Testbericht: THE ORCHESTRA COMPLETE

Ein Testbericht von
Andreas Eberhardt und Stefan Federspiel

Mit The Orchestra brachte Sonuscore in Zusammenarbeit mit Best Service eine Rundumlösung für die schnelle und unkomplizierte Erstellung orchestraler Phrasen auf den Markt. Ein Set von Basis-Artikulationen war darin enthalten, mit dem man gängige Klangfarben produzieren kann, die im Zusammenhang mit klassischer Musik, Filmmusik oder als Hintergründe für Pop- oder Hip-Hop Produktionen vorkommen. Mit The Orchestra Complete liegt nun ein Update vor, dass zumindest im Namen ein komplettes Programm verspricht, das schauen wir uns nun genauer an.

Mit The Orchestra haben wir das in unserem Testbericht auf BuenasIdeas dazu schon getan. Deshalb können wir uns ganz auf die Neuerungen konzentrieren, der prinzipielle Aufbau des Programms und die Funktionalitäten mit den Ensemble Patches für die Artikulationen und den damit verbundenen internen Arpeggiatoren und Volumenhüllkurven ist gleichgeblieben. Gleich geblieben sind auch alle Artikulationen bei Bläsern und Windinstrumenten, die schon auch eine zumindest moderate Erweiterung gut hätten gebrauchen können, nicht nur die Strings.

Neu hinzugekommen ist im Wesentlichen der MIDI-Export der Step-Arpeggiator Pattern und Nahtlos integriert in The Orchestra Complete ist die auch separat als Stand Alone erhältliche Expansion Strings of Winter. Dazu weiter unten mehr.

Kleinere Verbesserungen sind die Einbindung des Sustain Pedals, so dass Akkorde nun auch Live gehalten werden können und Sound-Verbesserungen, die dazu führten, dass auch bestehende Artikulationen etwas überarbeitet wurden. Die melodischen Percussion-Instrumente Tubular Bells und Kesselpauken wanderten vom separaten Percussion-Patch in die Ensemble-Engine.

Die Oberfläche wurde in Bezug auf die Lesbarkeit und Erkennbarkeit der Elemente verbessert.

Es kamen nicht nur die Presets für die neuen Artikulationen aus Strings Of Winter dazu, sondern auch Zusammenstellungen mit dem ganzen Orchester, insgesamt mehr als hundert neue Presets.

MIDI Export

Das prominenteste und am häufigsten nachgefragte Feature war wohl eine Export-Möglichkeit für die durch die Arpeggiatoren erzeugten Noten-Pattern. Gelöst wurde das durch eine Recording-Funktion, die an den Transport in der DAW gebunden ist. Ist der Transport aktiv wird aufgezeichnet, nach einem Stop wird durch die erneute Aktivierung des Transports das bisher aufgezeichnete gelöscht und von vorne aufgenommen.

Der Export wird dann per Drag & Drop in die DAW vorgenommen. Hier scheiden sich dann die Grundprinzipien. In einer linearen DAW wie Cubase oder Logic landen die Tracks der möglichen fünf Instrumente/Artikulationen pro Kontakt-Einheit mit einem Schlag verteilt in den (MIDI-) Tracks der DAW. Bei einer Pattern-basierten DAW wie FL Studio funktioniert das so nicht, weil dann immer alle Noten aller Tracks in einer Piano Roll landen, weil es wird alles mit demselben MIDI-Kanal exportiert. Hier muss man also in einzelne Pattern nacheinander die Tracks einzeln exportieren.

Für den Workflow eröffnen sich damit neue Möglichkeiten. Denn bisher konnte man die Einzelartikulationen in The Orchestra laden und mit den Arpeggiatoren und Volumenkurven in Bewegung versetzen, hatte dann aber pro Ensemble Engine nur dieses eine Pattern zur Verfügung. In den Multis kann man mehrere dieser Pattern zu einem voll animierten Orchester stapeln, hat aber auch eben nur ein (Multi-) Pattern. Spätestens nach ein paar Akkordwechseln braucht man dann etwas Neues, damit es nicht eintönig wird. Über einen Preset-Wechsel geht das aber mit Kontakt-Snapshots nicht und es bleibt nur das Bouncen der Passage, das Gestalten einer neuen und so fort. Wehe man muss wieder zurück und etwas ändern. Klar, man kann immer noch sagen, an die Stelle wieder Akkorde auf Kontakt routen, den alten Snapshot laden, modifizieren und neu bouncen geht immer noch schneller, als in verschiedenen Spuren die MIDI Noten zu ändern. Das kommt auf die Situation, etwas auf die DAW und die Art der Änderung an, aber kleinere Variationen wird man schneller mit dem klassischen Setup mit Einzelinstrumenten mit vollem Artikulations-Set hinbekommen.

Das geht mit The Orchestra auch, man verliert aber dann den eigentlichen Vorteil der internen Arpeggiatoren. Wie schon in dem Test von The Orchestra angemerkt wäre ein richtiges Preset-System, bei dem man auch z. B. nur Arpeggiator Pattern oder Instrumentationen zwischen Presets hin und her kopieren und per Preset-Wechsel und Rendering des Abschnitts in den Song Variation hinein bekommt die direkteste und flexibelste Lösung. Da hat sich aber überhaupt nichts getan, nach wie vor nur steht nur die simpelste in Kontakt schon eingebaute Lösung über Snapshots zur Verfügung. Es gibt zwar User-Presets als eigenen Tab im Browser, hier kann man aber nur den aktuellen Zustand als Preset in einen Ordner speichern und so mit anderen Benutzern der Bibliothek austauschen. Oder man benutzt das als Archivierungsmöglichkeit von Projektbezogenen Snapshots, die man nicht mehr so bald oder wahrscheinlich nie mehr braucht.

