Testbericht: CHERRY AUDIO POLYMODE SYNTHESIZER – Flächenversiegelung leicht gemacht

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 23.02.2021

Ursprünglich ja durch ihr virtuelles Aushängeschild VOLTAGE MODULAR bekannt geworden, glänzen die Leute von CHERRY AUDIO seit einigen Monaten dadurch, dass sie den Markt mit bemerkenswert niedrigpreisigen und dennoch authentisch klingenden Emulationen klassischer Synthesizer im Plugin-Format aufmischen. Nach den beiden gelungenen Einständen DCO-106 und CA2600 (und nicht zu vergessen dem kostenlosen SURREALISTIC MG-1 PLUS) habe ich nun mit dem POLYMODE SYNTHESIZER einen weiteren Kandidaten auf dem Seziertisch. Ob der wohl den guten Eindruck, den die Erstlinge bei mir hinterlassen hatten, fortsetzen wird?


Steilvorlage…

Dieses Mal hat sich CHERRY AUDIO den von 1975 bis 1980 produzierten POLYMOOG aus dem Hause MOOG MUSIC geschnappt, welcher damals zu den ersten polyphonen Geräten seiner Gattung gehörte. Genauer gesagt handelte es sich sogar um einen vollpolyphonen Synthesizer, das heißt, dass die maximale Stimmenzahl nur von den zur Verfügung stehenden Keyboardtasten begrenzt wurde (also ähnlich wie bei einem Klavier oder einer Orgel).

Dazu war der POLYMOOG aber nicht etwa mit einem separaten Oszillator für alle seine 71 Keyboardtasten ausgestattet, vielmehr kam hierbei die schon aus elektrischen Orgeln und String Ensembles bekannte Oktavteiler-Technik zum Einsatz. Dabei existieren nur für die zwölf Noten der obersten Oktave eigene Oszillatoren (beim POLYMOOG derer zwei pro Stimme), die darunter liegenden Noten hingegen werden durch Frequenzteilung erzeugt. Da sich alle Stimmen das Filter teilen mussten, solle man auch wohl eher von Paraphonie statt von Polyphonie sprechen.

MOOG POLYMOOG
MOOG POLYMOOG 203a

Dafür konnte der POLYMOOG allerdings mit gleich zwei Filtersektionen aufwarten, denn neben der für MOOG typischen Transistor-Kaskade mit ihrer Flankensteilheit von 24dB pro Oktave gab es noch eine zusätzliche Resonator-Bank mit drei Frequenzbändern, mit der der Klang noch ordentlich verbogen werden konnte.

Eine weitere Besonderheit waren beim POLYMOOG die Presets, in denen werksseitig diverse festverdrahtete Voreinstellungen festgehalten waren, die sich dann noch an die eigenen Vorstellungen anpassen ließen.

Dem POLYMOOG SYNTHESIZER aka Modell 203a schob MOOG MUSIC ein paar Jahre später auch noch das POLYMOOG KEYBOARD (Modell 280a) hinterher. Dieses bot intern zwar die gleiche Klangerzeugung, verfügte aber über sehr viel weniger Bedienelemente zur Klangeinstellung, dafür jedoch über einige weitere Presets, unter denen das Stimmenimitat VOX HUMANA wohl das bekannteste sein dürfte, zu hören beispielsweise bei Gary Human.

Auch andere bekannte Musiker, darunter etwa Kraftwerk, Klaus Schulze, Peter Gabriel, Prince und viele mehr setzten den POLYMOOG oft und gerne ein, wengleich sich dieser kompliziert aufgebaute Synthesizer von der technischen Seite her als recht anfällig herausstellte und offenbar einen regelrechten Alptraum für den Wartungsservice darstellte.

