Testbericht: NATIVE INSTRUMENTS KONTAKT 6

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 05.03.2019

KONTAKT, das bekannte Sampling-Schlachtschiff von NATIVE INSTRUMENTS, hat mittlerweile die Versionsnummer 6 erreicht, und Kollege Klaus Feurich hatte unlängst in seinem Testbericht zu KOMPLETE 12, in dem er KONTAKT 6 nur kurz umreißen konnte, ja bereits angemerkt, dass von unserer Seite noch ein ausführlicher Einzeltest dazu aussteht. Und der folgt nun…

Samplicissimus…

Sampler im eigentlichen Sinne, nämlich als Instrumente zur Digitalisierung und Wiedergabe von Klängen stehen der Musikwelt seit rund vier Jahrzehnten zur Verfügung (die diversen analogen Vorläufer wie Mellotron, Orchestron oder Lichttonorgel usw. seien an dieser Stelle einmal ausgeklammert…). Erschwingliche Geräte dieser Art für Normalbetuchte gibt es etwa seit den späten 80ern. Doch auch diese waren noch alles andere als billig, boten in der Regel nur eine relativ geringe Speicherausstattung (RAM war mal sehr teuer…), und auch die Bedienung fiel häufig mehr als umständlich aus.

Der Verfasser dieser Zeilen legte sich in den frühen 90ern zwei YAMAHA TX16W zu (wovon einer ausschließlich zum Abfeuern von Drumsounds diente), und selbst dafür waren auf dem Gebrauchtmarkt noch jeweils 2000,- Deutschmark fällig, eine nachträgliche Speicheraufrüstung auf satte 4,5 MB (!) bei einem der Geräte (Werksausaustattung: 1,5 MB) schlug noch mit mehrenen hundert DM zu Buche. Gespeichert wurde auf 3,5“-Disketten, eine volle Speicherbank benötigte gleich mehrere davon, und das Laden von Klängen davon dauerte so lange, dass die Geduld auf eine harte Probe gestellt wurde (spontane Sessions beginnt man so nicht…).

Das Zeitalter der Softwaresampler brachte hier allerlei Verbesserungen mit sich: RAM im GB-Bereich wurde immer günstiger, als Speichermedium dienen große und schnelle Festplatten oder SSDs, und die modernen Bedienoberflächen erlauben auf einem zeitgemäßen Bildschirm auch einen weitaus beschleunigten Workflow im Vergleich zu damals, als die Hardware-Sampler mit ihren zumeist winzigen Displays noch ähnlich wie ein Videorekorder programmiert werden wollten.

Aus diesem Grund benutzt man heutzutage (im Gegensatz zu den Synthies von gestern) wohl allenfalls nur noch dann solche Vintage-Geräte, wenn es einem um eine ganz bestimmte Klangästhetik, etwa aufgrund der darin verbauten DA-Wandler geht, und selbst diese vermag man heute vermehrt durch den Einsatz entsprechender Plugins zu emulieren.

NATIVE INSTRUMENTS haben mit KONTAKT seit nunmehr fast zwei Dekaden ihre eigene Interpretation zum Thema Sampler auf dem Markt, und in jener Zeitspanne hat sich KONTAKT auch unleugbar zu dem Platzhirschen in diesem Software-Segment entwickelt.

Obwohl, ein Sampler im klassischen Sinne ist KONTAKT ja eigentlich gar nicht, denn schließlich vermag man damit überhaupt nicht zu samplen, also akustische Signale zu digitalisieren. Das macht man heute einfach mit der Soundkarte des Rechners oder auch mit einem portablen Field-Recorder. Daher trifft meiner Ansicht auch wohl eher der Begriff Sampling-Workstation auf das Wesen von KONTAKT zu, allein aus nostalgischer Gewohnheit belasse ich es in diesem Testbericht aber weiterhin beim altbekannten Sampler (das schreibt sich zudem auch kürzer…).

KONTAKTaufnahme…

KONTAKT 6 lässt sich auf Windows ab Version 7 und auf OS X ab Version 10.12 (jeweils 64-bit) installieren, neben einer Stand-alone-Anwendung existieren noch die Plugin-Formate VST und AAX sowie für OS X noch AU. Die Windows-Plugins sind dabei sowohl für 32-bit- als auch für 64-bit-Host verfügbar.

