Testbericht: MODAL ELECTRONICS SKULPT – Die Edel-Tischhupe

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 03.11.2019

Die in der Nordsee gelegene Nieselregenausbringfläche, die vielen von uns auch unter dem Namen Großbritannien geläufig ist, ist nicht nur für ihre exquisiten kulinarischen Genüsse (Blutpudding, pürierter Aal und mehlige Würstchen) weltberühmt oder weiß durch witzige Comedy-Serien („Monty Python“, „Little Britain“ oder dem aktuellen Dauerbrenner „Brexit“) die Lachmuskeln anzuregen, sondern hat uns in der Vergangenheit schon so manchen interessanten Synthesizer beschert, erinnert sei hier etwa an den EMS SYNTHI A, den EDP WASP oder auch den OSC OSCAR, ebenso wie an die BASS STATION (II) von NOVATION, um nur ein paar der bekanntesten Boliden zu nennen.

Die kleine Firma MODAL (ehemals MODULUS) ELECTRONICS hat sich erst vor wenigen Jahren dazugesellt, und nachdem man den Markteinstieg zunächst mit einigen ebenso wohlfeil klingenden wie teuren Edel-Synthesizern begonnen hatte, scheint man sich dort inzwischen umbesonnen zu haben und versucht nun, breitere Massen mit portokassefreundlichen kleinen Desktop-Geräten zu erreichen.

Die jüngsten Zuwächse im Portfolio nennen sich SKULPT sowie CRAFTsynth 2.0, der deutsche Vertriebspartner TOMESO hat uns freundlicherweise je ein Exemplar davon für einen ausgiebigen Test zugeschickt, einen Testbericht zum CRAFTsynth 2.0 werdet ihr also demnächst ebenfalls bei uns vorfinden. Doch wollen wir unsere Aufmerksamkeit heute erst einmal dem SKULPT schenken.


Synthesiser-Synthesizer…

Beim von MODAL ELECTRONICS angebotenen SKULPT Synthesiser (das ist nicht etwa ein Tippfehler meinerseits, sondern tatsächlich die Schreibweise des Herstellers!) handelt es sich um einen sogenannten Virtuell-Analogen, also einem Klangerzeugers, der die subtraktive Synthese eines klassischen Analogsynthies auf digitalem Wege nachahmt.

MODAL ELECTRONICS SKULPT
MODAL ELECTRONICS SKULPT

Aus einem Vorrat von typischen Wellenformen sowie diverser Oszillatormodulationen (beispielsweise FM) wird zunächst ein mehr oder minder obertonreicher Klang geformt, der dann anschließend mittels eines Filters wieder beschnitten und gezähmt werden kann.

SKULPT geht dabei bis zu vierstimmig polyphon zu Werke und kann unter seiner Haube auf insgesamt 32 (!) Oszillatoren sowie drei Hüllkurven und 2 LFOs zurückgreifen.

Darüber hinaus gibt mit einem Verzerrer und einem Delay auch noch einen zumindest rudimentären Grundstock an Effekten, während ein Arpeggiator und ein Sequencer, der nicht nur Noten, sondern auch Reglerdrehungen aufzeichnen kann, für die nötige Bewegung sorgen.

SKULPT verzichtet dabei vollständig auf etwaige analoge Komponenten, die komplette Klangerzeugung basiert somit ausschließlich auf Nullen und Einsen. Aus diesem Grund ist es auch nicht verwunderlich, dass das Gerät über eine willkommene Speichermöglichkeit für Presets verfügt.

Bis zu vier Einheiten des SKULPT können übrigens miteinander verkettet werden, um dadurch die Polyphonie auf bis zu sechzehn Stimmen aufzustocken.


Plasticant…

Nach dem Auspacken hält man vermeintlich erst einmal eine schicke Brotdose in der Hand, zumindest mutet die Optik auf den ersten Blick ein wenig so an. Der SKULPT wird nämlich praktischerweise gleich mit einer passenden Schutzabdeckung ausgeliefert, so dass man sich dadurch schon mal die weitere Investition in ein Zusatzprodukt à la DESKSAVER sparen kann, sehr löblich!

MODAL ELECTRONICS SKULPT - mit Schutzabdeckung
MODAL ELECTRONICS SKULPT – mit Schutzabdeckung

Dieser Schutzdeckel findet übrigens bei Bedarf in umgedrehtem Zustand auch seinen Platz unter dem SKULPT, jeweils immer dann, wenn die durch sein Batteriefach verursachte Neigung der Bedienoberfläche mal nicht gewünscht ist und ausgeglichen werden soll.