Ersonnen wurde der POLYMOOG übrigens von Dave Luce, der zunächst als technischer Leiter bei MOOG MUSIC arbeitete und nach einigen Jahren zum Fimenpräsidenten aufstieg (kurioserweise wohl, indem er einen unter den Stellenanwärtern durchgeführten Intelligenztest gewonnen haben soll…). Bob Moog steuerte wohl hauptsächlich seinen werten Nachnahmen für die Produktbezeichnung bei.

Das dürfte auch einer der Gründe sein, warum der POLYMOOG sich in klanglicher Hinsicht so deutlich von den anderen Synthesizern aus dem Hause MOOG, allen voran dem legendären MINIMOOG, unterscheidet und es mit diesen in puncto Fettstufe nicht so ganz aufnehmen kann, dafür aber beispielsweise mit sehr cremigen und breiten Flächensounds aufwartet.


Immigration…

Wie alle Instrumente von CHERRY AUDIO, ist auch der POLYMODE SYNTHESIZER ein reines 64-Bit-Plugin. Als Betriebssysteme kommen entweder WINDOWS ab Version 7 oder macOS ab Version 10.09 infrage. An Plugin-Formaten stehen, je nach eingesetztem System, VST2, VST3, AAX sowie AU zur Verfügung. Wer keinen gesonderten Host nutzen möchte, kann zudem auf eine Standalone-Version zurückgreifen. Wie immer habe ich mich im Test auf die VST-Varianten beschränkt und diese unter WINDOWS 7 beziehungsweise unter WINDOWS 10 installiert.

CHERRY AUDIO empfiehlt zum Betrieb einen Quad-Core-Rechner mit mindestens 8 GB RAM, mein Studiorechner (CPU i7-4790K mit 4 x 4,0 GHz und 16 GB RAM) liegt ausstattungsmäßig darüber, aber auch auf meinem leistungschwächeren Laptop (CPU i5-4200m mit 2 x 2,50 GHz und 4 GB RAM) kam es zu keinen Performance-Problemen.

Vor einer dauerhaften Nutzung will der POLYMODE SYNTHESIZER erst aktiviert werden. Dies erfolgt bei CHERRY AUDIO stets auf dem Wege eines einmaligen Einloggens in den persönlichen Online-Account aus dem Plugin heraus, was somit zumindest temporär eine Internetverbindung auf dem Host-Computer erforderlich macht. Eine Offline-Aktivierung fernab des Netzes ist beim POLYMODE nicht durchführbar.

Wie mir schon beim Test des CA2600 aufgefallen war, so scheint auch beim POLYMODE eine Installation erst bei bestehender Internetverbindung tatsächlich vervollständigt werden zu können, da nach dem Einloggen offenkundig noch irgendwelche Daten heruntergeladen werden. Nach der Aktivierung benötigt man den besagten Online-Zugang aber allenfalls noch, wenn man darüber auch etwaige Updates installieren möchte.

CHERRY AUDIO POLYMODE - Settings
CHERRY AUDIO POLYMODE – Settings

Wenn man das Bedienpanel eines originalen POLYMOOG und das GUI des POLYMODE miteinander vergleicht, fällt einem trotz aller Ähnlichkeiten durchaus der eine oder andere Unterschied ins Auge. Die Bedienoberfläche des POLYMODE orientiert sich optisch einerseits am Original, zumindest was die Form und Farbgestaltung der Regler und Knöpfe angeht, andererseits war CHERRY AUDIO bemüht, das Panel etwas kompakter zu gestalten und gleichzeitig um einige sinnvolle Erweiterungen zu ergänzen. Daher erfolgte die Anordnung mancher Funktionsgruppen auch abweichend vom Panel des POLYMOOG, im Sinne einer etwas logischeren und konsistenteren Bedienung. Dies betrifft beispielsweise die beiden Oszillatorstränge.