Als minimale Hardwarevorraussetzungen nennt NATIVE INSTRUMENTS eine Intel i5-CPU und 2 GB (Windows) bzw. 4 GB (OS X) an RAM-Speicher, für die Nutzung sehr umfangreicher KONTAKT-Instrumente wird ein Speicherausbau ab 6 GB RAM empfohlen.

Mein zum Test verwendeter Windows 7-PC mit Intel i7 und 16 GB RAM weist somit keine Ressourcen-Probleme in Verbindung mit KONTAKT 6 auf.

NATIVE ACCESS
NATIVE ACCESS

KONTAKT 6 wird ebenso wie die mitgelieferten Libraries über die separate Anwendung NATIVE ACCESS, welche mittlerweile ja das frühere SERVICE CENTER ersetzt hat, installiert und aktiviert.

Ich moppere in meinen Testberichten ja gerne rum, wenn ein Hersteller zur Aktivierung seiner Software zwingend eine Internetverbindung auf dem Studiorechner voraussetzt und nicht zumindest als alternative Option noch eine Offline-Aktivierung anbietet. So auch hier.

Allerdings finde ich es noch weitaus gravierender, dass hier auch keine reguläre Möglichkeit existiert, die Software, insbesondere die gigabyteschweren Library-Dateien auf einem anderen Rechner herunterzuladen als auf genau dem Studiorechner, auf dem sie auch installiert werden sollen. Ich habe schon von Anwendern gehört, deren Internetzugang einzig über ihr Smartphone mit einem begrenzten Datenvolumen erfolgt. Diese können die erforderlichen Dateien (und wir reden hier von einem höheren zweistelligen Gigabyte-Volumen!) also nicht einfach beispielsweise im Büro oder bei einem Freund zu saugen.

In meinem Fall bestand die Geduldprobe darin, dass ich hier im Studio zwar über einen DSL-Anschluss verfüge, allerdings muss ich mich durch die Stadtrandlage mit einer vorsintflutlichen 6000er-Leitung herumplagen (noch vor wenigen Jahren erst war hier sogar bloß DSL 2000 verfügbar…), bei der jedes Bit und Byte einzeln durch die Leitung tröpfelt, von zwei-, drei- oder gar vierstelligen Mbit-Raten, wie sie ein paar Straßen weiter möglich sind, kann ich hier nur träumen, obwohl ich mitten im dicht besiedelten Ruhrpott lebe. Demzufolge habe ich mit dem Download des gesamten KONTAKT 6-Contents dann auch ungefähr ein halbes Wochenende verbracht (wie lange ich dann wohl für ein KOMPLETE 12 brauchen würde…?).

Darüber hinaus bietet NATIVE ACCESS noch nicht einmal an, eben diese mühsam gezogenen Setup-Dateien für eine spätere erneute Verwendung irgendwo abzuspeichern. Direkt nach dem Download erfolgt die Installation, und unmittelbar nach deren Abschluss werden die heruntergeladenen Dateien auch flugs wieder automatisch gelöscht…

Der einzige Weg, der mir einfällt, um diese Dateien zu behalten, besteht darin, den Zeitpunkt der Installation abzupassen und dann ganz schnell NATIVE ACCESS via Windows-Taskmanager abzuschießen, bevor es die Dateien löscht. Anschließend hat man dann die Gelegenheit, zumindest noch ein Backup von diesen Dateien im ISO-Format zu erstellen. Das ließe sich doch sicherlich auch einfacher bewerkstelligen, Ihr lieben Entwickler, meint Ihr nicht auch…?!

KONTAKT 6 - frisch und vollständig installiert

KONTAKT 6 – frisch und vollständig installiert

Nun denn, irgendwann hatte auch ich dann endlich alles ordnungsgemäß auf der Festplatte installiert, und von da an verlief meine restliche Begegnung mit KONTAKT 6 ohne weitere Warteschleifen oder ähnlicher Unbill ab.

