Testbericht: ARTURIA EFX FRAGMENTS – Der Quantenmechaniker

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 10.03.2021

Seitdem wir im letzten Sommer die FX COLLECTION 2 getestet hatten, ist ARTURIA nicht etwa in den Tiefschlaf gefallen, vielmehr haben sich die Grenobler unter anderem der Entwicklung weiterer Effekt-Plugins gewidmet. Nach der gegen Ende des vergangenen Jahres erschienenen Tonband-Emulation TAPE MELLO-FI hat ARTURIA aktuell mit EFX FRAGMENTS auch mal wieder ein Plugin am Start, das kein entsprechendes Pendant im Reich der Hardware besitzt, sondern eine völlig eigenständige Kreation darstellt. EFX FRAGMENTS hat sich dabei der Erzeugung abgefahrener Granular-Effekte verschrieben.


Hereinspaziert…

EFX FRAGMENTS ist, wie heutzutage bei ARTURIA (und vielen anderen Anbietern ebenfalls) üblich, ein reines 64-Bit-Plugin. Wenngleich WINDOWS 8.1 bzw. macOS 10.13 als Mindestvoraussetzung angegeben werden, konnte ich EFX FRAGMENTS im Test auch problemlos unter WINDOWS 7 installieren und betreiben (im Zweifel leistet ARTURIA eben für ältere Betriebssystemversionen keinerlei Support mehr, falls etwas nicht wie gewünscht läuft…). Zur Verfügung stehen die üblichen Formate, also VST, VST3, AAX sowie AU.

Nichts Neues ist die Tatsache, dass das Plugin einmal mehr über das ARTURIA SOFTWARE CENTER (ASC) auf dem Host-Rechner aktiviert werden muss (insgesamt lässt es sich auf fünf verschiedenen Rechnern gleichzeitig aktivieren).

Wer mag, der kann auch den Download und die Erstinstallation sowie eventuelle Updates komplett über das ASC abwickeln, sofern der Rechner denn über eine aktive Internetverbindung verfügt. ARTURIA stellt die entsprechenden Installer aber auch auf seiner Webseite bereit. Zusammen mit der ebenfalls angebotenen Offline-Aktivierung besteht also kein Zwang, dem Studiorechner selbst einen Internetzugang zu gewähren.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Basic View
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Basic View

Die Bedienoberfläche des EFX FRAGMENTS wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas schmucklos und unspektakulär, erweist sich jedoch bei der Arbeit als sehr funktionell. Und wenn dann endlich die ersten Audiosignale durch Plugin laufen, gibt es zumindest im sogenannten ADVANCED PANEL einen kleinen Eye Catcher in Form eines 3D-Displays, dessen Animationen wie bisschen wie ein Flug mit Warp-Antrieb aussehen (nicht, das ich tatsächlich schon mal einen erlebt hätte…).

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Advanced Panel
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Advanced Panel

Im Gegensatz zu den Instrumenten-Plugins von ARTURIA lassen sich die virtuellen Drehregler des EFX FRAGMENTS auch mit dem Mausrad steuern (keine Ahnung, warum ARTURIA diese Funktion ausschließlich bei seinen Effekten integriert hat…), dafür existiert jedoch leider keine MIDI-Learn-Sektion (vielleicht deshalb, weil nicht jede DAW auch MIDI-Befehle auf FX-Plugins zu routen vermag).

Auch auf die praktischen In-App-Tutorials, die ARTURIA seinen neueren Instrumenten-Plugins mit auf den Weg gegeben hat, muss man beim EFX FRAGMENTS verzichten, obgleich sie hier durchaus von Nutzen sein könnten, das Plugin erklärt sich schließlich nicht von allein wie beispielsweise ein Chorus oder ein Delay.

Bei der Editierung können die UNDO- und REDO-Funktionen des Plugins inklusive eigener History eine große Hilfe leisten, sie befinden sich im unteren schwarzen Rand, der sogenannten LOWER TOOLBAR.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Preset Browser
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Preset Browser

Den von ARTURIA gewohnten und üblicherweise bereits reichlich befüllten Preset-Browser finden wir auch in EFX FRAGMENTS. Mit diesem lassen sich sowohl Werks-Presets als auch eigene Einstellungen verwalten und sortieren, nach diversen Tags und Kategorien filtern oder seiner persönlichen Favoritenliste hinzufügen.