Wie bei den Plugins von CHERRY AUDIO üblich, lässt sich die Bedienoberfläche auch beim POLYMODE in einem recht weitem Bereich skalieren und somit an die jeweilige Monitorauflösung anpassen. Ebenso üblich ist eine mehrstufige UNDO/REDO-Funktion, die es erlaubt, irrtümlich getätigte Änderungen schnell rückgängig zu machen oder flugs Vergleiche zwischen verschiedenen Einstellungen anzustellen.

CHERRY AUDIO POLYMODE - Settings
CHERRY AUDIO POLYMODE – Settings

In den Settings lassen sich wiederum allerlei Anpassungen an die persönlichen Vorlieben vornehmen, beispielsweise in Bezug auf die Bedienung der Regler mit der Maus, dem Umgang mit verfügbaren Updates oder dem Ablageort der Presets.

Beim POLYMODE SYNTHESIZER existiert ebenfalls wieder eine umfangreiche und komfortable MIDI-Learn-Funktion, bei der für jeden der an einen Controller angelernten Parameter spezifische Einstellungen vorgenommen werden können, so etwa bezüglich der möglichen Verlaufsform von Werteänderungen (linear, exponentiell oder logarithmisch) sowie auch einer Begrenzung des minimalen und des maximalen Wertebereichs für die jeweiligen MIDI-CC.

CHERRY AUDIO POLYMODE - MIDI-Learn
CHERRY AUDIO POLYMODE – MIDI-Learn

Das für CHERRY AUDIO schon obligatorische QWERTY-Keyboard darf natürlich auch nicht fehlen und ermöglicht über die alphanumerische Rechner-Tastatur ein zumindest rudimentäres Herumklimpern ohne angeschlossenen MIDI-Controller.

CHERRY AUDIO POLYMODE - QWERTY-Keyboard
CHERRY AUDIO POLYMODE – QWERTY-Keyboard

Und auch der Preset-Browser des POLYMODE ist ein alter Bekannter, gleicht er denen im DCO-106 und im CA2600 doch wie ein Ei dem anderen. Er lässt sich bei Bedarf permanent geöffnet halten, verfügt über eine Suchfunktion sowie über vordefinierte Kategorien, und eine Favoritenliste für die persönlichen Lieblingsklänge lässt sich hier ebenfalls anlegen. CHERRY AUDIO liefert nach eigenen Angaben über 150 Presets mit, darunter auch Nachbildungen der damaligen Werksklänge.

CHERRY AUDIO POLYMODE - Preset-Browser
CHERRY AUDIO POLYMODE – Preset-Browser

Ranking-Show…

Wie bereits erwähnt, unterscheiden sich POLYMOOG und POLYMODE hinsichtlich der Anordnung mancher Funktionen und Bedienelemente in einigen Punkten. CHERRY AUDIO hat hier ganz offensichtlich versucht, den Anwender abzuholen und ihm einen leichteren Zugang zu ermöglichen, denn das Layout des POLYMOOG entspricht nicht immer der heutzutage gewohnten Gestaltung eines typischen subtraktiven Synthesizers. Dem konservativen Puristen mag dies vielleicht etwas aufstoßen, alle anderen sind wahrscheinlich für das dadurch vereinfachte Bedienkonzept dankbar. Dennoch gibt es nach wie vor kleinere Unterschiede etwa zu einem MINIMOOG oder zu einem JUNO-60.

CHERRY AUDIO POLYMODE - Synthese-Parameter
CHERRY AUDIO POLYMODE – Synthese-Parameter

Links oben, gleich zu Beginn, finden wir beispielsweise die ungewöhnliche Mixer-Sektion (MASTER GAIN) des POLYMODE. Hier lassen sich die Lautstärkeverhältnisse von Oszillatoren, Filter und Resonator-Bank einstellen. Im tatsächhlichen Signalfluss sitzt diese Sektion also eigentlich weiter hinten.