Klaus hatte in seinem KOMPLETE 12-Testbericht ja bereits erwähnt, dass jetzt im Gegensatz zu den Vorgängern nicht mehr gleich mehrere Plugin-Varianten mit jeweils einer unterschiedlichen Anzahl an Einzelausgängen auf die Platte gepumpt werden, sondern nur noch ein einziges VSTi mit insgesamt 64 Stereo-Kanälen, welche sich dann nach benötigter Menge in der DAW verwalten lassen. Dieses liegt dann sowohl als 32bit- wie auch als 64-bit-Version vor.

KONTAKT 6 - CREATOR TOOLS
KONTAKT 6 – CREATOR TOOLS

Auf Wunsch kann man sich auch noch die CREATOR TOOLS installieren, eine separate Anwendung, die einen Instrumenten-Editor sowie einen Debugger enthält und sich damit vorrangig an die Entwickler von Instrumenten und Libraries für KONTAKT 6 richtet, der ausschließlich musizierende und komponierende Durchschnittsanwender kann aber hierauf verzichten bzw. muss sich damit nicht zwingend auseinandersetzen.

Ach ja, und noch eine kleine, aber sinnvolle Neuerung: Ab sofort trägt KONTAKT keine Versionnummer mehr im Namen, auch nicht bei den Bezeichnungen der Plugins. Das bedeutet, dass damit erstellte DAW-Projekte auch nach künftigen Updates und Upgrades mit den dann jeweils aktuellen KONTAKT-Versionen kompatibel bleiben dürften (sofern NATIVE INSTRUMENTS diese Namensgebung auch bei einem KONTAKT 7, 8 oder X beibehält…)!

Inventar…

Auf der linken Seite der Bedienoberfläche springen dem Betrachter, wie auch schon von den Vorgängerversionen gewohnt, die farbenfrohen Banner der zum Lieferumfang gehörenden Libraries ins Auge, die zusammen mehr als satte 55 GB umfassen (wenn ich das jetzt richtig überschlage, dann hätte ich dafür damals wohl so an die vierzigtausend von meinen TX16W-Disketten benötigt…). Das kann sich schon sehen lassen!

Die FACTORY LIBRARY, die den Löwenanteil des Volumens ausmacht, ist langjährigen KONTAKT-Anwendern bereits bekannt, und auch RETRO MACHINES MK2 ist für Besitzer von KONTAKT 5 kein Neuling mehr. Aber trotz ihres inzwischen fortgeschrittenen Alters hinterlassen diese beiden Erweiterungen auch heute nach wie vor einen hervorragenden Eindruck.

KONTAKT 6 - FACTORY LIBRARY - ORCHESTRAL
KONTAKT 6 – FACTORY LIBRARY – ORCHESTRAL

In der riesigen FACTORY LIBRARY findet sich Klanggut verschiedenster Couleur, die Bandbreite reicht von diversen akustischen und elektro-akustischen Standards für Rock, Pop, Jazz usw. (BAND), über eine Auswahl an Chor-Aufnahmen (CHOIR), Ethno-Instrumenten aus aller Welt (WORLD) sowie umfangreichen Orchesterklängen der Wiener Symphoniker (ORCHESTRAL), bis hin zu klassischen und modernen synthetischen Sounds inklusive typischer 80er-Jahre Drum Machines (VINTAGE und SYNTH). Dazu gesellen sich mit URBAN BEATS noch eine Groovebox mit allerlei Drum-Loops und -Slices.

KONTAKT 6 - FACTORY LIBRARY - SYNTH
KONTAKT 6 – FACTORY LIBRARY – SYNTH

Die Auswahl ist derart umfassend, dass die FACTORY LIBRARY ihr eigenes Manual mit über 120 Seiten erhalten hat. Allein mit dieser Klangausstattung könnte man sich über eine sehr lange Zeit beschäftigen und ganze Kompositionen damit erstellen. Man kann sich das Ganze im Prinzip wie eine Workstation de luxe vorstellen, die ihre typischen Hardware-Gegenspieler in ihrem Umfang um Längen schlägt.

Dabei ist aber nicht nur die Anzahl der enthaltenen Instrumente beeindruckend, sondern ebenfalls deren klangliche Qualität, welche durchweg professionellen Ansprüchen genügt. Man muss hierbei allerdings auch erwähnen, dass diese Library, ebenso wie die weiteren im Lieferumfang enthaltenen Bibliotheken, in erster Linie genehmen Wohlklang erzeugen.