MODAL ELECTRONICS SKULPT - Abdeckung als Sockel
MODAL ELECTRONICS SKULPT – Abdeckung als Sockel

Ansonsten befindet sich im Lieferumfang nur noch ein Micro-USB-Kabel sowie eine bedruckte Pappkarte, die auf der einen Seite diverse Tasten-Kombinationen und deren Funktionen auflistet, und auf der anderen Seite sekundärbegabten Anwendern das korrekte Einlegen der Batterien erklärt (wenngleich es da eigentlich keine Zweifel geben sollte, ist hier ja im Prinzip wie bei anderen Geräten auch…). Die Bedienungsanleitung ist auf der Herstellerwebseite als Download im PDF-Format verfügbar, sie liegt in mehreren Sprachen vor, Deutsch ist jedoch leider mal wieder nicht mit von der Partie.

Der eigentliche Synthesizer ist von seinem Gewicht und von seinen Grundabmessungen her mit einem alten NOVATION NOCTURN-Controller vergleichbar, leider gilt diese Ähnlichkeit auch für die Materialqualität und für die damit in unmittelbarer Beziehung stehende mutmaßliche Robustheit, denn Gehäuse und Regler bestehen ausnahmslos aus einem leichten Kunststoff, der wiederum den Vergleich zur oben erwähnten Brotdose nahelegt. Im Heimstudio ist dies sicherlich verschmerzbar, aber wenn ich den SKULPT mit auf eine mehrmonatige Welttournee nehmen wollte, dann würde ich mir wohl für den Fall der Fälle noch ein oder zwei Reserve-Exemplare zulegen… 😉

Dass wir uns hier nicht falsch verstehen, der SKULPT fällt keineswegs schon auseinander, wenn man ihn nur zu scharf anguckt, und seine Verarbeitung liegt auch meilenweit über der etwa eines GAKKEN SX-150, andererseits treffen wir in seiner Preisklasse aber schon so manchen Konkurrenten im robusten Metallgewand an.

Die diagonale Anordnung der Bedienelemente und ihrer Beschriftungen ist aus rein ästhetischer Sicht durchaus stylish und originell, nach eher ergonomischen Gesichtpunkten jedoch etwas gewöhnungsbedürftig und nicht immer optimal für einen schnellen und intuitiven Workflow. Einzig der vergrößerte Filter-Cutoff-Regler sticht hier positiv hervor.

Dass die Regler allesamt auch noch via SHIFT erreichbare Zweitfunktionen aufweisen, die jeweils in oranger Schrift aufgedruckt sind, erhöht zwar den am Gerät editierbaren Parameterumfang, nicht jedoch Übersicht und logischerweise wiederum auch nicht die Workflow-Geschwindigkeit. Die SHIFT-Taste rastet übrigens bei Betätigung ein, das sorgt dann in der Praxis auch schon mal für Verwirrung und Fehlbedienung, falls man mal vergisst, sie nach Verwendung von Regler-Zweitfunktionen auch wieder zu deaktivieren…

Der SKULPT kann zwar nicht mit einem Display zur Anzeige von Parameterwerten aufwarten, dafür gibt es aber zumindest eine kleine Einstellhilfe in Form einer LED-Reihe, die sich im oberen Teil des Sensorstreifens befindet und die ähnlich funktioniert, wie die LED-Ringe um die Encoder mancher Geräte, hier bloß eben in horizontaler Ausrichtung und für alle Regler gemeinsam.

MODAL ELECTRONICS SKULPT - Bedienoberfläche
MODAL ELECTRONICS SKULPT – Bedienoberfläche

Die Drehregler, allesamt Endlos-Encoder, weisen nahezu keinen Drehwiderstand auf (selbst ein KORG MONOTRON oder ein BASTL KASTLE haben deutlich schwergängigere Potis…) und wirken daher vom Handling her recht „preisgünstig“, andererseits handelt es sich hierbei laut Hersteller um kontaktlose und dementsprechend auch verschleißarme Regler, was ihre Langlebigkeit positiv beeinflussen dürfte.

An dem Sensorstreifen (auch so eine klassisch britische Erfindung), der einerseits als Klaviatur dient, andererseits mit diversen Funktionen belegt ist, werden sich die Geister wohl mal wieder scheiden, wie bei anderen Synthies derartigen berührungsempfindlichen „Tastaturen“ auch. Begnadete Pianisten und Tastaturvirtuosen werden daran sicherlich verzweifeln, weil ein normales Spiel wie auf einem normalen Keyboard damit nahezu unmöglich ist, auf der anderen Seite sind damit perlende Glissandi und Effekte möglich, bei der man sich auf einer normalen Tastatur sehr leicht die Finger brechen würde. Mir gefällt das Keyboard des SKULPT übrigens um einiges besser, als das seines kleinen Bruders CRAFTsynth 2.0, schon allein wegen des Layouts mit deutlich abgesetzten Halbtonschritten.