Der MIDI-Export bringt hier eine große Verbesserung, da man die Klangfarben und Zusammenstellung der Arpeggiator-Pattern schnell ausprobieren und variieren kann und das Ergebnis dann gleich darauf als Noten in der DAW zur Verfügung hat. Hier hat man nun alle Möglichkeiten offen. Das reicht vom Nachbau des Kontakt-Presets mit Einzel-Artikulationen bis zu dem klassischen Setup bei dem Instrumente mit allen Artikulationen geladen werden und je nach Pattern die Artikulation per Keyswitch zu wechseln. Auch andere Instrumente als in dem Original-Preset sind durch Verdoppelung der MIDI-Tracks im Nu eingebunden und bringen mehr Fülle, wie in den Multi-Patches oder Abwechslung bei der Klangfarbe hinein.

Die MIDI-Noten haben auch den Vorteil, dass man sie auch mit ganz anderen Instrumenten, also zum Beispiel Bläsern von einem anderen Hersteller ergänzend verwenden kann. Oder mit Synth-Stimmen einen hybriden Track bauen kann.

Dass nur die Noten aus den Arpeggiatoren exportiert werden liegt daran, weil das generell das einzige ist, was sich per Drag & Drop exportieren lässt. Der Ex- und Import von MIDI-CC Werten, wie man sie zur Volumen-Automation braucht gestaltet sich in jeder DAW wieder anders. Das muss man also in den einzelnen Tracks von Hand nacharbeiten, was aber generell einfacher ist, als Arpeggiator-Pattern nachzubauen.

Ein Video zu dem MIDI Export Feature

Variationen eines Presets

Strings Of Winter Expansion (Andreas)

Gerade bei den aktuellen heißen Temperaturen in Deutschland kann etwas Abkühlung nur gut sein, die Strings Of Winter Library ist als Einzelprodukt für 149,- Euro zu haben aber auch Bestandteil von The Orchestra Complete.

Eingespielt wurde diese Library von einem 41-köpfigen Streichorchester aus Europa, zudem kommen noch die außergewöhnlichen Streicher des mongolischen Morin Khuur Staatsorchesters dazu. Wobei Morin Khuur oder die „Pferdekopfgeige“ das nationale Instrument der Mongolei bezeichnet. Keine Angst für die Fabrikation des Morin Khuur werden keine Pferde verarbeitet, nur die Haare für die gerade einmal zwei Saiten. Die Morin Khuur wird wie andere Streichinstrumente auch, mit einem Bogen gespielt, welcher hier allerdings ebenfalls mit Pferdehaar bespannt ist. Das gesamte Morin Khuur Ensemble ist in den White Arch Studios in Ulan Bator mit einem 15-köpfigem Orchester aufgezeichnet worden.

Das europäische Streichorchester besteht aus 5 Instrumentengruppen und bietet verschiedene Spieltechniken wie Trills, Sul Ponticello, Harmonics, Col Legno und Bartók Pizzicato. Aufgenommen wurde hier in im klassischen Raum des Studio 22 in Budapest (Ist auch ziemlich kalt da im Winter). Alle Instrumentengruppen wurden in ihrer traditionellen Sitzposition aufgezeichnet.

Strings of Winter verfügt insgesamt über 60 Artikulationen die in 7 verschiedene Instrumentengruppen aufgeteilt sind. Sehr nützlich sind auch die zusätzlich enthaltenen vier unterschiedlichen Instrumente mit String Ensemble Effekten.

Ich bin mir nicht sicher ob der Name der Library Strings Of Winter einem Heizungsdefekt, der Zeitgleich in der Mongolei wie auch in Budapest stattgefunden hat, zu verdanken ist oder aber dem recht kühlem, rauen und irgendwie zum Thema Winter, Einsamkeit und Tragik passenden Sound der Instrumente und Artikulationen. Fakt ist, „Es klingt anders“ nicht weichgespült und als Background für zuckersüße Schnulzen gedacht, sondern eher „frisch“ und bestens für die musikalische Untermalung von Filmen zu geeignet.

Stefan hat ja schon darauf hingewiesen das The Orchestra Complete über eine Midi Export Funktion verfügt, diese ist auch in der Strings Of Winter Library enthalten. Wem die Sounds aus Strings Of Winter dann doch etwas zu eisig sind der kann mit der Midi Export Funktionen die Artikulationen von Strings Of Winter exportieren, bearbeiten und mit einem anderen Instrument seiner Wahl wiedergeben.

Einige Presets aus Strings Of Winter

Der Export einer Solostimme aus Strings Of Winter

Fazit

Der MIDI-Export macht den großen Vorzug von The Orchestra, seine internen Arpeggiatoren zugänglicher und flexibler. Mit den Pattern als Noten zur Verfügung lässt sich schnell und effizient arrangieren.

Die Strings Of Winter Expansion fügt in den Streichern die Portion extravagante Klangfarbe hinzu, die bisher gefehlt hat. Diese kalten, rauen Klänge passen sich auch gut in den eher direkten und ungeglätteten Charakter der Bibliothek ein. Damit erweitert sich das Repertoire in Richtung dramatischer Filmmusik und speziell klanglichem Suspense erheblich.

Ist The Orchestra Complete nun tatsächlich komplett? Nicht so ganz würde ich sagen, bei den Blech- und Holzbläser-Instrumenten geht noch was, hier kann das Spektrum schon noch sinnvoll erweitert werden und würde dann insgesamt das nun sehr gute Niveau an Ausdrucksmöglichkeiten von The Orchestra noch einmal eine Stufe höher heben.

Produktseite von The Orchestra Complete bei Best Service:
https://www.bestservice.de/the_orchestra.html

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