Schräges oder gar fieses Klanggut, wenn man denn auf solches steht, ist hier eher Mangelware, für so etwas muss man sich entweder bei Drittanbietern umsehen oder am besten gleich selbst Hand anlegen. Mit den zahllosen Möglichkeiten zur Klangeditierung und dem integrierten Effekt-Arsenal von KONTAKT dürfte man hier schnell zum Ziel gelangen.

KONTAKT 6 - RETRO MACHINES MK2
KONTAKT 6 – RETRO MACHINES MK2

Die schon durch den Vorgänger bekannte Erweiterung RETRO MACHINES MK2 bietet eine schöne Ergänzung zu den Synthie-Klängen aus der VINTAGE-Abteilung der FACTORY LIBRARY. Sechzehn bekannte analoge Klassiker wurden hierfür in die digitale Welt überführt und lassen sich mit den Bordmitteln von KONTAKT auch noch in den wichtigsten Parametern anpassen.

KONTAKT 6 - RETRO MACHINES MK2 - Arp und Chord
KONTAKT 6 – RETRO MACHINES MK2 – Arp und Chord

Natürlich darf man hier nicht die gleichen Eingriffsmöglichkeiten wie bei den Originalen oder bei einer detaillierten Emulation davon erwarten, aber dies ist ja bei einer sample-basierten Klangerzeugung generell der Fall, das Ausgangsmaterial kann hier immer lediglich Schnappschüsse darstellen, und auch der Klang des regelbaren Filters entspricht nicht dem der verschiedenen Vorbilder. Unabhängig davon ist die gebotene Klangqualität angesichts der notwendigen Kompromisse jedoch wieder ziemlich gut ausgefallen.

Neben der Hauptseite mit den Klangparametern, von denen pro Preset jeweils acht Einstellungen direkt abrufbar sind (es kann sogar mittels virtuellem Schieberegler zwischen eben diesen Variationen gemorpht werden!), existiert noch eine weitere Bildschirmseite, auf der sich ein Arpgeggiator und eine Chord-Funktion findet. Als Besonderheit bietet der Arpeggiator u.a. die Möglichkeit jedem Schritt eine der erwähnten acht Sound-Variationen zuzuweisen, was ungleich lebendigere Arpeggios erzeugt.

Die drei nachfolgenden Libraries, namentlich ANALOG DREAMS, ETHEREAL EARTH und HYBRID KEYS, sind allesamt Neuzugänge und machen zudem auch von dem mit KONTAKT 6 neu eingeführten Wavetable-Modul Gebrauch. Sie ähneln sich rein optisch so ziemlich, vom jeweils verwendeten Hintergrundbild und den Beschriftungen der Regler einmal abgesehen, und auch die innere Struktur scheint bis auf das zugrunde liegende Klangmaterial weitgehend identisch zu sein.

So basieren alle drei Modulen auf zwei separaten Klangquellen, A und B, deren Lautstärkeverhältnis zueinander sich stufenlos einpegeln lässt. Am unteren Rand der Bedienoberfläche finden sich jeweils acht virtuelle Makro-Regler, die je nach gewähltem Preset unterschiedliche Funktionen annehmen können. Glückliche Besitzer eines KOMPLETE KONTROL- Keyboards und/oder eines MASCHINE-Controllers können mit den dort jeweils vorhandenen acht Hardware-Drehreglern direkt darauf zugreifen.

KONTAKT 6 - ANALOG DREAMS - Hauptseite
KONTAKT 6 – ANALOG DREAMS – Hauptseite

Der erste Neuzugang nennt sich zwar ANALOG DREAMS, beinhaltet jedoch nicht nur Samples der namensgebenden Analogsynthesizer, sondern auch die einiger ihrer digitalen Kollegen. Laut NATIVE INSTRUMENTS finden wir hier entsprechende Klänge von Gerätschaften aus den 70er-, 80er und 90er-Jahren verewigt, von denen sich jeweils zwei miteinander kombinieren und mischen lassen. Insgesamt versammeln sich hier zahlreiche typische „Brot- und Butter-Sounds“, die sich ohne langwieriges Gefummel sofort in professionellen Produktionen (zum Beispiel Trailer und Jingles, Pop, EDM usw.) einsetzen lassen.