CHERRY AUDIO POLYMODE - Oszillatoren
CHERRY AUDIO POLYMODE – Oszillatoren

Gleich daneben befinden sich die beiden Oszillatorstränge, hier dem Vorblid entsprechend RANK 1 und RANK 2 getauft. CHERRY AUDIO hat hier der Übersichtlichkeit halber jeweils einige Funktionen anders angeordnet als beim POLYMOOG. Im Gegensatz zu diesem sind auch beide Oszillatoren identisch ausgestattet und können jeweils sowohl Sägezahnwellen (hier RAMP genannt) als auch variable Pulswellen erzeugen, bei Bedarf sogar gleichzeitig.

Wer sich von den mit FM beschrifteten Reglern übrigens wilde Experimente mit Frequenzmodulation erhofft, den muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen, hierbei handelt es sich bloß um eine relativ brave Pitch-Modulation durch den LFO im Sinne eines Vibratos. CHERRY AUDIO hat hier lediglich einmal mehr die Terminologie des POLYMOOG übernommen. Die Fader unter SHAPE/MOD dienen der Pulsbreitenregelung bzw. -modulation. Zu den beim Original nicht vorhandenen MOD SRC-Reglern komme ich gleich noch.

CHERRY AUDIO POLYMODE - Resonator-Bank und Filter
CHERRY AUDIO POLYMODE – Resonator-Bank und Filter

Auf der rechten Seite schließen sich die Resonator-Bank sowie das klassische Tiefpassfilter an. Die Resonatoren setzen sich aus drei voneinander unabhängigen, parallel geschalteten Frequenzbändern zusammen, die jeweils für einen eigenen Bereich zuständig sind und die entweder im Tiefpass-, Bandpass-Hochpass- oder Notch-Modus arbeiten können, wobei Letzterer beim POLYMOOG nicht existierte, sondern von CHERRY AUDIO hinzugefügt wurde, ebenso wie der Auswahlschalter für die Flankensteilheit, die sich beim POLYMODE SYNTHESIZER zwischen 12dB und 24dB pro Oktave umschalten lässt.

Während sich die Grenzfrequenz der Resonator-Bank beim POLYMOOG nur manuell regeln ließ, kann der POLYMODE hier auf einen eigenen LFO mit Dreiecks-Wellenform zurückgreifen. Da die Resonatoren lediglich Frequenzanteile verstärken, nicht jedoch reduzieren können, sind sie somit prinzipiell auch keine Filter im eigentlichen Sinne.

Das resonanzfähige Kaskadenfilter (VCF) wirkt dagegen dann beinahe schon herkömmlich und unspektakulär (ein MOOG-Filter eben…), bietet aber dennoch eine willkommene Ergänzung zur Resonator-Bank.

Die neun oberhalb davon positionierten blauen Taster sind mit MODE FILTERS betitelt und tragen die Bezeichnungen diverser Presets des POLYMOOG, darunter auch das berühmte, aus dem POLYMOOG KEYBOARD stammende VOX HUMANA. Es handelt sich dabei nicht etwa um die eigentlichen Presets selbst (die man ja über den Browser erreicht), sondern vielmehr um die hinter diesen stehenden Festfilter. Prinzipiell kann man sie sich also eher als eine Art EQ-Presets zur Klangveränderung vorstellen.

Es sei an dieser Stelle noch einmal angemerkt, dass die Resonator-Bank, das VCF und die Mode Filters allesamt nur einmal für alle Stimmen des POLYMODE verfügbar sind, ganz genau wie beim Hardware-Vorbild. Das ist übrigens auch der Grund, warum der POLYMODE SYNTHESIZER im Gegensatz etwa zum DCO-106 kein MPE unterstützt.

CHERRY AUDIO POLYMODE - Modulatoren
CHERRY AUDIO POLYMODE – Modulatoren

Direkt unter dem Tiefpassfilter finden sich die beiden ADS-Hüllkurven. Diese Abkürzung steht hier natürlich nicht für „Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom“, sondern für die drei Phasen ATTACK, DECAY und SUSTAIN, eine separate RELEASE-Phase exisitiert nicht. Bei der (lediglich paraphonen) Filter-Hüllkurve gibt es noch einen weiteren Regler für die Modulationstiefe, während sich bei der (polyphonen) Verstärker-Hüllkurve der Einfluss der Anschlagsdynamik stufenlos regeln lässt.