Häckselwerk…

Bei der Granular-Synthese wird ein Audiosignal bzw. ein Sample sozusagen in mikroskopisch kleine Abschnitte aufgesplittet. Die einzelnen Fragmente (nun weiß wohl wirklich auch der Letzte, woher EFX FRAGMENTS seinen Namen hat…), auch als Grains (Körnchen) bezeichnet, sind dabei nur wenige Millisekunden lang, so dass sie unterhalb der Auflösungsschwelle des menschlichen Gehörs liegen und daher von diesem nicht mehr als Einzelsignale identifiziert werden können. Diese Grains lassen sich anschließend auf unterschiedliche Art und Weise manipulieren, etwa hinsichtlich ihrer Abspieldauer, ihrer Tonhöhe sowie ihrer Formanten.

EFX FRAGMENTS ist nicht das erste Plugin, bei dem ARTURIA mit Granular-Synthese arbeitet. Bereits beim Synthesizer PIGMENTS, genauer gesagt bei seiner integrierten Sample-Engine, existiert die Möglichkeit der granularen Synthese. Es ist also vermutlich nicht völlig ins Blaue geraten, dass die Entwickler hier Teile des Programmcodes wiederverwertet haben (warum auch nicht…). Es gibt auch noch ein paar weitere kleinere Gemeinsamkeiten zwischen PIGMENTS und EFX FRAGMENTS, wie wir gleich noch sehen werden.

Beim Start des Plugins bekommen wir zunächst nur die sogenannte BASIC VIEW mit einer reduzierten Anzahl an Parametern und Anzeigen zu sehen. Erst nach einem Mausklick auf die ADVANCED-Schaltfläche ganz rechts in der oberen Leiste erhalten wir Zugriff auf die gesamten Optionen von EFX FRAGMENTS.

Links oben befinden sich zwei virtuelle Drehregler namens INTENSITY und FX, diese beiden stellen frei belegbare Macro-Regler dar, denen wir uns später noch näher zuwenden.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Puffer-Bereich
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Puffer-Bereich

Gleich daneben finden wir den Puffer-Bereich, der über eine grafische Wellenform-Darstellung des eingehenden Audiosignals verfügt. Bevor das Signal überhaupt in einzelne Grains zerlegt werden kann, muss das Plugin es ja schließlich erst einmal samplen und zwischenspeichern.

Über das Menü BUFFER LENGTH legt man fest, wie lang der zu puffernde Ausschnitt sein soll, die Auswahl reicht hier in sieben Stufen von 1/8 Takt bis hin zu 4 Takten. In absoluten Zeitwerten ist die maximale Pufferlänge auf sechzehn Sekunden beschränkt.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Buffer Length
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Buffer Length

Die senkrechten Linien, die ebenfalls im Display dargestellt werden, symbolisieren in Analogie zu einem Tonbandgerät die Positionen von Aufnahme- und Abspielkopf sowie die aus der Wellenform extrahierten Grains.

Normalerweise wird bei einem laufenden Abspielvorgang in der DAW der Puffer fortwährend mit neuem Audiomaterial gefüllt. Betätigt man die durch eine Schneeflocke dargestellte FREEZE-Funktion, wird die Neuaufnahme jedoch gestoppt und EFX FRAGMENTS arbeitet dann ausschließlich mit den sich aktuell im Puffer befindlichen Audiodaten. Der Puffer kann auch wieder manuell geleert werden. Zudem lässt sich der Abspielkopf per P. RETRIG bei jedem Durchlauf automatisch an den Pufferanfang setzen.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Buffer Controls
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Buffer Controls

Rechts vom Puffer-Bereich gibt es noch drei globale Kontrollen, mit denen sich die Intensität der granularen Feeback-Schleife, die Gesamtlautstärke des Granularsignals und das Mischungsverhältnis zwischen dem bearbeiteten und dem trockenen Audiosignal einstellen lassen, der letztgenannte Regler verfügt auch über eine Lock-Funktion, die dafür sorgt, dass das aktuell eingestellte Verhältnis auch bei einem Umschalten des Presets gewahrt bleibt.