Bei Verwendung eines externen MIDI-Keyboards, zu der ich in der Testphase auch sehr schnell übergegangen war, hat man noch den Vorteil der Anschlagsdynamik, welche der Sensorstreifen nicht bietet. Zudem hat mein Keyboard dedizierte Knöpfe für einen Programmwechsel, so dass das Umschalten der 128 Presets deutlich schneller und nicht ganz so umständlich wie am SKULPT selbst vonstatten geht,jedenfalls was ein simples Durchsteppen ohne Bankwechsel betrifft (dafür kann man aber beim SKULPT zumindest die jeweils sechzehn Presets innerhalb einer Bank direkt anwählen).

MODAL ELECTRONICS SKULPT - Rückseite
MODAL ELECTRONICS SKULPT – Rückseite

Mit der Außenwelt verbunden wird der SKULPT über die rückseitigen Anschlüsse. Je ein MIDI-Ausgang und -Eingang in Form der gewohnten fünfpoligen DIN-Buchsen erlauben eine direkte Verkopplung mit entsprechenden Gegenstellen ohne die Notwendigkeit lästiger Adapter, sehr schön!

Unmittelbar daneben befinden sich ebenfalls je ein Ausgang und Eingang für den Empfang und das Senden von analogen SYNC-Signalen, hier jeweils als dafür typische 3,5“-Klinkenbuchse. Damit lässt sich der SKULPT zu diversen Geräten von KORG und TEENAGE ENGINEERING, aber auch zu Modularsystemen etc. synchronisieren. Im Test gelang mir dies beispielsweise problemlos mit einem KORG MONOTRIBE und zwar sowohl als Master wie auch als Slave.

Auch die beiden Audioausgänge (Line-Out und Kopfhörer) sind als Miniklinke ausgeführt. Leider sind diese lediglich monophon ausgelegt, was insbesondere angesichts der klanglichen Möglichkeiten des SKULPT (dazu gleich mehr) etwas schade ist, den durch seine verschiedenen Oszillatormodi wäre der SKULPT für breite Stereo-Klangwände geradezu prädestiniert.

Zu guter Letzt finden wir noch einen USB-Port in Form einer Micro-USB-Buchse vor, nach so mancher schlechter Erfahrung mit solchen ziehe ich persönlich allerdings mittlerweile einen USB-C-Anschluss vor, der mir mechanisch etwas stabiler erscheint und darüber hinaus auch den Vorteil bietet, dass es dabei egal ist, wie herum man den Stecker in die Buchse stöpselt.

Über diesen USB-Anschluss lässt sich der SKULPT einerseits alternativ zum Batteriebetrieb mit Strom versorgen, andererseits dient er zur Verbindung mit einem Rechner, mit einem Tablet oder mit einem Smartphone (das Gerät verhält sich hierbei class compliant, benötigt also keinerlei zusätzliche Treiber). Der SKULPT vermag nämlich MIDI-Daten auch über USB zu verarbeiten, dies ist insbesondere für das Zusammenspiel mit der separaten MODALAPP sowie dem MODALPLUGIN (zu denen kommen wir auch noch gleich…) von Interesse.

Übrigens, wenn der SKULPT während des Tests via USB angeschlossen ist, dann konnte ich erfreulicherweise keine unerwünschten Störgeräusche im Audiosignal vernehmen, und um es an dieser Stelle schon einmal vorwegzunehmen, das ist beim CRAFTsynth 2.0 nämlich leider nicht der Fall!

Ein kleiner, dreistufiger Schalter, der bei Mittelstellung den SKULPT ausschaltet, erlaubt wahlweise die Stromversorgung zwischen Batterie und USB umzuschalten. Noch ein Wort zum Batteriebetrieb: Der SKULPT läuft mit sechs AA-Zellen (Mignon), das können neben normalen Batterien mit 1,5V aber gerne auch wiederaufladbare Akkus mit ihren typischerweise nur 1,2V sein (ich persönlich bevorzuge hierbei ENELOOP-Zellen, weil ich mit denen recht gute Erfahrungen gemacht habe).


Seelenleben…

Nach all diesen ganzen Äußerlichkeiten widmen wir uns nun endlich dem wesentlichen Kern eines jeden Synthesizers, will sagen: seiner Klangerzeugung.