CHERRY AUDIO hat dem POLYMODE noch zwei zusätzliche, identisch aufgebaute LFOs spendiert, die über 5 Wellenformen sowie einen Verzögerungsparameter verfügen und die bedarfsweise auch zum Host-Tempo synchronisiert werden können. Diese LFOs, MODULATOR 1 und 2 getauft, lassen sich den meisten Synthesparametern in der oberen Hälfte des Bedienpanels zuordnen, wenn’s denn sein muss, sogar allen gleichzeitig.

CHERRY AUDIO POLYMODE - Modulationsquellen
CHERRY AUDIO POLYMODE – Modulationsquellen

Die Zuweisung erfolgt über die MOD(ulation) S(ou)RC(e) Buttons, die sich dort unter jedem Fader befinden. Die damit verbundenen Drehregler dienen jeweils zur Einstellung der wahlweise negativen oder positiven Modulationsintensität. Neben den genannten LFOs können auch noch weitere Modulationsquellen zur Steuerung der betreffenden Parameter herangezogen werden, so etwa die beiden Hüllkurven, diverse Spielhilfen des angeschlossenen Keyboards, weißes und rosa Rauschen sowie eine feste virtuelle Steuerspannung namens DC SOURCE, deren Wert von der Drehreglerstellung abhängig ist. Dieses MOD SRC-System ersetzt auf effektive Weise die in vielen anderen Synthesizern vorhandene Modulationsmatrix.

Übrigens, Kennern der Hardware dürfte bereits aufgefallen sein, dass CHERRY AUDIO darauf verzichtet hat, eine Eigenschaft des POLYMOOG nachzubilden, nämlich die Split-Zonen zur Erzeugung unterschiedlicher Klangeinstellungen auf der oberen und der unteren Keyboard-Hälfte. Mag eine solche Option für einen live spielenden Keyboarder in den 1970er Jahren noch essentiell gewesen sein, so halte ich sie im Rahmen eines Plugin-Instrumentes, das ja bei Bedarf in mehreren Instanzen geladen werden kann, für kein wirkliches Manko.


Sahnehäubchen…

CHERRY AUDIO hat seinem Synthie auch wieder einmal eine Effekt-Sektion verpasst, bestehend aus den vier Einzeleffekten ENSEMBLE, PHASER, ECHO und REVERB, die sich alle separat ein- und ausschalten lassen.

ENSEMBLE stellt hierbei eine FLanger/Chorus-Kombination dar. Technisch unterscheiden sich diese beiden Effekttypen ja nur durch ihre jeweiligeVerzögerungszeit, denn während diese in einem Bereich von 4 bis 12 ms flangerartige Effekte bewirkt, erzeugen längere Zeitwerte eben einen typischen Chorus-Effekt. Beim POLYMODE SYNTHESIZER lässt sich hier zudem zwischen einem Single- und einem sogenannten TRI CHOR-Modus wählen. Letzterer emuliert einen Chorus-Effekt, wie er auch im SOLINA STRING SYNTHESIZER zur Anwendung kam. Gemäß seinem klassischen Vorbild arbeitet der TRI CHOR-Modus nur in mono und mit fixen Tempowerten, die Regler für DEPTH, TIME und FEEDBACK werden in dieser Betriebsart deaktiviert.