Eine Etage tiefer befinden sich die Einstellmöglichkeiten für die Granular-Synthese, aufgeteilt in die beiden Sektionen GRAIN CAPTURE und GRAIN RELEASE. In der BASIC VIEW stehen hier nur die grundlegenden Parameter zur Verfügung.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - basale Grain-Einstellungen
ARTURIA EFX FRAGMENTS – basale Grain-Einstellungen

GRAIN CAPTURE bestimmt, auf welche Weise der virtuelle Abspielkopf jeweils die Grains aus dem Pufferinhalt erzeugt. Zur Auswahl stehen die drei Modi SPEED, OFFSET und MANUAL SCAN.

Bei SPEED lässt sich mit dem Drehregler das Geschwindigkeitsverhältnis zwischen Abspiel- und Aufnahmekopf definieren. Es sind hierbei sogar negative Ratiowerte möglich, bei denen der Abspielkopf sich dann rückwärts durch das Audiomaterial „bewegt“.

Bei OFFSET weisen beide Köpfe stets die selbe Geschwindigkeit auf, lassen sich aber mit dem Drehregler zueinander verzögern, sowohl in Millisekunden als auch mit verschiedenen musikalischen Teilern synchron zum Host-Tempo.

Bei MANUAL SCAN schließlich bewegt sich der Abspielkopf erstmal gar nicht, sondern harrt auf der mit dem Drehregler eingestellten Position aus. Nichtsdestotrotz kann hier mittels Automation und/oder diverser Modulatoren Bewegung ins Spiel gebracht werden.

Ein weiterer Parameter, der in allen drei Modi verfügbar ist, nennt sich SPRAY. Mit diesem lässt sich die Größe des Auswahlfensters zur Grain-Gewinnung vor oder nach dem Abspielkopf bestimmen,

Bei GRAIN RELEASE findet die eigentliche Granular-Synthese in EFX FRAGMENTS statt. Auch hier existieren wieder drei MODI, nämlich CLASSIC, TEXTURE und RHYTHMIC. Übrigens, in allen drei Modi können die dort jeweils vorhandenen, nachfolgend beschriebenen drei Drehregler auch mittels einer Zufallsfunktion variiert werden.

Bei CLASSIC bestimmt der erste der drei Drehregler, hier DENSITIY genannt, die Anzahl der erzeugten Grains innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens, welcher frei oder synchron zum Host-Tempo verlaufen kann. Je weiter der Regler aufgedreht ist, desto dichter und belebter wird das Klangbild. SIZE legt die Dauer der Grains fest und PITCH bietet eine Tonhöheneinstellung, die entweder frei oder quantisiert erfolgen kann. Im letzteren Fall stehen diverse harmonische Skalen zur Verfügung.

TEXTURE dient zur Erzeugung von Drones und ähnlichen Klanglandschaften mittels Übereinanderlagerung verschiedener Grain-Schichten, je weiter der in diesem Modus LAYERS genannte erste Drehregler nach rechts bewegt wird, desto mehr dieser Schichten werden hinzugefügt. SIZE funktioniert hierbei in Relation zu den mit LAYERS getätigten Einstellungen und kann bei Bedarf zum Host-Tempo synchronisiert werden..

Der dritte Modus, RHYTHMIC, ist vor allem für die Bearbeitung von Drumloops und ähnlichen Audiosignalen gedacht. Hier kommt ein integrierter Step-Sequencer zum Einsatz, dessen Geschwindigkeit sich mit dem ersten Drehregler, nun SEQ RATE genannt, einstellen lässt, wahlweise auch wieder synchronisiert.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Step-Sequencer des Grain Release-Modus Rhythmic
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Step-Sequencer des Grain Release-Modus Rhythmic

Direkten Zugriff auf diesen Step-Sequencer erhält man nur, wenn man das ADVANCED PANEL des EFX FRAGMENTS geöffnet hat. Die Pattern-Länge ist zwischen eins und sechzehn frei wählbar. Jeder Step kann entweder null (= Pause), ein, zwei oder vier Grains gleichzeitig wiedergeben. Das Pattern kann vorwärts, rückwärts, alternierend oder mit zufälliger Step-Reihenfolge abgespielt werden.

