels Eintrag im Preset-Menü des SPARKVERB umgeschaltet werden, es ist danach kein Neuladen des Plugins nötig, wie bei manch anderen Produkten. Sehr gut! Ich persönlich empfand auch die kleinere GUI als ausreichend dimensioniert, die Andere ist schon eher etwas für Großbildmonitore.

UVI-Sparkverb-2
SPARKVERB bietet sowohl MIDI-Learn als auch die Bedienung über das Mausrad an, das erfreut das Herz des geneigten Controller-Freaks!

SPARKVERB im Detail

SPARKVERB bietet ein übersichtliches Set an virtuellen Parameter-Reglern an, die die üblichen Einstellmöglichkeiten wie beispielsweise Raumgröße und -gestalt, Nachhallzeit, Mischungsverhältnis usw. umfassen. Alte Hasen werden vielleicht von anderen Reverb-Einheiten bekannte Parameter wie Pre-Delay oder Early-Reflections vermissen, UVI hat diese der Einfachheit halber unter der Haube verborgen und sie in den anderen verfügbaren Einstellmöglichkeiten integriert.

Des Weiteren kann man mit dem Mauszeiger seine Einstellungen auch freihändig im großen, mittig angeordneten Display vornehmen, die virtuellen Drehregler folgen dabei dann ebenfalls brav bei Fuß.

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Mittels einstellbarer Frequenzweichen lassen sich getrennte Abfallzeiten in verschiedenen Frequenzbändern vornehmen. Ein weiterer interessanter Parameter für Spezialeffekte ist FREEZE, dieser erlaubt einen „eingefrorenen Hall“, bzw. unendliche Hallzeiten.

Unterhalb der im SPARKVERB ebenfalls vorhandenen Modulationssektion befindet sich ein Pulldown-Menü, welches die Auswahl aus drei Modi erlaubt: LO-FI, DARK und BRIGHT. Hierdurch wird der Charakter des Reverbs jeweils deutlich verändert.

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Auf der rechten Seite finden wir unten bei DENSITY ebenfalls ein solches Pulldown-Menü, mit welchem die Echo-Dichte der internen Delays in drei Schritten erhöht werden kann.

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Insgesamt ist mit dem SPARKVERB von künstlich klingenden Räumen bis hin zu sehr natürlich wirkendem Hall nahezu alles möglich, und dies bei noch gut überschaubarer Parameteranzahl.

Ein Rechtsklick auf einen beliebigen Parameterregler fördert übrigens ein Popup-Menü hervor, das neben der MIDI-Learn-Zuordnung auch die Möglichkeit bietet, jenen Parameter via LOCK festzunageln, auch wenn das Preset gewechselt wird. Dies ist insbesondere beim MIX-Regler sinnvoll, da man so nicht erst bei jeder Presetänderung das Mischungsverhältnis neu anpassen muss. Sehr gut!

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Apropos Presets, diese verdienen beim SPARKVERB noch einer genaueren Betrachtung: Man kann sie sowohl auf konventionelle Weise aus der oberen Menüleiste aufrufen und speichern (siehe unten), als auch mittels des alternativen PRESET VOYAGER.

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Hat man den PRESET VOYAGER aktiviert, so nimmt dieser den Raum im zentralen Display ein. Ein Rechtsklick dort hinein erlaubt via Menü die Einstellung angezeigter Details.

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Die Darstellung selbst erinnert mich ein wenig an ein altes Weltraum-Strategie-Spiel auf dem ATARI ST, bei dem man Sonnensysteme und Planeten erobern, verteidigen und verwalten musste, will sagen, der PRESET VOYAGER sieht aus, wie eine Art Sternenkartographie. Die einzelnen Sterne symbolisieren hierbei die Presets, und vorhandene Presets aus derselben thematischen Kategorie haben jeweils identische Farben.

Das Ganze ist aber nicht nur eine reine optische Spielerei, sondern auch funktionell. Reist man mit dem Mauszeiger im PRESET VOYAGER herum, so tauchen bald dreieckige Flächen auf, deren Eckpunkte jeweils von einem der Presets gebildet wird.
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Hält man nun die linke Maustaste gedrückt, so erscheint ein kleiner Vektorball im Zentrum, der sich mit der Maus innerhalb des Dreiecks frei verschieben lässt. Dabei wird dann, je nach Position des Balls, auch zwischen den Parametereinstellungen der drei ausgewählten Presets interpoliert, es entsteht also ein neuer Raumklang, der ein Hybride aus den drei ursprünglichen Presets darstellt. Diese Art der spielerischen Meta-Steuerung erinnert mich übrigens sehr an das „Morphing-Triangle“ des EISENBERG EINKLANG (Synthesizer-Plugin), aber das nur am Rande, gut ist diese Idee hier allemal und auch sinnvoll umgesetzt..