Der SKULPT ist, wie schon eingangs erwähnt, virtuell-analog ausgelegt. Er kann dabei zwei separate Grundwellenformen (WAVE 1 und WAVE 2) erzeugen, was zunächst einmal einem herkömmlichen Zwei-Oszillatoren-Synth entspricht. Während WAVE 1 die Wellenformen Sinus, Dreieck, Sägezahn, Rechteck und (weitenmodulierbare) Pulswelle hervorbringt, stehen bei WAVE 2 Sinus, Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Rauschen zur Verfügung. Dreht man den WAVE 2-Regler ganz nach rechts, so soll hier – zumindest wenn ich das Manual recht interpretiere – nur der Tiefpassfilter zu hören sein, im Test gelang es mir jedoch damit nicht, die für Analogsynthesizer typischen, nur auf Selbstresonanz basierenden Zapp- und Lasersounds oder irgendwelches spaciges Gezwitscher zu erzeugen.

Zwischen den genannten Wellenformen kann hier aber nicht nur lediglich der Reihe nach umgeschaltet werden, man kann vielmehr zwischen ihnen morphen, was wiederum zahlreiche Zwischenstufen hervorbringt und damit auch die Klangvielfalt der Oszillatoren deutlich erhöht. Dieses Morphing lässt sich übrigens auch über diverse Modulatoren (z.B. LFO, Hüllkurve oder Anschlagsdynamik) automatisieren, so dass wir es hier im Prinzip schon mit einer einfachen Form der Wavetable-Synthese zu tun haben. Das Lautstärkeverhältnis der beiden Oszillatorentränge zueinander kann ebenfalls stufenlos geregelt werden.

Als zusätzliche Optionen stehen Frequenz- und Ringmodulation bereit. Während WAVE 1 bei der FM als Carrier und WAVE 2 als Modulator dient, ist es bei der Ringmodulation genau umgekehrt.

Den aufmerksameren Lesewesen unter Euch dürfte nicht entgangen sein, dass ich zu Beginn etwas von 32 Oszillatoren geschrieben hatte, obwohl hier nun scheinbar nur noch derer zwei zu vorhanden sind. Nun, die restliche Bande wartet bloß im Hintergrund auf ihren Einsatz! Über den SPREAD-Parameter lassen sich nämlich weitere Oszillatoren addieren. Auf der ersten Hälfte des Reglerweges werden diese für einen fetteren Klang zum Grundoszillator zunehmend verstimmt, Supersaw lässt grüßen. Ab der 12-Uhr-Position des Reglers werden mit den Zusatzoszillatoren hingen Intervalle und sogar ganze Akkorde gebildet. Wem dies bekannt vorkommt, richtig, eine vergleichbare Funktion hatte seinerzeit schon der WALDORF ROCKET im Angebot (Testbericht siehe hier).

Die Gesamtanzahl von 32 Oszillatoren teilt sich dabei je nach Spielmodus auf die zu Verfügung stehenden Stimmen auf. So besitzt ein Klang bei vierstimmiger Polyphonie bis zu acht Oszillatoren, im duophonen Modus sind es dann schon sechzehn und bei monophoner Spielweise gibt es die volle Breitseite aus 32 Oszillatoren.

Schade nur, dass der SKULPT lediglich über einen Mono-Ausgang verfügt, es hätte sich klanglich bestimmt bezahlt gemacht, wenn man die ganzen Oszillator-Klone nun auch noch im Stereo-Panorama verteilen könnte!

Die Bedienungsanleitung erwähnt übrigens zu Recht, dass die durchschnittliche Lautstärke bei Verwendung des SPREAD-Parameters nicht etwa ansteigt (wie man es ja vielleicht erwarten könnte), sondern vielmehr sinkt, da durch die zusätzlichen Oszillatoren dann auch diverse Phasenauslöschungen im Klangbild entstehen.

Der erzeugte Wellenformsalat kann nun nach subtraktiver Weise per Multimode-Filter (Tiefpass, Bandpass und Hochpass) zurechtgestutzt werden. Dieses ist 2-polig und weist somit eine Flankensteilheit von 12 dB pro Oktave auf. Die Grenzfrequenz (Cutoff) lässt sich natürlich regeln, ebenso die Resonanz. Der MORPH-Parameter ist eine Besonderheit, hiermit lässt sich die Filtercharakteristik ähnlich wie bei den Wellenformen des SKULPT stufenlos ändern, womit auch interessante Hybridformen etwa zwischen Tief- und Bandpass oder Band- und Hochpass möglich werden.