KONTAKT 6 - ANALOG DREAMS - Sample-Browser
KONTAKT 6 – ANALOG DREAMS – Sample-Browser

Die Basisklänge sind einmal mehr von sehr guter Qualität, und wenngleich sich die gebotenen Editiermöglichkeiten auch in engen Grenzen halten, so lassen sich damit doch bei sehr flacher Lernkurve in Sekundenschnelle neue Klänge formen. Das gilt für die anderen beiden Erweiterungen natürlich in gleichem Maße.

KONTAKT 6 - ETHEREAL EARTH
KONTAKT 6 – ETHEREAL EARTH

Bei ETHEREAL EARTH dreht sich schwerpunktmäßig alles um die Verbindung von handgespielten akustischen Instrumenten, also etwa Streichern und Bläsern, mit digitaler Synthese, um daraus die seit einiger Zeit doch sehr gefragten Hybridklänge zu weben. Heraus kommt dabei vorrangig Klanggut atmosphärischen und bisweilen auch sehr „spacigen“ Charakters, welches sich beispielsweise in den Soundtrack zu einer Natur-Dokumentation, aber auch in (u.a. Sci-Fi- oder Fantasy-)Spielfilmen, Fernsehserien, Games oder Ambient-Produktionen sehr gut einfügen lässt.

KONTAKT 6 - HYBRID KEYS
KONTAKT 6 – HYBRID KEYS

HYBRID KEYS schließlich stellt die Erzeugung moderner (E-)Piano-, Mallet- und Orgel-Sounds mit einem perkussiven Anschlag in den Fokus. Versierte Keyboarder dürften hier voll auf ihre Kosten kommen, besonders wenn sie auf Pop-Balladen stehen. Aber auch hier gilt wieder, dass diese Sounds sich vermutlich sehr bald in der einen oder anderen Kino-, TV-, Videospiel- oder in diversen Pop- und EDM-Veröffentlichung wiederfinden dürften, zumal sich hin und wieder kleinere klangliche Überschneidungen mit den beiden vorgenannten Libraries erkennen lassen.

Übrigens lassen sich die Klänge aller drei Erweiterungen auch sehr gut miteinander kombinieren und zu eindrucksvollen Schichttorten stapeln.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der allgemeine Klangcharakter dieser drei neuen Libraries für mein Empfinden überwiegend (vereinzelte Ausnahmen bestätigen wieder einmal die Regel…) in Richtung teuer und edel tendiert, damit also durchaus geeignet ist, um etwa eine typische Mainstream-Produktion fürs Fernsehen oder fürs Kino musikalisch zu untermalen, ohne dabei das Gehör des werten Zuschauers zu beleidigen. Und das ist jetzt keineswegs abfällig gemeint, sondern soll einfach nur heißen, für richtig gemeine Töne zur Vertonung des nächsten Horror-Slashers, müsste man die meisten der mitgelieferten Klänge schon noch ordentlich abschmirgeln und in Säure tauchen, aber auch so etwas stellt mit KONTAKT ja prinzipiell kein größeres Problem dar…

Eigenbedarf…

Wenngleich die ab Werk mitgelieferte Klangausstattung eine sehr große Spannweite abdeckt, so dürfte ein entscheidendes Kaufargument für KONTAKT sicherlich das kaum überschaubare Angebot an weiteren Soundpacks und Libraries von allen möglichen Anbietern für diese Plattform darstellen. Hier kann die gesamte Konkurrenz bei all ihren Bemühungen eben einfach noch nicht wirklich mithalten.