Im ADVANCED PANEL stehen dem Anwender in beiden Sektionen der Granular-Synthese noch einige detailliertere Einstellmöglichkeiten bereit.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - erweiterte Grain-Einstellungen
ARTURIA EFX FRAGMENTS – erweiterte Grain-Einstellungen

Bei GRAIN CAPTURE hat man nun Zugriff auf zwei mögliche Quantisierungsarten, TRANSIENT sowie GRID. TRANSIENT ermöglicht die Erzeugung von Grains auf der Basis der Lautstärkespitzen im Pufferspeicher, die sich in unmittelbarer Nähe zum Abspielkopf befinden. Die Empfindlichkeit ist dabei stufenlos regelbar. Bei GRID wird der Pufferspeicher in ein gleichmäßiges Gitter aufgeteilt, der Abspielkopf erzeugt die Grains dann an den Gitterpunkten. Das Gitter kann wahlweise acht, sechzehn oder zweiunddreißig Unterteilungen umfassen.

GRAIN RELASE bietet die zusätzlichen Parameter WIDTH (erzeugt bei SPRAY, SIZE und PITCH Abweichungen auf beiden Stereo-Kanälen), GRAIN DIRECTION (verändert die Abspielrichtung der Grains), GRAIN CRUSH (Bit-Crusher bzw. Downsampler mit verschiedenen Geschmacksrichtungen, unter anderem CMI FAIRLIGHT und EMULATOR), GRAIN SHAPE (beeinflusst die „Gestalt“ der Grains anhand verschiedener Algorithmen) sowie RANDOM FINE (erzeugt leichte Tonhöhen-Fluktuationen, ähnlich einem analogen Tonbandgerät).

Anstelle des oben schon erwähnten Step-Sequencers im Modus RHYTHMIC existiert in den anderen beiden Modi ein VISUALIZER genanntes 3D-Display, welches das Verhalten der Grains gemäß den drei oben erwähnten Grain-Release-Grundparametern optisch eindrucksvoll repräsentiert. Auf der X-Achse wird die jeweilige Weite und Dichte der Grains dargestellt, während die Y-Achse den Tonhöhenverlauf und die Z-Achse Größe bzw. Dauer der Grains anzeigt. Sicherlich käme EFX FRAGMENTS grundsätzlich auch ohne solch ein Display aus (sonst wäre es in der BASIC VIEW ja auch nicht deaktiviert…), aber schick anzusehen ist es dennoch, zudem erhalten dadurch auch die Augen ein rudimentäres Feedback bei der Einstellung.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Lower Toolbar
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Lower Toolbar

Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch noch eine nützliche Funktion in der LOWER TOOLBAR am unteren Rand des Plugins. Da die Erzeugung von Grains nämlich durchaus rechenintensiv sein kann, lässt sich hier einstellen, wie viele Grains maximal erzeugt werden dürfen. Auf leistungsschwächeren Rechnern oder bei aufwendigen DAW-Projekten kann dies dazu beitragen, Ressourcen zu sparen (praktischerweise bietet EFX FRAGMENTS auch gleich eine passende CPU-Anzeige in der Toolbar). Die Auswahl reicht von minimalen 3 Grains über mehrere Zwischenstufen bis hin zu 256 Grains. ARTURIA weist darauf hin, dass niedrige Einstellungen in einem dünneren Klang resultieren, was aber unter Umständen sogar auch gewünscht sein kann.

Wo wir gerade hier sind, der in der Toolbar danebenliegende Schalter TRANSPORT MUTE bewirkt, dass das Plugin sofort stummgeschaltet wird, sobald der Abspielvorgang in der DAW angehalten wird. Wenn man dann ein Instrument mit insertiertem EFX FRAGMENTS spielen möchte, aber nichts hört, sollte man einfach mal kontrollieren, ob vielleicht ein aktiviertes TRANSPORT MUTE der Schuldige ist…