Etwas ungünstig finde ich die Tatsache, dass MORPH und RESONANZ sich via SHIFT-Funktion einen gemeinsamen Hardware-Regler teilen müssen, das bremst leider ein spielerisches Austarieren beider Parameter ein wenig aus. Als Workaround würde sich hier allenfalls anbieten, einen zusätzlichen MIDI-Controller auf den MORPH-Parameter zu routen und diesen dann damit zu regeln (CC 33). Oder man setzt hierbei von vornherein auf die MODALAPP bzw. auf das MODALPLUGIN (siehe weiter unten), was sich sowieso anbietet.

Klanglich weiß das Filter in allen seinen Betriebsarten zu überzeugen, insbesondere wenn man sich vor Augen (und Ohren) führt, dass es sich hierbei ja um einen rein digitalen Vertreter handelt, dafür macht es seine Sache wirklich gut. Auch die Resonanz, die ja gerade bei Digitalfiltern nicht immer unbedingt mithalten kann, gibt hier keinen Grund zur Klage (höhere Werte reduzieren übrigens ein wenig den Bassbereich, ähnlich wie u.a. auch beim MOOG-Filter). Gefällt mir insgesamt gut, also Daumen nach oben!

Wie ich weiter oben schon erwähnt habe, scheint es allerdings nicht möglich zu sein, auf reiner Filteresonanz basierende Klänge zu erzeugen, ein Attribut, dass aber nicht nur der SKULPT allein aufweist, sondern sich mit so manch anderem Digitalsynth bzw. Plugin teilt. Nun ja, für solches Klanggut gibt es nun aber auch genügend Alternativen…

Damit das Klangbild nicht statisch bleibt, verwendet man üblicherweise Modulatoren wie Hüllkurven und LFOs. So selbstverständlich auch beim SKULPT. Es stehen drei ADSR-Hüllkurven zur Verfügung, von denen eine der Lautstärke und eine dem Filter zugeordnet ist, während die Dritte im Bunde sich frei zuweisen lässt. Der LFOs existieren zwei, einer davon ist polyphon, also pro gespielter Stimme separat verfügbar, der andere hingegen ist monophon und wirkt somit immer auf alle gespielten Stimmen gleichzeitig ein. Beide können bei Bedarf auch Geschwindigkeiten bis hinein in den Audiobereich erreichen. Übrigens können die LFOs auch zu einer externen MIDI-Clock synchronisiert werden, sehr gut! Und wie schon bei den Oszillatoren lassen sich auch die Wellenformen der LFOs nicht nur lediglich umschalten, sondern stufenlos ineinander überblenden, also morphen.

Zur Klangerzeugung gesellen sich auch noch die zwei Onboard-Effekte Distortion sowie Delay. Bei Distortion handelt es sich um einen Verzerrer auf Waveshaper-Basis, MODAL ELERCTRONICS betont aus mir unbekannten Beweggründen sowohl im Manual als auch auf der Produktwebseite, dass es sich dabei NICHT um einen Bitcrusher handelt. Nun gut, dann ist es halt keiner… 😉

Beim ebenfalls gut klingenden Delay-Effekt bedaure ich einmal mehr, dass der Audioausgang nicht in Stereo ausgeführt wurde, auch hier hätte dies sicherlich klangliche Vorteile gebracht.

Ansonsten existiert auch noch eine Modulationsmatrix mit acht Slots. Acht Modulationsquellen (LFO1, LFO2, MOD-Hüllkurve, Notenwert, Anschlagsdynamik, Aftertouch, Modulationsrad sowie ein frei definierbarer MIDI-CC) können hier auf insgesamt 37 Ziele geroutet werden, unter anderem auch auf die Parameter der eben erwähnten Effekte. Es sind dabei jedoch nicht alle denkbaren Kombinationen möglich, dafür können aber sowohl Quellen als auch Ziele bis zu achtfache Zuordnungen erfahren (was durch die Gesamtanzahl der Slots begrenzt wird). Die Zuordnung direkt am Gerät fällt aufgrund der begrenzten Anzahl an Bedienelementen und der damit verbundenen Doppelbelegungen aber einmal mehr recht umständlich aus.


Laufwerke…

Ein Arpeggiator ist in einem Synthesizer immer gern gesehen, um für mehr Bewegung zu sorgen, drum hat auch MODAL ELECTRONICS sich nicht lumpen lassen und dem SKULPT ebenfalls einen solchen spendiert. Für diesen können verschiedene Teiler und Notenlängen definiert werden, ebenso wie die Abspielrichtung, der Oktavumfang sowie eine Latch-Funktion (hier SUSTAIN genannt), damit das Arpeggio auch dann weiterläuft, wenn man die zuvor gedrückten Keyboard-Tasten wieder loslässt. Auch an eine Swing-Funktion wurde gedacht, die – je nach Reglerstellung – die geraden Schritte eines Arpeggios sowohl verzögern als auch nach vorne zu ziehen vermag.