Für nahezu jeden klanglichen Bedarf existiert mindestens eine Erweiterung auf dem Markt, sehr häufig aber auch gleich mehrere, und so manche davon hat sich im Laufe der Jahre zu einem Standard entwickelt. Insofern ist es von unschätzbarem Wert, dass NATIVE INSTRUMENTS auch bei KONTAKT 6 darauf geachtet hat, die Kompatibilität zu bereits vorhandenen Libraries nicht zu gefährden, das bedeutet, sogar die ganz alten Schätzchen auf meiner Festplatte, zum Beispiel die eigenwilligen, coolen Instrumente von HOLLOW SUN, lassen sich weiterhin problemlos laden, und alle anderen Libraries ebenfalls. Wäre ja auch schlecht, wenn dies nicht so wäre…

KONTAKT 6 lädt auch alte Erweiterungen
KONTAKT 6 lädt auch alte Erweiterungen

Der nachfolgende Absatz entstand noch unter dem Einfluss der von mir ursprünglich installierten Version 6.0.3 (erkennbar an dem fehlenden DATABASE-Tab auf einigen der Screenshots), wurde aber nur wenige Tage später mit dem zwischenzeitlich erfolgten Sprung auf die zum Redaktionsschluss aktuelle Version 6.0.4 wieder obsolet, ich habe ihn hier lediglich in nunmehr durchgestrichener Formatierung stehen lassen, damit der werte Leser nachzuvollziehen vermag, wie kurzfristig der Hersteller auf die Kritik und die Kundenwünsche eingegangen ist und eine unglückliche Entscheidung flugs wieder revidiert hat!

Eine Sache gibt es aber dennoch zu bemängeln: NATIVE INSTRUMENTS hat die von den Vorgängerversionen bekannte DATABASE sang- und klanglos unter den Tisch fallen lassen, was vor allem diejenigen verärgern dürfte, die sich über die Jahre hinweg ihre eigene Sample-Bibliothek aufgebaut und gepflegt haben bzw. nicht nur für den KONTAKT-PLAYER lizensierte Libraries verwenden, sondern gerne auch auf Soundpacks kleiner Independent- Entwickler zurückgreifen. Diese lassen sich zwar weiterhin über den QUICK-LOAD-Browser auffinden und laden, jedoch ein Tagging von Sounds oder eine intrumentenübergreifende Klangsuche nach Stichworten ist damit leider nicht möglich. Schade eigentlich…

KONTAKT 6.0.4 mit DATABASE
KONTAKT 6.0.4 mit DATABASE

Also volle Entwarnung, die offenbar von vielen Anwendern vermisste DATABASE ist mit dem Mini-Update 6.0.4 wieder zurückgekehrt, sehr schön!

Bleibt noch zu hoffen, das NATIVE INSTRUMENTS auch den Wegfall der Importfunktion für diverse Fremdfomate wieder überdenkt und mit einem weiteren Update ausbügelt. Mag ja durchaus sein, dass etwa das AKAI-S1000-Format inzwischen ein Relikt aus vergangenen Tagen darstellt und daher nicht mehr allzu viele CD-ROMS damit im Umlauf sind, ein Sample-Format wie SFZ ist aber durchaus noch populär (siehe ZAMPLER…), so dass es schon ein wenig den Anschein hat, als wolle NATIVE INSTRUMENTS insbesondere die neu dazukommenden Anwender am liebsten ausschließlich im hauseigenen Habitat halten…

Wer also eine der Vorgängerversionen sein Eigen nennt, dem sei gut geraten, diese noch nicht ad acta zu legen, zumal sich KONTAKT 6 auch problemlos parallel dazu installieren und verwenden läss

Innendesign…

Fertige Sample-Libraries und -Instrumente zu laden und zu spielen ist eine Sache, das Editieren bestehender und das Erstellen neuer Instrumente eine ganz andere. Im Gegensatz zum kostenlosen KONTAKT-PLAYER ist die Vollversion von KONTAKT hier bestens ausgestattet, und die Sechser legt hier auch noch mal ein Schüppchen drauf.

KONTAKT 6 - diverse Editier-Möglichkeiten
KONTAKT 6 – diverse Editier-Möglichkeiten

Das damals gefühlt ja auch nicht gerade dürftig ausgefallene Parameter-Angebot meiner Hardware-Sampler nimmt sich im Vergleich dazu ausgesprochen bescheiden aus.