Quellenangaben…

Mit der ebenfalls nur im ADVANCED PANEL erreichbaren Modulationsabteilung lässt sich den Granular-Effekten noch einmal zusätzliches Leben einhauchen. Diese Sektion wirkt ein wenig wie das anorektische Geschwisterchen des entsprechenden Gegenstücks im PIGMENTS. Die Zuweisung von Modulationsquellen zu -zielen erfolgt auf vergleichbare Weise: Man klickt zunächst auf die Assign-Schaltfläches des jeweiligen Modulators und bewegt anschließend den hellblauen Kranz um eines der verfügbaren Modulationsziele mit der Maus. Dabei lässt sich durch Ziehen auch gleich die Modulationsintensität einstellen.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Macro Assign
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Macro Assign

Zuerst einmal finden wir hier zwei Felder, die mit MACRO 1 und MACRO 2 beschriftet sind. Diese stehen in Zusammenhang mit den beiden weiter oben erwähnten Drehreglern INTENSITY und FX, genauer gesagt, aktiviert man damit die Zuweisung beliebiger anderer Parameter auf eben diese zwei Regler. Leider lassen sich diese Macro-Regler lediglich mit der Maus bedienen, (nicht nur) an dieser Stelle vermisst man bisweilen die fehlende Option zum Anlernen von externen MIDI-Controllern.

Mit den nächsten drei Schaltflächen ruft man jeweils identisch ausgestattete Funktionsgeneratoren auf (natürlich separat voneinander, die gleichzeitige Darstellung im folgenden Screenshot ist nur eine Montage…).

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Function 1 - 3
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Function 1 – 3

Jeder Funktionsgenerator stellt eine Art Mittelding aus Hüllkurve und LFO dar und läuft dabei stets im Loop-Modus, was bei einem Einsatz in einem reinen Effekt-Plugin auch sinnvoll ist. Die Geschwindigkeit ist natürlich regelbar, eine Synchronisation zum Host-Tempo ist ebenfalls möglich.

Man kann wahlweise fertige Funktions-Presets aufrufen oder auch beliebige Verlaufsformen mit der Maus einzeichnen, etwa Kurven, Treppen oder sonstige Gebilde mit bis zu 64 Knotenpunkten. Zur Hilfe stehen diverse Zeichenwerkzeuge, ebenso wie Kopierfunktionen. Als weitere Optionen stehen unter anderem eine Zufalls- und eine Magnetfunktion bereit. Letztere bewirkt das Anhaften von Knotenpunkten an ein eingeblendetes Raster.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Envelope Follower
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Envelope Follower

ENV(elope) FOLLOW(er) bezeichnet, man mag es sich schon denken, einen sogenannten Hüllkurvenverfolger, welcher seine Modulationskurve aus dem eingehenden Audiosignal oder wahlweise auch aus einer separat zugeführten Sidechain-Quelle ableitet. Einstellbare Parameter sind hierbei die Empfindlichkeit sowie Anstiegs- und Abfallzeiten (vergleichbar mit den Attack- und Release-Reglern eines Kompressors).

ARTURIA EFX FRAGMENTS - Sequencer
ARTURIA EFX FRAGMENTS – Sequencer

Zu guter Letzt finden wir noch einen Modulations-Sequencer vor, der immer mitläuft, auch wenn ihm gar nichts zugewiesen wurde. Einige seiner Möglichkeiten entsprechen denen des oben beschriebenen Step-Sequencers im RHYTHMIC-Modus So ist etwa die Anzahl der möglichen Steps wieder von eins bis sechzehn einstellbar, auch die Abspielrichtung bietet die gleichen vier Optionen und das Tempo ist natürlich ebenfalls wieder zum Host synchronisierbar.

Darüber hinaus existieren unter anderem noch Swing-, Zufalls- und Smooth-Funktionen, die Steps können für gleichmäßigere Modulationen linear ausgerichtet werden, zudem lässt sich festlegen, ob der Sequencer nur positive oder auch negative Wertebereiche ansteuern darf.


Pannemann…

Rechts neben dem Granular-Synthese-Bereich finden wir noch eine weitere kleine Sektion, deren Platz sich der Panner und die beiden Multi-Effekt-Slots teilen müssen. Diese drei sind daher jeweils über Tabs erreichbar.