Das Tempo der Arpeggiators kann dabei der internen Clock des SKULPT, aber bei Bedarf auch via MIDI oder mittels des analogen SYNC-Eingangs einer externen Quelle folgen. Wie weiter oben schon beschrieben, hat dies in meinem Test mit einem KORG MONOTRIBE wunderbar und ohne Gezicke geklappt (auf dem Foto unten befindet sich übrigens noch die Schutzfolie auf dem Sensorstreifen, deshalb sieht dieser so merkwürdig aus…).

SKULPT und MONOTRIBE in Sync
SKULPT und MONOTRIBE in Sync

Neben dem Arpeggiator befindet sich auch ein eigener Sequencer an Bord des SKULPT. Die Noteneingabe erfolgt hier nicht schrittweise etwa nach TB-303-Manier oder wie beim MicroBrute, sondern durch Einspielen in Echtzeit. Damit auch Nicht-Virtuosen ansehnliche …ähh… anhörbare Ergebnisse erzielen können, gibt es eine zuschaltbare Quantisierungsfunktion, mit einer wahlweisen Auflösung von 1/32, 1/16 oder 1/8 Noten.

Die Sequenz kann ein, zwei, vier oder acht Takte lang sein und bis zu 256 Noten enthalten, wobei analog zur vierstimmigen Polyphonie des SKULPT auch sein Sequencer bis zu vier Noten gleichzeitig aufnehmen und wiedergeben kann. Der Sequencer befindet sich dabei automatisch im Overdub-Modus, das bedeutet, man kann die einzelnen Noten auch nach und nach bei jedem erneuten Durchlauf der Sequenz spielerisch hinzufügen.

Über die Funktionen HOLD (Wiederholung der aktuellen Note) und LOOP (Wiederholung eines definierbaren Abschnitts) lassen sich quasi on-the-fly diverse Variationen der Sequenz erzeugen.

Der Sequencer ist jedoch nicht nur auf die Aufnahme und Wiedergabe von Notenwerten beschränkt, denn neben der einen Noten-Spur besitzt er erfreulicherweise auch noch gleich vier Spuren für die Aufzeichnung von Parameteränderungen, ähnlich wie etwa bei den VOLCAs von KORG oder beim NOVATION CIRCUIT. So etwas ist auf jeden Fall eine große Bereicherung und ermöglicht ungleich lebendigere Sequenzen.

Der interne Speicher des SKULPT fasst übrigens bis zu 64 Sequenzen.

Leider kommt man auch beim Sequencer wieder nicht umhin, mittels SHIFT-Taste und doppelt belegter Sensortasten zu arbeiten, sofern man ausschließlich mit der SKULPT-Hardware selbst arbeitet.


MODALitäten…

Solchen durch die begrenzte Anzahl der Regler und ihrem Layout bedingten ergonomischen Unzulänglichkeiten war sich MODAL ELECTRONICS aber offenbar durchaus bewusst. Denn nicht ganz von ungefähr bietet der Hersteller auf seiner Website die sogenannte MODALAPP bzw. das MODALPLUGIN zum kostenlosen Download an.

Beide dienen zur Fernsteuerung von SKULPT und CRAFTsynth 2.0 über eine grafische Benutzeroberfläche vergleichbar mit einem herkömmlichen Software-Synthesizer. Die MODALAPP kann darüber hinaus auch noch mit dem älteren CRAFTsynth (1.0) sowie dem CRAFTrhythm verwendet werden. Die Verbindung zum SKULPT erfolgt dabei ausschließlich via USB, die herkömmlichen MIDI-Anschlüsse bleiben dabei außen vor.

MODALAPP - SKULPT - Editor
MODALAPP – SKULPT – Editor

Optisch und funktional gleichen sich die App und das Plugin weitestgehend. Die MODALAPP ist dabei nicht nur für WINDOWS ab Version 7 und für MacOS ab 10.10 verfügbar, sondern auch für iOS ab Version 9 und sogar für ANDROID ab Version 6. Somit kann man auch ein Tablet oder das heutzutage allgegenwärtige Smartphone verwenden, wobei die Akkus dieser Mobilgeräte dann bei Bedarf sogar die Stromversorgung des Synthesizers gleich mit zu übernehmen vermögen.

MODALAPP - SKULPT - iPhone-Version
MODALAPP – SKULPT – iPhone-Version

Das MODALPLUGIN hingegen ist für WINDOWS und MacOS VST3-Plugin (nur als 64 bit-Version) erhältlich, bei MacOS kommt noch zusätzlich das Format AU hinzu.