CHERRY AUDIO POLYMODE - Effekt-Sektion
CHERRY AUDIO POLYMODE – Effekt-Sektion

Ein PHASER befindet sich ebenfalls an Bord und stellt eine schöne Bereicherung insbesondere für spacige Vintage-Flächenklänge dar. Bei ECHO und REVERB schließlich scheint es sich um die auch schon vom DCO-106 bekannten (und dementsprechend gutklingenden) Einheiten zu handeln, die Parametrisierung ist identisch, wenn man einmal vom zusätzlichen SPREAD-Schalter absieht, der beim POLYMODE bewirkt, dass vom linken Stereokanal 10 ms abgezogen und ebensoviel zum rechten Kanal hinzugefügt wird, um dadurch einen breiteren Stereoeffekt zu erzeugen (bei längeren Feedbackwerten laufen die Echos dann aber links und rechts immer weiter auseinander). Das REVERB sorgt mit seinen drei recht unterschiedlich klingenden Algorithmen für genügend Variationsbreite. Alles in allem können sich die eingebauten Effekte durchaus hören lassen und das eine oder andere Mal entsprechende zusätzliche Plugins überflüssig machen.


Lautschrift…

Wie die Mehrheit der klassischen Synthesizer aus vergangenen Zeiten zählt auch der POOLYMOOG zu den Geräten, die ich leider niemals persönlich kennenlernen durfte. Diese Teile stehen ja schließlich nicht mal eben so in Reichweite herum. Meine Beurteilung des Grundklangs hinsichtlich der Authentizität fußt beim POLYMODE SYNTHESIZER daher einmal mehr ausschließlich auf durch Dritte fabrizierte Aufnahmen des Vorbilds, was sicherlich nur von begrenzter Aussagekraft ist und keinen Direktvergleich zu ersetzen vermag. Zumindest aber kann ich den POLYMOOG im POLYMODE eindeutig wiedererkennen.

Und all dieses einmal außer Acht gelassen, also den POLYMODE nur für sich selbst betrachtet, stellt er ein gutklingendes Instrument mit einem eigenwilligem Charakter dar. Die vorrangigen Stärken des POLYMODE liegen hierbei sicherlich in der Erzeugung breiter Flächenklänge und String-Ensembles sowie analoger Synthie-Chöre, der Resonator-Bank sei gedankt. Den einen oder anderen schrägen Effektsound hat er ebenfalls drauf, zumal CHERRY AUDIO dem POLYMODE SYNTHESIZER durch die erweiterten Modulationsmöglichkeiten hier mehr Spielraum lässt, als es beim Original der Fall war.

Für Bassklänge würde ich zwar andere Instrumente favorisieren, dennoch kann der POLYMODE natürlich auch sehr tiefe Töne wiedergeben. Man sollte seine Erwartungen dabei halt nur vom typischen MOOG-Bass lösen, das gilt aber ebenso für das Vorbild.

Das Klangbeispiel wurde wieder einmal nur unter Verwendung des Testobjekts erstellt, alle Klänge stammen also komplett aus dem POLYMODE SYNTHESIZER. Dabei wird auch deutlich, dass dieser sich nur sehr begrenzt für Drumsounds eignet, eine richtig fette Kick etwa habe ich damit nicht hinbekommen. Muss man aber auch nicht, man greift ja schließlich auch nicht zum Degen, wenn man eigentlich zu einer zünftigen Schießerei gehen will…

Klangbeispiel CHERRY AUDIO POLYMODE SYNTHESIZER

Bei diesem Klangbeispiel kamen 18 parallel laufenden Instanzen zum Einsatz, dennoch lag die gesamte Systemauslastung auf meinem Studiorechner lediglich bei etwa 50%. An Effekten habe ich wie immer ausschließlich die im Testkandidaten integrierten Einheiten verwendet, jedoch keinerlei zusätzliche Plugins.


Mitläufer…

Meines Wissens hat der POLYMODE SYNTHESIZER von CHERRY AUDIO nur einen einzigen Konkurrenten (lässt man jetzt einmal das hauseigene POLYMODE-Modul für den VOLTAGE MODULAR außer Acht), und das ist der PolyM von XILS-lab, der schon seit einigen Jahren auf dem Markt ist. Ich selbst habe den PolyM niemals getestet und kann hier lediglich auf die Screenshots und Audio-Demos von der XILS-lab-Webseite Bezug nehmen.