Der Panner ermöglicht automatische Panoramabewegungen des Signals. In der BASIC VIEW gibt es nur ein kleines Display sowie ein TRAJECTORY benanntes Auswahlmenü mit einigen vorgefertigten Bewegungsmustern zu sehen, und je nach Muster auch noch einen zusätzlichen INVERT-Schalter. Das Display bietet eine animierte Darstellung des jeweiligen Musters in Form eines kleinen Balls mit Leuchtspur.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - basale Panorama-Optionen
ARTURIA EFX FRAGMENTS – basale Panorama-Optionen

Neben einer klassischen Links/Rechts-Bewegung stehen auch Bewegungskurven nach Art eines Bumerangs, eines Kreises, einer horizontalen und einer vertikalen Acht zur Verfügung, ebenso wie diagonale, kreuzweise, kammförmige und zufallsgesteuerte Verläufe. Die INVERT-Funktion einiger dieser Muster kehrt die Bewegungsrichtung um.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - erweiterte Panorama-Optionen
ARTURIA EFX FRAGMENTS – erweiterte Panorama-Optionen

Bei geöffnetem ADVANED PANEL bietet das Panner-Modul noch zusätzliche Einstellmöglichkeiten für RATE (also die Geschwindigkeit, einmal mehr auch zum Host-Tempo synchronisierbar), RANDOM PAN (sorgt für eine zufällige Positionierung der Grains im Stereofeld), AMOUNT (bestimmt, wie weit die Grains sich im Stereofeld bewegen dürfen) sowie DISTANCE (legt fest, wie stark sich die Grains zwischen nah und fern bewegen können). Auch diese Parameter lassen sich wiederum selbst über eine der oben genannten Modulationsquellen animieren.


Effektive Dosis…

Die gerade schon angesprochenen Multi-Effekt-Slots (FX1 und FX2) gleichen sich wie zwei Zwillinge. Jeder kann mit einem von neun verschiedenen Effekt-Algorithmen bestückt werden. Zur Auswahl stehen Multi Filter, Distortion, Compressor, Delay, Pitch-Shift Delay, Tape Echo, Chorus, Flanger und Reverb.

Per Mausklick lassen sich bei Bedarf die aktuell geladenen Effekte zwischen FX1 und FX2 tauschen. Beide Effekt-Slots besitzen unabhängig voneinander verschiedene Routing-Optionen. So kann man entweder das trockene und das bearbeitete Audiosignal gleichermaßen in Abhängigkeit vom GRAIN MIX-Regler beeinflussen oder aber lediglich das bearbeitete Signal. Zudem lässt sich der Effekt-Slot in den Feedbackweg der Granular-Engine einschleifen, dann regelt der globale FEEDBACK-Regler den Effekt-Pegel.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - basale Multi-FX-Optionen
ARTURIA EFX FRAGMENTS – basale Multi-FX-Optionen

In der BASIC VIEW nur Zugriff auf die Effekt-Auswahl, die Routing-Optionen sowie einem Dry/Wet-Regler, hinzu gesellt sich noch ein kleines Display, das den jeweiligen Effekt darstellt.

ARTURIA EFX FRAGMENTS - erweiterte Mukti-FX-Optionen
ARTURIA EFX FRAGMENTS – erweiterte Multi-FX-Optionen

Erst bei geöffnetem ADVANED PANEL erhält man Zugriff auf die dazugehörigen Effekt-Parameter. Welche und wie viele dies jeweils sind, hängt natürlich vom geladenen Effekt-Algorithmus ab. Das Manual gibt genaue Auskunft über die Funktion aller Regler und Schalter. Ähnlich wie bei PIGMENTS lassen sich auch hier die meisten Effekt-Parameter mittels der vorhin beschriebenen Modulatoren beeinflussen und in Bewegung versetzen.


Hörensagen…

Gerade bei derartigen Kreativ-Effekten, die ein Audiosignal völlig umzukrempeln vermögen, ist es im Gegensatz zu den üblichen Brot-und-Butter-Effekten häufig besonders schwierig, den Klang beschreiben zu wollen, schließlich gibt es hier in der Regel nicht allzu viele Vergleichsmöglichkeiten. Dies gilt zweifellos auch für EFX FRAGMENTS.

Am ehesten vermochte ich noch einige klangliche Überschneidungen zu FINISHER DYNAMO von UJAM bemerken, wenngleich der Schwerpunkt beider Plugins doch recht unterschiedlich ist und sie sich somit eher ergänzen, als erbitterte Konkurrenten darzustellen.