MODALAPP - SKULPT - Preset-Verwaltung
MODALAPP – SKULPT – Preset-Verwaltung

Während die MODALAPP im Test auf meinem WINDOWS 10-Tablet reibungslos funktionierte und den angeschlossenen SKULPT dabei sogar automatisch erkannte, lief das MODALPLUGIN bei mir lediglich in Verbindung mit STUDIO ONE 4.5 und REAPER wie gewünscht, bei MIXCRAFT 8 sowie dem zugegebenermaßen recht betagten CUBASE 5.5 konnte ich das Plugin zwar aufrufen, jedoch ließ sich damit dann partout keine Verbindung zum SKULPT herstellen, die Oberfläche des Plugins blieb somit schwarz.

MODALAPP - SKULPT - Controller
MODALAPP – SKULPT – Controller

Wenn man einmal die Haptik echter Drehregler beiseite lässt, so ist die Bedienung über die Software hier einem Editieren direkt am Gerät deutlich überlegen (ein bisschen wie bei vielen Synthies der 80er, obwohl der SKULPT im Gegensatz zu diesen eigentlich ja doch schon mehr Bedienelemente vorzuweisen hat…). Zum einen folgt das Layout der virtuellen Regler im Gegensatz zur Hardware mehr der Funktion (alles ist eher dort angesiedelt, wo man es auch erwartet…), zum anderen gibt es keine lästigen Doppelbelegungen, jeder Parameter hat sein eigenes Bedienelement erhalten. Darüber hinaus dient die Software auch als anschauliches Grafikdisplay für diverse Parameter, beispielsweise für die Wellenformen, die Filtereinstellungen oder die Hüllkurven.

Auch an einen Zufallsgenerator für Klänge hat man gedacht, dieser liefert zwar nicht immer musikalisch sofort einsetzbare Ergebnisse, dafür aber so manch interessantes, teils experimentelles Klanggut, dass sich gut als Ausgangsbasis für eigene schöpferische Gehversuche eignet. Da alle Parameter des SKULPT ja via MIDI-CC erreichbar sind, lässt sich übrigens auch dieser Randomisierer bei Bedarf auf einen externen Controller legen (CC 121).

Die Verbindung zwischen App/Plugin und dem Synthesizer funktioniert dabei übrigens bidirektional, das bedeutet, dass sich bei Betätigung der Hardware-Regler parallel dazu auch die Anzeige am Bildschirm ändert.

MODALAPP - SKULPT - Sequencer
MODALAPP – SKULPT – Sequencer

Neben den reinen Klängen lassen sich praktischerweise auch die Einstellungen der vier Parameter-Sequencer bearbeiten, wiederum ebenfalls mit grafischem Feedback. Darüber hinaus lassen sich sowohl Presets als auch Sequenzen separat von der Hardware abspeichern und verwalten. Auch diverse grundlegende Settings lassen sich auf einer eigenen Bildschirmseite übersichtlich und ohne lästige SHIFT-Tastenorgien vornehmen. Manche Einstellungen lassen sich sogar nur ausschließlich über die Software erreichen, so etwa verschiedene MIDI-Optionen wie beispielsweise MIDI SOFT THRU oder MIDI IN OMNI.

MODALAPP - SKULPT - Settings
MODALAPP – SKULPT – Settings

Das MODALPLUGIN bietet gegenüber der Standalone-App noch die Möglichkeit, MIDI-Spuren direkt an den angeschlossenen SKULPT zu senden sowie Parameterfahrten zu automatisieren. Zudem lassen sich vorgenommene Klangänderungen zusammen mit dem DAW-Projekt sichern, ohne sie vorher erst separat abspeichern zu müssen, also ganz wie bei anderen Plugins auch.


Lautmalerei…

Wie immer ist der interessanteste Part bei einem Synthesizer ja eigentlich sein Klang, mit dem steht und fällt ein solches Instrument, und auch der SKULPT macht hierbei natürlich keine Ausnahme. Erfreulicherweise kann ich hier aber durchweg positive Rückmeldung geben, denn zumindest mir persönlich gefällt der Grundklang ziemlich gut.

Der SKULPT kann je nach Einstellungen mit einem satten und kräftigen Sound aufwarten, auch im Bassbereich, und er klingt dabei alles andere als billig, insbesondere in einem kompletten Mix mit weiteren Effekten etc.

Als VA-Synth vermag er zwar natürlich auch diverse analogartige Sounds zu erzeugen, in direktem Vergleich mit einem richtigen Analogen (in meinem Fall je einem BEHRINGER NEUTRON und einem MODEL D) erscheint mir das Klangbild beim SKULPT jedoch meistens etwas definierter, moderner und damit und keineswegs „vintage“. Wer nun in erster Linie eigentlich nur auf Analogklänge spitz ist, der wird in dieser Preisklasse mit einem der inzwischen zahlreichen Konkurrenten bestimmt glücklicher werden.