Und bekanntermaßen kommen auch eingefleischte Nerds bei KONTAKT nicht zu kurz, wem das Hantieren mit Code liegt (mir persönlich nicht ganz so sehr…), der kann den SCRIPT EDITOR zu Hilfe nehmen und damit ganz wunderbare neue Instrumente erschaffen, wie nicht wenige Entwickler in der Vergangenheit bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben.

KONTAKT 6 - Script Editor
KONTAKT 6 – Script Editor

Zu den sowieso schon üppigen Editier-Möglichkeiten, die sich durch einen Klick auf das kleine Schraubenschlüsselsymbol erreichen lassen, gesellt sich bei KONTAKT 6 nun das bereits bei den neuen Sound-Libraries erwähnte Wavetable-Modul hinzu.

Die Wavetable-Synthese selbst ist schon ähnlich alt wie die ersten Digitalsampler, und Geräte wie die PPG-Serie oder deren Erbe namens WALDORF MICROWAVE, die diese Syntheseform einst bekannt machten, sind mittlerweile selbst zu Klassikern geworden. Aber auch heute sind Wavetable-Synthesizer nach wie vor gefragt, eigentlich sogar noch mehr als früher, sind sie doch gerade in einigen modernen elektronischen Musikgenres geradezu stilbildend geworden. Auch NATIVE INSTRUMENTS hat mit dem MASSIVE ja einen der beliebtesten Vertreter dieser Kategorie am Start.

KONTAKT 6 spielt auch Wavetables ab
KONTAKT 6 spielt auch Wavetables ab

Sehr vereinfacht ausgedrückt: Bei herkömmlichen subtraktiven Synthies stehen normalerweise nur einzeln abrufbare, mehr oder minder komplexe Wellenformen zur Verfügung, welche dann jeweils zyklisch wiederholt werden. Wavetables hingegen beinhalten zahlreiche solcher Single-Cycle-Wellenformen in einer Tabelle angeordnet, die dann innerhalb eines Sound-Patches beispielsweise mittels Hüllkurven oder LFOs durchfahren werden können, um auf diese Weise dynamische Änderungen im Obertonspektrum zu erzeugen.

KONTAKT 6 - Wavetable-Modul
KONTAKT 6 – Wavetable-Modul

Beim Wavetable-Modul in KONTAKT 6 wird somit von einem geladenen Sample nur ein winziger Ausschnitt als Loop wiedergegeben, so als handele es sich dabei um eine separate Wellenform. Die (modulierbare) Wavetable-Position bestimmt dabei, welcher Ausschnitt des Samples gerade abgespielt wird.

Prinzipiell kann jedes beliebige Sample dafür herhalten, selbst Rauschen oder ein Drumloop, allerdings sind brauchbare Ergebnisse hierbei dann oftmals eher Glückssache (der Lautstärkeverlauf des Samples sollte dabei auch nicht zu dynamisch ausfallen), während spezialisierte Wavetables, die im Übrigen ebenfalls als ganz normale Audiodateien, etwa im WAV-Format, daherkommen, in der Regel deutlich besser in einem musikalischen Kontext einsetzbar sind.

Wer sich solche Wellenformtabellen nicht selbst basteln möchte, der findet diese auch zuhauf im Web (zum Beispiel für einschlägige Synthesizer wie dem XFER SERUM, diese lassen sich auch problemlos in KONTAKT 6 verwenden!).

Des Weiteren hat man KONTAKT 6 auch eine Handvoll an neuen Effekt-Modulen spendiert bekommen, womit deren Gesamtanzahl nun auf satte 92 angestiegen ist.

KONTAKT 6 - REPLIKA-Delay
KONTAKT 6 – REPLIKA-Delay

An erster Stelle sei hier das REPLIKA DELAY genannt, das ja schon seit einigen Jahren als separates Plugin verfügbar ist und sich durch seinen tollen Klang einen guten Namen gemacht hat.

KONTAKT 6 - PLATE-REVERB
KONTAKT 6 – PLATE-REVERB

Weitere Neuzugänge sind drei verschiedene algorithmische Reverb-Effekte (ROOM, HALL und PLATE) sowie CRY WAH, eine Emulation des bekannten Wah-Wah-Pedals CRY BABY von JIM DUNLOP.