EFX FRAGMENTS kann zwar mit viel gutem Willen durchaus auch subtil eingesetzt werden, seine volle Stärke entfaltet das Plugin jedoch erst, wenn man es ohne Rücksicht auf Verluste auf diverse Klangquellen loslässt, die es dann teilweise jenseits aller Wiedererkennbarkeit verfremdet.

Schräge Chops und Glitches, rhythmische Transformationen, LoFi-, Pitch- und Stottereffekte, aber auch im besten Sinne merkwürdige Hall- und Echofahnen stellen überhaupt kein Problem dar, und jede Menge seltsame Klangebilde, die sich nur schwerlich in Worte fassen lassen, gibt’s noch obendrauf.

Ich hab‘ da schon mal was vorbereitet… Im ersten Klangbeispiel hört Ihr, wie EFX FRAGMENTS unser gutes altes BuenasIdeas-Sprachsample in die Mangel nimmt. Der erste Durchlauf ist noch trocken, anschließend wird’s feucht und die Effekt-Einstelllungen wechseln nach jedem zweiten Durchlauf.

Klangbeispiel ARTURIA EFX FRAGMENTS – Vox

Beim zweiten Klangbeispiel muss ein Drumloop als Opfer herhalten. Die ersten vier Takte sind noch unbearbeitet, danach ändert sich nach jeweils vier Takten das Preset.

Klangbeispiel ARTURIA EFX FRAGMENTS – Drumloop

Ich finde, bei ein paar der Presets klingt es fast so, als hätte ich den Drumloop durch eine Espressomaschine gejagt und ihn kräftig durchgebrüht… 😉

Übrigens, da ich die einzelnen Presets bei beiden Klangbeispielen jeweils von Hand umgeschaltet habe, kommt es zwischendurch bisweilen zu einem abrupten Abbruch der Effekt-Fahnen, nur falls das jemand bemerken und komisch finden sollte…


Fazit:

Ich habe langsam den Eindruck, dass ARTURIA immer dann zu Höchstleistungen aufläuft, wenn die Entwickler sich nicht in das enge Korsett einer Hardware-Emulation begeben müssen, sondern ihrer Phantasie und ihren Ideen freien Lauf lassen dürfen. Dabei entstehen dann häufig die interessantesten Produkte. Das traf schon auf PIGMENTS zu, ebenso wie auf einige der früheren Effekt-Plugins, die keine real existierende Hardware zum Vorbild hatten, und auch EFX FRAGMENTS fällt in diese Kategorie.

Es gehört natürlich schon ein gewisses Maß an Experimentierfreude zum Einsatz von EFX FRAGMENTS, und ganz ohne Einarbeitungszeit wird man auch nur schwerlich zu zielgrichteten Ergebnissen gelangen, aber das ist bei dieser Art von Kreativ-Effekten schließlich fast immer Fall. Wer nicht lediglich einen simplen Klangverschönerer sucht, sondern Spaß daran hat, das Ausgangsmaterial in eine völlig neue Richtung zu verbiegen, der kann hier bedenkenlos zugreifen.

Neben dem Einsatz in rein musikalischen Anwendungen bietet sich EFX FRAGMENTS besonders auch für das Sounddesign bei Filmen, Serien und Videospielen an und dürfte dort vermutlich offene Türen einrennen.

EFX FRAGMENTS ist bei ARTURIA zum regulären Preis von 99,- Euro erhältlich. Darüber hinaus gibt es Sonderrabatte für Bestandskunden oder beim Kauf zusammen mit der FX COLLECTION 2 (in deren potentiellen Nachfolger es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit integriert werden wird…). Eine Demoversion ist ebenfalls verfügbar und sei hiermit zum Antesten empfohlen.


Positives:
+ guter Grundklang
+ jede Menge abgefahrene Effekte möglich
+ weitreichende Eingriffsmöglichkeiten
+ übersichtliche Bedienoberfläche
+ gelungenes Modulationssystem
+ viele gute Presets
+ CPU-Auslastung anpassbar
+ Offline-Aktivierung möglich

Negatives:
– keine Steuerung via MIDI-Controller vorgesehen


Produktwebseite: https://www.arturia.com/products/software-effects/efx-fragments/overview

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