Während die Analog-Nachahmungen beim SKULPT aber größtenteils zumindest brauchbar ausfallen, so punktet er voll in seiner wirklichen Domäne, nämlich bei den erkennbar digitalen Klängen, die bei Bedarf auch deutlich unterkühlt bis frostig gelingen, und damit einen schönen klanglichen Kontrast zu typischen Analogsynthies bilden.

Die Presets an Bord des SKULPT bilden einen guten Querschnitt seiner klanglichen Möglichkeiten ab, neben Bässen, Leads, Drones, Chords und sogar einigen einfachen Drumsounds sind hier insbesondere die sehr gelungenen Flächenkänge hervorzuheben, schade hierbei nur einmal mehr, dass der SKULP nur über einen Mono-Ausgang verfügt.

Insgesamt stellt der SKULPT für jede Form von elektronischer Musik eine Bereicherung dar, aber speziell in ambientartigen Gefilden dürfte er vielerorts eine neue Heimat finden, obgleich er bedarfsweise durchaus auch zu eher „bösen“ Lautäußerungen in der Lage ist.

Es folgen mal wieder die obligatorischen Klangbeispiele. Zunächst könnt Ihr anhand eines Drone-Sounds die Auswirkungen des SPREAD-Parameters hören, einmal langsam von links nach rechts auf Maximum gedreht, anschließend wieder zurück auf die Nullstellung:

Um Euch einen Eindruck vom Klangvermögen des SKULPT zu bieten, habe ich allerlei Presets angespielt, dabei zwischendurch auch mal am Modulationsrad oder am Filter geschraubt, herausgekommen ist am Ende dann ein Zusammenschnitt von über zehn Minuten Länge:


Fazit:

Ich gestehe, dass ich vom Konzept des SKULPT ein wenig hin- und hergerissen bin. Auf der einen Seite begrüße ich es, wenn ein Synthesizer über richtige Regler zum Anfassen bedient werden kann, auf der anderen Seite bin ich aber kein großer Freund von Doppelbelegungen. Und dass MODAL ELECTRONICS bei der Anordnung der Knöpfe und Drehregler offenbar ein wenig Form vor Funktion gestellt hat, erschwert die Bedienung für mein Empfinden an manchen Stellen unnötig.

Insofern ist der Gebrauch der MODALAPP schon nahezu verpflichtend, wenn man sich nicht nur auf basale Klangeinstellungen am Gerät beschränken möchte. Selbst Hardware-Puristen, die nur ungern mit Rechnern und Software arbeiten, werden den SKULPT bald zumindest mit einem Smartphone verkuppeln wollen, weil es damit dann einfach doch etwas schneller, übersichtlicher und komfortabler geht.

Der Klang des SKULPT relativiert derartige Unbill dafür aber flugs wieder, denn er vermag das Ohr des geneigten Synthesisten umso mehr zu erfreuen und gibt keinerlei Anlass zum Tadel. Wer sich eingehend mit dem SKULPT beschäftigt, der wird dafür mit tollen, frischen und bisweilen sehr inspirierenden Sounds belohnt, die man einer solchen Plastikdose gar nicht zugetraut hätte.

Der SKULPT wird mit einer UVP von knapp unter 300,- Euro angeboten. In dieser Preisklasse hat er mittlerweile mehr als nur einen Konkurrenten, gegen den er sich auf dem Markt behaupten muss. Andererseits kann man von gutklingenden Synthesizern bekanntlich selten genug bekommen und muss sich bei dem vergleichsweise schmalen Preis (was hätte man in früheren Zeiten wohl noch für einen derartigen Synthie auf den Tisch blättern müssen!) vielleicht auch gar nicht auf ein binäres „entweder/oder“ beschränken… 😉


Positives:

+ sehr guter Grundklang
+ morphbare Wellenformen
+ Sequencer inklusive Parameteraufzeichnung
+ Arpeggiator
+ mitgelieferter Schutzdeckel
+ normale MIDI-DIN-Anschlüsse
+ analoge SYNC-Anschlüsse
+ Batterie-/Akkubetrieb möglich
+ Software-Editor für diverse Betriebssysteme
+ Plugin zur DAW-Integration

Negatives:

– Anordnung der Bedienelemente etwas gewöhnungsbedürftig
– teilweise ungünstige Doppelbelegung der Bedienelemente
– kein Stereo-Ausgang


Produktwebseite: https://www.modalelectronics.com/skulpt/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*