KONTAKT 6 - CRY WAH
KONTAKT 6 – CRY WAH

Ich bin normalerweise ja kein ausgesprochener Fan von Onboardeffekten bei Intrumenten-Plugins, in diesem Fall braucht sich die gebotene Klangqualität aber keineswegs vor der separater FX-Plugins zu verstecken.

Akustikbau…

Damit auch die Ohren etwas zu tun bekommen, habe ich flugs mal einen kleinen Demotrack zusammengeschraubt. Die Drumsounds stammen dabei aus dem Fundus der FACTORY LIBRARY, alle anderen Sounds hingegen ausschließlich aus den drei neuen Erweiterungen ANALOG DREAMS, ETHEREAL EARTH sowie HYBRID KEYS. Externe Effekte habe ich ebenso weggelassen wie irgendwelche klangverändernde Mastering-Kosmetika. Ihr hört somit lediglich KONTAKT 6 als einzige Klangquelle.

Klangbeispiel NATIVE INSTRUMENTS KONTAKT 6

Fazit:

KONTAKT 6 stellt im Vergleich zur Vorgängerversion nicht unbedingt einen revolutionären Quantensprung dar, sondern eher eine sanfte Evolution, das hat andererseits aber auch den Vorteil, dass sich langjährige Anwender nun nicht gleich mit einem völlig veränderten Werkzeug konfrontiert sehen, sondern weiterhin wie gewohnt damit arbeiten können. Seit Version 6.0.4 ist auch die vermisste Database wieder mit an Bord, lediglich die mangelnde Importoption für diverse Fremdformate lässt alte Hasen etwas unwirsch murren.

Die Konkurrenz, beispielsweise von STEINBERG und UVI, mag zwar im Laufe der letzten Jahre enorm an Fahrt zugelegt haben und KONTAKT in einigen bestimmten Teilbereichen inzwischen sogar überlegen sein, dennoch kann NATIVE INSTRUMENTS auch mit KONTAKT 6 nach wie vor den fetten Joker aus dem Ärmel ziehen, der da heißt „erschlagendes Angebot an professionellen Drittanbieter-Libraries“. Hier hat KONTAKT einfach immer noch die Nase vorn, und so schnell dürfte sich daran auch wenig ändern!

Klar, wer nur mal schnell ein paar einfache Samples abfeuern möchte, dem dürfte KONTAKT schon etwas überdimensioniert erscheinen und dem genügt vermutlich auch der Sampler in seiner DAW oder ein simples Freeware-Plugin. Aber wer etwas ambitioniertere Absichten hegt oder gar in einem professionellen Umfeld tätig ist und daher Wert auf ein breit gefächertes Angebot an amtlichen Sample-Bibliotheken legt, der kommt wohl kaum an KONTAKT vorbei.

NATIVE INSTRUMENTS KONTAKT 6 ist für Besitzer der Vorgängerversion als Upgrade zum verbilligten Preis von recht schlanken 99,- Euro erhältlich, während Neueinsteiger für die Vollversion 399,- Euro bezahlen. Das ist wohl sicher kein No-Brainer, angesichts der mitgelieferten Libraries und des Nutzwertes zumindest im professionellen Bereich, in dem KONTAKT sich schon lange zum Industrie-Standard gemausert hat, relativiert sich dieser Preis jedoch sehr schnell.

Übrigens, wer nur 200,- Peitschen mehr obendrauf legt, der bekommt dafür auch schon KOMPLETE 12 und erhält damit neben einer ganzen Reihe an guten Synths und Effekten noch ein ordentliches Paket mit Extrafutter für KONTAKT geliefert, für nicht wenige Anwender dürfte das dann wohl die interessantere Alternative gegenüber einem Einzelkauf darstellen.

Positives:

+ hochwertige und umfangreiche Sample-Libraries enthalten

+ größtes Angebot an Dritthersteller-Erweiterungen

+ Wavetable-Modul

+ neue Onboard-Effekte

+ CREATOR TOOLS für Library-Entwickler

+ faires Preis/Leistungs-Verhältnis

Negatives:

– keine Offline-Aktivierung möglich

– Import von Fremdformaten fällt weg

Produktwebseite:

https://www.native-instruments.com/de/products/komplete/samplers/kontakt-6/