Leider lässt sich dieser Vorgang aber nicht automatisieren oder via MIDI steuern, das würde in der Praxis dann aber wohl auch zu allerlei Glitches führen…

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Hatte ich übrigens schon erwähnt, dass sich mit dem Mausrad zur besseren Ansicht auch einfach in den PRESET VOYAGER hinein und hinaus Zoomen lässt?!

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Alles in Allem ist dieser PRESET VOYAGER auf jeden Fall eine sehr schöne Sache!

Ali, machmahallan!

Wie gewohnt folgen nun die obligatorischen Klangbeispiele. Ich habe hier mit Absicht nur recht simple Signalquellen verwendet, denn Ihr sollt euer Hauptohrenmerk ja auf die erzeugten Reverbeffekte lenken. Bitte bedenkt aber, dass durch die anschließende MP3-Konvertierung mit Sicherheit diverse Details des Originalklangs verloren gegangen sein dürften…

Zunächst musste mal wieder unser altbekanntes BuenasIdeas-Speechie herhalten, um durch allerlei Arten von virtuellen Räumen (kleine, große, authentische und surreale) zu wandeln. Das SPARKVERB wurde hierbei als Insert-Effekt eingesetzt. Am Anfang hört ihr das Sample zum Vergleich einmal „trocken“:

Des Weiteren habe ich noch einen einfachen Loop mit einer TR-808-Emulation erstellt. Das SPARKVERB ist hier als Send-Effekt mit verschiedenen Presets zu hören, lediglich die Kickdrum habe ich dabei mal unbearbeitet gelassen:

Zumindest für mein Empfinden klingt der erzeugte Raumklang bei adäquaten Parameter-Einstellungen sehr realistisch und dicht, es sind mit dem SPARKVERB aber auch recht einfach „unmögliche Räume“ und „psychedelische“ Effekte realisierbar.

Fazit:

Mir persönlich hat das UVI SPARKVERB sehr gut gefallen, wenn man mal von der Tatsache absieht, dass es nicht auf Windows XP lauffähig ist (schade…). Wenn ich denn endlich doch mal den Umstieg auf Windows 7 vollzogen habe, dann wird das SPARKVERB sicherlich einer meiner Favoriten im Reverb-Ordner werden, denn die damit erzeugten Rauminformationen klingen definitiv amtlich.

SPARKVERB ist direkt bei UVI käuflich, und zwar sowohl als Downloadversion als auch auf einem Datenträger. Beide Versionen kosten jeweils 199,- Euro (bei der „boxed Version“ kommen allerdings noch fette 29,- US-Dollar an Versandkosten hinzu!), das ist also nicht unbedingt ein „No-Brainer“. Andererseits liegen die meisten Reverb-Plugins mit einem professionellen Anspruch in einer vergleichbaren Preisklasse, und wer möchte, der kann bei einigen Herstellern auch gerne das drei- bis vierfache für einen virtuellen Hall auf den Tisch legen. Und selbst mein billiges QUADRAVERB hatte damals noch mehr als das Doppelte des SPARKVERB gekostet… 😉

Das UVI SPARKVERB kann jedenfalls klanglich auch mit den besseren Vertretern seiner Zunft locker mithalten, ohne dabei gleich die CPU zu grillen, und die Bedienung ist einerseits für Einsteiger leicht nachvollziehbar, bietet andererseits aber auch dem erfahrenen Anwender genügend Eingriffsmöglichkeiten und zudem einen schnellen Workflow, was vor allem Profis zu schätzen wissen dürften.

Wer also noch über die Anschaffung eines professionellen Reverb-Plugins jenseits der üblichen DAW-internen Verhaller nachdenkt, der sollte das UVI SPARKVERB unbedingt in seine Auswahl miteinbeziehen und ausgiebig testen!

Was mir besonders gut gefiel:

+ sehr guter Reverb-Klang
+ innovativer „Preset Voyager“
+ Bedienung
+ optisches Design
+ relativ geringer CPU-Bedarf
+ MIDI-Learn
+ Reglerbedienung via Mausrad möglich

Was mir weniger gut gefiel:

nicht kompatibel zu Windows XP
Produktseite: http://www.uvi.net/en/software/sparkverb.html

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