Während die Demos durch die Bank weg ganz gut klingen (aber in der Regel auch aufwendig ausproduziert erscheinen und somit auch keinen Direktvergleich ersetzen können…), scheint man vor allem bei der Gestaltung der Bedienoberfläche etwas andere Schwerpunkte gesetzt zu haben. Abgesehen davon, dass sich XILS-lab insgesamt etwas näher an das ja nicht immer so ganz eingängig erscheinende Layout des Originals gehalten hat, dürfte auch die Pseudo-3D-Grafik nicht jedermanns Geschmack treffen.

Zudem liegen die für den PolyM regulär ausgerufenen 149,- Euro deutlich über dem Verkaufspreis des POLYMODE, dafür kann man bei CHERRY AUDIO auch gleich noch den DCO-106 und den CA2600 miterwerben und hat dann trotzdem immer noch ein paar Taler übrig (diese drei Plugins kosten zusammen derzeit gerade mal etwas mehr als die Hälfte des PolyM).


Fazit:

Der POLYMODE SYNTHESIZER stellt – wie auch schon POLYMOOG, den er emuliert – sicherlich kein Universalgenie dar, mit dem sich so ziemlich alle (virtuell-)analogen Standardklänge nachbauen lassen, die man kennt. Vielmehr ist er ein Spezialist vor allem für Vintage-Pads im typischen Stile der 1970er, also für „abgespacete“ und phaserartige Flächenklänge und Stringsounds mit einem sehr eigenwilligen Charakter. Aber natürlich ist das längst nicht alles, was der POLYMODE SYNTHESIZER auf dem Kasten hat, auch allerlei interessante Keyboardklänge und ein paar (in einem positiven Sinne) seltsame Effektsounds gibt es hier zu entdecken.

Wer genau auf diese Art von Klängen steht, der braucht nicht mehr weiter zu suchen und kommt bei CHERRY AUDIO auch noch deutlich preiswerter weg, als beim bis dato einzigen Mitbewerber. Wer hingegen es in erster Linie auf ultrafette Bässe oder analoges Schlagwerk abgesehen hat, der sollte ich tunlichst woanders umsehen, denn hierfür gibt es geeignetere Kandidaten als den POLYMODE (beispielsweise den CA2600).

Ich halte den POLYMODE SYNTHESIZER jetzt nicht für ein unabdingbares Must-have, an dem man nicht vorbeikommt, insbesondere wenn man schon die eine oder andere Analog-Emulationen sein Eigen nennt. Aber auch zu solchen mag er durch seinen spezifischen Klang eine nette Ergänzung darstellen. Umso besser, dass CHERRY AUDIO wieder eine bis auf periodische Störsignale voll funktionsfähige Demoversion offeriert, die 30 Tage lang lauffähig ist, so muss also niemand die Katze im Sack erwerben.

Den POLYMODE SYNTHESIZER gibt wie immer es direkt bei CHERRY AUDIO, aber auch in den einschlägigen Onlineshops. Zurzeit gilt noch der Einführungspreis von 29,- US-Dollar (derzeit ca. 24,- Euro), den regulären Verkaufspreis gibt CHERRY AUDIO mit 49,- US-Dollar (also rund 41,- Euro) an.


Positives:
+ guter Grundklang
+ leicht erlernbare Bedienung
+ zahlreiche sinnvolle Erweiterungen
+ gut klingende Effekt-Sektion
+ umfangreiche MIDI-Learn-Sektion
+ CPU-freundlich
+ günstiger Verkaufspreis

Negatives:
– keine Offline-Aktivierung bzw. Installation möglich


Produktwebseite: https://cherryaudio.com/instruments/polymode-synthesizer